Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung eines US-Trusts als Familienstiftung i.S. des § 15 Abs. 4 AStG
Leitsatz (amtlich)
1. §§ 20 EStG und 15 AStG schließen sich tatbestandsmäßig wechselseitig aus.
2. Ein Trust i.S. des US-amerikanischen Rechts kann Zweckvermögen i.S. des § 15 Abs.4 AStG sein.
3. Ist nach der Satzung des Trusts eine einzige Person abstrakt bezugsberechtigt und wird an sie tatsächlich das gesamte TrustEinkommen ausgekehrt, so ist die Person alleiniger Bezugsberechtigter i.S. des § 15 Abs.1 und 2 AStG.
4. Die Anwendung des § 15 Abs.1 AStG ist jedenfalls dann verfassungskonform, wenn der Bezugsberechtigte eindeutig bestimmt ist.
5. Art.XV Abs.1 Buchst.b Nrn.1 und 2 DBA-USA 1954/1965 steht der Anwendung des § 15 Abs.1 AStG auf die ausländischen Einkünfte eines US-Trusts nicht entgegen.
6. Nach § 15 Abs.1 AStG sind das Trusteinkommen und nicht die Trusteinkünfte zuzurechnen.
7. Bei der Anwendung des § 15 AStG richtet sich die Anrechnung ausländischer Steuern nach § 12 AStG i.V.m. § 34c EStG und § 10 Abs.1 AStG.
8. Ist die Bemessungsgrundlage der ausländischen Einkünfte im Inland niedriger als im Ausland, so ist die anzurechnende ausländische Steuer dennoch ungekürzt. Bei der Höchstbetragsberechnung gemäß § 34c Abs.1 Satz 2 EStG anzusetzen, wenn in ihre ausländische Bemessungsgrundlage keine nichtausländischen Einkünfte eingegangen sind (Abweichung vom BFH-Urteil vom 4.Juni 1991 X R 35/88, BFHE 164, 435, BStBl II 1992, 187).
9. Die Anwendung des § 22 Nr.1 EStG wird durch § 15 Abs.1 und 4 AStG verdrängt.
Normenkette
AStG § 15 Abs. 1, §§ 12, 10 Abs. 1, § 15 Abs. 2; EStG § 34c Abs. 1, §§ 20, 22 Nr. 1; DBA USA 1954 Art. 2 Abs. 1 Buchst. f., Art. 6 Abs. 2, Art. 7 Abs. 2, Art. 15 Abs. 1 Buchst. b Nrn. 1-2; DBA USA 1965 Art. 2 Abs. 1 Buchst. F, Art. 6 Abs. 2, Art. 7 Abs. 2, Art. 15 Abs. 1 Buchst. b Nrn. 1-2; AStG § 15 Abs. 4
Verfahrensgang
FG Köln (Entscheidung vom 08.07.1992; Aktenzeichen 11 K 406/90) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die die US-Staatsbürgerschaft besitzt und im Streitjahr 1980 in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) unbeschränkt steuerpflichtig war, war sog. beneficiary (*= Begünstigte im Sinne des amerikanischen Trustrechts) von vier amerikanischen Trusts. Nach den einschlägigen Gründungsurkunden unterlagen alle Trusts dem Recht des US-Bundesstaates X. Das Vermögen der Trusts war in Aktien und Obligationen US-amerikanischer Emittenten angelegt. Es wurde in den USA von einem sog. Trustee verwaltet. Im einzelnen gilt für die Trusts folgendes:
1. Trust vom 5.August 1935
Der Trust wurde von den Schwiegereltern (S) der Klägerin errichtet. Trustee sollte jeweils ein US-Bürger mit Wohnsitz in X, USA sein. Beneficiary sollte in erster Linie der verstorbene Ehemann (E) der Klägerin und Sohn der Trustgründer, nach dessen Tode die Klägerin und nach deren Tode die dann noch lebenden Nachkommen des E sein. Der Trust soll 21 Jahre nach dem Tode der Klägerin aufgelöst werden. Das Trustvermögen soll dann an die Geschwister des E bzw. an deren dann noch lebenden Nachkommen ausgekehrt werden.
