Leitsatz (amtlich)
Leistungsempfänger ist regelmäßig derjenige, der einen Anspruch auf die Leistung hat. Wird aber unter Mißachtung dieses Anspruchs die Leistung vom Leistenden tatsächlich einem Dritten erbracht, so kann der Dritte unabhängig von den zugrunde liegenden Rechtsbeziehungen Leistungsempfänger sein. Dies ist bei der Prüfung zu berücksichtigen, ob für den einen Vorsteuerabzug begehrenden Unternehmer Leistungen erbracht worden sind.
Normenkette
UStG 1973 § 15 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
I. Die Eheleute X und Y Z errichteten in den Jahren 1972 bis 1974 ... Wohngebäude mit insgesamt ... Wohnungen, von denen das zuletzt fertiggestellte Gebäude 1974 bezugsfertig wurde.
Mit drei Verträgen vom 12.Februar 1973 und zwei Verträgen vom 31.Juli 1973 vermietete die "... Z KG", vertreten durch X Z, die Wohnungen sowie Partyräume an die Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik), vertreten durch den Vorsteher des Bundesvermögensamtes, zur Nutzung durch Angehörige der Streitkräfte der USA. Der Gesamtmietzins betrug ... DM jährlich. Die Vermieterin verpflichtete sich, die Liegenschaft baulich instandzuhalten, die Heizung zu betreiben, Gemeinschaftsflächen zu reinigen und zu pflegen und hierfür erforderliches Personal zu beschäftigen.
Am 23.März 1973 trat die ... Z KG ihre Mietzinsforderungen aus den Mietverträgen vom 12.Februar 1973 an eine Baufinanzierungsbank ab.
Unter dem Datum des 23.März 1973 wurden zwischen den Eheleuten Z und dem Kläger drei Mietverträge über die erwähnten Räume geschlossen. Die Verträge entsprachen inhaltlich im wesentlichen den von der ... Z KG mit der Bundesrepublik abgeschlossenen Verträgen. Jedoch übernahm der Kläger als Mieter den Betrieb der Heizungsanlage, die Reinigung und Pflege der Gemeinschaftsflächen sowie die Beschäftigung des hierfür erforderlichen Personals. Der vom Kläger zu zahlende Mietzins betrug jährlich insgesamt ... DM zuzüglich Umsatzsteuer.
Der Abschluß dieser Mietverträge vom 23.März 1973 wurde dem Bundesvermögensamt am 18.April 1974 durch die ... Z KG und durch den Kläger mitgeteilt. Daraufhin sind Nachträge zu den Mietverträgen vom 12.Februar bzw. 31.Juli 1973 gefertigt worden, wonach die Vermietung auf den Kläger übertragen worden sei und das Bundesvermögensamt den Mietzins an den Kläger zu zahlen habe. Die entsprechenden Erklärungen haben die Eheleute Z als Eigentümer, der Kläger als Vermieter und das Bundesvermögensamt als Mieter abgegeben.
Nach Fertigstellung der Gebäude hat das Bundesvermögensamt zunächst den Mietzins an den Kläger gezahlt.
Durch Beschluß vom 25.November 1976 wurde auf Betreiben der Baufinanzierungsbank die Zwangsverwaltung der Grundstücke der Eheleute Z (Vollstreckungsschuldner) angeordnet. Der Zwangsverwalter nahm laut seines Berichtes an das Vollstreckungsgericht vom 2.Dezember 1976 am 26.November 1976 die Grundstücke in Besitz und gab u.a. dem Bundesvermögensamt, nicht aber dem Kläger, die Anordnung der Zwangsverwaltung bekannt. Der Zwangsverwalter erwähnte in seinem Bericht jedoch, die Vermietung der Wohnungen sei dem Kläger übertragen worden und dieser habe seine Mietforderungen zum Teil an ... abgetreten.
