Leitsatz (amtlich)
Das Halten einer Zugmaschine und eines Anhängers durch einen Landwirt kann auch dann von der Kraftfahrzeugsteuer befreit sein, wenn der Landwirt die Fahrzeuge nicht nur in seinem landwirtschaftlichen Betrieb, sondern auch in seinem Fuhrbetrieb, und zwar hier ausschließlich dazu verwendet, für Dritte Holz vom Walde aus zu befördern, und die Gewinne aus dem Fuhrbetrieb die aus dem landwirtschaftlichen Betrieb übersteigen.
Normenkette
KraftStG 1961 § 2 Nr. 6 S. 1 Buchst. a, S. 3
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) bewirtschaftet einen 7,76 ha großen landwirtschaftlichen Betrieb und betreibt Güternahverkehr. Er hält eine Zugmaschine und einen Anhänger. Diese Fahrzeuge verwendete er nicht nur in seinem landwirtschaftlichen Betrieb, sondern auch in seinem Fuhrbetrieb, nämlich um für Forstwirte, Holzhändler und Sägewerksbesitzer Holz vom Walde aus zu den Sägewerken und den Lagerplätzen der Holzhändler zu befördern. Auf seinen Antrag bescheinigte ihm der Beklagte und Revisionskläger - das FA - zunächst, daß das Halten der Fahrzeuge "bis auf Widerruf" steuerfrei sei. Später kam das FA auf Grund einer Überprüfung der Besitzsteuerakten zu der Ansicht, daß der Kläger überwiegend als Fuhrunternehmer tätig gewesen und aus diesem Grunde das Halten der Fahrzeuge nicht gemäß § 2 Nr. 6 Satz 1 Buchst. a und Satz 3 KraftStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 17. März 1964 (BGBl I, 145, BStBl I 243) steuerfrei sei. Es setzte die Kraftfahrzeugsteuer rückwirkend ab 1. Januar 1963 fest. Die Einsprüche wies es zurück.
Die Berufungen führten zur Aufhebung der Einspruchsentscheidungen und der Steuerbescheide. Das FG war der Auffassung, daß das Halten der Zugmaschine und des Anhängers steuerfrei sei, da der Kläger nicht nur Fuhrunternehmer, sondern auch Landwirt sei (EFG 1965, 552).
Mit der Rechtsbeschwerde - jetzt Revision - rügt das FA die Verletzung des § 2 Nr. 6 Satz 1 Buchst. a und Satz 3 KraftStG.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Selbst wenn die Befreiungsvorschrift im Sinne des FA auszulegen sei, erfülle er deren Voraussetzungen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Das angefochtene Urteil beruht - entgegen der Ansicht des FA - nicht auf einer Verletzung des § 2 Nr. 6 Satz 1 Buchst. a und Satz 3 KraftStG. Nach dieser Vorschrift ist unter anderem von der Steuer befreit "das Halten von ... Zugmaschinen, Kraftfahrzeug-Anhängern hinter Zugmaschinen", solange diese Fahrzeuge ausschließlich in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden. Die Steuerbefreiung "wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein Land- oder Forstwirt Holz vom forstwirtschaftlichen Betrieb aus befördert".
Ihrem Wortlaut nach setzt die Vorschrift zunächst voraus, daß die bezeichneten Fahrzeuge "in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden". Dieses Tatbestandsmerkmal ist hier dadurch erfüllt, daß der Kläger die Zugmaschine und den Anhänger in seinem landwirtschaftlichen Betrieb verwendete und dieser nach Art und Größe die Verwendung der Fahrzeuge wirtschaftlich rechtfertigte. Das weitere Tatbestandsmerkmal, daß die Fahrzeuge "ausschließlich" in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden, ist zwar nicht erfüllt, weil der Kläger seine Fahrzeuge auch in seinem Gewerbebetrieb (Fuhrbetrieb) verwendete, indem er für Forstwirte, Holzhändler und Sägewerksbesitzer Holz vom Wald aus zu den Sägewerken und den Lagerplätzen der Holzhändler beförderte. Aber hierbei handelte es sich um Beförderungen bestimmter Art, die auf Grund ausdrücklicher Vorschrift (Satz 3 des § 2 Nr. 6 KraftStG) die Steuerbefreiung nicht ausschlossen.