Die Auskehrung des Trusteinkommens war in das freie Ermessen des Trustee gestellt. Tatsächlich wurden jeweils alle nach Abzug der Verwaltungskosten und der angefallenen Steuern verbleibenden Einkommensteile an die Klägerin ausgekehrt. Im Streitjahr handelte es sich um 133 653 US-Dollar.
2. Trust vom 3.März 1954
Der Trust wurde von E zu dessen Lebzeiten errichtet. Er war bis zum Ableben des E widerrufbar. Für die Zeit nach dem Tode des E war in erster Linie die Klägerin, ersatzweise die Nachkommen des E, ersatzweise die Ehepartner der Nachkommen zu Beneficiaries berufen. Auch bei diesem Trust lag die Auskehrung des Trusteinkommens im freien Ermessen des in den USA ansässigen Trustee. Anfallsberechtigte des Trustvermögens waren die Nachkommen des E, ersatzweise seine noch lebenden Geschwister bzw. deren Nachkommen. Tatsächlich wurden die nach Abzug der Verwaltungskosten und der Steuern verbleibenden Einkommensteile an die Klägerin ausgekehrt. Sie erhielt im Streitjahr 1980 129 912 US-Dollar.
3. Nachlaßtrust vom 8.Mai 1954
In seinem Testament vom 8.Mai 1954 verfügte E die Errichtung eines Nachlaßtrusts, auf den ein Teil des Nachlasses des E bei dessen Ableben übergehen sollte. Beneficiaries waren wiederum in erster Linie die Klägerin, ersatzweise die Nachkommen des E, ersatzweise deren Ehepartner. Auch bei diesem Trust lagen die Auskehrungen des Trusteinkommens im Ermessen des in den USA ansässigen Trustee. Tatsächlich wurden auch bei diesem Trust alle nach Abzug von Verwaltungskosten und Steuern verbleibenden Einkommensteile an die Klägerin ausgekehrt. Sie erhielt im Streitjahr 151 649 US-Dollar.
4. Trust vom 2.Februar 1962
Dieser Trust wurde von der Klägerin selbst errichtet. Seine Gründung ist für die Klägerin widerrufbar. Nach Erlaß der Vorentscheidung ist zwischen den Beteiligten unstreitig geworden, daß der Trust seine Einkünfte treuhänderisch für die Klägerin erzielte. Sie sind deshalb der Klägerin als eigene Einkünfte zuzurechnen. Die Klägerin erhielt insoweit im Streitjahr 63 502 US-Dollar.
Die Klägerin erzielte in 1980 außerdem höchstpersönlich US- amerikanische Zinsen sowie Einkünfte aus einem Depot bei einer schweizerischen Bank. Sie erklärte für 1980 eigene Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 866 260 DM und beantragte die Anrechnung ausländischer Steuern gemäß § 34c des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 469 490 DM, wodurch sich eine festzusetzende Einkommensteuerschuld von 0 DM ergeben hätte. Entsprechend veranlagte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Klägerin am 23.Februar 1982 zur Einkommensteuer 1980. Nach einer Außenprüfung ermittelte das FA die Einkünfte der Klägerin aus Kapitalvermögen mit 880 423 DM. Dabei anerkannte es Werbungskosten in Höhe von 2 000 DM und den Sparerfreibetrag in Höhe von 300 DM. Die nach § 34c Abs.1 EStG anzurechnende amerikanische Steuer begrenzte das FA auf einen Höchstbetrag von 15 v.H. von 758 526 DM = 113 778 DM. Die Einkommensteuer 1980 wurde im Bescheid vom 5.Januar 1987 auf 362 600 DM festgesetzt.
Der Einspruch der Klägerin hatte überwiegend Erfolg. Zwar erhöhte das FA in der Einspruchsentscheidung vom 2.Januar 1990 die Einnahmen der Klägerin aus Kapitalvermögen auf 906 405 DM. Es rechnete jedoch ausländische Steuern in Höhe von 480 880 DM an. Dadurch ergab sich eine festzusetzende Einkommensteuer 1980 in Höhe von 10 047 DM.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Klägerin ab. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1993, 40 veröffentlicht.
Mit ihrer vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1980 vom 5.Januar 1987 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 2.Januar 1990 dahin zu ändern, daß die Ausschüttungen aus den US-amerikanischen Trusts vom 5.August 1935, vom 3.März 1954 und vom 8.Mai 1954 nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen.
