Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Gastwirtschaft des Gesellschafters einer OHG, die eine Brauerei betreibt, ist auch dann Betriebsvermögen der OHG, wenn sie dieser nur zur Nutzung überlassen wird. Das gilt auch, wenn der Betrieb der Gastwirtschaft durch den Gesellschafter an einen Dritten verpachtet ist.
Die schenkweise überlassung eines Teilbetriebs vom Vater an die Tochter ist auch dann nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 EStDV zu beurteilen, wenn der Teilbetrieb bei der beschenkten Tochter ins Privatvermögen übergeht.
Normenkette
EStG §§ 4-5, 16; EStDV § 7 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die unentgeltliche übertragung eines Gastwirtschaftsanwesens durch den Gesellschafter X und seine Ehefrau an ihre Tochter im Jahre 1956 zu einem bei der einheitlichen Gewinnfestsetzung der Revisionsbeklagten (OHG) zu berücksichtigenden Entnahmegewinn geführt hat.
Die OHG entstand mit Gesellschaftsvertrag vom 1. Januar 1951 aus dem Einzelunternehmen des X, der seine beiden Söhne als Gesellschafter aufnahm. Bei der Gründung der OHG brachte X u. a. das Gastwirtschaftsanwesen zur Nutzung in den Betrieb der OHG ein. Das Gastwirtschaftsanwesen war seit 1940 an die Eheleute Y verpachtet. Diese hatten ihr Bier ausschließlich von der Brauerei zu beziehen, die von der OHG betrieben wurde. X konnte nach wie vor über das Grundstück verfügen. Es wurde mit dem im Zeitpunkt der Errichtung der OHG vorhandenen Buchwert von 48.321 DM zuzüglich dem Buchwert der Gastwirtschaftseinrichtung von 1.200 DM in der Eröffnungsbilanz der OHG als deren wirtschaftliches Eigentum ausgewiesen. Als Gegenposten wurde eine gleich hohe Rückgabeverpflichtung (49.521 DM) gegenüber X passiviert. Nach ihr bemaß sich ein Teil der Pachtvergütung an X. Erträge und Aufwendungen, die mit diesem Gastwirtschaftsanwesen zusammenhingen, fielen in die Gewinnverteilungsmaße der OHG, an der die drei Gesellschafter zu je 1/3 beteiligt waren.
Mit Wirkung vom 1. Januar 1956 übertrug X das Grundstück, an dem auf Grund ehelichen Güterrechts auch seine Ehefrau beteiligt war, unentgeltlich auf seine Tochter. Das Anwesen stand zu diesem Zeitpunkt einschließlich Einrichtung mit 42.126 DM zu Buche. Die Ausbuchung des Anwesens zugunsten der Tochter des X erfolgte erfolgsneutral mit dem Buchwert. Die Rückgabeverpflichtung, die mit 49.521 DM ursprünglich eingestellt unverändert fortgeführt worden war, wurde ebenfalls erfolgsneutral ausgebucht, indem die Differenz von 7.395 DM, die sich aus dem Unterschied zwischen dem Passivposten und dem dazugehörenden Aktivposten von 42.126 DM ergab, als Einlage des Gesellschafters X behandelt wurde.
Dem folgte das Finanzamt (FA) nicht. Von einem Teilwert des Gastwirtschaftsgrundstücks zum 1. Januar 1956 von 60.000 DM ausgehend errechnete es unter Gegenüberstellung dieses Betrages mit dem Buchwert des Grundstücks ohne Einrichtung mit 41.726 DM einen Veräußerungsgewinn von 18.274 DM. Im Einspruchsverfahren vertrat die OHG weiterhin die Auffassung, daß die überlassung des Anwesens an die Tochter des X keine die darin enthaltenen stillen Reserven realisierende Entnahme darstelle; jedoch sei die Differenz zwischen dem Buchwert der Rückgabeverpflichtung ohne Berücksichtigung der Einrichtung von 1.200 DM (= 48.321 DM) und dem Buchwert des Grundstücks (41.726 DM) mit 6.595 DM dem Gewinn hinzusetzen.
Mit der Berufung gegen die abweisende Einspruchsentscheidung hatte die OHG im wesentlichen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, daß der vom FA errechnete Entnahmegewinn von 18.274 DM zwar nicht entstanden sei, aber der Betrag von 7.395 DM als Unterschied zwischen dem Buchwert der Rückgabeverpflichtung in Höhe von 49.521 DM und dem Buchwert des Gastwirtschaftsanwesens einschließlich der Geschäftseinrichtung mit noch 42.126 DM gewinnerhöhend zu behandeln sein. Das FG begründete seine Auffassung im wesentlichen wie folgt. Das Rechtsverhältnis zwischen X und der OHG hinsichtlich des angeblich zur Nutzung überlassenen Gastwirtschaftsanwesens sei nicht eine überlassung des Grundstücks selbst, sondern lediglich der Rechte aus dem bestehenden Grundstückspachtverhältnis zwischen X und dessen Pächtern , den Eheleuten Y.
