Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Geldbeträge, die Vereinigungen nachlaßgewährender Gewerbetreibender (Rabattsparvereine und dergleichen) aus dem Verkauf von Gutscheinen (Rabattmarken usw.) einnehmen und als zweckgebundenes ihnen zu treuen Händen anvertrautes Vermögen zu verwalten haben, sind ihnen bei der Feststellung des Einheitswertes ihres Betriebsvermögens zuzurechnen.
Zur Frage, ob und inwieweit Verpflichtungen eines Rabattsparvereins aus dem Rabattmarkenumlauf am Bewertungsstichtage als Schuld anzuerkennen sind.
Normenkette
BewG §§ 6-7, 62/1, § 103/1; RabattG § 4 Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des Einheitswertes des Betriebsvermögens am 1. Januar 1957.
Der Bg., ein eingetragener Verein, ist eine Interessengemeinschaft selbständiger Lebensmittelkaufleute. Dem Bg. ist eine Rabattabteilung angegliedert, deren Zweck in der Organisation der Gewährung von Barzahlungsnachlässen für ihre Mitglieder besteht. Nach der Satzung ist die Rabattabteilung buch- und kassenmäßig getrennt von dem übrigen Geschäftsbetrieb zu führen. Mitglied der Rabattabteilung kann jeder dem Bg. angehörende Einzelhändler werden. Bestimmungen über die Verwaltung und Sicherung der Rabattmarken und besonders über die Anlage der Markengelder und ihrer Verwendung bedürfen nach der Satzung der Zustimmung des Vorstandes. Nach Mitteilung des Bg. sind bis zum Stichtage derartige Bestimmungen nicht getroffen worden. Berichte über die beim Bg. durchgeführten Pflichtprüfungen (ß 4 Abs. 2 des Gesetzes über Preisnachlässe - Rabattgesetz -) befinden sich nicht bei den Akten.
Nach den getroffenen Feststellungen gewähren die Mitglieder der Rabattabteilung ihren Kunden beim Bareinkauf von Waren 3 % Rabatt. Der Kunde erhält für je 20 Pf Einkauf eine Rabattmarke. Die Rabattmarken sind in Rabattkarten einzukleben, die mit je 250 Feldern versehen sind. Die Rabattkarten, die von den Einzelhändlern ausgegeben werden, enthalten folgenden Aufdruck:
"Diese Rabattkarte wird mit DM 1,50 eingelöst, wenn sie mit Rabattmarken im Einkaufswert von DM 50,- vollgeklebt ist. Die Rabattmarken erhalten Sie beim Einkauf in bar auf fast alle Waren..."
Die Rabattmarken werden vom Bg. beschafft, der sie in Rollen zum Preise von 60 DM an die Einzelhändler geben bar abgibt. Soweit die Einzelhändler den Kunden den Gegenwert für vollgeklebte Rabattkarten ausbezahlt haben, geben sie die Rabattkarten an die Rabattabteilung weiter, die ihnen den Rabattbetrag erstattet. Nach den weiteren Feststellungen des Finanzgerichts setzt die Rabattabteilung jeweils dreijährige Umlaufzeiten für die Rabattmarken fest. Innerhalb dieses Zeitraumes werden einheitliche Rabattmarken ausgegeben, auf die das Datum, an dem sie ungültig werden, aufgedruckt ist.
Die Handels- und Steuerbilanz zum 31. Dezember 1956 weist auf der Aktivseite außer einem Markenbestand von 10 DM und Inventar von 306 DM nur Geldkonten im Gesamtbetrage von 90.692,12 DM aus. Für die in Umlauf befindlichen Rabattmarken bildete der Bg. einen Schuldposten in Höhe von 97.169,60 DM. Dieser Posten entspricht dem Nennbetrage des noch vorhandenen Markenumlaufs aus der Umlaufperiode 1953/1954 bis 1956, gekürzt um den geschätzten Markenschwund für den gleichen Zeitraum. Das Finanzamt erkannte den genannten Schuldposten nicht an und stellte den Einheitswert auf 90.000 DM fest; es ist der Auffassung, daß die Verpflichtung zur Einlösung der umlaufenden Rabattmarken aufschiebend bedingt sei und bei der Feststellung des Einheitswertes des gewerblichen Betriebes nicht berücksichtigt werden könne. Der Einspruch blieb erfolglos.
