Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdeckte Gewinnausschüttung
Leitsatz (NV)
1. Zum Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung.
2. Vereinbarungen im Rahmen einer Erstausstattung, die nur zu geringfügigen Gewinnanteilen (0,85 v. H. bzw. 1,58 v. H.) der Kapitalgesellschaft führen, sind Grundlage einer verdeckten Gewinnausschüttung.
3. Zur Berechnung der Höhe des Gewinnanteils der Kapitalgesellschaft und der Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Rechtsstreit befindet sich im zweiten Rechtsgang.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, deren Gegenstand nach dem Gesellschaftsvertrag aus dem Jahre 1971 die Unternehmensberatung ist. Sie wurde von ihren derzeitigen Gesellschaftern, den ebenfalls als Unternehmensberater tätigen L und G zusammen mit zwei weiteren, inzwischen aber wieder ausgeschiedenen Gesellschaftern gegründet. Bilanzstichtag ist der 30. Juni.
Die beiden Gesellschafter L und G betrieben bereits vor Gründung der Klägerin jeweils ein eigenes Einzelunternehmen auf dem Gebiet der Beratung für Datenverarbeitung. Sie haben auch nach Gründung der Klägerin ihre Einzelunternehmen fortgeführt, wurden jedoch aufgrund einer am 30. Juni 1974 mit der Klägerin getroffenen schriftlichen Vereinbarung nur für diese tätig. Die von ihnen vor und nach der Gründung der Klägerin in den Einzelunternehmen entwickelten Systeme auf dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) verblieben in ihrem Eigentum. Die Systeme wurden der Klägerin von den Gesellschaftern lediglich zum Zwecke des Vertriebs zur Verfügung gestellt.
Unter den Gründungsgesellschaftern bestanden zunächst keine schriftlichen Vereinbarungen wegen der Honorarabrechnung mit der Klägerin. Anläßlich des Ausscheidens der beiden Mitgesellschafter im Jahre 1973 beauftragte deshalb die Klägerin ihren jetzigen Prozeßbevollmächtigten mit der Erstellung eines Gutachtens über die Honorarverteilung an die Gesellschafter bis einschließlich 31. März 1973. Dabei wurden die zu zahlenden Honorare aufgrund der geleisteten Beratungsstunden und dem durchschnittlich erlösten Stundenhonorar errechnet. Für die Geschäftsführertätigkeit wurde das Stundenhonorar um 50 v. H. erhöht. Von dem verbleibenden vorläufigen Nettohonorar sollten 10 v. H. für die Gesellschaft gekürzt werden. Auf dieser Grundlage setzten sich die ausscheidenden Gesellschafter mit der Klägerin auseinander.
Unter dem 30. Juni 1974 schloß die Klägerin mit ihren beiden verbliebenen Gesellschaftern L und G einen Vertrag über die gegenseitige Abgrenzung ihrer Tätigkeiten, über die Vergütung sowie über Arbeitszeit, Urlaub, Krankheit, Konkurrenzklausel usw. Nach § 1 des Vertrags haben sich die Gesellschafter L und G verpflichtet,
a) ihre gesamte Arbeitskraft als Geschäftsführer und Unternehmensberater,
b) ihre Spezialkenntnisse und Software-Programme sowie
c) alle während der Vertragsdauer entwickelten Software-Pakete bzw. Teile davon
der Klägerin zu deren alleiniger Verwertung zu überlassen. Die wöchentliche Arbeitszeit der beiden Gesellschafter wurde auf 40 Stunden festgesetzt. Über die Vergütung für die nach § 1 des Vertrags zu erbringenden Leistungen wurde in § 6 folgende Vereinbarung getroffen:
,,Es erhalten Herr L 60 v. H., Herr G 40 v. H. des um 10 v. H. verringerten Unternehmensumsatzes, abzüglich der Fremdleistungen.