Das FA meint, nach ihrem Sinn und Zweck setze die Vorschrift voraus, daß die Fahrzeuge "überwiegend" in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben eingesetzt würden und daß der Halter "im Hauptberuf" Land- oder Forstwirt sei. Ähnlich sind die obersten Finanzbehörden der Länder der Ansicht, daß die Vorschrift des § 2 Nr. 6 Satz 3 KraftStG "nach ihrem Sinn und Zweck nur dann anwendbar" sei, "wenn sich die Verwendung der Fahrzeuge im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes oder eines dazugehörigen Nebenbetriebes hält"; dagegen sei "die Steuerbefreiung ... zu versagen, wenn der Fahrzeughalter neben einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb einen selbständigen gewerblichen Fuhrbetrieb unterhält und insoweit nach Maßgabe der Gewerbesteuerrichtlinien bei der Veranlagung der Ertragsteuern als Gewerbetriebender behandelt wird" (Erlaß der Freien und Hansestadt Hamburg vom 26. August 1966 - 53 - S 6108 - 8/65, DStZ B 1966, 388; vgl. ferner Erlaß des saarländischen Ministers für Finanzen und Forsten vom 9. November 1965 - III - B/IV - Tgb.Nr. 807/65 - S 6108 A, DStZ B 1965, 487).
Eine derartige Begrenzung des Anwendungsbereichs der Befreiungsvorschrift läßt sich jedoch ihrem Wortlaut nicht entnehmen. Sie folgt auch nicht aus ihrem Sinn und Zweck. Die Vorschrift bezweckt vielmehr gerade, "sogenannte Anschlußbeförderungen, die von Landwirten mit ihren sonst nur im landwirtschaftlichen Betrieb verwendeten Fahrzeugen für Nichtlandwirte ... ausgeführt werden, als steuerunschädlich zu erklären" und "die neue Vergünstigung auch für die Fälle vorzusehen, in denen Land- oder Forstwirte mit ihren sonst steuerbefreiten Fahrzeugen Holz vom Walde aus befördern", insbesondere in Fällen, "in denen die Holzbeförderung im Auftrage eines Sägewerks geschieht" (vgl. Schriftlichen Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags vom 3. Dezember 1963, Drucksache IV/1690, Seite 2, linke Spalte Mitte). Daß sich dabei "Mißbräuche und unerwünschte Auswirkungen auf dem Bereich des gewerblichen Güternahverkehrs" ergeben könnten, hat der Finanzausschuß des Bundestages erkannt. Er trachtete, sie "nach Möglichkeit" dadurch zu vermeiden, daß er die Vergünstigung "auf die wichtigsten Fälle dieser Art" - hier auf die Fälle, "in denen Land- oder Forstwirte mit ihren sonst steuerbefreiten Fahrzeugen Holz vom Walde aus befördern" - beschränkte. Eine weitergehende Beschränkung in der vom FA angedeuteten Richtung (etwa daß der Gewinn aus Land- oder Forstwirtschaft den aus Gewerbebetrieb übersteigen müsse oder die Fahrzeuge - gemessen nach der Zahl der Stunden oder der gefahrenen Kilometer - mehr im landwirtschaftlichen Betrieb als im Gewerbebetrieb verwendet werden müßten) hielten die gesetzgebenden Körperschaften - obgleich die Vorschrift so weit wie möglich auf den Bereich der Land- und Forstwirtschaft beschränkt bleiben sollte - erkennbar nicht für erforderlich.
Die Kosten der Revision fallen dem FA zur Last, weil sein Rechtsmittel keinen Erfolg hatte (§ 135 Abs. 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 70432 |
BStBl II 1973, 510 |
BFHE 1973, 153 |