In der Berufung beharrte der Bg. auf seinem Standpunkt, daß bei seiner Rabattabteilung eine Verpflichtung in Höhe des tatsächlichen Markenumlaufes bestehe. Jedes Mitglied der Rabattabteilung erwerbe mit dem Erwerbe der Rabattmarken einen Verrechnungsanspruch auf Rückzahlung seiner für die Einlösung von Rabattmarken aufgewandten Beträge. Die Rabattabteilung übernehme die Verpflichtung, die bei ihr von den Mitgliedern hinterlegten Gelder zur Einlösung der Rabattmarken ihrer Mitglieder gegenüber den Kunden zu verwenden. Rabattgeber seien die einzelnen Mitglieder der Rabattabteilung, nicht die Rabattabteilung; bei ihr werde nur eine Verrechnung vorgenommen. Die Tatsache, daß in der Regel nur vollgeklebte Rabattbücher eingelöst würden, berühre nur die Fälligkeit, nicht aber den Bestand der Verbindlichkeit. Es treffe nicht zu, daß die Schuld deswegen aufschiebend bedingt sei. Der Umstand, daß es bei einem Teil der Rabattmarken fraglich sei, ob sie eingelöst würden, sei schon durch die Verminderung der Schuld um den Markenschwund hinreichend berücksichtigt worden. Im übrigen sei eine Schuld der Rabattabteilung gegenüber den Rabattsparern bereits vor der Einlösung der Rabattmarken entstanden. Selbst wenn unterstellt würde, daß die Ansprüche der Rabattsparer aufschiebend bedingt seien, müsse doch eine wirtschaftliche Last anerkannt werden, weil sich das Gesetz der großen Zahl im vorliegenden Falle noch stärker auswirke, als das z. B. bei den Pensionsanwartschaften der Fall sei. Abgesehen davon sei zwischen dem Rabattanspruch des Sparers und dem Verrechnungsanspruch des Einzelhändlers zu unterscheiden. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu dem sogenannten Eigennachlaß (bei dem der die Rabattmarken ausgebende Unternehmer diese selbst einlöst) sei im Streitfalle, in dem sogenannter organisierter Preisnachlaß vorliege, nicht anwendbar.
Die Berufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, daß die im Einheitswertbescheide erfaßten Vermögenswerte dem Bg. gemäß § 11 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) nur in geringem Umfange steuerlich zuzurechnen seien, so daß sich kein für die Feststellung eines Einheitswertes in Betracht kommender Betrag ergebe. Nach § 11 Ziff. 2 StAnpG seien Wirtschaftsgüter, die zu treuen Händen (entgeltlich oder unentgeltlich) übereignet worden seien, bei der Besteuerung dem Treugeber zuzurechnen. Die von den Mitgliedern der Rabattabteilung an diese für die überlassung der Rabattmarkenrollen gezahlten Gelder seien Wirtschaftsgüter, die dem Bg. nur zu treuen Händen übereignet worden seien. Das ergebe sich aus § 3 Satz 1 der Durchführungsverordnung zum Rabattgesetz, wonach der Bg. verpflichtet sei, die aus dem Verkauf der Rabattmarken eingehenden Beträge als zweckgebundenes, ihm zu treuen Händen anvertrautes Vermögen zu verwalten. Die Rechtsstellung einer nachlaßgewährenden Vereinigung Gewerbetreibender sei insoweit die eines Treuhänders. Diese aus der gesetzlichen Regelung