Mit diesen Vergütungen sind auch Auslagen der Vertragschließenden zu 2 - L und G - (wie Kfz-Kosten, Büromieten, Reise- und Bewirtungskosten sowie Zinsen auf die der Gesellschaft vorübergehend belassenen Tätigkeitsvergütungen), die von ihnen getragen werden, abgegolten.
Damit verbleiben der Gesellschaft zur Finanzierung ihrer eigenen Kosten (ausgenommen Fremdleistungen) 10 v. H. des Jahresumsatzes."
Die sich danach ergebenden Vergütungen wurden von L und G unter Ausweis der darauf entfallenden Umsatzsteuer der Klägerin in Rechnung gestellt, und zwar in folgender Höhe:
für das Wirtschaftsjahr 1973/74 zusammen 288 210 DM,
für das Wirtschaftsjahr 1974/75 zusammen 732 695 DM und
für das Wirtschaftsjahr 1975/76 zusammen 872 222 DM.
Anläßlich einer für die Jahre 1974 bis 1976 durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, daß die Vereinbarung vom 30. Juni 1974 und die darauf beruhenden Vergütungszahlungen der Klägerin an die Gesellschafter L und G zumindest für die Wirtschaftsjahre 1974/75 und 1975/76 zu einer unausgewogenen ,,Gewinnaufteilung" zwischen der Klägerin und ihren Gesellschaftern geführt hätten. Er ermittelte deshalb für die in § 1 des Vertrages aufgeführten, von den Gesellschaftern zu erbringenden Leistungen Einzelentgelte. Die Vergütung für die Geschäftsführer- und Unternehmensberatertätigkeit ermittelte er anhand von Stundenvergütungen, die ein Berater für Datenverarbeitung in den betreffenden Jahren auf dem freien Markt erzielt hätte, wobei ein Zuschlag für die Geschäftsführertätigkeit auf diese Stundenvergütung gemacht wurde. Das Nutzungsentgelt für die Überlassung der Software berechnete er mit 10 v. H. des Jahresumsatzes, für das überlassene Know-how mit 5 v. H. des Jahresumsatzes. Die Höhe der Nutzungsentgelte für Software und Know-how hat die Klägerin mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 28. August 1978 ausdrücklich anerkannt. Der Prüfer errechnete auf diese Weise ,,angemessene" Gesamtvergütungen:
für das Wirtschaftsjahr 1974/75 von 653 408 DM und
für das Wirtschaftsjahr 1975/76 von 751 613 DM.
Die von der Klägerin über diese Beträge hinaus an L und G gezahlten Vergütungen sah er als verdeckte Gewinnausschüttungen an (79 287 DM für 1974/75 und 120 609 DM für 1975/76).
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) folgte der Auffassung des Prüfers und erließ entsprechende Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) im ersten Rechtsgang abgewiesen. Es hat die Angemessenheit der den Gesellschaftern L und G gezahlten Vergütungen durch Einholung eines Gutachtens des Wirtschaftsprüfers K Beweis erhoben, worauf das FG in dem Tatbestand des Urteils verweist.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 23. Mai 1984 I R 294/81 (BFHE 141, 266, BStBl II 1984, 673) die Entscheidung des FG aufgehoben und die Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Im zweiten Rechtsgang hat die Klägerin die Klage u. a. damit begründet, daß es sich bei der mündlichen Vereinbarung anläßlich ihrer Gründung im Jahre 1971 um eine Erstausstattung gehandelt habe. Anläßlich des Entwurfs des Gesellschaftsvertrags seien die Gesellschafter davon ausgegangen, daß L und G nur bereit waren, ihr Know-how, ihre Programme, die Kundenverbindungen usw. der Klägerin zu überlassen, wenn sie 90 v. H. der Einnahmen von der Klägerin erhielten. Auf dieser Basis seien die Vertragsverhältnisse zwischen der Klägerin und den Gründungsgesellschaftern von Anfang an abgerechnet worden.
