Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage des "Sortierens" von Flaschen mit Firmenaufdruck.
2. Zur Frage, ob ein gewährter erleichterter Buchnachweis für eine Nachfolgefirma weitergelten kann.
Normenkette
UStG 1951 § 7 Abs. 3; UStDB 1951 §§ 12, 14
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.), eine Flaschengroßhandlung, bezieht und verkauft u. a. auch gebrauchte Limonadeflaschen. Limonadenhersteller erhalten nicht nur mit eigenen Firmenzeichen (Druck, Verschluß) versehene Flaschen von ihren Abnehmern zurück, sondern oftmals auch Flaschen mit den Kennzeichen anderer Limonadenhersteller. Sie geben diese sogenannten Fremdflaschen an Austauschstellen ab. Eine solche Stelle unterhielt auch die Bfin. Sie kaufte Fremdflaschen je Stück für 0,05 DM auf und lieferte sie an die zugehörigen Firmen, deren Firmendruck auf den Flaschen steht, je Stück für 0,10 DM.
Während die Bfin. die Entgelte 1951 bis 1953 aus dem Verkauf der Fremdflaschen mit dem begünstigten Steuersatz gemäß § 7 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) versteuerte, hat das Finanzamt die Steuervergünstigung versagt, weil die Bfin. die Flaschen nach den Merkmalen ihrer Firmenaufdrucke geordnet (sortiert) und somit aus den unsortierten Flaschen Gegenstände anderer Marktgängigkeit gemacht habe. Auf die Sprungberufung hin hat das Finanzgericht den Standpunkt der Bfin., daß eine Änderung der Marktgängigkeit nicht vorliege, mit Recht anerkannt. Die Bfin. hat die Fremdflaschen nicht in Posten und nicht zu Partiepreisen, sondern einzeln zu Stückpreisen erworben und sie ebenso weiterveräußert. Jede Flasche, die den Namen ihrer zugehörigen Firma trägt, ist als Einzelgegenstand zu einem Einzelpreis erworben und veräußert. Das Verteilen der Flaschen an die zugehörigen Firmen war also nur eine zahlenmäßige Zuteillungsmaßnahme der einzelnen verkauften Gegenstände feststehender Marktgängigkeit, nicht die Herstellung von Warenposten anderer Marktgängigkeit.
Das Finanzgericht hat jedoch die Steuervergünstigung trotzdem versagt, weil der nach § 57 Abs. 1 Ziff. 4 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB) vorgeschriebene buchmäßige Nachweis der Voraussetzungen nicht geführt sei, von wem die Bfin. die Fremdflaschen erworben habe, der Nämlichkeitsnachweis also fehle.
Die Bfin. hat im Verlauf des Berufungsverfahrens vorgebracht, daß sie vor dem Kriege einen Antrag auf erleichterten Buchnachweis gestellt habe und daß diesem Antrag durch das Finanzamt entsprochen worden sei. Weil der einschlägige Schriftverkehr durch Kriegseinwirkung am 8.--9. September 1943 bei der Bfin. untergegangen sei, hat sich die Bfin. auf eine eidesstattliche Erklärung ihrer Gesellschafterin über die seinerzeitige Verfügung des Finanzamts bezogen. Das Finanzgericht hat in Übereinstimmung mit dem Finanzamt angenommen, daß der Firma F E, die bis zum Tode des Herrn F E (29. Januar 1943) als Einzelfirma geführt worden ist, tatsächlich ein erleichterter Buchnachweis gestattet worden sei. Dieser Buchnachweis sei aber für die Bfin., die seit dem 1. November 1948 als OHG von der überlebenden Frau E und deren drei Söhnen geführt wird, nicht gültig, zumal da in der Zwischenzeit zwischen dem Einzelunternehmen des verstorbenen F E und der jetzigen beschwerdeführenden OHG noch eine Flaschenzentrale E. & Co. (Inhaber Frau E und Herr A) als Unternehmerin tätig gewesen sei. Die Prüfung der subjektiven Voraussetzung, daß es sich um einen zuverlässigen Unternehmer handle, sei für jeden Einzelfall (Unternehmer) zu prüfen; aus der Erklärung der Bfin. ergebe sich, daß sie keinen Antrag auf Erleichterung des Buchnachweises gestellt habe; sie könne sich daher nicht auf die einem anderen Unternehmer erteilt alte Genehmigung stützen.