abgeleitete Folgerung stimme mit der bisherigen steuerlichen Behandlung entsprechender Fragen überein. So habe der Reichsfinanzhof in seinem die Körperschaftsteuer betreffenden Urteil I 389/39 vom 16. Juli 1940 (RStBl 1940 S. 835) entschieden, daß ein Verein, dessen Tätigkeit sich darauf beschränke, Gelder seiner Mitglieder nach deren Weisung zu sammeln, um sie dem von den Mitgliedern bestimmten Verbrauchszwecke - nämlich der Werbung - zuzuführen, diese Gelder nur treuhänderisch im Sinne des § 11 Ziff. 2 StAnpG annehme. Auch die Rabattabteilung müsse sich darauf beschränken, die zum Zwecke der Verkaufsförderung, d. h. also zur Werbung, gegen Hingabe von Rabattmarkenrollen von den Einzelhändlern eingenommenen Gelder zur Einlösung der an die Kunden der Einzelhändler ausgegebenen Rabattmarken oder zum Umtausch nicht ausgegebener Marken der Einzelhändler zu verwenden. Bei der Umsatzsteuer habe der Reichsfinanzhof (Urteil V A 900/30 vom 24. Oktober 1931, RStBl 1931 S. 162) den Standpunkt vertreten, daß eine Rabattspargesellschaft mit dem Erlöse, den sie aus dem Verkauf der Rabattsparmarken an die ihr angeschlossenen Firmen erziele, nur insoweit umsatzsteuerpflichtig sei, als er nicht durch Einlösung der Rabattmarkenhefte an die Kunden der Firmen hinausvergütet worden sei, weil es sich bei den an die Kunden ausgezahlten Beträgen um durchlaufende Gelder handle. Durchlaufende Posten seien solche Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahme und ausgebe. Gelder, die ein Steuerpflichtiger im fremden Namen und für fremde Rechnung vereinnahme und verausgabe, könnten ihm steuerlich nicht zugerechnet werden. Aus dem die Umsatzsteuer betreffenden Urteil des Reichsfinanzhofs gehe für die Einheitsbewertung mittelbar hervor, daß das zur Einlösung der Rabattkarten vereinnahmte Geld steuerlich nicht zum Vermögen einer Vereinigung nachlaßgewährender Gewerbetreibender gehöre. Die erkennende Kammer vertrete daher den Standpunkt, daß die für die Rabattmarkenrollen an die Rabattabteilung gezahlten Beträge dem Bg. nur zu treuen Händen übereignet worden seien und ihm für die Zwecke der Besteuerung nicht zuzurechnen seien.
Mit der Rb. macht der Vorsteher des Finanzamts geltend, die Rechtsansicht des Finanzgerichts, der Bg. sei nur treuhänderisch Träger der Vermögenswerte seiner Rabattabteilung, sei unzutreffend. Die Geldbeträge, die von der Rabattabteilung aus dem Verkauf der Rabattmarken an die Mitglieder der Rabattabteilung erzielt würden, müßten dem Bg. steuerlich zugerechnet werden. Andererseits habe eine Verpflichtung des Bg. aus dem Markenumlauf nur insoweit bestanden, als die einzelnen Mitglieder der Rabattabteilung bereits am Bewertungsstichtage vollgeklebte Rabattkarten, die von den Kunden an sie abgeliefert worden seien, in Händen gehabt hätten. Im übrigen seien die Ansprüche der Mitglieder der Rabattabteilung an den Bg. und dementsprechend auch die Verpflichtung des Bg. gegenüber den genannten Mitgliedern aufschiebend bedingt.
