Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbeziehung eines Überpreises in eine Teilwertabschreibung
Leitsatz (amtlich)
Ein beim Erwerb eines Grundstücks gezahlter Überpreis rechtfertigt allein keine Teilwertabschreibung auf den niedrigeren Vergleichswert zu einem späteren Bilanzstichtag. Der Überpreis nimmt jedoch an einer aus anderen Gründen gerechtfertigten Teilwertabschreibung in dem Verhältnis teil, das dem gegenüber dem Anschaffungszeitpunkt gesunkenen Vergleichswert entspricht.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3, Nr. 2 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Land- und Forstwirt und ermittelte in den Streitjahren 1989 und 1990 seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Am 1. Juli 1986 erwarb er 32 247 qm Ackerland (Gemarkung A Flur 5 Flurstück 6) für 348 267,60 DM; die Anschaffungsnebenkosten beliefen sich auf 9 329,50 DM (2,7 v.H. der Anschaffungskosten). Damit überstieg der Quadratmeterpreis von 10,80 DM ohne Nebenkosten den vom Gutachterausschuss zum 1. Juli 1986 festgestellten Richtwert für Ackerland in dieser Gegend von 8,75 DM. Bis zum 30. Juni 1990 schrieb der Kläger die Anschaffungskosten für das Grundstück um 122 538,60 DM auf 225 729 DM ab. Während einer Betriebsprüfung begründete er diese Teilwertabschreibung damit, er habe den überhöhten Kaufpreis gezahlt, weil der Acker günstig zum Betrieb gelegen sei und weil andere Kaufinteressenten zu überbieten waren. Der Teilwert entspreche nunmehr einem Preis von 7 DM/qm; der Gutachterausschuss habe zum 30. Juni 1990 einen Ackerlandrichtwert von 6,75 DM/qm festgestellt. Einem vom Kläger vorgelegten Gutachten des Sachverständigen B zufolge betrug der Verkehrswert des Grundstücks zum 30. Juni 1990 6,68 DM/qm.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) erkannte die Teilwertabschreibung nur in Höhe des Betrags an, den der ortsübliche Kaufpreis zur Zeit des Erwerbs von 8,75 DM die ortsüblichen Wiederbeschaffungskosten zum Bilanzstichtag 30. Juni 1990 von 6,75 DM überstieg; in Höhe des Überpreises von 2,05 DM/qm wurde der Teilwertabschlag versagt. Das FA erhöhte den Bilanzansatz zum 30. Juni 1990 danach um 65 706 DM und erließ die angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheide 1989 und 1990.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seines in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 305 veröffentlichten Urteils im Wesentlichen aus: Der Überpreis sei nicht in die Teilwertabschreibung einzubeziehen, weil der Kläger weder eine Fehlmaßnahme getroffen noch sonst eine den gezahlten Überpreis beeinflussende Wertminderung des erworbenen Ackerlands nachgewiesen habe.
Mit seiner dagegen gerichteten, vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Er trägt vor: Die Vorentscheidung beruhe auf einem Verfahrensmangel. Das FG habe sich nicht an dem Gutachten des Sachverständigen B orientiert, dieses vielmehr nur beiläufig im Zusammenhang mit der Erörterung einer Fehlmaßnahme erwähnt. Soweit das FG eigene Sachkunde an die Stelle jener des Gutachters gesetzt habe, beruhe die Vorentscheidung auf Tatsachen und Beweisergebnissen, zu denen sich die Beteiligten nicht hätten äußern können.
Das angefochtene Urteil verstoße darüber hinaus gegen § 6 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Nr. 1 EStG. Das FG habe den Teilwertbegriff verkannt. Er, der Kläger, habe die Teilwertvermutung, wonach der Teilwert den Anschaffungskosten auch zu einem späteren Zeitpunkt entspreche, widerlegt, indem er gutachtlich nachgewiesen habe, dass der Teilwert zum Bilanzstichtag am 30. Juni 1990 6,68 DM/qm betragen habe. Damit stehe das Urteil des FG auch in Widerspruch zu dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Februar 1977 I R 130/74 (BFHE 121, 436, BStBl II 1977, 412).
Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Es ist der Auffassung, die Vorentscheidung beruhe weder auf einem Verfahrensmangel noch auf einer Verkennung des Teilwertbegriffs.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist zulässig und begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Änderung der Einkommensteuerbescheide (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
I. Der Zulässigkeit der Revision steht nicht entgegen, dass der Kläger nur die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache, nicht aber die Änderung der Steuerfestsetzungen beantragt hat. Nach § 120 Abs. 2 FGO der im Streitfall noch anwendbaren a.F. (Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000, BGBl I, 1757) muss die Revision oder Revisionsbegründung einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechtsnorm bezeichnen. Die Revisionsschrift des Klägers genügt diesen Anforderungen, da sich das Begehren des Revisionsklägers aus der Revision klar ergibt (BFH-Beschluss vom 7. März 1989 IX R 308/87, BFHE 157, 345, BStBl II 1989, 772, Abschn. III Abs. 2 der Gründe, m.w.N.). Danach besteht kein Zweifel, dass der Kläger eine Entscheidung nach seinem Antrag in der Vorinstanz begehrt.
II. Die Revision ist auch begründet. Zu Unrecht hat das FG den gezahlten Überpreis nicht in die vom FA anerkannte Teilwertabschreibung auf die Anschaffungskosten des Grund und Bodens einbezogen.
1. Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG sind u.a. für den Grund und Boden nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG die Anschaffungskosten anzusetzen. Ist der Teilwert niedriger, so kommt eine Teilwertabschreibung in Betracht (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Für die Bestimmung des Teilwerts nicht abnutzbarer Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gilt die Vermutung, dass der Teilwert im Zeitpunkt ihres Erwerbs und an den folgenden Bilanzstichtagen den Anschaffungskosten entspricht (vgl. z.B. Senatsurteil vom 28. Oktober 1976 IV R 76/72, BFHE 120, 245, BStBl II 1977, 73, und BFH-Urteil vom 21. Juli 1982 I R 177/77, BFHE 136, 381, BStBl II 1982, 758). Diese Vermutung ist aber durch den Nachweis widerlegbar, dass sich entweder die Zahlung als eine Fehlmaßnahme erwiesen hat oder der Wert des betreffenden Wirtschaftsgutes unter den seinerzeit gezahlten und aktivierten Betrag gesunken ist bzw. das Wirtschaftsgut überhaupt nicht mehr vorhanden ist (Senatsurteil in BFHE 120, 245, BStBl II 1977, 73, m.w.N.). Aus der Betriebsbezogenheit des Teilwertbegriffs (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG) folgt, dass die Teilwertvermutung auch bei Zahlung eines "Überpreises" gilt, weil der Steuerpflichtige auch in diesem Fall nur so viel aufwendet, wie das Wirtschaftsgut für den Betrieb wert ist (s. Senatsbeschluss vom 21. März 1995 IV B 95/94, BFH/NV 1996, 211, m.w.N.). Diese betrieblichen Gründe schließen daher auch die Berufung auf eine Fehlmaßnahme allein im Hinblick auf die Zahlung eines überhöhten Kaufpreises aus (vgl. Winkeljohann in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 6 EStG Anm. 600 "Überhöhter Preis", m.w.N. zur Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs ―RFH―).
a) Im Streitfall gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass der Kläger auf Grund betrieblicher Erwägungen einen Überpreis von 2,05 DM/qm für das fragliche Grundstück von 32 247 qm gezahlt hat. Dem liegt ein vom Gutachterausschuss zum 1. Juli 1986 für Ackerland in dieser Gegend festgestellter Richtwert von 8,75 DM/qm zu Grunde. Übereinstimmung herrscht auch darüber, dass dieser Richtwert vom Gutachterausschuss zum 30. Juni 1990 auf 6,75 DM/qm festgestellt worden ist und dass sich aus diesem Grunde eine Teilwertabschreibung rechtfertigt. Das FA hat diese Teilwertabschreibung anerkannt, obwohl der Kläger nur den Ansatz eines Teilwerts von 7 DM/qm begehrt hatte. Allerdings hat das FA den Überpreis entgegen dem Antrag des Klägers nicht in die Teilwertabschreibung einbezogen.
b) Der erkennende Senat geht auch im Streitfall zunächst davon aus, dass die Teilwertvermutung zwar ―wie oben zu 1. ausgeführt― einer vollen Berichtigung des Überpreises bei einer ansonsten zulässigen Teilwertabschreibung wegen geminderter Wiederbeschaffungskosten entgegensteht. Entgegen der Auffassung des FG bleibt der Überpreis aber auch nicht in vollem Umfang bestehen, sondern nimmt an der Teilwertabschreibung in dem Verhältnis teil, das dem gegenüber dem Anschaffungszeitpunkt gesunkenen Vergleichswert entspricht (gl.A. Oberfinanzdirektion ―OFD― Kiel, Verfügung vom 7. März 1997, S 2230 A - St 143, Steuererlasse in Karteiform ―StEK― § 13 EStG Nr. 645; Leingärtner/Wendt, Besteuerung der Landwirte, Kap. 29 Rz. 253; a.A. Felsmann/Giere, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 3. Aufl. 1983, Abschn. B Anm. 737c a.E.).
c) Für den Senat ist insoweit entscheidend, dass sich der Steuerpflichtige in aller Regel nicht an konkreten Beträgen orientiert, die die Zahlung eines Überpreises rechtfertigen könnten, wie etwa die Einsparung von Wegekosten auf Grund arrondierter Flächen, ein Mehrgewinn wegen einer durch den Zukauf möglichen erhöhten Tierhaltung oder andere denkbare Vorteile. Nach der Lebenserfahrung werden derartige Überpreise gezahlt, weil Mitbewerber zu überbieten sind oder ein zurückhaltender Veräußerer erst eines Anreizes bedarf. Für Käufer und Verkäufer ist dann aber der prozentuale Aufschlag auf den marktüblichen Preis maßgebend, auf den sich beide einigen können. Dieser Aufschlag aber wird sich stets an den aktuellen Marktpreisen orientieren; sinken diese, so nimmt der Überpreis gleichermaßen an dieser Entwicklung teil.
Anhaltspunkte für eine stärkere Minderung des Überpreises etwa deshalb, weil die gesunkenen Marktpreise auf einem Überangebot auf dem Grundstücksmarkt beruhen, sind im Streitfall nicht ersichtlich. Der Kläger hat solche Gründe auch nicht geltend gemacht.
2. Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden. Der vom Kläger gezahlte Überpreis einschließlich der darauf entfallenden Anschaffungsnebenkosten ist zum 30. Juni 1990 in dem Verhältnis zu kürzen, das der Teilwertabschreibung auf Grund des Rückgangs der Richtwerte entspricht. Der Gewinn des Wirtschaftsjahrs 1989/90 mindert sich in diesem Umfang. Die Änderung der Einkommensteuerbescheide 1989 und 1990 vom 28. Februar 1994 und die Berechnung der Einkommensteuer 1989 und 1990 werden nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.
Fundstellen
Haufe-Index 708277 |
BFH/NV 2002, 718 |
BStBl II 2002, 294 |
BFHE 197, 550 |
BFHE 2002, 550 |
BB 2002, 1361 |
BB 2002, 822 |
DB 2002, 766 |
DStRE 2002, 538 |
DStZ 2002, 300 |
HFR 2002, 589 |