Entscheidungsstichwort (Thema)

"Verwandte in gerader Linie" i.S. des § 1 Abs. 1 Satz1 Nr.3 GrEStEigWoG

 

Leitsatz (NV)

Der Erwerb einer Eigentumswohnung durch einen der Ehegatten allein erfüllt dann nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr.3 GrEStEigWoG, wenn er diese seiner Schwiegermutter zu Wohnzwecken überläßt.

GrEStEigWoG § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr.3

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 18. Juni 1980 eine Eigentumswohnung zum Kaufpreis von . . . DM. Antragsgemäß nahm der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) den Erwerb gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr.3 des Gesetzes zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen (GrEStEigWoG) vom 11.Juli 1977 (BGBl I, 1218) von der Grunderwerbsteuer aus. Nachdem der Kläger später mitgeteilt hatte, die Wohnung sei innerhalb der Verwendungsfrist nur von seiner Schwiegermutter bewohnt worden, setzte das FA mit Bescheid vom 17. Oktober 1984 Grunderwerbsteuer in Höhe von . . . DM sowie Zinsen in Höhe von . . . DM fest.

Die nach erfolglos gebliebenem Einspruch erhobene Klage des Klägers hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) sah die Voraussetzungen für die vom Kläger beantragte Steuerbefreiung nach § 1 Abs. 1 Satz1 Nr.3 GrEStEigWoG als erfüllt an. Das Bewohnen der Eigentumswohnung durch die Schwiegermutter des Klägers reiche aus. Ausschlaggebend sei hierbei die familienpolitische Komponente des GrEStEigWoG. Dieselben Überlegungen, die dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. November 1983 II R 27/82 (BFHE 140, 111, BStBl II 1984, 225) zugrunde lägen, seien auch hier maßgebend.

Mit der vom FG zugelassenen Revision beantragt das FA, das Urteil des FG vom 30. März 1989 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Es rügt rechtsfehlerhafte Anwendung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr.3 GrEStEigWoG.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Senat vermag sich der Auffassung des FG nicht anzuschließen, die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr.3 GrEStEigWoG seien im Streitfall durch das Bewohnen der Eigentumswohnung seitens der Schwiegermutter des Klägers als erfüllt anzusehen.

Die Grunderwerbsteuervergünstigung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr.3 i.V.m. § 3 Abs. 1 GrEStEigWoG setzt u.a. voraus, daß die Eigentumswohnung innerhalb von fünf Jahren mindestens ein Jahr lang von dem Erwerber, von seinem Ehegatten oder einem seiner Verwandten in gerader Linie ununterbrochen bewohnt wird. Wie bereits im Urteil in BFHE 140, 111, BStBl II 1984, 225 ausgeführt, kommt in dieser Wortfassung der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, falls die geforderte ,,Eigennutzung" weder durch den Erwerber noch seinen Ehegatten erfüllt wird, die Steuerbefreiung nur dann zu gewähren, wenn Erwerber und Bewohner in einem bestimmten (Verwandtschafts-)Verhältnis zueinander stehen. Nach dem Gesetzeswortlaut sind das nur Personen, deren eine von der anderen abstammt, also in gerader Linie miteinander verwandt sind (§ 1589 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -). Zu diesem Personenkreis zählt die Mutter der Ehefrau des Klägers nicht. Sie ist vielmehr mit dem Kläger verschwägert (§ 1590 BGB).

Anders als im Urteil in BFHE 140, 111, BStBl II 1984, 225 kommt im Streitfall eine über den Wortlaut (,,Verwandte in gerader Linie") hinausgehende Auslegung der Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr.3 GrEStEigWoG nicht in Betracht. Eine ,,planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes" ist für den Fall des Bewohnens der erworbenen Eigentumswohnung durch eine mit dem Erwerber lediglich verschwägerte Person nicht erkennbar. Anders als im Sonderfall des Erwerbs einer Eigentumswohnung durch Ehegatten, die den Eltern nur eines Ehegatten zum Wohnen überlassen wird, muß für den Streitfall, in dem eine durch einen Ehegatten allein erworbene Wohnung dessen Schwiegermutter zum Wohnen überlassen wird, davon ausgegangen werden, daß die Versagung der Steuervergünstigung in der Regelungsabsicht des Gesetzgebers liegt. Denn dieser hat - wie das FG zutreffend ausführt - bewußt den Kreis der zugelassenen Bewohner nicht auf alle Angehörigen i.S. von § 15 der Abgabenordnung (AO 1977) ausdehnen, sondern auf Verwandte in gerader Linie beschränken wollen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem o.g. Urteil des Senats in BFHE 140, 111, BStBl II 1984, 225. Dieses Urteil befaßt sich nämlich nur mit der Frage, ob die Befreiung von der Grunderwerbsteuer nach dem GrEStEigWoG auch dann zu gewähren ist, wenn eine durch Ehegatten erworbene Wohnung den Eltern nur eines Ehegatten zum Wohnen überlassen wird. Dieses Urteil ließ sich nur deshalb rechtfertigen, weil die Bewohner wenigstens im Verhältnis zu einem der erwerbenden Ehegatten Verwandte in gerader Linie waren (vgl. Beschluß des BFH vom 20. Juli 1988 II B 115/88, BFH/NV 1990, 61). Eine darüber hinausgehende Aussage, daß dies im Ergebnis auch dann gilt, wenn eine durch einen Ehegatten allein erworbene Wohnung dessen Schwiegereltern zum Wohnen überlassen wird, kann diesem Urteil nicht entnommen werden. Die Möglichkeiten der über den Wortlaut hinausgehenden Auslegung sind mit der Entscheidung in BFHE 140, 111, BStBl II 1984, 225 als erschöpft anzusehen.

Das auf anderen rechtlichen Erwägungen beruhende FG-Urteil ist deshalb aufzuheben. Da das Bewohnen der Eigentumswohnung durch die Schwiegermutter des Klägers die Voraussetzungen für die vom Kläger beantragte Steuerbefreiung nach dem GrEStEigWoG nicht erfüllt, hat das FA zu Recht Grunderwerbsteuer und Zinsen gegen den Kläger festgesetzt. Die hiergegen gerichtete Klage ist deshalb abzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418381

BFH/NV 1993, 379

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