Demgegenüber ist der Bg. der Auffassung, daß nach dem Rabattgesetz ein Treuhandverhältnis vorliege und es sich daher bei den aus dem Verkauf der Rabattmarken eingehenden Geldbeträgen um Treuhandvermögen, also um Fremdkapital handle. Mit der Vereinnahmung der Geldbeträge werde kraft Gesetzes eine Verpflichtung zur Rückzahlung an die Mitglieder der Rabattvereinigung begründet. Zeitlich zwischen der Einzahlung der Geldbeträge bei der Rabattabteilung und der Wiederauszahlung an die Mitglieder - tatsächlich und rechtlich aber außerhalb dieser beiden Vorgänge - liege die eigentliche Rabattgewährung an der Ladentheke, also ein ganz anderer Vorgang, der sich zwischen Rabattgeber und Rabattnehmer abspiele. Die herrschende Meinung sehe übereinstimmend die Verpflichtung des Vereins zur Rückzahlung der Einkaufsaufwendungen an die Mitglieder in dem Zeitpunkte als begründet an, in dem der Verein die Rabattmarken an die Mitglieder abgebe. Begrifflich liege daher eine Schuld und keine Rückstellung vor. Es sei deshalb unzutreffend, daß die Ansprüche der Mitglieder der Rabattabteilung gegen ihn (den Verein) bzw. seine (des Vereins) Verpflichtungen gegenüber den Mitgliedern aufschiebend bedingt seien.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das Finanzamt.
I. Regelung des Rabattgesetzes Werden im geschäftlichen Verkehr Waren des täglichen Bedarfs im Einzelverkauf an den letzten Verbraucher veräußert, so dürfen zu Zwecken des Wettbewerbs Preisnachlässe (Rabatte) nach Maßgabe des Rabattgesetzes vom 25. November 1933 in der Fassung der Gesetze vom 21. Juli 1954 (BGBl I S. 212) und vom 11. März 1957 (BGBl I S. 172) gewährt werden (ß 1). Das Rabattgesetz läßt drei Arten von Preisnachlässen zu: Barzahlungsnachlässe (§§ 2 bis 4), Mengennachlässe (§§ 7 und 8) und Sondernachlässe (ß 9). Den Barzahlungsnachlaß gestaltet das Rabattgesetz in zwei Formen: Den sofortigen Preisabzug in bar oder die Ausgabe von Gutscheinen (Sparmarken, Kassenzettel, Zahlungsabschnitte), die in bar einzulösen sind. Nach § 4 des Rabattgesetzes (ß 1 der Durchführungsverordnung zum Rabattgesetz) müssen die Gutscheine eingelöst werden entweder von dem nachlaßgewährenden Gewerbetreibenden selbst (ß 4 Abs. 1 des Rabattgesetzes; sogenannter Eigennachlaß) oder von einer Vereinigung nachlaßgewährender Gewerbetreibender, deren Mitglied der nachlaßgewährende Gewerbetreibende sein muß (ß 4 Abs. 2 des Rabattgesetzes; sogenannter organisierter Preisnachlaß). Vereinigungen nachlaßgewährender Gewerbetreibender im Sinne des § 4 Abs. 2 des Rabattgesetzes müssen entweder rechtsfähige Vereine oder Genossenschaften im Sinne des Gesetzes über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sein (ß 2 Abs. 1 der Durchführungsverordnung zum Rabattgesetz). Die Vereinigungen haben die aus dem Verkauf der Gutscheine eingehenden Beträge als zweckgebundenes, ihnen zu treuen Händen anvertrautes Vermögen zu verwalten. Sie haben die Beträge zur Einlösung der ausgegebenen Gutscheine bereitzuhalten und zu verwenden. Die Beträge sind bei Sparkassen oder Banken sicher anzulegen; sie dürfen weder langfristig festgelegt noch zu wirtschaftlichen oder gewerblichen Zwecken (z. B. als Betriebsvermögen oder in Warenbeständen) angelegt werden (ß 3 a. a. O.).
II. Folgerungen für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts kann von einem Treuhandverhältnis im Rechtssinne nur in solchen Fällen gesprochen werden, in denen der eine (Treugeber) einen bisher auch rechtlich zu seinem Vermögen gehörenden Gegenstand einem anderen (Treuhänder) zu treuen Händen anvertraut, d. h. mit der Bestimmung übereignet hat, daß der andere das übertragene Recht zwar im eigenen Namen ausübt, es aber nicht zu seinem Vorteil gebrauchen soll. Denn nur in solchem Falle könne davon die Rede sein, daß das Treugut zwar rechtlich, aber nicht wirtschaftlich aus dem Vermögen des Treuhandgebers ausgeschieden sei (Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 84 S. 217; Bd. 91 S. 16; Bd. 127 S. 344). Das Reichsgericht stand stets auf dem Standpunkte, daß eine Treuhandschaft im Rechtssinne nur dann gegeben ist, wenn dem Treuhänder bereits im Vermögen des Treugebers vorhanden gewesene Sachen und Rechte anvertraut worden sind; dabei schließt die Treuhandschaft begrifflich in sich, daß der Treuhänder die ihm zustehenden Rechte zwar im eigenen Namen, jedoch nur zum Vorteil des Treugebers ausüben darf.