Entscheidungsgründe
Der Senat kommt dennoch zur Aufhebung der Vorentscheidung aus folgenden Gründen: Das Finanzgericht hat die Steuervergünstigung versagt, weil nach der unbestrittenen Feststellung des Prüfers hinsichtlich der gebrauchten Flaschen die Beziehung zwischen den einzelnen Einkaufsrechnungen und den Verkaufsrechnungen aus der Buchführung nicht erkennbar sei. Unbestritten hat die Bfin. alle Fremdflaschen erworben. Dies ist auch selbstverständlich; denn es ist ausgeschlossen, daß die Bfin. Flaschen mit allen möglichen verschiedenen Firmeneinprägungen selbst herstellte oder herstellen ließe. Die Bfin. hat die Fremdflaschen von einer großen Anzahl von Lieferern bezogen. Die Rechnung jedes einzelnen Lieferers enthielt natürlich nicht eine Aufgliederung der Fremdflaschen nach den einzelnen durch den Aufdruck erkennbaren zugehörigen Firmen, weil alle Fremdflaschen, gleich welcher Firma sie zugehörten, gleichmäßig für 0,05 DM eingekauft wurden. Es war also der Bfin. so gut wie unmöglich, bei ihren einzelnen Fremdflaschen lieferungen die Beziehungen zu den einzelnen vielen Einkaufsrechnungen herzustellen und somit den Nachweis zu erbringen, von welchen Lieferern sie die einzelnen Flaschen erworben hat, die sie an den jeweils zugehörigen Abnehmer weiterlieferte. Für solche Fälle sieht § 14 Abs. 5 UStDB vor, auf Antrag dem Unternehmer einen erleichterten Buchnachweis zu gewähren, insbesondere kann darauf verzichtet werden, buchmäßig nachzuweisen, von welchem einzelnen Vorlieferer ein bestimmter weitergelieferter Gegenstand erworben worden ist, wenn offensichtlich nur erworbene Gegenstände weitergeliefert worden sind. Von dieser Ermächtigung haben die Finanzämter nach dem noch gültigen Erlaß des Reichsministers der Finanzen S 4015 1 III vom 20. Januar 1939, Reichssteuerblatt S. 129 (Kartei S 4119 K. 1), großzügig Gebrauch zu machen. Ein erleichterter Buchnachweis ist der Vorgängerin der Bfin. (Firma F E) unbestritten gewährt worden. Wenn auch die Bfin. nicht identisch mit der Firma F E und somit die Buchnachweiserleichterung nicht ohne weiteres für die Bfin. galt, so hätte doch das Finanzamt im vorliegenden besonders gearteten Streitfalle (Übergang des Betriebes auf die Erben) Veranlassung gehabt, von sich aus zu prüfen, ob die Bfin. eine steuerlich zuverlässige Unternehmerin im Sinne des § 14 Abs. 5 UStDB ist, welcher die der Rechtsvorgängerin erteilte Erleichterung weiterzubelassen ist. Der Senat hätte keine Bedenken, in einem solchen Falle die der Vorgängerin erteilte Erleichterung als weitergeltend zu erachten (Hinweis auf den Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 16. Dezember 1936 -- S 4216 -- 430 III Ziff. 1 -- USt-Kartei S 4216 K 14 --).
Da die Vorbehörden dies nicht geprüft haben, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache wird zweckmäßig an das Finanzamt zurückverwiesen zwecks Prüfung, ob hiernach der erleichterte Buchnachweis als weitergeltend anzusehen und gegebenenfalls dementsprechend die Umsatzsteuerfestsetzung zu ändern ist.
Fundstellen
Haufe-Index 424580 |
BStBl III 1957, 332 |
BFHE 1958, 258 |