Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Mehrere Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts sind nur dann nach § 2 Absatz 3 Satz 1 GrEStG als ein Grundstück zu behandeln, wenn sie für sich eine wirtschaftliche Einheit bilden. Daß sie zu demselben Betriebsvermögen gehören, genügt nicht.
Normenkette
GrEStG § 2 Abs. 3
Tatbestand
Der Beschwerdegegner (Bg.) hat bei der Auflösung einer OHG, an der er zu 1/2 beteiligt war, aus deren Vermögen Grundstücke übernommen, während der andere Gesellschafter andere Grundstücke übernahm. Die Grundstücke lagen räumlich voneinander entfernt, und es waren getrennte Einheitswerte festgestellt.
Das Finanzamt zog den Bg. zur Grunderwerbsteuer heran, indem es nach § 6 Absatz 2 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) die Steuer zu 1/2 unerhoben ließ. Das Finanzgericht behandelte alle Grundstücke der OHG als ein Grundstück, erblickte in der übernahme der einzelnen Grundstücke durch die Gesellschafter eine flächenweise Teilung des "einen" Grundstücks und stellte den Bg. unter Anwendung des § 7 Absatz 2 GrEStG frei.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts hat Erfolg.
In § 2 GrEStG ist der Begriff des Grundstücks im Sinn des Grunderwerbsteuergesetzes umschrieben. Der Gesetzgeber hat im Grundsatz den Grundstücksbegriff des bürgerlichen Rechts übernommen und diesen Begriff für das Grunderwerbsteuerrecht abgewandelt. In der Vorschrift des Absatz 1 (Herausnahme der Betriebsvorrichtungen und Gewerbeberechtigungen) hat er auf andere steuerrechtliche Regelungen Rücksicht genommen. In der Bestimmung des Absatz 2 hat er den tatsächlichen Gegebenheiten Rechnung getragen: Der Erbbauberechtigte und der Erbpachtberechtigte haben tatsächlich eine eigentümerähnliche Stellung und die Gebäude auf fremdem Boden sind ihrer Natur nach unbeweglich.
Ebenso ist er bei der Vorschrift des Absatz 3 Satz 1 (mehrere Grundstücke, die zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören, werden als ein Grundstück behandelt) von der tatsächlichen Beurteilung ausgegangen. Das ergibt sich aus der Begründung zu dieser Vorschrift (Absatz 7 der Begründung zu § 2, Reichssteuerblatt (RStBl.) 1940 S. 393 rechte Spalte). Dort heißt es, daß Grundstücke "abgegrenzte Teile" der Erdoberfläche sind, daß aber unter Grundstücken im Sinn des bürgerlichen Rechts nur diejenigen Teile der Erdoberfläche verstanden werden, die im Grundbuch eine besondere Stelle haben, die entweder ein besonderes Grundbuchblatt oder eine besondere Nummer des Bestandsverzeichnisses eines gemeinschaftlichen Grundbuchblatts ist. Es kann ein Fabrikant ein räumlich abgegrenztes Fabrikunternehmen auf mehreren Flächen, für deren jede ein besonderes Grundbuchblatt besteht, errichten und das Fabrikgelände durch Hinzuerwerb benachbarter Grundstücke erweitern. Ein abgegrenztes landwirtschaftliches Gut kann aus vielen Parzellen mit besonderen Namen des Bestandsverzeichnisses bestehen. Würde man hier nach den Begriffen des bürgerlichen Rechts mehrere Grundstücke annehmen, so würde auch bei einer einheitlichen Veräußerung eine Mehrheit oder Vielheit von Steuerfällen mit allen grunderwerbsteuerlichen Folgen hinsichtlich der Freigrenze usw. vorliegen. Dem begegnet die Vorschrift des § 2 Absatz 3 Satz 1. Es soll, wie die Begründung sagt, die Steuer "für die wirtschaftliche Einheit" berechnet werden. Die wirtschaftliche und tatsächliche Einheit ist in den Beispielen das Fabrikgrundstück oder das landwirtschaftliche Gut. Zweck und wirtschaftliche Bedeutung des Gesetzes gebieten demnach, die Worte (Grundstücke, die zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören", dahin auszulegen, daß die Grundstücke eine wirtschaftliche Einheit bilden. Es ist dies ein Ergebnis, das man auch schon daraus ableiten könnte, daß in einem Gesetz, das nur von Grundstücken handelt, unter wirtschaftlicher Einheit nur eine aus Grundstücken gebildete wirtschaftliche Einheit zu verstehen ist.
Daß man nicht alle Grundstücke, die zu der bewertungsrechtlichen (Ober-) Einheit Betriebsvermögen gehören, grunderwerbsteuerlich als ein Grundstück behandeln kann, leuchtet besonders ein, wenn man an den Fall denkt, daß die mehreren Grundstücke des Betriebsvermögens räumlich weit voneinander entfernt liegen, ein Lagerplatz vielleicht vor den Toren der Stadt, das Hafengrundstück eines industriellen Großunternehmens 100 km von den anderen Grundstücken entfernt. Würde man die Zusammenfassung im Betriebsvermögen gelten lassen, so müßten sogar Grundstücke, die ihrer Bestimmung nach gar nicht dem Betrieb dienen, der wirtschaftlichen Einheit Betriebsvermögen zugerechnet und dementsprechend als ein Grundstück behandelt werden, nämlich dann, wenn sie den im § 56 Reichsbewertungsgesetz (RBewG) bezeichneten Körperschaften und Personenmehrheiten gehören, die nur Betriebsvermögen haben können. Dies kann nicht im Sinn des GrEStG liegen. überdies behandelt nicht einmal das Bewertungsrecht die mehreren Grundstücke eines Betriebsvermögens als ein Grundstück, es kann auch nicht "für die wirtschaftliche Einheit" Betriebsvermögen Grunderwerbsteuer berechnet werden.
Hiernach kann § 7 GrEStG nicht zur Anwendung gelangen, ohne daß noch darauf eingegangen zu werden braucht, ob man dann, wenn die Grundstücksflächen unberührt bleiben, überhaupt von einer flächenweisen Teilung sprechen kann.
Es war demnach der Einspruchsbescheid des Finanzamts wiederherzustellen.
Fundstellen
Haufe-Index 407219 |
BStBl III 1951, 99 |
BFHE 1952, 259 |
BFHE 55, 259 |