Bei der Inbesitznahme hatte der Zwangsverwalter die Instandhaltung und Pflege der Grundstücke und Gebäude übernommen, soweit diese Aufgaben im Verhältnis zum Bundesvermögensamt dem Vermieter oblagen. Mit Schreiben vom 26.November 1976 hatte der Zwangsverwalter das Bundesvermögensamt aufgefordert, künftig den Mietzins an ihn zu zahlen.
Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 10.Januar 1977 unter Berufung auf seine Rechte aus den zwischen ihm und dem Bundesvermögensamt bestehenden Mietverträgen zunächst darauf bestanden hatte, daß die Miete vom Bundesvermögensamt weiterhin an ihn bzw. seinen Abtretungsnehmer gezahlt werde, erklärte er sich mit Schreiben vom 16.Februar 1977 mit der Zahlung des Mietzins durch das Bundesvermögensamt an den Zwangsverwalter einverstanden. Das Bundesvermögensamt zahlte daraufhin in den Jahren 1977 bis 1979 den Mietzins an den Zwangsverwalter.
Am 25.Juli 1978 fand beim Kläger eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung statt, die sich auf dessen Vermietungstätigkeit im Jahre 1977 bezog. Im Betriebsprüfungsbericht ist ausgeführt, der Kläger habe von den Eheleuten Z die Wohnungen gemietet und an die amerikanischen Streitkräfte steuerfrei weitervermietet. Die von ihm im Jahre 1977 an die Eheleute Z "gezahlten" Vorsteuerbeträge in Höhe von ... DM seien abziehbar (Art.III Nr.1 a des Offshore-Steuerabkommens i.V.m. § 1 der Durchführungsverordnung i.d.F. vom 20.Dezember 1967, BStBl I 1968, 160). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte daraufhin durch Umsatzsteuerbescheid 1977 vom 27.September 1978 eine negative Umsatzsteuerschuld in Höhe von ... DM fest.
Nach einer Steuerfahndungsprüfung beim Kläger änderte das FA den Umsatzsteuerbescheid 1977 gemäß § 173 Abs.1 Nr.1 der Abgabenordnung (AO 1977) und setzte durch Bescheid vom 27.Mai 1981 die Umsatzsteuer 1977 auf 0 DM fest. Durch weitere Bescheide vom 27.Mai 1981 setzte es die Umsatzsteuer für die Jahre 1978 und 1979 auf jeweils 0 DM fest.
Der Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg.
Mit der Klage begehrt der Kläger die Festsetzung negativer Umsatzsteuerbeträge für die Jahre 1977 bis 1979.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die angefochtenen Bescheide seien nicht rechtswidrig. Der Kläger sei in den Streitjahren nicht Unternehmer gewesen und habe keine Vermietungsumsätze erbracht. Während der Dauer der Zwangsverwaltung seien die Mietverträge zwischen den Eheleuten Z und dem Kläger einerseits sowie zwischen dem Kläger und der Bundesvermögensverwaltung andererseits nicht vollzogen worden. Überdies sei dem Kläger die geltend gemachte Vorsteuer nicht wirksam gesondert in Rechnung gestellt worden. Zwar hätten die Eheleute Z dem Kläger entsprechende Rechnungen erteilt. Hierzu seien sie jedoch nicht berufen gewesen. Die Rechnungserteilung hätte vielmehr durch den Zwangsverwalter vorgenommen werden müssen.
