Entscheidungsstichwort (Thema)
Pkw-Überlassung durch einen Gesellschafter an die Gesellschaft
Leitsatz (NV)
1. Die Annahme einer Leistung durch Nutzungsüberlassung setzt die Möglichkeit für den Leistungsempfänger voraus, den überlassenen Gegenstand für seine Zwecke zu nutzen (Anschluß an BFH-Urteil vom 9. Juni 1994 V R 108/93, BFH/NV 1995, 644).
2. Ein Gesellschafterbeitrag, der durch Nutzungsüberlassung eines PKW erbracht wird, führt umsatzsteuerrechtlich nur dann zu einem Leistungsaustausch, wenn ein Sonderentgelt für die Überlassung konkret vereinbart wird. Das Sonderentgelt kann auch im sog. Auslagenersatz (§§ 713, 670 des Bürgerlichen Gesetzbuches, § 110 des Handelsgesetzbuches) bestehen.
Normenkette
UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 713, 670; HGB § 110
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die seit dem 1. April 1982 ein ... -Unternehmen betrieb. Er "überließ" der GbR aufgrund mündlicher Vereinbarung ab Januar 1982 einen PKW und nach dessen Unfallschaden im März 1983 einen anderen PKW "zur Nutzung", wobei ausschließlich der Kläger die Fahrzeuge fuhr. Er rechnete jeweils am Jahresende gegenüber der GbR hinsichtlich der Kfz-Gestellung und der Unterhaltskosten (Benzin, Steuern, Versicherungen und Reparaturen) schriftlich ab. Für 1982 und 1983 berechnete der Kläger der GbR Jahresentgelte in Höhe von ... DM bzw. ... DM, jeweils zuzüglich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer. Die ihr in Rechnung gestellten Forderungen berücksichtigte die GbR in ihrer Buchführung im Rahmen des Jahresabschlusses durch die Buchung "Aufwand an Kapital des Kl.".
In den Umsatzsteuer-Erklärungen 1982 und 1983 setzte der Kläger Vermietungsumsätze mit Entgelten von ... DM bzw. ... DM an, ferner steuerpflichtigen Eigenverbrauch sowie Vorsteuerbeträge von ... DM für 1982 bzw. ... DM für 1983.
Abweichend von den Erklärungen erfaßte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) in den entsprechenden Umsatzsteuerbescheiden die vom Kläger der GbR gesondert in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980). Die geltend gemachten Vorsteuerbeträge ließ das FA mit der Begründung nicht zum Abzug zu, die PKW-Überlassung an die GbR sei nicht gegen Entgelt erfolgt, weil die GbR keine laufenden Zahlungen an den Kläger geleistet habe. Es habe sich um eine bloße Nutzungsüberlassung mit nachträglichem, von der Höhe der jeweils tatsächlich anfallenden Kosten abhängigen Aufwendungsersatz gehandelt.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt und ließ den vom Kläger begehrten Vorsteuerabzug in Höhe von ... DM für 1982 und von ... DM für 1983 zu. Zur Begründung führte das FG aus, durch entgeltliche Überlassung der PKW's an die GbR habe sich der Kläger als Unternehmer i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 betätigt. Die ausschließliche Selbstnutzung der überlassenen PKW's durch den Kläger spreche nicht für eine unentgeltliche Überlassung. Für die Beantwortung der entsprechenden Frage seien die Gesamtumstände des Einzelfalls, insbesondere die Regelungen des Gesellschaftsvertrags, heranzuziehen. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag, der eine Verpflichtung des Klägers zur unentgeltlichen Überlassung enthielte, liege nicht vor. Anhaltspunkte für eine diesbezügliche mündliche Vereinbarung seien auch vom FA nicht vorgetragen worden. Nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen habe der Kläger ein Entgelt für die PKW- Überlassung ernstlich zu erwarten gehabt und dieses in Form einer Gutschrift auf seinem von der GbR geführten Kapitalkonto im Rahmen des Jahresabschlusses auch erhalten. Im Streitfall sei nicht ersichtlich, daß die zugunsten des Klägers erfolgte Buchung nur zum Schein erfolgt sei.
Hiergegen wendet sich das FA mit der vom FG zugelassenen Revision und macht geltend, das Urteil verstoße gegen § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 und beruhe zudem auf Verfahrensmängeln. Im Streitfall liege keine Leistung gegen Entgelt vor, da der Kläger kein Entgelt zu erwarten gehabt habe. Mangels entsprechender Vereinbarungen habe die GbR kein alleiniges Nutzungsrecht erhalten, was auch dadurch belegt werde, daß der Kläger die Fahrzeuge habe austauschen können. Der Kläger sei wie ein Arbeitnehmer zu behandeln, der seinen privaten PKW gegen Aufwandsentschädigung für Dienstreisen einsetze. Das FG habe es versäumt, den Sachverhalt umfassend aufzuklären. Die nach der Rechtsprechung erforderliche Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls sei mithin nicht erfolgt.
Das FA beantragt, die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen, hilfsweise, die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Der Kläger ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Nach den Feststellungen des FG durfte im Streitfall die Entgeltlichkeit der Leistungen des Klägers nicht an genommen werden. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden.