Für das Steuerrecht hat der Reichsfinanzhof entschieden, daß treuhänderisch verwaltetes Vermögen der Vermögensteuer nicht beim Treuhänder, sondern beim Treugeber unterliegt (Urteil des Reichsfinanzhofs I A 32/26 vom 20. April 1926, Slg. Bd. 19 S. 21). Die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs ist durch das StAnpG dahin kodifiziert worden, daß bei der Besteuerung - soweit nichts anderes bestimmt ist - Wirtschaftsgüter, die zu treuen Händen (entgeltlich oder unentgeltlich) übereignet worden sind, dem Treugeber zugerechnet werden (ß 11 Ziff. 2 StAnpG); das gleiche gilt für Wirtschaftsgüter, die durch einen Treuhänder zu treuen Händen für einen Treugeber erworben sind (ß 11 Ziff. 3 StAnpG).
über das Wesen des Treuhandeigentums im Sinne des § 11 Ziff. 2 und 3 StAnpG sind im Urteil des Reichsfinanzhofs IV 166/42 vom 25. Februar 1943 (RStBl 1943 S. 257) folgende grundlegende Ausführungen gemacht:
"Die Besonderheit der Treuhandgeschäfte besteht darin, daß der Treuhänder zwar nach außen hin Eigentümer des Treuhandgutes ist, die Rechte und Pflichten aus dem Eigentum aber nicht für eigene Rechnung, sondern nach den Weisungen des Treugebers für dessen Rechnung ausübt, daß also die Rechte aus dem Eigentum im Innenverhältnis nicht dem Treuhänder, sondern dem Treugeber zustehen."
Sind diese Voraussetzungen gegeben, so ist das zivilrechtliche Eigentum des Treuhänders steuerrechtlich nur als Treuhandeigentum im Sinne des § 11 Ziff. 2/3 StAnpG anzusehen.
Im Streitfalle handelt es sich beim Bg. um einen auf dem Gedanken der Selbsthilfe aufgebauten Zusammenschluß der Rabattgeber (ebenso Michel-Weber-Gries, Das Rabattgesetz, Anm. 14 zu § 4), der nicht als Treuhandverhältnis im Sinne des § 11 Ziff. 2/3 StAnpG anzuerkennen ist. Das verbietet sich allein schon aus der Tatsache, daß die geldlichen Vorteile, die sich aus dem dem Bg. anvertrauten Vermögen ergeben (Zinseinnahmen, überschüsse aus dem sogenannten Markenschwund), dem Bg. und nicht den Mitgliedern der Rabattabteilung zustehen. Gegen die Anerkennung eines Treuhandverhältnisses spricht auch die Bestimmung in § 17 Satz 2 der Satzung, wonach ausscheidende Mitglieder keinen Anspruch auf das Vermögen der Rabattabteilung haben. Auf die Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 389/39 vom 16. Juli 1940 kann sich das Finanzgericht nicht berufen. In diesem Falle erschöpfte sich die Tätigkeit der zu einer gemeinschaftlichen Werbung zusammengeschlossenen Arbeitsgemeinschaft in der treuhänderischen Annahme und Weiterleitung von Geldern zugunsten der Mitglieder. Damit entfiel die Möglichkeit, die Gelder steuerlich der Arbeitsgemeinschaft als Einnahmen zuzurechnen. Auch auf die zur Umsatzsteuer ergangene Entscheidung V A 900/30 vom 24. Oktober 1931, die im übrigen schon vor Erlaß des Rabattgesetzes ergangen ist, kann das Finanzgericht seine Auffassung nicht stützen. Im übrigen sprechen die eigenen Ausführungen des Bg. gegen die Anerkennung eines zwischen ihm und den Mitgliedern der Rabattabteilung bestehenden Treuhandverhältnisses. Selbst wenn die Auffassung des Bg. richtig wäre, daß mit der Vereinnahmung der Geldbeträge kraft Gesetzes eine Verpflichtung zur Rückzahlung an die Mitglieder der Rabattabteilung entstünde, würde das allenfalls eine Schuld bedeuten, könnte aber nicht dazu führen, die Geldbeträge selbst einem anderen als dem Bg. zuzurechnen.