Das FA sei befugt gewesen, mit dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 1977 den entsprechenden vorausgegangenen Bescheid gemäß § 173 Abs.1 Nr.1 AO 1977 zu ändern. Denn dem FA seien beim Erlaß des geänderten Bescheides weder die Anordnung der Zwangsverwaltung noch der Umstand bekannt gewesen, daß die Bundesvermögensverwaltung den Mietzins unmittelbar an den Zwangsverwalter gezahlt habe. Der Änderung stehe nicht § 173 Abs.2 AO 1977 entgegen; denn der Kläger habe die Umsatzsteuer vorsätzlich verkürzt, indem er dem FA verschwiegen habe, daß die Zwangsverwaltung angeordnet sei, ferner daß der Zwangsverwalter den Mietzins unmittelbar eingezogen und die Grundstücksverwaltung auch im Umfange der ihm, dem Kläger, obliegenden Aufgaben ausgeübt habe sowie daß er, der Kläger, von dem hierzu berufenen Zwangsverwalter keine Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis erlangt habe.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Er rügt Verletzung materiellen und formellen Rechts und macht geltend, die Mietverträge zwischen den Eheleuten Z und ihm einerseits sowie zwischen ihm und dem Bundesvermögensamt andererseits seien wirksam geschlossen und in den Jahren 1977 bis 1979 durchgeführt worden. Seine Zahlungspflichten als Mieter habe er gegenüber den Eheleuten Z dadurch erfüllt, daß er das Bundesvermögensamt angewiesen habe, den Mietzins an den für die Eheleute Z handelnden Zwangsverwalter zu zahlen. Die Vermieterpflichten gegenüber dem Bundesvermögensamt, nämlich Instandhaltung und Verwaltung des Grundbesitzes, habe er durch den Zwangsverwalter erfüllen lassen. Im übrigen müsse ein ordentlicher Zwangsverwalter ohnehin die beschlagnahmten Grundstücke und Gebäude instandhalten und verwalten, unabhängig davon, ob eine entsprechende Verpflichtung des Mieters bestehe. Die Gebäude seien ihm, dem Kläger, von den Eheleuten Z zur Nutzung überlassen worden; er habe sie durch Überlassung an das Bundesvermögensamt genutzt.
Die Anordnung der Zwangsverwaltung habe das Recht der Vollstreckungsschuldner, Rechnungen bezüglich ihrer Vermietungsleistungen auszustellen, nicht beeinträchtigt. Außerdem seien die Vermietungsleistungen bereits vor Anordnung der Zwangsverwaltung in den Mietverträgen in Rechnung gestellt worden.
Der Umsatzsteuerbescheid 1977 vom 27.September 1978 habe mangels neuer Tatsachen nicht geändert werden dürfen. Dem FA sei die Anordnung der Zwangsverwaltung im Jahre 1978 von X Z mitgeteilt worden. Außerdem habe das FA eine Sicherungshypothek auf den Grundstücken eintragen lassen und sei somit aufgrund seiner Eigenschaft als Grundpfandgläubiger von der Anordnung der Zwangsverwaltung informiert gewesen. Der Kläger rügt in diesem Zusammenhang ferner, das FG habe verfahrensfehlerhaft seinem Antrag auf Beiziehung der Zwangsverwaltungsakten und der Grundbuchakten nicht entsprochen. Außerdem, so macht der Kläger weiter geltend, könne ihm weder Steuerhinterziehung noch leichtfertige Steuerverkürzung angelastet werden.
Der Kläger rügt ferner Verletzung rechtlichen Gehörs, weil ihm die auf den Beweisbeschluß des FG hin erteilte Auskunft der Baufinanzierungsbank vom 7.Januar 1983 nicht bekanntgegeben worden sei.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des Klägers ist hinsichtlich der Streitjahre 1978 und 1979 unbegründet; sie wird insoweit zurückgewiesen (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Hinsichtlich des Streitjahres 1977 ist die Revision begründet; insoweit wird die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO).
1. Die Rüge des Klägers, das FG habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, erfüllt nicht die an die Begründung zu stellenden formellen Anforderungen aus § 120 Abs.2 Satz 2 FGO und ist deshalb unzulässig.
Der Kläger hat in dieser Hinsicht mit der Revisionsbegründungsschrift vorgetragen, das in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils erörterte und mithin entscheidungsrelevante Schreiben der Baufinanzierungsbank vom 7.Januar 1983 sei ihm nicht übersandt worden. Nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist hat er insoweit hinzugefügt, da ihm das Schreiben nicht vorliege, habe er dessen Inhalt sowie den Inhalt der Anlagen des Schreibens nicht würdigen können.
