Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung betriebliche Veräußerungsrente/privat Versorgungsrente - Vermögensübertragung: Ausgleichszahlungen an Geschwister, freies Wohnrecht des Übergebers, Versorgungsrente nach befristetem Vorbehaltsnießbrauch
Leitsatz (amtlich)
1. Eine als Sonderausgabe abziehbare dauernde Last kann auch dann vorliegen, wenn im Vermögensübergabevertrag zunächst ein befristeter Vorbehaltsnießbrauch und zeitlich hieran anschließend eine Versorgungsrente vereinbart werden.
2. Zur Unterscheidung zwischen betrieblicher Veräußerungs- bzw. Erwerbsrente und privater Versorgungsrente.
Orientierungssatz
1. Bei der Übertragung eines Betriebes oder eines Gesellschaftsanteils von Eltern auf Kinder gegen wiederkehrende Leistungen ist im Regelfall anzunehmen, daß Leistung und Gegenleistung nicht wie unter Fremden nach kaufmännischen Gesichtspunkten abgewogen werden; vielmehr wird widerlegbar vermutet, daß die Rente --unabhängig vom Wert der übertragenen Vermögenswerte-- nach dem Versorgungsbedürfnis der Eltern und/oder nach der Ertragskraft des übertragenen Vermögens bemessen worden ist und insofern familiären, außerbetrieblichen Charakter hat. Die für die private Versorgungsrente sprechende Vermutung besteht nicht, wenn die übertragenen Vermögenswerte und die Rentenverpflichtung einander gleichwertig sind. Beruft sich ein Steuerpflichtiger darauf, daß Rente und übertragenes Vermögen wertgleich seien, muß er substantiiert darlegen, welche Vorstellung die Vertragspartner bei Abschluß des Vertrages hinsichtlich des Wertes der übertragenen Wirtschaftsgüter hatten (vgl. BFH-Rechtsprechung).
2. Wird anläßlich der Vermögensübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein freies Wohnrecht für den Übergeber vereinbart, kann der Übernehmer weder den Nutzungswert der überlassenen Wohnung noch die (anteile) AfA als dauernde Last absetzen. Abgezogen werden können Aufwendungen für Wasser, Strom und Heizung. Diese Leistungen sind grundsätzlich in Anlehnung an die Sachbezugsverordnung zu bewerten (vgl. BFH-Rechtsprechung).
3. Ausgleichszahlungen an Geschwister anläßlich der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge führen zu Anschaffungskosten. Bei hinausgeschobener Fälligkeit sind die Ausgleichsverpflichtungen abzuzinsen.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 1, § 12 Nr. 2, § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Nr. 7; BewG 1974 § 12 Abs. 3
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und wurden im Streitjahr 1983 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit notariellem Vertrag vom 28.Dezember 1973 übernahm die Klägerin von ihren Eltern ein in A belegenes ca. 7,3 ha großes Grundstück nebst aufstehenden Wohn- und Wirtschaftsgebäuden. Auf dem Grundstück betrieben zunächst die Eltern der Klägerin, ab 1982 diese selbst einen Campingplatz. § 2 des "Hofübergabevertrages" vom 28.Dezember 1973 lautet auszugsweise wie folgt:
"A. Die Übernehmerin räumt ... den Überlassern ein dinglich abzusicherndes Nießbrauchsrecht an dem Überlassungsgegenstand ein. Dies Nießbrauchsrecht ist bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Erschienenen zu 1. (des Vaters) befristet und umfaßt nicht den bereits jetzt von der Übernehmerin und deren Ehemann auf dem Überlassungsgegenstand betriebenen Kiosk und Imbißstube.
B. Nach Beendigung des Nießbrauchsrechts hat die Übernehmerin den Überlassern als Gesamtberechtigten das nachfolgende Altenteil zu gewähren:
1. ein lebenslängliches freies Wohnrecht in einer der drei auf
dem Hofe vorhandenen Wohnungen. Das Wahlrecht steht den
Überlassern zu,
2. freie Heizung in der Abnahmewohnung,
3. freie Wasserversorgung ...,
4. freies Fuhrwerk,
...
7. für die Altenteiler ist ein ortsübliches Begräbnis
auszustatten. ...
8. ferner steht den Überlassern als Gesamtberechtigten nach Beendigung des Nießbrauchsrechts 1/5 der Einnahmen aus dem auf dem Hof betriebenen Campingplatz zu. Hierbei sind sich die Vertragsparteien darüber einig, daß unter Einnahmen diejenigen Erlöse zu verstehen sind, die nach Abzug der Umsatzsteuer verbleiben. Sollten aus irgendeinem Grunde keine Einnahmen aus dem Campingplatz mehr fließen, so haben die Berechtigten mindestens Anspruch auf Lieferung von 12 Zentnern Weizen monatlich oder wahlweise deren Gegenwert in Geld."
In § 3 des Vertrages heißt es:
"Die Übernehmerin hat zwei abfindungsberechtigte Schwestern,
nämlich: 1. Frau K.F. ..., 2. Frau A.J. ...
