Entscheidungsstichwort (Thema)
Verhältnis Einheitswert des gewerblichen Betriebs und Einheitswert des Grundstücks
Leitsatz (NV)
Bei der Feststellung des Einheitswerts eines Grundstücks wird darüber mitentschieden, ob eine oder mehrere wirtschaftliche Einheiten vorliegen, ob ein Betriebsgrundstück vorliegt und welchem Betrieb es zuzuordnen ist. Nur wenn im Einheitswertbescheid für das Grundstück eine Feststellung als Betriebsgrundstück unterlassen wurde, die Zugehörigkeit zu einem gewerblichen Betrieb jedoch offensichtlich und unstreitig ist, kann dies für die Zurechnung zum gewerblichen Betrieb unschädlich sein.
Normenkette
BewG § 19 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 99
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist selbständiger Bauunternehmer; er ist zugleich als Kommanditist an der X-GmbH & Co. KG beteiligt. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom ... erwarb der Kläger im Jahre 1977 von der Gemeinde ein Grundstück in einem von der Gemeinde (neu) ausgewiesenen Gewerbegebiet. Der Kläger verpflichtete sich, innerhalb von zwei Jahren auf dem Grundstück eine Betonmischanlage zu errichten. Nach dem Vertrag konnte auch ein Betreiber den Bau errichten. Der Kläger verpachtete das Grundstück teilweise an die GmbH & Co. KG. Mit Veränderungsnachweis des Vermessungsamts vom 1. Juni 1981 wurde das Grundstück in zwei Teile aufgeteilt. Der Teil, auf dem die Betonmischanlage errichtet worden war, war der verpachtete Teil. Diesen verkaufte der Kläger im Jahre 1982 an die GmbH & Co. KG.
Der Kläger behandelte den Grundstückskauf zunächst als betrieblichen Vorgang seines Einzelunternehmens, buchte das Grundstück jedoch dann im Rahmen der Bilanzerstellung für 1977 erfolgsneutral auf sein Privatkonto um.
Nach einer Außenprüfung im Jahre 1982 gelangte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) zu der Auffassung, daß das Grundstück notwendiges Betriebsvermögen des Klägers geworden sei und deswegen die Einheitswerte des Betriebsvermögens um den entsprechenden Betrag jeweils zu erhöhen seien. Durch Bescheide vom 26. April 1983 und vom 30. März 1984 erließ er entsprechend geänderte Einheitswertbescheide, mit denen er das Betriebsvermögen des Klägers (zum 1. Januar 1978 bis zum 1. Januar 1981) jeweils um 62600 DM erhöhte.
Hiergegen richtete sich die Klage. Mit dieser wurde dem Sinn nach geltend gemacht, das Grundstück gehöre zum Grundvermögen.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Das FA habe das Grundstück zu Recht dem notwendigen Betriebsvermögen zugeordnet. Wegen aller Einzelheiten verwies das FG auf die Entscheidungsgründe seines Urteils vom selben Tag in einer anderen Sache. Dabei handelte es sich um ein Urteil zwischen denselben Beteiligten betr. die Einkommensteuer 1977 bis 1980, wobei es um die einkommensteuerrechtliche Behandlung der Einnahmen aus der Verpachtung der Teilfläche des Grundstücks ging. In dieser Entscheidung, mit der die Klage abgewiesen wurde, vertrat das FG die Auffassung, daß der verpachtete Grundstücksteil dem Sonderbetriebsvermögen des Klägers zuzurechnen sei. Den nicht verpachteten Grundstücksteil sah es als notwendiges Betriebsvermögen des eigenen Betriebs des Klägers an. Die Revision hat das FG auf Beschwerde des Klägers zugelassen.
Mit der Revision macht der Kläger Verletzung materiellen Rechts geltend. Er beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Einheitswertbescheide des Betriebsvermögens zu den streitigen Stichtagen jeweils dahin abzuändern, daß der verpachtete Teil des Grundstücks dem Einheitswert nicht zuzurechnen sei. Der Kläger akzeptiert die Auffassung des FG, daß der nicht verpachtete Teil des Grundstücks Betriebsvermögen des Klägers gewesen sei. Der verpachtete Teil des Grundstücks, der als Sonderbetriebsvermögen des Klägers im Rahmen der GmbH & Co. KG anzusehen sei, sei dagegen nicht als Betriebsvermögen des einzelkaufmännischen Unternehmens des Klägers zu behandeln.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, da der vom FG festgestellte Sachverhalt die Entscheidung nicht trägt.
Die Klage richtet sich gegen Bescheide über die Feststellung des Einheitswerts des gewerblichen Betriebs des Klägers. Klage und Revision wenden sich gegen die (volle) Einbeziehung des Grundstücks im Rechtssinn in diesen Einheitswert. Über die - im Streitfall möglicherweise vorgreifliche - Frage, ob ein Grundstück im Rechtssinn eine oder mehrere wirtschaftliche Einheiten bildet, sowie darüber, ob ein Betriebsgrundstück vorliegt und welchem Betrieb es zuzurechnen ist, wird jedoch bei der Feststellung des Einheitswerts eines Grundstücks nach § 19 Abs. 3 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes mitentschieden (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs vom 10. Dezember 1986 II R 88/85, BFHE 148, 329, BStBl II 1987, 292, und vom 24. Oktober 1958 III 153/58 S, BFHE 68, 1 BStBl III 1959, 2). Auch insoweit ist der Einheitswertbescheid für das Grundstück Grundlagenbescheid für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens. Lediglich wenn im Einheitswertbescheid für das Grundstück eine Feststellung als Betriebsgrundstück unterlassen worden ist, kann dies für die Zurechnung zum gewerblichen Betrieb unschädlich sein, wenn die Zugehörigkeit offensichtlich und auch unter den Beteiligten unstreitig ist (Urteil des Reichsfinanzhofs vom 19. Juni 1935 III A 147/35, RStBl 1935, 1121). Im Streitfall hat das FG keine Feststellungen darüber getroffen, wie das Grundstück bei der Feststellung des Einheitswerts insoweit behandelt wurde. Es hat auch nicht negativ festgestellt, daß eine Einordnung als Betriebsgrundstück nicht erfolgt ist. Schon deswegen ist die Aufhebung der Vorentscheidung geboten.
2. Da die Sache nicht spruchreif ist, wird sie zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen. Auf § 351 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) wird hingewiesen. Die Kostenentscheidung wird dem FG übertragen (§ 143 Abs. 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 419312 |
BFH/NV 1994, 451 |