In der mündlichen Verhandlung vor dem FG überreichte der Bevollmächtigte der Klägerin den Entwurf eines Gesellschaftsvertrags vom Juni 1971. Auf der Rückseite des ersten Blattes dieses Entwurfs ist mit Bleistift vom Bevollmächtigten der Klägerin der Entwurf einer Vereinbarung zwischen den Gründungsgesellschaftern festgehalten worden, wonach das gesamte Know-how, Programme, die Kundenverbindungen etc. bei L und G liegen und mit 90 v. H. der Einnahmen vergütet werden sollten.
Die Vereinbarung habe die Grundlage der Honorarabrechnung zwischen ihr und den Gesellschaftern gebildet.
Ihr Anerkennungsschreiben vom 28. August 1978 binde sie nicht mehr, weil das für die Besteuerung der Gesellschafter L und G zuständige FA die Honorare der Gewerbesteuer unterworfen habe.
Das FG hat unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung die angefochtenen Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerbescheide geändert, wobei es für das Jahr 1975 eine verdeckte Gewinnausschüttung von 36 087 DM und für das Jahr 1976 eine solche von 73 809 DM angesetzt hat. Im übrigen hat das FG die Klage abgewiesen.
Die Entscheidung des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1985, 463 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 6 Abs. 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) a. F.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I. . . .
II. Materielles Recht
Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), ist das FG bei der Ermittlung des Einkommens der Klägerin nach § 6 Abs. 1 KStG a. F. zu Recht von einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 36 087 DM (Streitjahr 1975) und von 73 809 DM (Streitjahr 1976) ausgegangen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung in dieser Höhe liegt in Übereinstimmung mit dem Urteil des FG auch dann vor, wenn man - wie das FG - zugunsten der Klägerin davon ausgeht, daß die strittige Vereinbarung im Rahmen einer Erstausstattung abgeschlossen wurde, d. h. bereits bei der Gründung der Klägerin.
1. Der Senat kann offenlassen, ob er nicht schon deswegen zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung kommen könnte, weil der Vertrag vom 30. Juni 1974 und die von der Klägerin im zweiten Rechtsgang dem FG vorgelegte Vereinbarung anläßlich ihrer Gründung keine klare Abgrenzung der Tätigkeiten der Klägerin von denen der Gesellschafter L und G erkennen lassen. Insoweit könnte einer Entscheidungsbefugnis des Senats entgegenstehen, daß der Senat durch die im ersten Rechtsgang getroffene Entscheidung gebunden ist (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 126 Anm. 7). Durch diese wurde das Urteil des FG aufgehoben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Darin könnte die stillschweigende Aussage liegen, daß der Senat die unklare Abgrenzung der Tätigkeiten nicht als Grundlage einer verdeckten Gewinnausschüttung ansieht; denn der Vertrag vom 30. Juni 1974, der bezüglich der Abgrenzung der Tätigkeiten der im zweiten Rechtsgang eingebrachten Vereinbarung entspricht, lag dem Senat bei der Entscheidung im ersten Rechtsgang vor.
2. Im ersten Rechtsgang hat der erkennende Senat ausgeführt, daß im Falle einer Erstausstattung jedenfalls eine Vereinbarung, bei der der Klägerin nur ca. 1 v. H. des Gesamtgewinns zustehe, Grundlage einer verdeckten Gewinnausschüttung sei. Damit ist entgegen den das Urteil des Senats interpretierenden Ausführungen des FG eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht ausgeschlossen, wenn der Klägerin ein höherer Prozentsatz zusteht. Nach den Feststellungen des FG betragen die Gewinnanteile der Klägerin im Streitjahr 0,85 v. H. bzw. 1,58 v. H. Vereinbarungen, im Rahmen einer Erstausstattung, die zu derart geringfügigen Gewinnanteilen einer Kapitalgesellschaft führen, sind Grundlage einer verdeckten Gewinnausschüttung. Dabei kann nicht außer Betracht bleiben, daß nach den Feststellungen des FG im zweiten Rechtszug die Klägerin zwischenzeitlich selbst eigene EDV-Systeme entwickelt hat.