Diese Ausführungen erfüllen nicht die formellen Anforderungen an die Rüge, rechtliches Gehör sei nicht ausreichend gewährt worden. Zwar ist bei Versagung rechtlichen Gehörs das betreffende Urteil stets als auf Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen (§ 119 Nr.3 FGO). Das Vorliegen eines derartigen Verfahrensmangels wird jedoch grundsätzlich (vgl. § 118 Abs.3 FGO) nicht von Amts wegen, sondern lediglich auf diesbezügliche Rüge geprüft. Eine solche Rüge ist nur dann ordnungsgemäß erhoben, wenn die Tatsachen bezeichnet sind, die den gerügten Verfahrensmangel ergeben (§ 120 Abs.2 Satz 2 FGO). Zwar brauchte unter den erörterten Umständen die Kausalität des Mangels für den Inhalt des Urteils nicht dargetan zu werden (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2.Aufl., § 119 Anm.1 und 2; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13.Aufl., § 119 FGO Tz.5 und 8). Im übrigen hätte der Kläger jedoch sämtliche formellen Anforderungen erfüllen müssen. Hierzu gehört u.a. die Darlegung dessen, was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen haben würde (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Anm.13; Tipke/Kruse, a.a.O., § 120 FGO Tz.65).
Diesbezüglichen Darlegungen war der Kläger nicht etwa im Hinblick darauf enthoben, daß er geltend macht, vom FG keine Kopien des erwähnten Schreibens und von dessen Anlagen erhalten zu haben und deshalb deren Inhalt nicht würdigen zu können. Ausweislich der FG-Akte (Bl.56, 151 und 155) sollten Fotokopien des auf einem Beweisbeschluß beruhenden Schreibens nicht nur dem FA, das nach seinen Angaben die Fotokopien erhalten hat, sondern auch den Prozeßbevollmächtigten des Klägers übermittelt werden. Für den Fall, daß entsprechende Fotokopien der Klägerseite nicht zugegangen sind, hätte der Kläger spätestens in der Zeit zwischen der Zustellung des Urteils, wodurch ihm, dem Kläger, die Existenz des Schreibens bekanntgeworden ist, und dem Ende der --verlängerbaren-- Revisionsbegründungsfrist sich die Kopien beschaffen können. Die Kenntnis von deren Inhalt hätte die Beurteilung zugelassen, ob der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs wirklich beeinträchtigt ist und eine entsprechende Rüge unter Beachtung des § 120 Abs.2 Satz 2 FGO erhoben werden kann.
2. Die materiell-rechtliche Rüge der Verletzung des § 15 Abs.1 Nr.1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1973) ist nicht begründet.
a) Gemäß § 15 Abs.1 Nr.1 UStG 1973 kann ein Unternehmer die ihm von anderen Unternehmern gesondert in Rechnung gestellte Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen abziehen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Abziehbarkeit der vom Kläger geltend gemachten Vorsteuerbeträge ist bereits deshalb zu verneinen, weil an ihn vom Zeitpunkt der Beschlagnahme der Grundstücke bis mindestens Ende 1979 keine Vermietungsleistungen ausgeführt worden sind, so daß eine gesonderte Inrechnungstellung von Umsatzsteuer für solche Umsätze während der Streitjahre nicht in Betracht kommt.
b) Wer umsatzsteuerrechtlich Leistender und wer Leistungsempfänger ist, ergibt sich im allgemeinen aus den zugrunde liegenden Rechtsbeziehungen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13.März 1987 V R 33/79, unter II.1. m.w.N., BFHE 149, 313, BStBl II 1987, 524). Dementsprechend ist Leistender regelmäßig der zivilrechtlich zur Leistung Verpflichtete, vorausgesetzt, daß er die Leistung auch wirklich erbracht hat. Allerdings kann Leistender unabhängig von zivilrechtlichen Vereinbarungen jemand sein, der einen Umsatz im eigenen Namen wirklich ausgeführt hat, obwohl er eine entsprechende Leistung nicht schuldete. Dies hat der Senat daraus hergeleitet, daß umsatzsteuerrechtlich tatsächliche wirtschaftliche Vorgänge besteuert werden, ohne daß diese die Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen darstellen müßten.
