Leitsatz (amtlich)
Erwirbt ein Steuerpflichtiger ein für seinen Betrieb zu großes Grundstück in der von vornherein gegebenen Absicht, den nicht benötigten Teil alsbald wieder zu verkaufen, so sind die für den Tag des Vertragsabschlusses zu ermittelnden Anschaffungskosten in der Weise zu ermitteln, daß die Gesamtaufwendungen des Steuerpflichtigen nach objektivem Maßstab auf den benötigten Teil des Grund und Bodens, den nicht benötigten Teil und die aufstehenden Gebäude aufgeteilt werden. Bei der Weiterveräußerung erzielte Gewinne oder Verluste sind steuerlich zu berücksichtigen. Nur eine nicht objektiven Maßstäben entsprechende Aufteilung der Gesamtaufwendungen führt zu einer Korrektur der angesetzten Anschaffungskosten und damit der ausgewiesenen Gewinne oder Verluste.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob Teilverkäufe, die sachlich und zeitlich in engem ursächlichen Zusammenhang mit dem Erwerb eines Grundstücks stehen, zu Veräußerungsgewinnen bzw. entsprechenden Verlusten führen können.
Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige), die ihr Fabrikationsunternehmen bis zum März 1958 in gemieteten Räumen betrieb, sah sich infolge Ausweitung ihres Geschäftsumfangs gezwungen, eigenen Grundbesitz zu erwerben. Sie kaufte deshalb mit Vertrag vom 16. August 1957 ein an sich für ihre Zwecke wie auch für ihre finanziellen Verhältnisse zu großes, 9526 qm umfassendes Grundstück mit aufstehenden Gebäuden (Fabrik-, Büro- und Wohngebäude sowie zwei Werkhallen), in denen nach Durchführung der erforderlichen Umbauten das Unternehmen hinfort betrieben werden sollte. Der Erwerb eines den Bedürfnissen der Steuerpflichtigen entsprechenden Teilgrundstücks scheiterte an Umständen in der Person des Veräußerers. Der Kaufpreis betrug einschließlich der angefallenen Nebenkosten 363 413,50 DM; eine Aufteilung auf Grund und Boden und Gebäude erfolgte im Vertrage nicht.
Entsprechend einer Zusage an die den Erwerb kreditierenden Banken verkaufte die Steuerpflichtige mit Vertrag vom 16. Dezember 1957 4252 qm und mit Vertrag vom 7. Januar 1958 weitere 1000 qm; 174 qm trat sie zu Straßenbauzwecken an die Stadt ab. Der die 4252 qm erwerbende Käufer war indes nicht bereit, die auf diesem Grundstücksteil stehenden zwei Werkhallen (Holzbarakken in Tafelbauweise mit Preßstoffverkleidung, ziegelgedeckt) mitzuerwerben; diese sollten abgebrochen und anderweitig veräußert werden. Die Hallen wurden in Übernahme der Schätzung eines Grundstücksmaklers in der Bilanz zum 31. Dezember 1957 mit 20 000 DM abzüglich anteiliger AfA von 1 000 DM angesetzt. Ihr Verkauf im Jahre 1958 erbrachte indes nur einen Erlös von 5 000 DM. Den Unterschied zwischen dem um weitere anteiliger AfA von 333 DM geminderten Buchwert und dem erzielten Preis (= 13 667 DM) machte die Steuerpflichtige als Verlust geltend. Der Revisionsbeklagte (das FA) setzte die AfA von 1 000 DM dem Gewinn für 1957, die 14 000 DM dem Gewinn für 1958 hinzu. Nur noch um diese Beträge geht der Streit.