Die Übernehmerin ist verpflichtet, an ihre beiden Schwestern von der Beendigung des Nießbrauchsrechts der Überlasser ab gerechnet auf die Dauer von 4 Jahren je 1/6 der Einnahmen aus dem Campingplatz zu entrichten. Hinsichtlich der Definition der Einnahmen gilt das gleiche wie für den Anspruch der Altenteiler. Mit Zahlung dieser Beiträge sind die beiden Schwestern hinsichtlich ihrer Ansprüche als weichende Erben an den Hof abgefunden.
Sollten aus irgendeinem Grunde keine Einnahmen mehr aus dem Campingplatz fließen, so können die Berechtigten stattdessen die Lieferung von je 100 Zentnern Weizen verlangen."
Das gesamte übernommene Grundvermögen teilt sich wie folgt auf: Campingplatz 3,6619 ha, verpachtete land- und forstwirtschaftliche Fläche 3,1700 ha, verpachteter Parkplatz 0,3300 ha sowie Unland in einer Größe von 0,1400 ha. Auf dem Campingplatz befanden sich eine von den Klägern bewirtschaftete Imbißstube und ein Kiosk, die Ende 1975 zu einer Gastwirtschaft ausgebaut worden waren. Die Kläger übernahmen ein Wohngebäude, welches von ihnen und den Eltern der Klägerin genutzt wird, sowie eine Altenteilerwohnung, die von Verwandten und Feriengästen genutzt wird. Das Wohngebäude, die Altenteilerwohnung und der verpachtete Parkplatz werden im Privatvermögen gehalten.
Die Klägerin, die ihren Gewinn aus Gewerbebetrieb nach § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt, führte die Buchwerte ihres Vaters fort. Diese beliefen sich zum Jahresende 1976 auf ca. 330 000 DM (ohne Wohngebäude, Altenteilerwohnung und Parkplatz).
Entsprechend dem Hofübergabevertrag erlosch das dem Vater bestellte Nießbrauchsrecht zum Jahresende 1981. An seine Stelle trat die Verpflichtung zur Abführung von 1/5 der Einnahmen aus dem auf dem Hof betriebenen Campingplatz.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1983 behandelten die Kläger die Zahlungen an die Eltern in Höhe von 13 226 DM und die Zahlungsverpflichtung gegenüber den Eltern in Höhe von 22 936 DM (insgesamt 36 162 DM) als betriebliche Vorgänge. Hinsichtlich der übrigen Verpflichtungen gemäß § 2 des Überlassungsvertrages --nach Angaben der Kläger "sonstige Kosten" für Naturalien, Licht, Strom etc.-- beantragten die Kläger, eine dauernde Last in Höhe von 13 116 DM zum Abzug als Sonderausgabe zuzulassen. Die Ausgleichsverpflichtung gegenüber den Schwestern passivierten sie in Höhe von 253 000 DM als betriebliche Verbindlichkeit (Jahresumsatz 190 000 DM x 4 Jahre = 760 000 DM; hiervon 2 x 1/6 *= 253 000 DM). Die Buchwerte der übernommenen Wirtschaftsgüter wurden um diesen Betrag erhöht; dementsprechend erhöhte sich die Absetzung für Abnutzung (AfA) um 4 871 DM.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte dem nicht: Er lehnte es ab, die Zahlungsverpflichtung an die Eltern als betrieblich zu behandeln; er berücksichtigte lediglich den im Streitjahr tatsächlich gezahlten Betrag in Höhe von 13 226 DM zuzüglich sonstiger Aufwendungen gemäß § 2 des Übergabevertrages in Höhe von 13 165 DM als dauernde Last.
Der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid hatte hinsichtlich des Betriebsausgabenabzugs keinen Erfolg. Das FA ließ weitere Zahlungen an die Eltern in Höhe von 7 374 DM zum Abzug als dauernde Last zu. Zugleich wurden die AfA um 4 871 DM und die Rückstellung für Gewerbesteuer um 345 DM vermindert.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Die Zahlungsverpflichtung an den Vater sei nicht betrieblich veranlaßt. Bei den Abfindungszahlungen an die Schwestern handele es sich nicht um zusätzliche Anschaffungskosten.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts und das Übergehen eines Beweisantrages.
Sie beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer 1983 unter Änderung des Einkommensteuerbescheides auf 5 014 DM herabzusetzen, hilfsweise, das Verfahren zur erneuten Verhandlung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der geänderte Einkommensteuerbescheid vom 31.Januar 1991.
Fundstellen
Haufe-Index 64130 |
BFH/NV 1992, 80 |
BStBl II 1993, 23 |
BFHE 169, 25 |
BFHE 1993, 25 |
BB 1992, 2485 |
BB 1992, 2485-2487 (LT) |
DB 1992, 2424-2425 (LT) |
DStZ 1992, 796 (KT) |
HFR 1993, 70 (LT) |
StE 1992, 602 (K) |