Entscheidungsstichwort (Thema)
Bungalow eines Landwirts als Betriebsvermögen
Leitsatz (NV)
Auch wenn ein Landwirt die wesentlichen Arbeiten seines Betriebes durch Aushilfen und Lohnunternehmer verrichten läßt, gehört der von ihm und seiner Familie bewohnte Bungalow zum notwendigen Betriebsvermögen; das gilt selbst dann, wenn dieser später vermietet werden soll.
Normenkette
EStG § 13 Abs. 2 Nr. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Landwirt und Eigentümer eines 57 ha großen landwirtschaftlichen Betriebes. Anfang der siebziger Jahre erlitt der Kläger mehrere Schlaganfälle, die ihn zwangen, die Bewirtschaftung des Hofes umzustrukturieren. Im Streitjahr (1979) betrug die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers 50 v.H. und die seiner Ehefrau 80 v.H. Von der Gesamtfläche des Betriebes waren im Streitjahr ca. 40 ha verpachtet, die Restfläche bestand aus einem Bauernwald (aussetzender Forstbetrieb) und etwa 10 ha weiterhin landwirtschaftlich genutzter Fläche. Außerdem betrieb der Kläger eine Sauenhaltung mit Ferkelproduktion. Dazu hat der Kläger angegeben, die wesentlichen Arbeiten seien durch Aushilfen und Lohnunternehmer verrichtet worden.
Aufgrund einer am 15. Dezember 1972 erteilten Baugenehmigung errichtete der Kläger 1973 ein Einfamilienhaus im Bungalowstil mit Schrägdach, das er mit seiner Familie bezog. Das Gebäude (154 qm Wohnfläche) befindet sich rd. 150 m von der Hofstelle und ist von dieser durch einen Bach getrennt. Es liegt am Rande der angrenzenden örtlichen Bebauung, und zwar innerhalb des Bereichs des gültigen Bebauungsplans.
Der alte Wohnteil des Hofes ist von dem Kläger nach Bezug des Neubaus an Studenten vermietet worden. Der Kläger beabsichtigte, den Hof wieder selber zu bewirtschaften, sobald der älteste, 1960 geborene Sohn nach Abschluß einer entsprechenden Ausbildung dazu in der Lage sein würde. Dies ist seit 1982 der Fall. Seither bewohnt der Kläger mit seiner Familie nach entsprechender grundlegender Renovierung wieder den alten Wohnteil. Das neue Wohnhaus ist seither vermietet.
Der Kläger führte zunächst keine Bücher. Bis zum Wirtschaftsjahr 1977/78 behandelte er das neue Wohnhaus als land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen. Seit dem 1. Juli 1978 führte der Kläger Bücher. In der auf den 1. Juli 1978 aufgestellten Eröffnungsbilanz wies er das Wohnhaus nicht mehr als Betriebsvermögen aus und erklärte in der Einkommensteuererklärung 1979 für das Wohnhaus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) bewertete das Haus auf einen entsprechenden Antrag des Klägers auf den 1. Januar 1979 als Einfamilienhaus und wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens. Dagegen erfaßte das FA bei der Einkommensteuerveranlagung 1979 den Nutzungswert im Rahmen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Den ursprünglich ergangenen, vom Kläger nicht angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1979 änderte das FA nach einer Außenprüfung gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977). Dabei rechnete es den Neubau weiterhin dem Betriebsvermögen zu. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Mit der Klage wandte sich der Kläger weiter gegen die Erfassung des Nutzungswertes bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Er machte geltend: die Aufgabe der Wohnung auf der Hofstelle sei nur vorübergehend erfolgt, bis der Sohn die Bewirtschaftung des Hofes übernehmen konnte. Das neue Haus sei im Hinblick auf seine Erkrankung und dadurch bedingte Umstrukturierung des Betriebes errichtet worden. Die verbliebenen landwirtschaftlichen Arbeiten seien im wesentlichen durch Aushilfen und Lohnunternehmen verrichtet worden. Ein funktionaler Zusammenhang der Wohnung mit dem Betrieb habe nicht mehr bestanden. Dem entspreche auch die Verkehrsauffassung, weil sich der Neubau nicht von der sonstigen angrenzenden Bebauung unterscheide, jedoch von der Hofstelle deutlich getrennt sei.
Die Klage hatte Erfolg.
