Entscheidungsstichwort (Thema)
An- und Verkauf eines Pkw durch "branchenfremden" Händler
Leitsatz (NV)
Ein Unternehmer, der Sattelzugmaschinen vermietet, Container und Trailer verkauft bzw. vermietet und mit Motorbooten handelt, bezieht infolge objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs mit seiner gewerblichen Tätigkeit einen zur Weiterveräußerung erworbenen PKW für sein Unternehmen.
Normenkette
UStG 1991 § 15 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) vermietet Sattelzugmaschinen, verkauft bzw. vermietet Container und Trailer und handelt mit Motorbooten.
Er bestellte in den Jahren 1990 und 1991 drei fabrikneue PKW. Zwei Kaufverträge wurden in der Folgezeit wieder aufgehoben. Einen PKW veräußerte der Kläger vor Auslieferung weiter und stellte dem Käufer X DM zuzüglich Y DM Umsatzsteuer in Rechnung. Nachdem der Käufer den PKW beim Hersteller abgeholt hatte, stellte dieser dem Kläger ebenfalls X DM zuzüglich Y DM Umsatzsteuer in Rechnung.
In seiner Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr (1991) berücksichtigte der Kläger die Veräußerung des PKW als Umsatz und zog die ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer ab. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) versagte dem Kläger den Vorsteuerabzug mit der Begründung, er habe den PKW nicht für sein Unternehmen bezogen. Der Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab und führte zur Begründung aus: Der Kläger habe den PKW nicht seinem Unternehmen zugeordnet, weil von vornherein festgestanden habe, daß der PKW nicht in dem vom Kläger betriebenen Unternehmen verwendet, sondern weiterveräußert werden sollte. Der Kläger habe den PKW auch nicht im Rahmen seines Unternehmens veräußert. Der Handel mit Fahrzeuganhängern, Containern, Spezialfahrzeugen sowie Motorbooten stehe in keinem Zusammenhang mit dem PKW-Handel.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung von § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1991. Entgegen der Ansicht des FG sei der Handel mit PKW für ihn kein "selbständiger Handelsbereich", sondern gehöre zu seinem Unternehmen. Er habe die PKW unter der von ihm im Geschäftsleben verwendeten Bezeichnungen bestellt und den An- und Verkauf in seiner Buchführung und in seiner Umsatzsteuererklärung erfaßt.
Der Kläger beantragt, das erstinstanzliche Urteil sowie die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und die Umsatzsteuer für 1991 um Y DM niedriger festzusetzen.
Das FA ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur antragsgemäßen Festsetzung der Umsatzsteuer (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Der Kläger ist zum Abzug der ihm anläßlich des Erwerbs des PKW in Rechnung gestellten Umsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt.
1. Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1991 kann der Unternehmer die in Rechnungen i. S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Die im vorliegenden Fall allein streitige Frage, ob der Kläger den PKW für sein Unternehmen bezogen hat, ist zu bejahen.
a) Der Kläger hatte keinen der PKW als Anlagengegenstand bestellt, sondern von vornherein deren Weiterveräußerung als Handelsware beabsichtigt. Nach den Feststellungen des FG kommt nicht in Betracht, daß der Kläger den bezogenen PKW -- für betriebliche oder private Zwecke oder gemischt -- benutzen wollte. Die Grundsätze über die Zuordnung von Gegenständen, die der Unternehmer sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch verwenden kann (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 27. Juli 1995 V R 44/94, BFHE 178, 482, BStBl II 1995, 853, m. N.), finden daher keine Anwendung.
b) Es bedarf auch keiner Prüfung, ob der Kläger den Handel mit PKW nachhaltig gegen Entgelt betrieben hat. Eine solche Prüfung ist erforderlich, wenn der Unternehmer eine neue, mit seiner bisherigen Tätigkeit in keinem Zusammenhang stehende unternehmerische Betätigung aufnimmt. In diesem Fall ist eine solche Tätigkeit seiner unternehmerischen Sphäre erst dann zuzurechnen, wenn er im Rahmen des neuen Tätigkeitsfeldes nachhaltige Leistungen gegen Entgelt i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1991 ausführt (Senatsurteil vom 16. Dezember 1993 V R 103/88, BFHE 173, 262, BStBl II 1994, 278).
Der Handel mit PKW war für den Kläger jedoch keine neue, mit seiner bisherigen Tätigkeit in keinem sachlichen Zusammenhang stehende unternehmerische Betätigung. Der Kläger betrieb Handel mit Gegenständen. Es bedarf keiner Entscheidung, ob bereits dieser Umstand ausreicht, um einen hinreichenden Zusammenhang mit dem An- und Verkauf von PKW zu begründen. Der Senat hat hierzu in seinem Urteil in BFHE 173, 262, BStBl II 1994, 278 bereits betont, daß das Erfordernis eines sachlichen Zusammenhangs mit der unternehmerischen Tätigkeit in einem weiteren Sinne zu verstehen ist, der jede Art von Ausweitung, Ergänzung oder Abrundung umfaßt. Jedenfalls steht im Streitfall der An- und Verkauf des PKW im objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit des Klägers, weil diese Tätigkeit im Handel und in der Vermietung von Fahrzeuganhängern, Containern, Spezialfahrzeugen sowie Motorbooten, d. h. Beförderungsmitteln bestand, zu denen im weiten Sinne auch PKW gehören.
2. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war sein Urteil aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif. Die festzusetzende Umsatzsteuer für 1991 berechnet sich wie folgt: ...
Fundstellen
BFH/NV 1997, 910 |
HFR 1998, 121 |
HFR 1998, 219 |