Im übrigen ist noch folgendes zu beachten: Als Treuhänder bezeichnet man im deutschen Recht nicht lediglich Personen, denen ein Recht seinem vollen Inhalte nach und zur Ausübung im eigenen Namen (jedoch im Interesse des anderen - Treugebers -) übertragen ist. Der Begriff des Treuhänders wird in einem weiteren Sinne auch zur Bezeichnung von Rechtsstellungen verwendet, bei denen rechtliche Befugnisse zur Ausübung im fremden Interesse übertragen sind. Im Geschäftsleben werden als "Treuhänder" und als "Treuhandgesellschaften" mehrfach auch Personen und Gesellschaften bezeichnet, deren Tätigkeit sich nicht auf eigentliche Treuhandgeschäfte beschränkt oder sich sogar mit solchen überhaupt nicht befaßt, sondern sich auf Fürsorge für bedrängte Gläubiger, Sanierung von Unternehmungen oder Revision von Büchern und Bilanzen oder ähnliches erstreckt. Der Begriff des Treuhänders verflüchtigt sich so zur Bezeichnung jedes Verhältnisses, in welchem jemand für andere eine besonderes Vertrauen erfordernde Tätigkeit ausübt (vgl. hierzu Staudinger's Kommentar zum BGB, 11. Aufl., Anm. 58 und 60 der Vorbemerkungen zu §§ 164 ff.). Auch beim Bg. handelt es sich um eine Rechtsstellung, die zwar als Treuhandschaft bezeichnet wird, inhaltlich aber nur die Ausübung einer besonderes Vertrauen erfordernden Tätigkeit zugunsten Dritter (der Rabattnehmer) bedeutet. Die Vorschriften über den "organisierten Preisnachlaß" bezwecken, die Einlösung der Gutscheine (Rabattmarken usw.) in jedem Falle zu gewährleisten und den Letztverbraucher vor Ausfällen zu bewahren. Die Rechte des Bg. sind lediglich zugunsten der Rabattnehmer beschränkt: Diese Beschränkung gilt aber nur hinsichtlich der eigenen Verfügungsbefugnis; hinsichtlich der Haftung nach außen bildet das Vermögen des Bg. eine Einheit (vgl. Michel-Weber-Gries, a. a. O., Anm. 17 zu § 4 des Rabattgesetzes, Anm. zu § 2 der Durchführungsverordnung zum Rabattgesetz). Beschränkungen der genannten Art sind bei der Bewertung jedoch nicht zu berücksichtigen (ß 9 Ziff. 2 des Bewertungsgesetzes). Der Senat kommt daher zu dem Ergebnis, daß Geldbeträge, die eine Vereinigung nachlaßgewährender Gewerbetreibender aus dem Verkauf von Rabattmarken einnimmt und als zweckgebundenes, ihr zu treuen Händen anvertrautes Vermögen zu verwalten hat, bei der Feststellung des Einheitswertes ihres gewerblichen Betriebes der Vereinigung zuzurechnen sind.