Das Grundstück selbst mit Einrichtung habe nicht zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehört. Somit könne die unentgeltliche übertragung auf die Tochter des X den Gewinn der Gesellschaft nicht berührt haben. Auf die Frage, ob das Grundstück auch deshalb nicht Betriebsvermögen der OHG hätte sein können , weil es Gesamtgut der in allgemeiner Gütergemeinschaft lebenden Eheleute X war, brauche nicht eingegangen zu werden. Auch durch den Ausweis des Gastwirtschaftsanwesens in der Bilanz der OHG sei es nicht zu deren Betriebsvermögen geworden. Durch die Bildung des gleichhohen Gegenpostens Rückgabeverpflichtung sei zum Ausdruck gebracht worden, daß diese Wirtschaftsgüter wertmäßig nicht im Vermögen der OHG enthalten sein sollten. Mit der übertragung des Anwesens auf die Tochter des X sei auch das Pachtverhältnis mit der OHG beendet gewesen. Der Aktivposten in Höhe von 42.126 DM habe daher keine sachliche Berechtigung mehr. Das gleiche gelte für den Gegenposten Rückgabeverpflichtung. Sie habe auch in Höhe von 7.395 DM, mit welchem Betrag sie den Buchwert des Grundstücks übersteige, keine Berechtigung mehr. Hier entstehe eine Erhöhung des Betriebsvermögens der Gesellschaft am 31. Dezember 1956 gegenüber dem Zustand vom 1. Januar 1956. Diese Erhöhung stelle jedoch Gewinn dar, da eine entsprechende Einlage des X im Wirtschaftsjahr 1956 der Restschuld nicht gegenüberstehe.
Mit seiner nach Inkrafttreten der FGO am 1. Januar 1966 als Revision zu behandelnde Rb. wendet sich das FA gegen die Auffassung des FG, das Gastwirtschaftsanwesen habe nicht zum Betriebsvermögen der OHG gehört. Es sei notwendiges Betriebsvermögen des früheren Einzelunternehmers X gewesen. Es sei vor der Gründung der Personengesellschaft von diesem nicht in das Privatvermögen übernommen worden. Wenn es auch bei der Gründung der Gesellschaft nicht in deren Gesamthandsvermögen überführt, sondern ihr nach dem Gesellschaftsvertrag nur die Nutzung daran überlassen wurde, so sei es doch mit Recht mit dem letzten Buchwert der Schlußbilanz des Einzelunternehmens in der Eröffnungsbilanz der OHG ausgewiesen worden. Das entspreche der Rechtsprechung. Auch die Behandlung der Rückgabeverpflichtung durch das FG sei nicht richtig. Die Personengesellschaft habe mit der steuerrechtlich gebotenen Aufnahme des Anwesens in das Betriebsvermögen keine Verpflichtung zur Rückgabe übernommen. Sie habe nichts erhalten und könne deshalb auch nichts zurückgeben. Der Passivposten sei erfolgsneutral über die Kapitalkonten aufzulösen. Zu berücksichtigen sei hierbei auch, daß der Anteil der nicht an der OHG beteiligten Ehefrau des X von vornherein nicht zum Betriebsvermögen hätte gerechnet werden dürfen. Insoweit habe ohnehin eine erfolgsneutrale Ausbuchung der entsprechenden Bilanzposten zu erfolgen. Soweit eine übertragung von X auf seine Tochter vorliege, sei auch nicht von der unentgeltlichen übertragung eines Teilbetriebs im Sinne von § 16 Abs. 1 Ziff 1 EStG auszugehen. Es handele sich um die Entnahme einzelner Wirtschaftsgüter zur teilweisen Befriedigung der Tochter wegen ihrer Erbansprüche. Selbst wenn man aber die unentgeltliche übertragung eines Teilbetriebs annehmen wollte, so sei § 7 Abs. 1 EStDV nicht anwendbar. Denn in der Hand der Tochter sei das Gastwirtschaftsanwesen Privatvermögen geworden. Man könne bei ihr auch nicht von einem ruhenden Gewerbebetrieb sprechen. Es sei auch nicht von vornherein ein ruhender Gewerbebetrieb von X auf seine Tochter übergegangen. Bei den gegebenen Umständen könne auch nicht damit gerechnet werden, daß die Tochter die Gastwirtschaft jemals selbst betreiben werde. Unter diesen Umständen müßten die stillen Reserven bei X steuerlich erfaßt werden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Dem FG kann darin nicht gefolgt werden, daß das Gastwirtschaftsanwesen nicht zum Betriebsvermögen der OHG gehörte, mindestens insoweit, als es im ideellen Miteigentum des Gesellschafters X stand. Eine von einer Brauerei betriebene