Das FA beantragt, die Revision nach Maßgabe des Gerichtsbescheides vom 28.Juli 1993 als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Einkommenszurechnung nach § 15 Abs.4 des Außensteuergesetzes (AStG).
a) Im Streitfall kann die Zurechnung der Einkommen der drei amerikanischen Trusts gegenüber der Klägerin nur auf § 15 Abs.1 und 4 AStG gestützt werden. § 20 EStG findet entgegen der Auffassung des FG keine Anwendung. Die §§ 20 EStG und 15 AStG schließen sich tatbestandsmäßig wechselseitig aus. Die Anwendung des § 20 EStG kommt nur dann in Betracht, wenn und soweit die Klägerin gemäß § 2 Abs.1 EStG selbst Einkünfte aus Kapitalvermögen im steuerrechtlichen Sinne erzielte. § 15 Abs.1 oder 4 AStG ist dagegen nur dann anwendbar, wenn der einzelne Trust die Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielte und die Klägerin Bezugsberechtigte gegenüber dem Trust war.
b) Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der erkennende Senat mangels durchgreifender Revisionsrügen gebunden ist (§ 118 Abs.2 FGO), ist davon auszugehen, daß die drei nicht von der Klägerin errichteten Trusts im steuerrechtlichen Sinne Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielten.
Die hier interessierenden drei Trusts sind als Gläubiger des der jeweiligen Kapitalanlage zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses anzusehen. Ihnen standen die Ansprüche auf Rückgewähr des angelegten Kapitalvermögens zu. Die Klägerin war dagegen nicht Gläubigerin eines entsprechenden Rechtsverhältnisses.
c) Allerdings hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 5.November 1992 I R 39/92 (BFHE 170, 62, BStBl II 1993, 388) anerkannt, daß der Trustee eines nichtrechtsfähigen Trusts das ihm übertragene Vermögen im Einzelfall als Treuhänder des Trusterrichters (Settlor) oder sogar des Anfalls- bzw. Bezugsberechtigten halten kann. In einem solchen Fall muß sich der Treugeber steuerrechtlich das Erzielen von Einkünften durch den Trustee zurechnen lassen. Das FG hat zwar in tatsächlicher Hinsicht nicht festgestellt, ob es sich bei den hier interessierenden drei Trusts um rechtsfähige oder um nichtrechtsfähige Zweckvermögen handelte. Darauf kommt es letztlich aber nicht an, weil das deutsche Steuerrecht (vgl. z.B. § 1 Abs.1 Nr.5 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG--) auch nichtrechtsfähige Zweckvermögen als Körperschaftsteuersubjekte und damit als Einkunftserzieler anerkennt.
Die Zurechnung der von einem Trustee erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen gegenüber einem Treugeber setzt allerdings ein entsprechendes Treuhandverhältnis voraus. Daran fehlt es im Streitfall. Die Settlor der drei im Streitfall interessierenden Trusts waren zu Beginn des Streitjahres ausnahmslos verstorben, weshalb zu ihnen kein Treuhandverhältnis mehr bestehen konnte. Spätestens mit dem Tode der jeweiligen Settlor wurden die Trusts irrevocable. Der Trustee hatte uneingeschränkte Verfügungsmacht über das Trustvermögen. Die Klägerin besaß keine zivilrechtlichen Ansprüche auf dasselbe. Dies schließt die Annahme eines Treuhandverhältnisses zwischen dem Trustee und der Klägerin aus (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29.Mai 1984 VIII R 29/80, BFHE 141, 321). Dies gilt erst recht, wenn man der Rechtsauffassung des IX.Senats folgt und die Grundsätze des BFH-Urteils vom 27.Januar 1993 IX R 269/87 (BFHE 170, 383, Der Betrieb --DB-- 1993, 1166) auf den Streitfall entsprechend anwendet.
d) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin hat der erkennende Senat keine Bedenken, die im Streitfall interessierenden drei Trusts als Zweckvermögen i.S. des § 15 Abs.4 AStG zu behandeln. Insoweit kommt es auf die Vergleichbarkeit mit einer nach deutschem Recht errichteten Familienstiftung nicht an. § 15 Abs.4 AStG ist entsprechend dem Sinn und Zweck der Vorschrift auszulegen. Diese gehen dahin, ein Besteuerungsrecht der Bundesrepublik auch dann zu gewährleisten, wenn die Einkünfte von einem ausländischen Rechtsgebilde erzielt werden, das Auskehrungen an im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Bezugsberechtigte vornehmen soll. Die im Streitfall interessierenden drei Trusts erfüllten alle diese Voraussetzungen. Sie waren nach der Art einer Familienstiftung vermögensverwaltend tätig. Die Klägerin war in den Streitjahren jeweils einziger Beneficiary, d.h. die Früchte aus der Vermögensverwaltung sollten ihr alleine in der Form von Auskehrungen zustehen. Insoweit war nur sie abstrakt bezugsberechtigt. Auch tatsächlich wurde das gesamte Einkommen der Trusts an sie ausgekehrt.
Aus dem Zusammenhang zwischen abstrakter Bezugsberechtigung und tatsächlicher Auskehrung ergibt sich die alleinige Bezugsberechtigung der Klägerin i.S. des § 15 Abs.1 und 2 AStG. Die Klägerin erfüllte auch im Verhältnis zu den verschiedenen Settlors alle Voraussetzungen des § 15 Abs.2 AStG. Sie war im Verhältnis zu ihren Schwiegereltern Angehörige i.S. des § 15 Abs.1 Nr.3 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. § 1590 Abs.1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Im Verhältnis zu E war sie Angehörige i.S. des § 15 Abs.1 Nr.2 AO 1977.
Der Senat läßt unentschieden, ob und inwieweit § 15 AStG mißbräuchlichen Rechtsgestaltungen entgegenwirken soll. Selbst wenn der Vorschrift ein entsprechendes gesetzgeberisches Motiv zugrunde liegt, so bedeutet dies nicht, daß sie nur solche ausländischen Familienstiftungen erfaßt, die vom jeweiligen Stifter in der Absicht der Umgehung der deutschen Steuergesetze gegründet wurden. § 15 AStG findet losgelöst von § 42 AO 1977 Anwendung. Unter ihn sind deshalb unabhängig von den bei der Gründung der Trusts verfolgten Absichten alle ausländischen Rechtsgebilde zu fassen, die die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs.2 oder 4 AStG erfüllen.
e) Der Senat hat gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 15 Abs.1 und 4 AStG für den Streitfall keine Bedenken. Zwar kann die Feststellung einer Bezugsberechtigung dem Grunde und/oder der Höhe nach in anderen Fällen schwierig sein. Auch mag der Vorschrift für diese Fälle die erforderliche Bestimmtheit fehlen. Dies gilt jedoch nicht für Sachverhalte, die dem Streitfall entsprechen. Die Klägerin war im Streitjahr die einzige Bezugsberechtigte der drei Trusts. Ihre Bezugsberechtigung bezog sich jeweils auf das gesamte Trusteinkommen. In Fällen dieser Art ist die Feststellung der Bezugsberechtigung der Klägerin verfassungskonform möglich.
f) Der Einkommenszurechnung gemäß § 15 Abs.1 und 4 AStG stehen die Vorschriften des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und einiger anderer Steuern vom 22.Juli 1954 i.d.F. des Protokolls vom 17.September 1965 --DBA-USA 1954/65-- (BGBl II 1966, 745, BStBl I 1966, 865) nicht entgegen. Bei der Prüfung dieser Frage ist auf das im Streitjahr 1980 geltende deutsche Steuerrecht abzustellen. Die DBA beziehen sich auf das jeweils geltende nationale Steuerrecht (vgl. BFH-Urteil vom 13.Dezember 1989 I R 39/87, BFHE 159, 182, BStBl II 1990, 379; Vogel, Doppelbesteuerungsabkommen, 2.Aufl., Art.3 Rdnr.67). Im übrigen läßt der erkennende Senat unentschieden, ob die DBA grundsätzlich geeignet sind, die Rechtsfolgen aus § 15 Abs.1 und 4 AStG einzuschränken (vgl. Blümich/Menck, Außensteuergesetz, § 15 Rdnr.4; Runge in Brezing u.a. Außensteuerrecht, § 15 AStG Rdnr.6; Krabbe in Lademann/Söffing/Brockhoff, Außensteuergesetz, § 15 Rdnr.7; a.A. Flick/Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Becker, Außensteuerrecht, § 15 AStG Anm.15 ff.; Schelle/Gross in Wöhrle/Schelle/Gross, Außensteuergesetz, § 15 Anm.II; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, S.416). Selbst wenn man eine entsprechende Rechtsfolge zugunsten der Klägerin unterstellt, sind nur die Einkünfte steuerfrei, die in der Person der ausländischen Familienstiftung (Zweckvermögen) steuerfrei gestellt sind (vgl. Korn/Debatin, Doppelbesteuerungsabkommen, Systematik III, Rdnr.150). Deshalb ist bei der Anwendung des DBA-USA 1954/65 darauf abzustellen, ob der Bundesrepublik die Besteuerung der von den Trusts erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen durch das DBA-USA 1954/65 vertraglich untersagt ist. Diese Frage ist zu verneinen.