Mit der vom Senat wegen Divergenz zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 13 Abs. 2 Nr.2 des Einkommensteuergesetzes - EStG - und § 33 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes - BewG -).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das FA ist zu Recht davon ausgegangen, daß der im Jahre 1973 errichtete Wohnhausneubau im Streitjahr noch zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört hat.
1. Nach § 13 Abs. 2 Nr.2 EStG gehört der Nutzungswert der Wohnung des Land- und Forstwirts nur dann nicht zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft und demzufolge das Wohngebäude nicht zum notwendigen Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, wenn die Wohnung die bei gleichartigen Betrieben übliche Größe überschreitet (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Februar 1982 IV R 100/79, BFHE 135, 446, BStBl II 1982, 536). Bei hauptberuflichen Land- und Forstwirten gehört das Wohngebäude grundsätzlich zum notwendigen Betriebsvermögen (BFH-Urteil vom 19. Februar 1987 IV R 175/85, BFHE 149, 196, BStBl II 1987, 430 m.w.N.), es sei denn, daß die Wohnung des Betriebsinhabers nicht - wie entsprechend in § 33 Abs. 1 BewG gefordert - dazu bestimmt ist, dauernd dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu dienen (BFH-Urteil in BFHE 135, 446, BStBl II 1982, 536, und vom 21. März 1985 IV R 251/82, BFHE 143, 365, BStBl II 1985, 401).
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist das Wohnhaus bei Nebenerwerbs- und Kleinbetrieben kein land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen, wenn die Bindung des Betriebsinhabers oder seiner zu seinem Haushalt gehörenden Familienangehörigen an den Betrieb zu verneinen ist, weil nicht mindestens eine Vieheinheit oder bei Geflügel zwei Vieheinheiten oder eine eigene, überwiegend im eigenen Betrieb eingesetzte Zugkraft vorhanden sind (vgl. BFH-Urteil vom 17. Januar 1980 IV R 33/76, BFHE 129, 543, 548, 549, BStBl II 1980, 323). In gleicher Weise ist die Betriebsvermögenseigenschaft für das Wohnhaus bei aussetzenden Forstbetrieben mit nicht mehr als 30 ha Waldfläche (Urteil in BFHE 135, 446, 449, BStBl II 1982, 536) und bei einem Blumengärtner in Stadtlage mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von weniger als 1 ha verneint worden (Urteil in BFHE 143, 365, BStBl II 1985, 401).
2. Im Streitfall hat das FA zu Recht den Nutzungswert des 1973 errichteten Wohngebäudes bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft erfaßt; auch im Streitjahr war das Wohnhaus noch land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen.
a) Der Einwand des Klägers, die Rechtsprechung sei nur zu größeren landwirtschaftlichen Einheiten ergangen, trifft nicht zu. Denn selbst bei Nebenerwerbslandwirten und Kleinbetrieben gehört - wie dargelegt - das Wohnhaus eines Land- und Forstwirts zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn der Viehbesatz - wie im Streitfall - zwei Vieheinheiten übersteigt (Urteil in BFHE 129, 543, BStBl II 1980, 323 unter 5.). Selbst bei einem viehlos wirtschaftenden Ackerbaubetrieb mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 7,75 ha gehört das Wohnhaus zum Betriebsvermögen (vgl. BFH-Urteil vom 28. März 1990 II R 125/87, BFHE 160, 276, BStBl II 1990, 727). Der Betrieb des Klägers übersteigt auch diese Grenze beträchtlich; denn trotz der Verpachtung von rd. 50 ha bewirtschaftete der Kläger rd. 17 ha selbst, davon weiterhin 10 ha landwirtchaftlich genutzte Flächen.
b) Etwas anderes folgt auch nicht aus der Umstrukturierung des ursprünglichen Betriebes durch Teilverpachtung und der sich daraus ergebenden geänderten Betriebsführung in der Weise, daß - so die Angaben des Klägers - die wesentlichen Arbeiten durch Aushilfen und Lohnunternehmen verrichtet wurden, weil der Kläger (im Streitjahr) zu 50 v.H. und dessen Ehefrau zu 80 v.H. erwerbsgemindert gewesen seien. Das Finanzgericht (FG) verkennt insoweit, daß für die Zurechnung des Nutzungswertes der Wohnung nicht Voraussetzung ist, daß Arbeiten im Betrieb durch den Betriebsinhaber selbst oder durch zu seinem Haushalt gehörende Familienangehörige verrichtet werden müssen. Für den Ansatz des Nutzungswerts bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft ist nicht erforderlich, daß der Betriebsinhaber oder seine Angehörigen im Betrieb mitarbeiten; es genügt eine mehr als nur gelegentliche Tätigkeit oder die Tatsache, daß sie den Betrieb leiten (BFH-Urteil in BFHE 149, 196, BStBl II 1987, 430 unter 1.; vgl. weiter BFH-Urteile in BFHE 160, 276, BStBl II 1990, 727, und vom 9. Mai 1990 II R 19/88, BFHE 161, 163, BStBl II 1990, 729 unter 1.).
