Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenheimzulage: Verzicht auf die weitere Förderung des ersten Objekts zugunsten der Förderung des zweiten Objekts mit der Folge des Objektverbrauchs nicht möglich
Leitsatz (amtlich)
Ehegatten, welche die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllen und die zwei in räumlichem Zusammenhang belegene Objekte innerhalb des Förderzeitraums für das erste Objekt nacheinander hergestellt oder angeschafft haben, können nicht auf die weitere Förderung des ersten Objekts zugunsten der Förderung des zweiten Objekts mit der Folge eines Objektverbrauchs verzichten.
Normenkette
EigZulG § 2 Abs. 1, § 6 Abs. 1, § 11 Abs. 1, 3, § 12; AO 1977 § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 10e
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Sie beantragten Eigenheimzulage für ihre selbst genutzte Wohnung, die sich auf einem Grundstück befindet, das der Klägerin zunächst zur Hälfte, nach Kauf und Erwerb des Miteigentumsanteils ihres Bruders allein gehört. Mit Bescheid über Eigenheimzulage ab 1996 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) für den erworbenen Miteigentumsanteil Eigenheimzulage für die Jahre 1996 bis 2003 in Höhe von jährlich 4 179 DM bestandskräftig fest.
Ab 1998 bauten die Kläger das Dach aus und erweiterten auf diese Weise die von ihnen genutzte Wohnung. Sie stellten diese Herstellungsmaßnahme im Jahr 2000 fertig und nutzen das Dachgeschoss seither zu eigenen Wohnzwecken. Ebenfalls im Jahr 2000 beantragten sie Eigenheimzulage ab dem Jahr 2000, und zwar in Höhe von 4 523 DM (2,5 v.H. einer aus den Herstellungskosten des Dachausbaus gebildeten Bemessungsgrundlage von 60 909 DM = 1 523 DM zuzüglich zweier Kinderzulagen). Die bisherige Eigenheimzulage solle nach ihrem Begehren vorzeitig beendet und für den Ausbau eine neue Eigenheimzulage mit einem Förderzeitraum von acht Jahren festgesetzt werden.
Das FA lehnte diesen Antrag ab, weil auf die bisherige, bis zum Jahr 2003 laufende Eigenheimzulage nicht zugunsten des Zweitobjekts (Dachgeschossausbau) verzichtet werden könne. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) könne die Eigenheimzulage auch nicht gleichzeitig für zwei in räumlichem Zusammenhang stehende Objekte in Anspruch genommen werden. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus, auf die für die Jahre 1996 bis 2003 festgesetzte Eigenheimzulage könne nicht verzichtet werden. Zwar habe der Steuerpflichtige auf eine (weitere) Förderung nach § 10e des Einkommensteuergesetzes (EStG) zugunsten der Förderung des zweiten Objekts mit der Folge des Objektverbrauchs verzichten können. Diese Möglichkeit bestehe aber bei der Eigenheimzulage nicht, weil sie nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EigZulG für alle Jahre des Förderzeitraums festgesetzt werde und eine Korrekturmöglichkeit nicht bestehe.
Mit der Revision rügen die Kläger eine Verletzung der §§ 3 und 6 EigZulG. Anders als bei sog. Folgeobjekten, die nach § 7 EigZulG nur nach und nach gefördert werden könnten, bestehe eine derartige klare Regelung bei Zweit- oder Ehegattenobjekten nicht. Durch die Ehegattenregelung des § 6 Abs. 1 Satz 2 EigZulG werde ein Wahlrecht normiert, dass Ehegatten die Eigenheimzulage für zwei Objekte beanspruchen "können". Die gesetzliche Einschränkung solle lediglich eine Doppelförderung vermeiden, wenn Objekte in einem räumlichen Zusammenhang stehen. Die Kläger begehrten aber keine zeitgleiche Doppelförderung. Ihnen stünde ein Wahlrecht zwischen Erst- und Zweitobjekt zu, so dass sie analog der Rechtslage zur Vorgängervorschrift des § 10e EStG auf die Erstobjektförderung zugunsten des Zweitobjekts verzichten könnten.
Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil und den Bescheid des FA über die Ablehnung des Antrags auf Eigenheimzulage vom 30. Mai 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. September 2002 aufzuheben und Eigenheimzulage für die Jahre 2000 bis 2007 für den Dachausbau in Höhe von jährlich 4 523 DM (2 312,57 €) festzusetzen sowie den Bescheid über Eigenheimzulage vom 31. Oktober 1997 ab dem Jahr 2000 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat es mit zutreffenden Erwägungen abgelehnt, Eigenheimzulage für den Dachausbau zu gewähren.
1. Das Eigenheimzulagengesetz begünstigt nach § 2 Abs. 2 EigZulG in der Fassung der Streitjahre auch Ausbauten und Erweiterungen an einer Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus (§ 19 Abs. 8 EigZulG). Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 EigZulG kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage nur für ein "Objekt" in Anspruch nehmen. "Objekte" i.S. dieser Vorschrift sind Wohnungen sowie Ausbauten und Erweiterungen an einer Wohnung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1, Abs. 2 EigZulG). Ehegatten, bei denen ―wie bei den Klägern― die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, können die Eigenheimzulage für insgesamt zwei Objekte beanspruchen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz EigZulG); dies gilt jedoch nicht gleichzeitig für zwei in räumlichem Zusammenhang belegene Objekte, wenn bei den Ehegatten im Zeitpunkt der Fertigstellung oder Anschaffung der Objekte die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz EigZulG; sog. Objektbeschränkung).
Die Kläger begehren allerdings Eigenheimzulage nicht gleichzeitig für die Wohnung wie für den Dachausbau. Sie beanspruchen diese Förderung lediglich für die Erweiterungsmaßnahme als Zweitobjekt, indem sie auf die Eigenheimzulage für das Erstobjekt (die Wohnung) verzichten. Dafür fehlt es indes an einer Rechtsgrundlage.
a) Haben Eheleute für ein Objekt Eigenheimzulage beantragt und hat das FA daraufhin die Eigenheimzulage bestandskräftig festgesetzt, können sie ihren Antrag für dieses Objekt nicht mehr zurücknehmen, weil sie daran gebunden sind (so auch die einhellige Auffassung im Schrifttum, vgl. Boeker in Lademann, Einkommensteuergesetz, § 6 EigZulG Rz. 11; Wacker, Eigenheimzulagengesetz, 3. Aufl., § 6 Rz. 52, § 7 Rz. 42; Hausen/Kohlrust-Schulz, Die Eigenheimzulage, 2. Aufl., Rz. 266). Der Anspruchsberechtigte kann nach § 3 EigZulG die Eigenheimzulage im Jahr der Anschaffung und in den sieben folgenden Jahren (Förderzeitraum) in Anspruch nehmen. Derjenige, der ein begünstigtes Objekt i.S. von § 2 EigZulG anschafft, wie es hier die Kläger mit der Wohnung getan haben, "kann" den Anspruch geltend machen ‐ er muss es aber nicht. Er kann wählen, ob überhaupt und bei welchem Objekt er Eigenheimzulage beansprucht. Hat er sich aber entschieden und seinen Anspruch auf ein bestimmtes Objekt konzentriert, so ist er daran gebunden, sobald das FA die Eigenheimzulage bestandskräftig festsetzt. Denn wie bei anderen steuerlichen Wahlrechten auch ist die Antragstellung nach § 12 EigZulG Teil eines Verwaltungsverfahrens, das durch einen Verwaltungsakt abschließend entschieden wird und das mit seinen Regelungen über die Bestandskraft und den damit verbundenen Rechtsfolgen die Gestaltungswirkung der Willenserklärung einschränkt (vgl. zu Wahlrechten allgemein Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 2001, S. 283 ff., m.w.N.; vgl. zur vergleichbaren Rechtslage bei Veranlagungswahlrechten Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 3. März 2005 III R 60/03, BFH/NV 2005, 1177, m.w.N.).