Art.XV Abs.1 Buchst.b Nrn.1 und 2 DBA-USA 1954/65 sieht eine Verpflichtung der Bundesrepublik zur Freistellung von Einkünften von der Besteuerung nur dann vor, wenn die Einkünfte von einer natürlichen Person mit Wohnsitz in der Bundesrepublik oder von einer deutschen Gesellschaft erzielt werden. Beide Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die in den USA ansässigen Trusts sind insbesondere keine "deutschen Gesellschaften" i.S. des Art.II Abs.1 Buchst.f DBA-USA 1954/65. Art.VI Abs.2 DBA-USA 1954/65 beschränkt das Dividendenbesteuerungsrecht der Bundesrepublik nur für den Fall, daß der Schuldner der Dividende im Inland ansässig ist. Entsprechendes gilt gemäß Art.VII Abs.2 DBA-USA 1954/65 für die Besteuerung von Zinsen. Im Streitfall sind die Voraussetzungen beider Vorschriften nicht erfüllt. Deshalb ist die Bundesrepublik nicht gehindert, die von den Trusts erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen im Wege einer Einkommenszurechnung bei der Klägerin zu erfassen.
g) Das FG hat allerdings der Klägerin die Einnahmen der Trusts aus Kapitalvermögen und nicht die Trusteinkommen zugerechnet. Aus Vereinfachungsgründen verweist der Senat auf sein Urteil in BFHE 170, 62, BStBl II 1993, 388. An der dort vertretenen Rechtsauffassung hält er fest. In diesem Punkt kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Die zuzurechnenden Beträge sind für jeden einzelnen Trust zumindest um den Werbungskosten- Pauschbetrag gemäß § 9a Satz 1 Nr.2 EStG (100 DM), um den Sparer-Freibetrag gemäß § 20 Abs.4 EStG (300 DM) und um den Sonderausgaben-Pauschbetrag gemäß § 10c Abs.1 EStG (240 DM), pro Trust also um 640 DM oder insgesamt um 1 920 DM zu mindern.
h) Die vom FG vorgenommene Anrechnung ausländischer Steuern ist ebenfalls fehlerhaft. Rechtsgrundlage für die Anrechnung der von den Trusts gezahlten Steuern ist § 15 Abs.5 i.V.m. § 12 AStG und § 34c EStG. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die genannten Vorschriften nur die Anrechnung solcher Steuern vorsehen, die zu Lasten des einzelnen Trusts erhoben wurden. Wegen der Besonderheiten des amerikanischen Steuerrechts hatte jedoch die Klägerin die von den Trusts erzielten Einkünfte in den USA zu versteuern. Der erkennende Senat hätte insoweit keine Bedenken, die Klägerin aus sachlichen Billigkeitsgründen so zu behandeln, als ob die Trusts die US-Steuern gezahlt hätten. Es ist jedoch zunächst die Sache des FA, eine entsprechende Billigkeitsentscheidung --wie von ihm in der mündlichen Verhandlung angekündigt-- zu treffen.