3. Wenn demgegenüber die Klägerin die ihr zustehenden Gewinnanteile mit 5,81 v. H. bzw. 6,48 v. H. errechnet, so beruht dies darauf, daß sie den Anteil der Gesellschafter um die von dem FA für angemessen gehaltenen Beratungshonorare mindert. Der Berechnungsmethode der Klägerin kann nicht gefolgt werden. Bei der Prüfung, ob eine Kapitalgesellschaft ausgehend von den im Rahmen einer Erstausstattung abgeschlossenen Geschäften auf die Dauer nicht nur einen minimalen unangemessenen Gewinnanteil erhält, muß vom Gesamtgewinn ausgegangen werden und nicht von einer Größe, die um die als angemessen anzusehenden Vergütungen an die Gesellschafter gemindert ist. Soll geprüft werden, ob der Anteil der Kapitalgesellschaft am Gesamtgewinn angemessen und der der Gesellschafter unangemessen ist, kann nicht in Vorwegnahme des Ergebnisses der Gesamtgewinn zugrunde gelegt werden, der um Gewinnanteile der Gesellschafter ermäßigt ist.
4. Nicht zu beanstanden ist es auch, wenn das FG bei der Berechnung der Gewinnanteile der Klägerin von dem Ergebnis nach Steuern (Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer) ausgeht. Ob im Rahmen einer Erstausstattung eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, hängt davon ab, ob die Gestaltung darauf abstellt, den Gewinn der Kapitalgesellschaft nicht über eine angemessene Verzinsung des eingezahlten Nennkapitals und eine Vergütung für das Risiko des nichteingezahlten Nennkapitals hinaus zu steigern. Im Rahmen der Prüfung ist nicht nur die bei der Kapitalgesellschaft anfallende Gewerbesteuer, sondern auch die von ihr zu tragende Körperschaftsteuer als gewinnmindernd zu berücksichtigen; denn auch die Körperschaftsteuer ist in die Renditeüberlegung der Kapitalgesellschaft einzubeziehen.
5. Das FG hat im Ergebnis zu Recht die von L und G in den Streitjahren getragenen Fahrt- und Reisekosten nicht berücksichtigt, die nach dem Gutachten des Sachverständigen, auf das sich das Urteil des FG bezog, 46 000 DM (Kalenderjahr 1974), 35 000 DM (Kalenderjahr 1975) bzw. 30 000 DM (Kalenderjahr 1976) betrugen (vgl. Tz. 29 des Sachverständigengutachtens).
Ausgangspunkt der Prüfung, ob im Rahmen der Erstausstattung ein zu geringer Gewinnanteil der Klägerin vorliegt, muß der Gesamtgewinn sein, der sich um die von jedem Teil zu tragenden Aufwendungen mindert. Der Gewinnanteil der Gesellschafter mindert sich seinerseits um die von ihnen zu tragenden Aufwendungen, soweit es sich nicht um die sie treffenden Ertragsteuern handelt. Dem kann im Streitfall nicht entgegengehalten werden, daß L und G nach der getroffenen Vereinbarung verpflichtet sind, die genannten Aufwendungen zu tragen. Grundlage der Prüfung ist, ob nach der getroffenen Vereinbarung der Gewinnanteil der Klägerin zu gering ist. Damit können die den Gesamtgewinn und den Gewinnanteil der Gesellschafter mindernden Aufwendungen nicht mit dem Argument außer Betracht bleiben, daß sie nach der getroffenen Vereinbarung von den Gesellschaftern zu tragen sind; denn auch diese Aufwendungen beruhen auf den getroffenen Vereinbarungen.