Im übrigen bestehen auch Zweifel, ob der Bg. die Vorschrift des § 3 der Durchführungsverordnung zum Rabattgesetz über die Anlegung der vereinnahmten Gelder zur Deckung des Markenumlaufes einhält. Nach den im Rechtsbeschwerdeverfahren gemachten Angaben des Bg. ist - allerdings erst nach dem 1. Januar 1957 - laut Beschluß des Vorstandes der Inhaberin eines Geschäftes von der Rabattabteilung ein Kredit in Höhe von 15.000 DM bewilligt worden. Für die hier zu treffende Entscheidung wären etwaige Verstöße dieser Art gegen die Vorschriften des Rabattgesetzes und der zu ihr ergangenen Durchführungsverordnung ohne Auswirkung.
2. Die Prüfung der Frage, ob und inwieweit der Bg. Verpflichtungen, die für ihn aus dem Markenumlauf am Stichtage bestanden haben, bei der Einheitsbewertung seines Betriebsvermögens als Schuld abziehen kann, ergibt folgendes: Nach den Akten hat der Nennwert des am 31. Dezember 1956 aus der Umlaufperiode 1953/1954, 1955 und 1956 noch vorhandenen Markenumlaufes 121.322 DM betragen. Daß dieser Betrag nicht voll zum Abzuge zugelassen werden kann, wird auch vom Bg. dadurch anerkannt, daß in der Bilanz zum 31. Dezember 1956 der noch vorhandene Markenumlauf um den sogenannten Markenschwund (d. h. die Gesamtzahl der Rabattmarken, die von den Kunden nicht zur Einlösung vorgelegt werden) in Höhe von 24.152,40 DM (schätzungsweise 2 % des Markenumlaufes) gekürzt und nur den Restbetrag von 97.169,60 DM als Schuld geltend gemacht wird. Dieser Betrag kann sich nur auf Rabattmarken beziehen, die sich am Stichtage befunden haben
bei den Mitgliedern der Rabattabteilung (Einzelhändlern) als noch nicht ausgegebene, unverbrauchte Marken oder als verbrauchte, in Rabattkarten eingeklebte Marken, oder
in Händen der Kunden als Einzelmarken oder in Rabattkarten eingeklebte Marken.
In der Satzung ist nicht ausdrücklich geregelt, wie unverbrauchte, am Ende der Umlaufperiode vom Einzelhändler noch nicht ausgegebene Rabattmarken zu behandeln sind. Soweit der Akteninhalt - vorbehaltlich näherer Nachprüfung - eine Beurteilung zuläßt, wird den Einzelhändlern der Preis für unverbrauchte, noch nicht ausgegebene Rabattmarken auf Wunsch jederzeit insbesondere am Ende einer Umlaufperiode, erstattet. Insoweit würde der Markenumlauf eine echte Verpflichtung des Bg. darstellen, während umgekehrt der Einzelhändler insoweit etwaige, am Bewertungsstichtage vorhandene Bestände an Rabattmarken dieser Art zu aktivieren hätte. Entsprechendes muß für die den Einzelhändlern zur Einlösung vorgelegten, vollgeklebten Rabattkarten gelten, soweit diese am Bewertungsstichtage der Rabattabteilung noch nicht weitergegeben sind und noch keine Gutschrift oder Erstattung des Rabattbetrages erfolgt ist.
