Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Der Anwendung der Befreiungsvorschrift des KontrRG Nr. 51 Art. I Ziff. 2 steht nicht entgegen, daß der Landwirt mit der Zugmaschine Sand als Material zum Bau eines Stallgebäudes befördert.

 

Normenkette

KraftStG § 2/6

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) hat die in seinem landwirtschaftlichen Betrieb verwendete Zugmaschine ohne Güterladeraum, für die ihm das Finanzamt auf Grund des Kontrollratgesetzes Nr. 51 Art. I Ziff. 2 eine Bescheinigung über die Freistellung von der Kraftfahrzeugsteuer erteilt hatte, und zwei hinter dieser Zugmaschine mitgeführte Anhänger im März 1952 zweimal dazu benutzt, für einen benachbarten Landwirt, der nur einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb hat und über keine Zugmaschine verfügte, aus einer etwa 8 km entfernt liegenden Sandgrube, die einem Nichtlandwirt gehörte, käuflich erworbenen Sand zum Grundstück dieses Landwirts zu befördern. Der Sand sollte als Material für den Bau eines Stallgebäudes dienen, den dieser Landwirt durch einen Bauunternehmer ausführen lassen wollte. Der Bf. erhielt für die beiden Fahrten kein besonderes Entgelt, allerdings hatte ihm der Landwirt seine nachbarliche Hilfe bei der Ernte und für den Fall zugesagt, daß der Bf. selbst einen Bau ausführen lassen wollte.

Streitig ist, ob diese Verwendung der Zugmaschine die Anwendung der Befreiungsvorschrift des Kontrollratgesetzes Nr. 51 Art. I Ziff. 2 ausschließt. Das Finanzamt fordert vom Bf. die Versteuerung der Zugmaschine und der beiden Anhänger für die Dauer eines Monats. Das Finanzgericht hat die Steuerforderung bestätigt, und zwar im wesentlichen mit der Begründung, daß die Errichtung von landwirtschaftlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden ihrem Wesen nach keine landwirtschaftliche Tätigkeit sei. Die in Betracht kommenden Fahrten lägen ihrem Wesen nach im Bereich des Bauwesens. Auch bei Nichtlandwirten als Bauherren könne es üblich sein, daß sie im Einverständnis mit dem Bauunternehmer die Möglichkeit der unentgeltlichen Beförderung von Baumaterial durch den befreundeten Halter eines Kraftfahrzeugs wahrnehmen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) hat Erfolg.

Nach Art. I Ziff. 2 des Kontrollratgesetzes Nr. 51 fallen unter diese Befreiungsvorschrift Zugmaschinen ohne Güterladeraum, die "ausschließlich auf Bauernhöfen oder Landgütern gebraucht werden". Daß unter "ausschließlich auf Bauernhöfen oder Landgütern gebraucht werden" nichts anderes zu verstehen ist als unter "ausschließlich in landwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden" im Sinn der früheren durch das Kontrollratgesetz Nr. 14 außer Kraft gesetzten Befreiungsvorschrift des § 3 Ziff. 4 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) 1935 hat der Senat bereits mehrfach ausgesprochen (vgl. z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs II 115/50 S vom 20. Februar 1951, Slg. Bd. 55 S. 160, Bundessteuerblatt - BStBl. - 1951 III S. 61). Maßgebend ist also für die Anwendung der Befreiungsvorschrift, daß die Zugmaschine ausschließlich in einem landwirtschaftlichen Betrieb verwendet wird. Als Verwendung im landwirtschaftlichen Betrieb aber stellt sich jede Verwendung der Zugmaschine durch den Landwirt dar, die mit seinem landwirtschaftlichen Betrieb im Zusammenhang steht. Ob es sich bei der Verwendung um eine typisch landwirtschaftliche Tätigkeit handelt, d. h. um eine ihrem Wesen nach nur in einem landwirtschaftlichen Betrieb anfallende Tätigkeit, oder um eine Tätigkeit, die ebensogut auch in einem nichtlandwirtschaftlichen Betrieb anfallen kann, ist gleichgültig. Die Befreiungsvorschrift macht nach ihrem Wortlaut in dieser Beziehung keinen Unterschied. Auch aus dem Zweck der Befreiungsvorschrift ergibt sich nichts Gegenteiliges. Nach der Begründung der Befreiungsvorschrift des § 3 Ziff. 4 KraftStG 1935 sollte durch diese Vorschrift die nach der vorhergehenden Regelung (ß 2 Ziff. 2 KraftStG 1933) bestehende Behinderung der wirtschaftlichen Ausnutzung einer landwirtschaftlichen Zwecken dienenden Zugmaschine beseitigt werden; es sollte beispielsweise die Beförderung von Ernteerzeugnissen oder von sonstigen im landwirtschaftlichen Betrieb vorkommenden Gütern zum und vom Bahnhof begünstigt sein (vgl. Begründung zum Zweiten Gesetz zur änderung des KraftStG vom 28. Februar 1935, Reichssteuerblatt - RStBl. - 1935 S. 347, 348). Die jetzt geltende Befreiungsvorschrift hat in dieser Beziehung keine änderung gebracht. Die Beförderung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und sonstiger im landwirtschaftlichen Betrieb vorkommenden Güter aber ist, da eine solche Beförderung ja auch z. B. vom Großhändler zum Händler oder vom Händler zum Verbraucher getätigt werden kann, ebenfalls ihrem Wesen nach keine typisch landwirtschaftliche Tätigkeit.