Die Einbeziehung der von L und G getragenen Aufwendungen verändert die Prozentsätze unwesentlich, die das FG bei der Bejahung der verdeckten Gewinnausschüttung zugrunde legte. Es kann nicht angenommen werden, daß das FG zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre, wenn es diese berücksichtigt hätte. Geht man davon aus, daß die in den Kalenderjahren 1974, 1975 und 1976 angefallenen Aufwendungen sich jeweils zur Hälfte auf die Wirtschaftsjahre verteilen, die in den betreffenden Kalenderjahren endeten bzw. begannen, betrug der Gewinnanteil der Klägerin im Wirtschaftsjahr 1974/75 1,67 v. H. (vom FG zugrunde gelegt 1,58 v. H.) und im Wirtschaftsjahr 1975/76 0,88 v. H. (vom FG zugrunde gelegt 0,85 v. H. des Gesamtgewinns).
. . .
Das FG hat die von den Gesellschaftern L und G getragenen Fahrt- und Reisekosten zu Recht auch im Rahmen des angestellten Fremdvergleichs unberücksichtigt gelassen. Es liegt im Bereich der vom FG zu treffenden tatsächlichen Feststellungen, wenn es davon ausging, daß diese Aufwendungen von fremden Lizenzgebern nicht getrennt in Rechnung gestellt worden wären.
6. Das FG hat die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttungen zutreffend ermittelt. Die vom FG dabei zugrunde gelegten Stundensätze für die Geschäftsführer- und die Beratungstägigkeit und Prozentsätze für Software und Know-how können aus revisionsrechtlicher Sicht nicht beanstandet werden. In den dem FG bekannten Vereinbarungen zwischen der Klägerin und ihren Gesellschaftern fanden sich keine Grundlagen, auf die das FG die Überprüfung der Angemessenheit der vereinbarten Vergütungen stützen konnte. Es war daher gezwungen, die Bemessungsbesteuerungsgrundlagen insoweit selbst zu ermitteln und zu berechnen (vgl. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Die vom FG im Rahmen seiner Ermittlung herangezogenen Unterlagen erscheinen nicht ungeeignet; die aus den Unterlagen gezogenen Schlüsse sind möglich.
Nicht zu beanstanden ist es, wenn das FG die sich aus dem Sachverständigengutachten ergebenden Stundensätze um Zuschläge für die Geschäftsführertätigkeit erhöhte und die Zuschläge anhand der Vergütungen ermittelte, die die Klägerin ihren Auftraggebern in Rechnung stellte. Die Angemessenheit der Vergütungen für Software und Know-how hat das FG anhand der Unterlagen des Bundesamts für Finanzen ermittelt, die das FA in das Verfahren einführte (wegen der Verwendung der Unterlagen vgl. auch BFH-Urteil vom 5. März 1981 IV R 94/78, BFHE 133, 379, BStBl II 1981, 658). Die Unterlagen wurden herangezogen, nachdem das eingeholte Sachverständigengutachten keine weiteren Erkenntnisse brachte. Die Verwendung der Unterlagen war jedenfalls unter Einbeziehung der anderen Umstände möglich, selbst wenn die Unterlagen - wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vortrug - nur Verträge mit Rechenzentren betroffen haben sollten. Mangels anderer Anhaltspunkte lag es im Bereich des Ermessens des FG bei der Sachverhaltsermittlung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) Verträge heranzuziehen, deren Gegenstand Vergütungen für Software ud das damit im Zusammenhang stehende Know-how waren. Die Heranziehung der Unterlagen ist vertretbar, weil das FG die sich nach seiner Ansicht aus den Unterlagen ergebenden Prozentsätze zugunsten der Klägerin in Übereinstimmung mit dem FA erhöhte und dabei von Prozentsätzen ausging, die die Klägerin ursprünglich in der Schlußbesprechung selbst zugestanden hat. Dem steht nicht entgegen, daß die Klägerin dieses Zugeständnis später widerrufen hat; denn dies schließt nicht aus, daß das FG die Tatsache des Zugeständnisses im Rahmen der tatsächlichen Würdigung zusammen mit anderen Umständen verwertet. Die vom FG gezogenen Schlußfolgerungen sind jedenfalls im Sinne des klägerischen Begehrens möglich, wenn man - wie das FG - berücksichtigt, daß die Klägerin zwischenzeitlich selbst Software entwickelt hat.