Im übrigen müssen für den Abzug der Rabattverpflichtung des Bg. aus dem Markenumlauf die Grundsätze entsprechend gelten, die der erkennende Senat in seinem Urteil III 317/59 S vom 4. Dezember 1959 (BStBl 1960 III S. 80, Slg. Bd. 70 S. 212) aufgestellt hat. Denkbar und nach dem Rabattgesetz nicht ausgeschlossen ist es, daß auch der einzelne Gutschein (Rabattmarke usw.) eingelöst und damit vom Kunden alsbald verwertet werden kann (ebenso Michel-Weber-Gries, a. a. O., Anm. 5 zu § 4 des Rabattgesetzes). Wenn jedoch - wie im Streitfalle - die Auszahlung des Rabattbetrages davon abhängig gemacht wird, daß der Kunde durch Sammlung von Rabattmarken einen Mindesteinkauf belegt, kann nicht zugegeben werden, daß die einzelne Rabattmarke bei ihrer Ausgabe bereits eine Verpflichtung des Rabattgebers begründet. Vielmehr hängen die Entstehung des Rabattanspruches des Kunden und damit auch die Entstehung der Rabattverpflichtung des Rabattgebers davon ab, ob der Kunde auch weiterhin Einkäufe bei den Mitgliedern der Rabattabteilung tätigt und so den angegebenen Mindesteinkauf erreicht. Der Rabattanspruch des Kunden entsteht erst in dem Zeitpunkte, in dem der Kunde eine die Einlösungsverpflichtung begründende Zahl von Rabattmarken zum Bekleben der Rabattkarte angesammelt hat. Bis dahin ist die Entstehung des Anspruchs auf den Rabattbetrag (entsprechend auch die Entstehung der Verpflichtung des Rabattgebers) aufschiebend bedingt und bei der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens nicht zu berücksichtigen (ß 6 des Bewertungsgesetzes). Auf das Urteil des Bundesfinanzhofs III 161/54 S vom 26. Juli 1957 (BStBl 1957 III S. 314, Slg. Bd. 65 S. 206), das nicht mehr aufrechterhalten wird, kann sich der Bg. nicht berufen (s. Entscheidung III 125/61 S vom 8. September 1961, BStBl 1962 III S. 19). In dieser Entscheidung ist es lediglich für den Fall, daß zahlreiche Ruhegeldverpflichtungen in Betracht kommen und sich hierbei das Gesetz der großen Zahl auswirkt, für vertretbar gehalten worden, den Abzug einer aufschiebend bedingten Last zuzulassen. Dem Umstande, daß der Bg. nachweislich auch nicht vollgeklebte Rabattkarten einlöst, ist insolange keine Bedeutung beizumessen, als das nicht eindeutig im Aufdruck auf der Rabattkarte zum Ausdruck gebracht wird. Daß der jetzige Aufdruck "Einlösung der Rabattkarte mit 1,50 DM, wenn sie mit Rabattmarken im Einkaufswerte von 50,- DM vollgeklebt ist", nur technische Bedeutung haben soll, kann nicht zugegeben werden.
Zusammenfassend ergibt sich hinsichtlich der Verpflichtung des Bg. aus dem am 31. Dezember 1956 bestehenden Markenumlauf folgendes:
Die Verpflichtung aus dem Markenumlauf ist zu kürzen um den sogenannten Markenschwund, wenn dieser - wie im Streitfalle - dem Rabattsparverein zugute kommt.
Die Verpflichtung aus dem Markenumlauf ist im Streitfalle - vorbehaltlich näherer Nachprüfung - insoweit als Schuld anzuerkennen, als er sich auf unverbrauchte, am Bewertungsstichtage noch nicht ausgegebene Rabattmarken der Einzelhändler bezieht. Die Bestände der Einzelhändler an Rabattmarken dieser Art müßten sich feststellen lassen; erforderlichenfalls müßte Schätzung Platz greifen.
Die Verpflichtung aus dem Markenumlauf ist insoweit als Schuld anzuerkennen, als dieser sich auf vollgeklebte Rabattmarken bezieht, die sich am Bewertungsstichtage in Händen der Einzelhändler und der Kunden befunden haben. Die Bestände der Einzelhändler an vollgeklebten Rabattkarten dürften sich feststellen lassen; erforderlichenfalls müßte Schätzung stattfinden. Bei der Schätzung der in Händen der Kunden befindlichen vollgeklebten Rabattkarten kann, wie schon im Urteil vom 4. Dezember 1959 ausgeführt, nicht unbeachtet bleiben, daß erfahrungsgemäß die vollgeklebten Rabattkarten vor allem in der Vorweihnachtszeit zur Einlösung vorgelegt werden.
Im übrigen ist eine Verpflichtung aus dem Markenumlauf am Stichtage nicht als Schuld anzuerkennen.
Fundstellen
Haufe-Index 410266 |
BStBl III 1962, 21 |
BFHE 1962, 47 |
BFHE 74, 47 |