Die Sprungberufung der Steuerpflichtigen blieb ohne Erfolg. Das FG begründet seine Entscheidung wie folgt:
Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG seien Gebäude sowie Grund und Boden mit den Anschaffungskosten zu bewerten, deren Begriff wirtschaftlich zu bestimmen sei. Er umfasse alle Aufwendungen, die der Unternehmer mache, um ein Wirtschaftsgut in der für seinen Betrieb geeigneten Form zu erhalten und deshalb - bei unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb - zeitlich vor wie auch nach dem Erwerb des Wirtschaftguts liegen könnten (Urteil des BFH I 18/57 U vom 13. August 1957, BFH 65, 304, BStBl III 1957, 349). Ein Gesamtkaufpreis sei auf Grund und Boden und Gebäude aufzuteilen.
Im Streitfall habe die Steuerpflichtige zwecks Betriebsverlegung von vornherein nur die Fabrik-, Büro- und Wohngebäude und den ihnen zugehörigen Grund und Boden erwerben wollen. Den Umständen entsprechend habe sie jedoch unter Überschreitung ihrer finanziellen Möglichkeiten das ganze Grundstück erwerben müssen und den umgehenden Verkauf der nicht benötigten Teile vorgesehen. Alles, was sie deshalb zum Erwerb des von ihr benötigten Objekts aufgebracht habe, sei den Anschaffungskosten zuzurechnen. Das seien nach dem Sachverhalt der eigentliche Kaufpreis einschließlich der Erwerbsnebenkosten, vermindert um die Erlöse für die weiterveräußerten Teile, zu denen auch die beiden Werkhallen zu zählen seien. Der sachliche Zusammenhang zwischen dem von ihr erstrebten Ziel und den Veräußerungen ergebe sich aus den bisherigen Ausführungen. Aber auch der zeitliche Zusammenhang sei gegeben. Der Kaufvertrag sei am 16. August 1957 abgeschlossen worden und die Veräußerung der nicht benötigten Teile sei bis zum Einzug der Steuerpflichtigen im März 1958 beendet gewesen.
Die Steuerpflichtige gehe zutreffend davon aus, daß die gesamten Anschaffungskosten schon zwecks Berechnung der AfA auf die Gebäude und den Grund und Boden aufzuteilen seien. Sie habe sich aber auf die Aufteilung des von ihr gezahlten Kaufpreises zuzüglich der Nebenkosten beschränkt. Die endgültigen Anschaffungskosten hätten aber erst nach Abzug der Veräußerungserlöse festgestanden. Wenn nun auch der Anschaffungsvorgang sich auf zwei Wirtschaftsjahre verteilt habe, so könne dem sie trennenden Bilanzstichtag doch nicht die Bedeutung zukommen, die die Steuerpflichtige ihm gebe. Denn am 31. Dezember 1957 habe - wie am Tag des Abschlusses des notariellen Kaufvertrages vom 16. August 1957 - festgestanden, daß die Steuerpflichtige nur die Fabrik-, Büro- und Wohngebäude nebst dem ihnen zugehörigen Grund und Boden habe erwerben wollen. Mit der Veräußerung der nicht benötigten Teile sei auch bereits vor dem Bilanzstichtag begonnen worden. Nach dem Kaufvertrag vom 16. Dezember 1957 sei der Steuerpflichtigen auch bekannt gewesen, daß die Werkhallen notwendigerweise auf Abbruch verkauft werden mußten. Es hätte ihr deshalb zweifelhaft erscheinen müssen, ob sie die für die Hallen von ihr eingesetzten Werte jeweils werde erzielen können. Denn die von der Steuerpflichtigen genannten Werte gingen von einer Fortführung des Betriebes aus. Da somit am Bilanzstichtag die endgültigen Beträge, die für die nicht benötigten Grundstücksteile und für die Werkhallen erlöst werden würden, noch nicht feststanden, hätte die Steuerpflichtige zu diesem Stichtag lediglich eine vorläufige, später zu berichtigende Verteilung vornehmen können.
Darauf, mit welchem Veräußerungserlös die Steuerpflichtige gerechnet habe, könne es nicht ankommen; sie habe sich von vornherein auf das Geschäft eingelassen, um das von ihr benötigte Betriebsgrundstück zu erwerben. Möglicherweise eintretende Mindererlöse aus dem Verkauf der nichtbenötigten Teile habe sie in Kauf genommen. Deshalb könne auch die Frage nach dem objektiven Wert der Hallen dahingestellt bleiben.