Die für die Steueranrechnung gemäß § 34c Abs.1 Satz 2 EStG erforderliche Höchstbetragsberechnung ist für das zuzurechnende Einkommen eines jeden Trusts getrennt vorzunehmen. Dies ergibt sich aus der Rechtsfolge des § 15 Abs.1 und 4 AStG, der für jede ausländische Familienstiftung (Zweckvermögen) eine getrennte Zurechnung vorsieht. Aus den Höchstbetragsberechnungen müssen deshalb auch die von der Klägerin originär erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen ausgeschieden werden. Da § 15 Abs.5 AStG die entsprechende Anwendung des § 12 AStG auf den Fall einer Einkommenszurechnung vorsieht, tritt bei der gemäß § 34c Abs.1 Satz 2 EStG anzustellenden Höchstbetragsberechnung das zuzurechnende Einkommen an die Stelle der "ausländischen Einkünfte" im Sinne der Vorschrift.
Im übrigen hat das FG übersehen, daß § 12 AStG auf § 10 Abs.1 AStG verweist. Nach § 10 Abs.1 AStG sind aber ausländische Steuern nur für die Jahre abziehbar, in denen sie entrichtet wurden. Für die Anrechnung gemäß §§ 12 AStG, 34c EStG muß Entsprechendes gelten. Deshalb muß in tatsächlicher Hinsicht festgestellt werden, wann die Klägerin die US-Steuern entrichtete.
Der erkennende Senat folgt der Rechtsauffassung des FG insoweit, als die anrechenbaren ausländischen Steuern nicht nach Maßgabe des Urteils des X.Senats des BFH vom 4.Juni 1991 X R 35/88 (BFHE 164, 435, BStBl II 1992, 187) zu kürzen sind. Zwar sind unter den "im Veranlagungszeitraum bezogenen Einkünften" die sog. ausländischen Einkünfte i.S. der §§ 34c Abs.1 Satz 1, 34d EStG zu verstehen. Auch sind diese Einkünfte mit dem Betrag anzusetzen, der sich bei ihrer Ermittlung nach deutschem Steuerrecht ergibt (§ 2 Abs.2 EStG). Daraus folgt jedoch nicht die Notwendigkeit, eine Relation zwischen der inländischen und der ausländischen Bemessungsgrundlage der ausländischen Steuer herzustellen und die anrechenbare ausländische Steuer um den Teilbetrag zu mindern, um den die ausländische Bemessungsgrundlage die inländische prozentual übersteigt. § 34c Abs.1 EStG schreibt eine entsprechende Höchstbetragsberechnung nur innerhalb des Satzes 2 vor. Zur Ermittlung der ausländischen Steuer stellt Satz 3 nur darauf ab, ob sie dem Grunde nach auf die ausländischen Einkünfte i.S. des § 34d EStG entfällt. Dies ist stets der Fall, wenn die ausländische Steuer als Quellensteuer nur von den Bruttoeinnahmen erhoben wird, die ihrerseits in die Ermittlung der ausländischen Einkünfte i.S. des § 34d EStG eingehen. Die ausländische Steuer "entfällt" dann i.S. des § 34c Abs.1 Satz 3 EStG auf die ausländischen Einkünfte. Etwas anderes gilt nur, wenn in die ausländische Bemessungsgrundlage der ausländischen Steuer auch solche Einkünfte einfließen, die nicht ausländische i.S. des § 34d EStG sind. Nur dann ist die ausländische Steuer entsprechend den Ansätzen in der ausländischen Bemessungsgrundlage aufzuteilen in die, die auf die ausländischen Einkünfte entfällt, und in die, die auf die nichtausländischen Einkünfte entfällt. Die auf die ausländischen Einkünfte entfallende ausländische Steuer ist innerhalb der Höchstbetragsberechnung gemäß § 34c Abs.1 Satz 2 EStG anzusetzen. Sie erfährt eine Kürzung nur nach Maßgabe der Höchstbetragsberechnung. Für den Streitfall bedeutet dies, daß eine Aufteilung der ausländischen Steuer nur dann in Betracht käme, wenn in die ausländische Bemessungsgrundlage der ausländischen Steuer auch Einkünfte eingeflossen sein sollten, die aus Quellen außerhalb der USA stammen. Die tatsächlichen Feststellungen des FG geben jedoch für eine solche Annahme keine Veranlassung. Der erkennende Senat kann insoweit von der Rechtsprechung des X.Senats ohne dessen Zustimmung abweichen, weil die Zuständigkeit für Rechtsfragen, die die Anrechnung ausländischer Steuern gemäß § 34c EStG betreffen, auf den erkennenden Senat übergegangen ist (vgl. Geschäftsverteilungsplan für den BFH 1994, Teil A, I.Senat, Nr.2 d, BStBl II 1994, 68).