Gastwirtschaft ist ein selbständiger Teilbetrieb der Brauerei. Er gehört als solcher zu ihrem Betriebsvermögen. Es ist auch nicht bestritten, daß das Gastwirtschaftsanwesen bis zum Zeitpunkt der Gründung der OHG mit seinen beiden Söhnen zum Betriebsvermögen des Einzelunternehmers X gehörte. Da nach dem Willen aller Beteiligten das Gastwirtschaftsanwesen auch weiterhin der Brauerei dienen sollte, war es nicht nötig, es unbedingt in das Gesamthandsvermögen der OHG zu überführen, wenn es Betriebsvermögen der OHG sein sollte. Nach der ständigen Rechtsprechung des RFH und des BFH werden auch Wirtschaftsgüter, die im Alleineigentum eines oder mehrerer Gesellschafter stehen, Betriebsvermögen der Gesellschaft, wenn sie ihr zur Nutzung überlassen werden. Hinzu kommt im Streitfall, daß das Gastwirtschaftsanwesen von Anfang an sogar in die Handelsbilanz der OHG aufgenommen worden war. Man könnte hieraus den Schluß ziehen, daß die Beteiligten zwar das Alleineigentum an dem Gastwirtschaftsanwesen bei X belassen, es aber doch dem Werte nach in die OHG einbringen wollten. Hierauf kommt es aber nicht an. An dieser Beurteilung änderte nicht, daß die Gastwirtschaft von X an die Eheleute Y verpachtet war. Hierdurch wird die Eigenschaft der Gastwirtschaft als Betriebsvermögen des X selbst und, da X als Gesellschafter der OHG weiterhin Gewerbetreibender blieb, auch die Zugehörigkeit der Gastwirtschaft zum Betriebsvermögen der OHG nicht berührt.
Gleichwohl kann das Verlangen des FA, anläßlich der unentgeltlichen übertragung des Anwesens auf die Tochter von X eine Gewinnrealisierung anzunehmen, nicht Erfolg haben. Eine von einer Brauerei betriebene Gastwirtschaft stellt einen selbständigen Teilbetrieb dar, Urteil des RFH VI 9/40 vom 14. Februar 1940, RStBl 1940 S. 474. Die unentgeltliche übertragung eines Teilbetriebs auf einen Dritten führt nach § 7 Abs. 1 EStDV nicht zur Gewinnrealisierung; sie stellt keine Betriebsaufgabe im Sinne des § 16 EStG dar. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß stille Reserven bei einer solchen Beurteilung etwa für immer der Besteuerung entzogen würden. Selbst wenn man davon ausgehen würde, daß das Gastwirtschaftsanwesen in der Hand der Tochter des X Privatvermögen wäre, so würde die überführung ins Privatvermögen doch erst in der Hand der Tochter vollzogen. Der Vorschrift des § 7 Abs. 1 EStDV liegt der Gedanke der Fortsetzung der Person des überlassenden durch den übernehmenden zugrunde. Dieser tritt in die steuerliche Rechtsstellung des überlassenden ein. Er wird mit der überlassung ebenso wie dieser Gewerbetreibender. Die in dem überlassenen Teilbetrieb vorhandenen Wirtschaftsgüter werden daher bei der Tochter mit den letzten Buchwerten der OHG weitergeführt und die in ihnen enthaltenen stillen Reserven gegebenenfalls bei überführung ins Privatvermögen oder bei der Veräußerung des Gastwirtschaftsanwesens versteuert. Hierbei ist es gleichgültig, ob man in der Hand des X einen ruhenden oder einen ausgeübten Gewerbebetrieb erblicken will. Selbst wenn ein ruhender Gewerbebetrieb vorliegen würde, so würde diese Eigenschaft mit allen steuerlichen Konsequenzen bei der unentgeltlichen übertragung auf die Tochter auf diese übergehen, was aber bedeuten würde, daß die Tochter in gleicher Weise gewinnrealisierende Handlungen vornehmen könnte wie X.
An dieser Beurteilung ändert sich dadurch nichts, daß das Gastwirtschaftsanwesen je zur Hälfte im gemeinschaftlichen Eigentum von X und seiner Ehefrau stand. Wesensgemäß bleibt aus, was sich im Eigentum des C und damit auch richtigerweise in der Bilanz der OHG befindet, ein Teilbetrieb der OHG.
Die Behandlung der Rückgabeverpflichtung in der Bilanz der OHG durch das FG ist nicht richtig. Der Gesamtvorgang führt zu keinem Gewinn. Da die OHG jedoch kein Rechtsmittel eingelegt hat, verbleibt es insoweit bei der Beurteilung durch das FG, § 96 Abs. 1 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 412231 |
BStBl III 1967, 47 |
BFHE 1966, 628 |
BFHE 86, 628 |