Mit ihrer als Revision zu behandelnden Rechtsbeschwerde macht die Steuerpflichtige geltend, die Werkhallen und die veräußerten nicht benötigten Grundstücksteile bildeten einen selbständigen und in sich abgrenzbaren Teil des gesamten Kaufobjekts, der auch selbständig habe bewertet werden müssen. Das sei schon wegen der Aufteilung und der Berechnung der AfA auf den 31. Dezember 1957 erforderlich gewesen. Man habe damit nicht warten können, bis die einzelnen Verkaufserlöse vorgelegen hätten. Entscheidend hätten deshalb die Verhältnisse und Überlegungen im Bilanzzeitpunkt sein müssen (BFH-Urteil IV 127/51 vom 7. August 1952, StRK, Einkommensteuergesetz, § 6 Abs. 1 Nr. 3, Rechtsspruch 22).
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Was den Zeitpunkt der Verbuchung des Geschäftsvorfalls vom 16. August 1957 betrifft - und damit gegebenenfalls auch den Zeitpunkt der zu diesem Zweck notwendigen Ermittlung der Anschaffungskosten für Grund und Boden, Fabrik-, Büro- und Wohngebäude sowie die Werkhallen -, so schreibt § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG vor, daß abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens am jeweiligen Bilanzstichtag "mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Absetzungen für Abnutzung" anzusetzen sind. Für die Ermittlung der Anschaffungskosten ist somit der Tag des Erwerbs des Wirtschaftsguts maßgebend, wenn es um deren Ermittlung und nicht um den Wertansatz eines Wirtschaftsguts zu einem bestimmten Bilanzstichtag geht, für den dann allerdings die Verhältnisse an diesem Bilanzstichtag maßgebend sind. Denn die Bewertung des Vermögens des Kaufmanns in seiner Bilanz hat lediglich die Anschaffungskosten der in seinem Vermögen enthaltenen Wirtschaftsgüter zum Ausgangspunkt; der Bilanzstichtag ist aber nicht auch der Stichtag für ihre Ermittlung.
Die Steuerpflichtige hat den Wert der beiden Werkhallen nach den Ausführungen in Tz. 17 des Berichts über den Jahresabschluß zum 31. Dezember 1957 nach Anhörung eines Sachverständigen mit 20 000 DM angesetzt. Der Wert ist als objektiver Wert der Hallen im Betriebsprüfungsbericht vom 12. Juli 1960 (Tz. 25) für den Fall der Fortführung des Betriebes in ihnen, d. h. als ihr Teilwert, anerkannt worden. Dem FA und dem FG kann nicht darin gefolgt werden, daß bei Ansatz dieses Wertes auf den 16. August 1957 habe berücksichtigt werden müssen, daß der Käufer des die Hallen tragenden Grund und Bodens im Vertrag vom 16. Dezember 1957 einen Erwerb der aufstehenden Hallen ablehnen werde und diese deshalb - im Zweifel mit Verlust - würden abgerissen werden müssen. Ob und in welchem Umfang der für die Hallen angesetzte Betrag von 20 000 DM tatsächlich zu den Anschaffungskosten der Steuerpflichtigen für den ihr verbliebenen Teil des erworbenen Grundstücks nebst aufstehenden Gebäuden zählt, beurteilt sich allein nach dem objektiven Wert der Hallen am 16. August 1957. Daß er 20 000 DM nicht erreicht habe, hat das FG nicht festgestellt. Es hat seine Entscheidung nur, anstatt auf die Verhältnisse am 16. August 1957, auf die am 31. Dezember 1957 abgestellt. Dem konnte der Senat nicht folgen (vgl. auch das BFH-Urteil I R 21/66 vom 5. Februar 1969, BStBl II 1969, 334).
Fundstellen
Haufe-Index 68512 |
BStBl II 1969, 377 |
BFHE 1969, 224 |