2. Einkünfteerzielung gemäß § 20 EStG durch die Klägerin
Ist --wie unter II.1 dargelegt-- davon auszugehen, daß die Einkünfte aus Kapitalvermögen im steuerrechtlichen Sinne von den drei amerikanischen Trusts erzielt wurden, so schließt dieser Umstand bereits eine entsprechende Einkünfteerzielung durch die Klägerin aus. Etwas anderes gilt nur für den von der Klägerin selbst errichteten Trust, weil insoweit nach den übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten ein Treuhandverhältnis zwischen dem Trustee und der Klägerin bestand, aufgrund dessen der Trustee die Einkünfte aus Kapitalvermögen für Rechnung der Klägerin erzielte.
3. Einkünfteerzielung gemäß § 22 Nr.1 EStG durch die Klägerin
a) Zwar stellen die Auskehrungen, die die drei amerikanischen Trusts im Streitjahr an die Klägerin vornahmen, für diese wiederkehrende Bezüge i.S. des § 22 Nr.1 EStG dar. Dazu ist davon auszugehen, daß unter den Begriff "Bezüge" alle Einnahmen i.S. des § 8 Abs.1 EStG fallen. Zu den Bezügen gehören deshalb insbesondere Geldzahlungen. Im Streitfall wurden die Bezüge auch als wiederkehrende gezahlt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Klägerin einen Rechtsanspruch auf die Auskehrungen hatte oder nicht (vgl. Fischer in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 22 Rdnr.B 33). Entscheidend ist, daß die insoweit interessierenden drei amerikanischen Trusts offensichtlich zu dem Zweck errichtet wurden, um den laufenden Unterhalt u.a. der Klägerin sicherzustellen. Die Klägerin hatte deshalb --was nicht zuletzt die tatsächliche Verwaltung des Trustvermögens belegt-- einen allgemeinen Anspruch auf laufende Unterhaltsleistungen durch den jeweiligen Trust, selbst wenn die Höhe der einzelnen Unterhaltszahlungen im Ermessen des Trustees gestanden haben mag.
b) Jedoch wird die Anwendung des § 22 Nr.1 EStG durch § 15 Abs.1 und 4 AStG verdrängt. Die Zurechnung gemäß § 15 Abs.1 AStG ist wegen des lex-specialis-Charakters der Vorschrift vorrangig, weil sie das gesamte Einkommen der ausländischen Familienstiftung (Zweckvermögen) unabhängig von deren Auskehrungen umfaßt. Wegen § 10 Nr.1 KStG 1977 können die Auskehrungen bei der ausländischen Familienstiftung (Zweckvermögen) nicht als Werbungskosten abgesetzt werden. Dann aber kann die Klägerin das zugerechnete Einkommen nicht "noch einmal" als Einkünfte i.S. des § 22 Nr.1 EStG erzielen.
4. Aufhebungsgrund
Die Vorentscheidung entspricht teilweise nicht den hier wiedergegebenen Rechtsgrundsätzen. Sie kann deshalb keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Es bedarf in tatsächlicher Hinsicht einer Entscheidung des FA, ob es bereit ist, die von der Klägerin gezahlten US-Steuern aus sachlichen Billigkeitsgründen wie von den US-Trusts gezahlte Steuern zu behandeln. Außerdem muß ermittelt werden, wann welche US-Steuern gezahlt wurden. Schließlich sind verschiedene Höchstbetragsberechnungen gemäß § 34c Abs.1 Satz 2 EStG getrennt voneinander durchzuführen. Die fehlenden Feststellungen nachzuholen ist die Aufgabe des FG. Zu diesem Zweck war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache war an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 65217 |
BFH/NV 1994, 41 |
BStBl II 1994, 727 |
BFHE 173, 404 |
BFHE 1994, 404 |
BB 1994, 854 |
BB 1994, 854 (L) |
DB 1994, 1018 (LT) |
DStR 1994, 854 (K) |
DStZ 1994, 404-406 (KT) |
HFR 1994, 384-386 (LT) |
StE 1994, 265 (K) |