Leitsatz (amtlich)
Bausparkassen unterliegen als Kreditunternehmen im Sinne des § 17 GewStG der Zweigstellensteuer.
Normenkette
GewStG § 17
Tatbestand
Die Bgin. ist eine Bausparkasse. Streitig ist, ob sie -- wie es das Finanzamt gemäß § 212c AO festgestellt hat -- mit ihrer Betriebstätte in X. der Zweigstellensteuer unterliegt.
Mit ihrer Sprungberufung machte die Bgin. geltend, eine Bausparkasse sei kein Kreditunternehmen im Sinne des § 17 GewStG.
Das Finanzgericht gab der Sprungberufung statt. Es führte aus: Der Begriff Kreditunternehmen ergebe sich aus § 1 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) vom 25. September 1939 (RGBl I S. 1955). Zwar fielen unter den Begriff des Kreditinstituts (§ 1 KWG) auch die Bausparkassen. In § 2 Abs. 1 f KWG sei aber ausdrücklich bestimmt, daß die Vorschriften des KWG auf Bausparkassen keine Anwendung fänden. Auch nach dem Sinn der Zweigstellensteuer sei diese auf Bausparkassen nicht anwendbar. Sie diene dem Schutz des örtlichen Gewerbes vor Filialgroßbetrieben. Auf dem Gebiet des Bausparwesens fehle es jedoch an einem Schutzobjekt.
Mit der Rb. macht der Vorsteher des Finanzamts geltend, das KWG wolle die Bausparkassen lediglich hinsichtlich der Aufsicht aus dem Kreis der Kreditinstitute herausnehmen, ohne dadurch deren Wesen als Kreditinstitute zu berühren. Die Schutzobjekte gegenüber den Bausparkassen seien die örtlichen Spar- und Kreditunternehmen, denen durch die Tätigkeit der Bausparkassen erhebliche Spargelder entzogen würden.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist begründet.
Das Finanzgericht ist bei der Auslegung des Begriffs Kreditunternehmen (§ 17 GewStG) von § 1 KWG 1939 ausgegangen, das im Streitjahr noch gegolten hat. Jedoch beruhen die Folgerungen, die das Finanzgericht aus dem KWG für die hier zu entscheidende Frage gezogen hat, auf einem Rechtsirrtum. § 1 KWG bezeichnet als Kreditinstitute alle Unternehmen, die Bank- oder Sparkassengeschäfte im Inland treiben. Als solche werden ausdrücklich auch Annahme und Abgabe von Geldbeträgen bezeichnet, ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden oder nicht (§ 1 Satz 2a KWG). Hierunter fallen auch die Bausparkassen (vgl. Reichardt, Gesetz über das Kreditwesen vom 25. September 1939, 1942, § 1 Anm. 20). Wären sie keine Kreditinstitute, so wäre es überflüssig gewesen, in § 2 a. a. O. ausdrücklich zu bestimmen, daß die Vorschriften des KWG auf sie nicht anwendbar sind (siehe Urteil des Reichsfinanzhofs I 55/42 vom 14 Juli. 1942, RStBl S. 1043). Wenn die Vorschriften des KWG auf die Bausparkassen nicht angewandt werden können -- was im übrigen nur teilweise zutrifft (vgl. § 2 Abs. 2 KWG) --, so berührt dies die Eigenschaft der Bausparkassen als Kreditinstitute im Sinne des § 1 KWG nicht.
Im übrigen ist bei der Auslegung des Begriffes "Kreditunternehmen" im Sinne des § 17 GewStG, unabhängig von dem früheren Wortlaut des KWG, davon auszugehen, daß ein Unternehmen, das durch die Annahme und Abgabe von Geldbeträgen Bank- oder Sparkassengeschäfte betreibt, als Kreditunternehmen im Sinne des § 17 GewStG anzusehen ist.
Das Finanzgericht hat auch zu Unrecht angenommen, Bausparkassen seien nach dem Sinn des § 17 GewStG nicht zweigstellensteuerpflichtig. Es trifft zu, daß die Zweigstellensteuer den ortsansässigen Unternehmer im Wettbewerb mit den ortsfremden, meist kapitalstarken Großbetrieben schützen soll (Urteil des Bundesfinanzhofs I 162/59 S vom 11. Juli 1961, BStBl 1961 III S. 407, Slg. Bd. 73 S. 387). Es ist jedoch nicht erkennbar, weshalb es auf dem Gebiet des Bausparwesens an einem derartigen Schutzobjekt fehlen soll. Offenbar geht das Finanzgericht irrigerweise von einem wettbewerbsmäßigen Vergleich der Bausparkassen untereinander aus. Abgesehen davon, daß auch zwischen Bausparkassen ein Wettbewerbsverhältnis denkbar ist, spricht § 17 GewStG jedoch von Kreditunternehmen schlechthin. Es handelt sich also darum, allgemein ortsansässige Kreditunternehmen vor den Filialen auswärtiger Kreditunternehmen zu schützen. Dabei ist entscheidend, daß Bausparkassen durch die Hereinnahme von Spargeldern in einem akuten Wettbewerbsverhältnis auch zu andersartigen örtlichen Kreditinstituten, insbesondere zu den mittelständischen Banken, stehen können. Die Betriebstätten der Bausparkassen dienen u. a. wesentlich gerade dazu, die Anlage von Geldern zum Zwecke des Bausparens durch eine schnellere und wirksamere Beratung und Betreuung der Kunden zu fördern.
Diese Rechtslage stimmt mit der ab 1961 geltenden Regelung überein (vgl. Abschn. 93 GewStR 1961 in Verbindung mit § 19 GewStDV 1961).
Die Vorentscheidung war daher aufzuheben und die Sprungberufung der Bgin. gegen den Feststellungsbescheid des Finanzamts als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 411051 |
BStBl III 1964, 46 |
BFHE 1964, 115 |