c) Kläger und FG verkennen, daß aus der Lage des Wohnhauses am Rande des Bebauungsgebietes, rd. 150 m von der Hofstelle entfernt, selbst angesichts der Behinderung des Klägers nichts gegen den inneren funktionalen Zusammenhang des Neubaus mit dem Betrieb hergeleitet werden kann (vgl. BFH-Urteil in BFHE 129, 543, BStBl II 1980, 323 unter 5.). Selbst bei einer Entfernung von 1 km des Wohngebäudes von der mit allen notwendigen Einrichtungen sowie mit Büro- und Arbeitsraum ausgestatteten Hofstelle bleibt dieser Zusammenhang bei einem viehlosen Betrieb gewahrt (BFH-Urteil in BFHE 160, 276, BStBl II 1990, 727). Auch wenn sich das Wohnhaus nicht unmittelbar an den Betrieb anschließt (vgl. dazu die Beispiele bei Märkle/Hiller, Die Einkommensteuer bei Land- und Forstwirten, 5. Aufl., Rdnr. 218), so ist doch im Streitfall die für die Sauenhaltung und Ferkelproduktion erforderliche Überwachung offensichtlich gewährleistet gewesen. Das haben Kläger und FG nicht in Frage gestellt.
d) Daß das Wohnhaus nach seiner Bauart nicht als ein typisches land- und forstwirtschaftliches Wohn- und Wirtschaftsgebäude, sondern als Einfamilienhaus im Bungalowstil gestaltet ist, ist im Hinblick auf die gestiegenen Wohnansprüche in der Landwirtschaft unerheblich (BFH-Urteile vom 25. November 1983 III R 73/80, BFHE 140, 295, BStBl II 1984, 292, und in BFHE 161, 163, BStBl II 1990, 729 sowie Urteil des erkennenden Senats in BFHE 149, 196, BStBl II 1987, 430). Mit einer Wohnfläche von 154 qm übersteigt es zudem den Rahmen des für vergleichbare Betriebe dieser Größe Üblichen (§ 13 Abs. 2 Nr.2 EStG) nicht.
e) Auch der Umstand, daß der Kläger beabsichtigte, den Neubau nur bis zum Ende der Ausbildung seines Sohnes zu bewohnen, hindert nicht die Annahme, daß das Wohngelände dazu bestimmt war, dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dauernd zu dienen (vgl. § 33 Abs. 2 BewG). Das FG hat insoweit verkannt, daß dies im Bewertungsrecht nach der Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes am Bewertungsstichtag zu bestimmen ist (Gürsching/ Stenger, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 8. Aufl., § 33 BewG Anm.15) und entsprechend im Einkommensteuerrecht gilt. Der Kläger hat aber mit seiner Familie - wie zuvor - im Streitjahr noch in dem Neubau gewohnt und von dort aus seinen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet. Daran hat sich jedenfalls bis zum Jahre 1982 nichts geändert. Der bei der Errichtung gegebenen ursprünglichen Zweckbestimmung entsprechend hatte der Kläger nach der Errichtung im Jahre 1973 das Wohnhaus zu Recht als Betriebsvermögen behandelt; das das FA es auf seinen Antrag hin auf den 1. Januar 1979 als Einfamilienhaus bewertet hat, ist für die Zurechnung des Nutzungswerts und die Behandlung als Betriebsvermögen einkommensteuerrechtlich unerheblich (Leingärtner /Zaisch, Die Einkommenbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft, 1983, Rdnr.264, und Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 3. Aufl., A 155). Da das Wohnhaus im Streitjahr notwendiges Betriebsvermögen geblieben war, konnte der Kläger es auch nicht entnehmen. Im übrigen liegt es auf der Hand, daß der Neubau später einmal als sog. Altenteilerhaus in Frage kommt.
Fundstellen
Haufe-Index 417495 |
BFH/NV 1992, 7 |
BFH/NV 1993, 289 |