1. Der Kläger hat an die GbR keine Leistungen durch Nutzungsüberlassung ausgeführt. Denn er hat die "gestellten" PKW's aufgrund seines Rechtes als Eigentümer genutzt, indem er diese bei der Führung der Geschäfte der GbR einsetzte. Die GbR konnte nicht über den Einsatz der PKW's bestimmen. Der Senat bestätigt insoweit seine bisherige Rechtsprechung, wonach die Annahme einer Leistung durch Nutzungsüberlassung die Möglichkeit für den Leistungsempfänger voraussetzt, den überlassenen Gegenstand für seine Zwecke zu nutzen (Senats-Urteil vom 9. Juni 1994 V R 108/93, BFH/NV 1995, 644, mit Nachweisen).
2. Der Kläger hat gegenüber der GbR auch keine anderen Dienstleistungen gegen Entgelt ausgeführt.
Schließen sich mehrere Personen zusammen, um als Personengesellschaft tätig zu werden, so bildet die Vereinbarung des Gesellschaftsverhältnisses die Grundlage für das Zusammenwirken der Gesellschafter zur gemeinsamen Betätigung (sog. Leistungsvereinigung). Die unterschiedlichen Beiträge der Gesellschafter (z. B. Arbeitsleistung, Kapitalüberlassung, Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern) werden -- regelmäßig -- über eine Gewinn- und Verlustbeteiligung an der Gesellschaft ausgeglichen. Umsatzsteuerrechtlich stellt die Leistungsvereinigung keinen steuerbaren Leistungsaustausch dar (Leistung gegen Entgelt; Urteile des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 17. März 1994 V R 39/92, BFHE 174, 268, BStBl II 1994, 538, und vom 16. März 1993 XI R 44/90, BFHE 171, 114, BStBl II 1993, 529, mit Nachweisen).
Abweichend davon können Gesellschafter steuerbare entgeltliche Leistungen an die Gesellschaft ausführen, wenn dies im Rahmen konkreter Leistungsbeziehungen geschieht, wenn also bestimmte Leistungen gegen konkretisiertes oder konkretisierbares Entgelt als Gegenleistung ausgeführt werden. Die Gegenleistung kann auch im sog. Auslagenersatz (§§ 713, 670 des Bürgerlichen Gesetzbuches, § 110 des Handelsgesetzbuches) bestehen (vgl. zuletzt Senats-Urteil in BFH/NV 1995, 644, unter Hinweis auf das Senats-Urteil vom 9. September 1993 V R 88/88, BFHE 172, 231, BStBl II 1994, 56).
Das FG ging zwar zutreffend von dem Grundsatz aus, daß eine "zunächst unentgeltliche Leistung nicht durch spätere Zahlung mit umsatzsteuerrechtlicher Wirkung für die Vergangenheit in eine entgeltliche umgewandelt werden" kann. Diese Erörterung hätte das FG aber nicht damit abschließen dürfen, es habe nicht feststellen können, daß der Kläger sich im Gesellschaftsvertrag zu einer unentgeltlichen PKW-Überlassung verpflichtet hätte; ein entsprechender schriftlicher Gesellschaftsvertrag fehle, Anhaltspunkte für eine diesbezügliche mündliche Vereinbarung habe auch das FA nicht vorgetragen. Damit wurde das FG dem im vorliegenden Zusammenhang maßgebenden Verhältnis von Regel und Ausnahme für die rechtliche Einordnung von Gesellschafterbeiträgen nicht gerecht. Solche Beiträge, derentwegen keine besonderen Vergütungsregelungen vereinbart wurden, sind grundsätzlich bei der Gewinn- und Verlustbeteiligung zu berücksichtigen, ergeben also umsatzsteuerrechtlich keinen Leistungsaustausch. Einer besonderen oder zusätzlichen Vereinbarung der "Unentgeltlichkeit", wie das FG offenbar meint, bedarf es für eine solche Beurteilung nicht. Erforderlich ist vielmehr -- umgekehrt -- die Feststellbarkeit besonderer Vereinbarungen über die Entgeltlichkeit solcher Leistungen, also die konkrete Vereinbarung eines Sonderentgelts, damit von einem Leistungsaustausch ausgegangen werden kann.
Nach den Feststellungen des FG hat der Kläger jeweils am Ende der Streitjahre gegenüber der Gesellschaft seine Auslagen abgerechnet und in entsprechender Höhe eine Gutschrift auf seinem Kapitalkonto erhalten. Die Gutschrift auf dem Kapitalkonto weist die Zuwendung des Klägers als Einlage in die Gesellschaft aus. Da das FG keine Umstände feststellen konnte, die die Schlußfolgerung erlauben, im Streitfall läge eine Abgeltung der PKW-Gestellung durch Sondervergütung vor, durfte es nicht Entgeltlichkeit der Leistungen annehmen.
3. Auf die vom FA erhobene Rüge mangelnder Sachaufklärung braucht der Senat nicht mehr einzugehen.
Fundstellen