Die Ausrichtung des Umsatzsteuerrechts auf die Besteuerung tatsächlicher wirtschaftlicher Vorgänge gebietet es, bei der Bestimmung des Leistungsempfängers entsprechend vorzugehen. Mithin ist Leistungsempfänger regelmäßig derjenige, der einen Anspruch auf die Leistung hat. Wird aber unter Mißachtung dieses Anspruchs die Leistung tatsächlich gegenüber einem Dritten erbracht, so ist Leistungsempfänger nicht der Anspruchsinhaber, sondern der Dritte.
c) Nach den Feststellungen des FG hat sich der Zwangsverwalter über die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche als Mieter hinweggesetzt und Vermietungsleistungen unmittelbar gegenüber der Bundesvermögensverwaltung erbracht.
Der Übergang der Verwaltungsbefugnis auf den Zwangsverwalter läßt das Eigentum des Grundstückseigentümers (Vollstreckungsschuldner) unberührt. Mit der Anordnung der Zwangsverwaltung wird dem Vollstreckungsschuldner lediglich die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen und auf den Zwangsverwalter übertragen. Dieser handelt mit Wirkung für und gegen den Vollstreckungsschuldner (vgl. BFH-Urteil vom 23.Juni 1988 V R 203/83, unter II.1.a m.w.N., BFHE 154, 181, BStBl II 1988, 920).
Durch die Beschlagnahme der Grundstücke infolge der Anordnung der Zwangsverwaltung war den Eheleuten Z die Verwaltung und Benutzung der Grundstücke entzogen worden (§ 148 Abs.2 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung --ZVG--). Der nunmehr zur Verwaltung und Nutzung der Grundstücke allein berechtigte Zwangsverwalter (§ 152 ZVG) hat --ausweislich der Akten und nach den durch Beweisaufnahme getroffenen Feststellungen des FG-- etwa bestehende Rechte des Klägers aus Mietverträgen mit den Eheleuten Z nicht beachtet und die Nutzung der Grundstücke dem Bundesvermögensamt unmittelbar überlassen. Im Bericht vom 2.Dezember 1976 an das Vollstreckungsgericht hat der Zwangsverwalter ausgeführt, er habe dem Bundesvermögensamt die Anordnung der Zwangsverwaltung bekanntgegeben. Dem Kläger hat er die Anordnung nicht bekanntgegeben, wie es bei Anerkennung von dessen Rechten aus einem Mietvertrag mit den Eheleuten Z erforderlich gewesen wäre (§ 152 Abs.2 ZVG). Nachdem das FA den Zwangsverwalter mit Schreiben vom 3.Dezember 1979 zur Erfüllung steuerlicher Pflichten, insbesondere hinsichtlich der Umsatzsteuer aus Vermietung, aufgefordert hatte, antwortete der Zwangsverwalter mit Schreiben vom 6.Dezember 1979, daß er nur Beziehungen zum Bundesvermögensamt unterhalte und daß vertragliche Vereinbarungen anderer Art seit Anordnung der Zwangsverwaltung nicht bestünden. Auf den Beweisbeschluß des FG hat der Zwangsverwalter am 1.Dezember 1982 erklärt, er habe die vom Bundesvermögensamt zu zahlenden Mietzinsen so behandelt, als seien sie "aufgrund eines Vertrages zwischen den Hauseigentümern X und Y Z und dem Bundesvermögensamt" zu zahlen gewesen.