Es fragt sich daher weiter, ob die Beförderung von Sand als Material zum Bau eines Stallgebäudes durch einen Landwirt mit dem landwirtschaftlichen Betrieb dieses Landwirts im Zusammenhang steht. Der Senat hat keine Bedenken, diese Frage zu bejahen. Ob der beförderte Sand aus der eigenen Sandgrube des Landwirts oder aus der Sandgrube eines anderen Landwirts oder eines Nichtlandwirts stammt, ist dabei unerheblich. Gleichgültig ist auch, ob der Sand nur für ein geringfügiges Bauvorhaben, das der Landwirt selbst mit Hilfe seines Personals ausführen kann, oder für ein größeres Bauvorhaben des Landwirts verwendet wird, zu dessen Ausführung sich der Landwirt eines Bauunternehmers bedienen muß.

Nun hat allerdings im vorliegenden Fall der Bf. den Sand nicht für ein eigenes landwirtschaftlichen Zwecken dienendes Bauvorhaben, sondern zugunsten eines anderen Landwirts für dessen derartiges Bauvorhaben befördert. Dies ist jedoch unschädlich, sofern sich die Beförderung nicht als Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit darstellt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs II 61/52 U vom 22. Oktober 1952, Slg. Bd. 57 S. 104, BStBl. 1953 III S. 40, und Urteil II 10/53 U vom 26. August 1953. BStBl. 1953 III S. 306).

Da die Vorinstanzen dies verkannt haben, waren ihre Entscheidungen aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die in Betracht kommenden Beförderungen stehen mit dem landwirtschaftlichen Betrieb des Nachbarlandwirts im Zusammenhang. Es liegt daher auch insoweit eine Verwendung der Zugmaschine in einem landwirtschaftlichen Betrieb vor. Es ist ferner unbestritten, daß der Bf. die in Betracht kommenden Beförderungen für den Nachbarlandwirt nicht in der Absicht der Gewinnerzielung, sondern in nachbarlicher Hilfeleistung ausgeführt hat. Daß der Nachbarlandwirt sich bereiterklärt hat, dem Bf. ebenfalls bei Gelegenheit Nachbarhilfe zu leisten, und der Bf. seine Leistungen möglicherweise nur im Hinblick auf die zu erwartenden Gegenleistungen gemacht hat, steht der Annahme einer Nachbarhilfe nicht entgegen. Damit schließen die in Betracht kommenden Beförderungen nicht die Anwendung der Befreiungsvorschrift auf die Zugmaschine aus. Unterliegt aber die Zugmaschine nicht der Kraftfahrzeugsteuer, so ist nach § 3 Abs. 3 der für die britische Zone erlassenen Durchführungsverordnung zum Kontrollratgesetz Nr. 14 (Kraftfahrzeugsteuer) nach seiner änderung durch das Kontrollratgesetz Nr. 51 vom 29. Juli 1947 (KraftStDVO) auch für die beiden Anhänger Steuerfreiheit gegeben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407891

BStBl III 1954, 160

BFHE 1954, 652

BFHE 58, 652

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