Das FG hat die Unterlagen des Bundesamts für Finanzen in der Weise ausgewertet, daß es bei den Gebühren für Know-how von 25 bis 50 v. H. der Lizenzgebühren für Software ausging. Die Schlußfolgerungen, die das FG aus der von der Klägerin erwähnten Anlage zum Schreiben des Bundesamts für Finanzen gezogen hat, waren möglich (vgl. Gräber, a.a.O., § 118 Anm. 10). Die Annahme, der Prozentsatz von 25 für die Know-how-Gebühr beziehe sich auf den Umsatz des Lizenznehmers, ergäbe zudem eine Gebühr für Know-how, die ein Mehrfaches der Gebühr für die Software betrüge; insgesamt wäre dann von einer Gebühr von ca. 35 v. H. des Umsatzes auszugehen gewesen.
7. Das FG hat im Ergebnis zu Recht außer Betracht gelassen, daß die an die Gesellschafter im Wirtschaftsjahr 1973/74 gezahlten Vergütungen geringer waren als die Vergütungen, die nach der von dem FG für die Streitjahre angewandten Berechnungsmethode angemessen gewesen wären. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Vereinbarungen zwischen der Klägerin und L und G erst am 30. Juni 1974 getroffen worden sind oder bereits bei Gründung der Klägerin.
Wurde die Vereinbarung erst am 30. Juni 1974 geschlossen, so wäre damit eine verdeckte Gewinnausschüttung bereits aufgrund eines reinen Fremdvergleichs zu bejahen. Die ,,Mindervergütungen" könnten nicht einbezogen werden. Gegenstand der Prüfung wären dann die Vereinbarungen vom 30. Juni 1974 und die nachfolgenden Zeiträume. Die Berücksichtigung eines vor dem 30. Juni 1974 liegenden Zeitraums würde dem Grundsatz widersprechen, daß nachträglich getroffene Vereinbarungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren beherrschenden Gesellschaftern nicht anzuerkennen sind mit der Folge, daß Aufwendungen der Kapitalgesellschaft aufgrund einer derartigen Vereinbarung eine verdeckte Gewinnausschüttung auslösen (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 21. Juli 1982 I R 56/78, BFHE 136, 386, BStBl II 1982, 761).
Dementsprechend kann gegennüber einer verdeckten Gewinnausschüttung, die auf einer unangemessene Aufwendungen verursachenden Vereinbarung beruht, nicht geltend gemacht werden, daß die als unangemessen anzusehenden Beträge eine Vergütung für eine Leistung darstellen, die der Gesellschafter vor Abschluß der Vereinbarung erbrachte. L und G sind als beherrschende Gesellschafter anzusehen. Sie sind in den Streitjahren die alleinigen Gesellschafter. Dabei kommt es nicht darauf an, ob - was sich aus dem Tatbestand des Urteils des FG nicht ergibt - L und G in derselben Weise an der Klägerin beteiligt sind, in der sie an den als nachträglich gezahlt anzusehenden Vergütungen beteiligt waren. Unerheblich ist auch, ob die Klägerin - was sich ebenfalls nicht aus dem Tatbestand des finanzgerichtlichen Urteils ergibt - ihren Gewinn jeweils in vollem Umfange ausgeschüttet hat. Soweit der Senat in dem Urteil vom 26. Juli 1978 I R 138/76 (BFHE 125, 557, BStBl II 1978, 659) eine andere Auffassung vertreten hat, hält er - wie sich aus dem BFH-Urteil vom 11. Dezember 1985 I R 164/82 (BFHE 146, 126, BStBl II 1986, 469) ergibt - daran nicht mehr fest.