Aus diesen Äußerungen des Zwangsverwalters wird deutlich, daß er einen zwischen den Eheleuten Z und dem Kläger etwa bestehenden Mietvertrag nicht beachten und Vermietungsleistungen nicht an den Kläger, sondern an das Bundesvermögensamt erbringen wollte. Den Willensbekundungen entspricht das Verhalten des Zwangsverwalters. Mit der Inbesitznahme des Grundstücks hat der Zwangsverwalter die Verwaltung des Grundstücks übernommen, soweit diesbezügliche Pflichten nicht dem Bundesvermögensamt oder den nachfolgenden Stellen der US-Streitkräfte oblagen. Insbesondere hat er die Verwaltungsaufgaben übernommen, die nach dem Inhalt der zwischen den Eheleuten Z und dem Kläger einerseits und zwischen dem Kläger und dem Bundesvermögensamt andererseits abgeschlossenen Mietverträge der Kläger hätte erfüllen müssen. Der Zwangsverwalter hat vom Bundesvermögensamt Zahlung des Mietzinses verlangt und sich dabei auf Rechte der Eheleute Z bzw. der Baufinanzierungsbank (als Abtretungsnehmer der Eheleute Z) berufen. Die nach dem Inhalt der Mietverträge vom Bundesvermögensamt an den Kläger bzw. von diesem an die Eheleute Z zu zahlenden Mietzinsbeträge waren von unterschiedlicher Höhe. Wenn der Zwangsverwalter nur aus einem vom Kläger abgeleiteten Recht die Mietzinsen vom Bundesvermögensamt hätte vereinnahmen wollen, würde er gegenüber dem Kläger haben abrechnen müssen; das hat er jedoch nicht getan. Angesichts dessen fehlt für die Würdigung des Klägers, er habe die ihn treffenden vertraglichen Pflichten durch den Zwangsverwalter erfüllen lassen, jegliche Grundlage.
Ob die Handlungsweise des Zwangsverwalters der zivilrechtlichen Lage entsprach, insbesondere ob nach der Anordnung der Zwangsverwaltung unmittelbare vertragliche Beziehungen zwischen den Eheleuten Z und der Bundesvermögensverwaltung hergestellt worden sind, braucht nicht entschieden zu werden. Für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung ist nur von Bedeutung, daß der Zwangsverwalter --kraft seines Amtes für die Eheleute Z handelnd-- keine Vermietungsleistungen an den Kläger erbracht hat. Die vom Kläger geltend gemachten Vorsteuerbeträge sind daher nicht abziehbar.
3. Die Revision ist dagegen begründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage wegen des Umsatzsteuerbescheides 1977 richtet.
Die Änderung des aufgrund einer Außenprüfung ergangenen Umsatzsteuerbescheides 1977 setzt --neben dem nachträglichen Bekanntwerden neuer Tatsachen (§ 173 Abs.1 Nr.1 AO 1977)-- gemäß § 173 Abs.2 AO 1977 das Vorliegen einer Steuerhinterziehung oder einer leichtfertigen Steuerverkürzung voraus. Die hierzu vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind unzureichend.
Das FG hat auf Seite 22 seines Urteils die Ansicht vertreten, der Kläger habe Umsatzsteuer durch Verschweigen von Tatsachen vorsätzlich verkürzt. Das FG hat aber keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger pflichtwidrig (§ 370 Abs.1 Nr.2 AO 1977) die Finanzbehörden in Unkenntnis gelassen hat. Dazu hätte es der Erörterung und Feststellung bedurft, ob und welche Erklärungspflichten der Kläger während der Außenprüfung und der anschließenden Zeit bis zum Erlaß des Umsatzsteuerbescheides 1977 hatte. Zur inneren Tatseite ist ebenfalls nichts festgestellt, was die Ansicht des FG über das Vorliegen einer vorsätzlichen Begehungsform der Tat stützen könnte.
Fundstellen
Haufe-Index 62728 |
BFH/NV 1989, 35 |
BStBl II 1989, 677 |
BFHE 157, 255 |
BFHE 1990, 255 |
BB 1989, 1538-1540 (LT) |
DB 1989, 2055 (ST) |
DStR 1989, 643 (KT) |
HFR 1990, 206 (LT) |