Unterschiede sich das Beteiligungsverhältnis und das Verhältnis, in dem die Gesellschafter an der Vergütung beteiligt sind, die als nachträglich gewährt anzusehen ist, wäre dennoch ein gleichgerichtetes Interesse nicht auszuschließen. Der Gesellschafter, der im Falle der Ausschüttung des rückwirkend gewährten Vorteils von der Gesellschaft mehr erhielte als er an der rückwirkend gewährten Vergütung partizipiert, kann dennoch ein mit dem anderen Gesellschafter gleichgerichtetes Interesse verfolgen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß der betreffende Gesellschafter im Interesse der ihm mittelbar zukommenden Gesamtsteuerersparnis (Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer) mit einer verdeckten Gewinnausschüttung einverstanden ist, die im Falle einer offenen Ausschüttung für ihn einen höheren Betrag ergeben hätte als den, mit dem er an der verdeckten Gewinnausschüttung partizipiert. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin ihren Gewinn teilweise oder voll ausgeschüttet hat. Auch im Falle einer Vollausschüttung kann nicht davon ausgegangen werden, daß das Interesse des im Rahmen der rückwirkend gewährten Vergütung im Verhältnis zu seinem Anteil am Nennkapital ungünstiger gestellten Gesellschafters in jedem Fall auf die Ausschüttung der Beträge gegangen wäre, die als rückwirkend gewährte Vergütungen anzusehen sind. Soweit der Senat im Urteil in BFHE 146, 126, BStBl II 1986, 469 eine Einschränkung nur für den Fall der Nicht- bzw. nicht vollen Ausschüttung gemacht hat, hält er daran nicht mehr fest.
Der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung stünde auch nicht entgegen, daß G und L in dem Zeitraum, für den die Vergütung als rückwirkend gewährt anzusehen ist, noch nicht beherrschende Gesellschafter waren (vgl. BFH-Urteil vom 30. April 1974 I R 241/71, BFHE 112, 178, BStBl II 1974, 497).
Die nach dem für die Streitjahre angewandten Berechnungsschema zu geringe Vergütung der Gesellschafter L und G in dem Wirtschaftsjahr 1973/74 steht einer verdeckten Gewinnausschüttung in den Streitjahren auch dann nicht entgegen, wenn davon ausgegangen wird, daß die Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihren Gesellschaftern - wie von der Klägerin geltend gemacht - bereits bei ihrer Gründung geschlossen worden ist. Entscheidend ist, ob es in den Streitjahren aufgrund der im Rahmen der Erstausstattung getroffenen Vereinbarung zu Vergütungen an die Gesellschafter kommt, die als verdeckte Gewinnausschüttungen anzusehen sind. Das hat das FG zutreffend bejaht. Die verdeckte Gewinnausschüttung wird dabei nicht dadurch gemindert oder ausgeschlossen, daß die Klägerin in einem Wirtschaftsjahr, dessen Ergebnis nicht streitbefangen ist, Vergütungen an die Gesellschafter zahlt, die geringer sind als die Beträge, die als angemessen anzusehen sind. Es ist zwar richtig, daß es für die Beurteilung, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, nicht zulässig ist, lediglich die Leistungen an die Gesellschafter in einem Wirtschaftsjahr zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 17. Januar 1950 I 20/50, BFHE 55, 27, BStBl III 1951, 12). Nach den Feststellungen des FG liegt jedoch auch dann, wenn man einen längeren Zeitraum, nämlich die Wirtschaftsjahre 1973/74 bis 1977/78, in die Betrachtung mit einbezieht, eine verdeckte Gewinnausschüttung vor.
Fundstellen
Haufe-Index 414623 |
BFH/NV 1987, 398 |