Nach § 11 Abs. 1 EigZulG wird die Eigenheimzulage für alle Jahre des Förderzeitraums festgesetzt. Diese Festsetzung entscheidet über den Anspruch für alle begünstigten Jahre. Sie bindet die Beteiligten, und zwar unabhängig davon, ob man darin einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung oder aber eine Sammlung mehrerer Verwaltungsakte für je ein Förderjahr sieht (vgl. zum Streitstand Wacker, a.a.O., § 11 Rz. 18; Blümich/Erhard, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 11 EigZulG Rz. 11, m.w.N.). Denn weder § 11 EigZulG noch die Vorschriften der Abgabenordnung (AO 1977), die über § 15 Abs. 1 EigZulG entsprechend anwendbar sind, rechtfertigen für den hier bedeutsamen Fall des Verzichts auf die weitere Förderung des Erstobjekts eine Änderung des bestandskräftigen Bescheides. Insbesondere kommt eine Korrektur nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 i.V.m. § 15 Abs. 1 EigZulG nicht in Betracht, weil diese Vorschrift es nicht ermöglicht, die Wirkung von Rechten, die nur bis zur Bestandskraft der Festsetzung ausgeübt werden können, nach Eintritt dieses Zeitpunktes zu beseitigen (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteile vom 13. Februar 1997 IV R 59/95, BFH/NV 1997, 635, und vom 27. September 1988 VIII R 432/83, BFHE 155, 83, BStBl II 1989, 225); dies gilt unabhängig davon, ob § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal die Rechtswidrigkeit des zu ändernden Bescheids voraussetzt (vgl. dazu Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Vor § 172 AO Tz. 29; a.A. Klein/Rüsken, Abgabenordnung, § 172 Rz. 32, jeweils m.w.N.).
Der Anspruchsberechtigte kann also nach bestandskräftiger Festsetzung der Eigenheimzulage für ein bestimmtes Objekt nicht geltend machen, er wolle die Begünstigung lieber für ein lohnenderes Objekt und deshalb auf die Förderung des Erstobjekts verzichten. Sein Wahlrecht ist verbraucht. Dementsprechend können auch Ehegatten, welche die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllen und die zwei in räumlichem Zusammenhang belegene Objekte innerhalb des Förderzeitraums für das erste Objekt nacheinander hergestellt oder angeschafft haben, nicht auf die weitere Förderung des ersten Objekts zugunsten der Förderung des zweiten Objekts mit der Folge eines Objektverbrauchs verzichten. Denn dies führte jedenfalls zum Teil zu einer ―rechtlich nicht möglichen― Rücknahme des Antrags auf Eigenheimzulage.
b) Entgegen der Auffassung der Revision eröffnet das Eigenheimzulagengesetz Ehegatten auch in § 6 Abs. 1 Satz 2 EigZulG kein Recht auszuwählen, ob sie für ein Erst- oder Zweitobjekt Eigenheimzulage beanspruchen. § 6 Abs. 1 Satz 2 EigZulG erweitert vielmehr aus verfassungsrechtlichen Erwägungen die Zahl der zu fördernden Objekte auf zwei (vgl. dazu Blümich/Erhard, a.a.O., § 6 EigZulG Rz. 21). Haben Ehegatten für ein Objekt bereits Eigenheimzulage erhalten, können sie für ein weiteres Objekt i.S. von § 2 EigZulG Förderung beanspruchen. Ein Wahlrecht im engeren Sinne steht ihnen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 EigZulG nur zu, wenn sie zwei in räumlichem Zusammenhang stehende Objekte anschaffen oder herstellen. Weil sie die Begünstigung für beide Objekte nicht gleichzeitig beanspruchen können, können sie wählen, für welches der beiden Objekte sie Eigenheimzulage in Anspruch nehmen wollen. Haben sie aber ihre Wahl ausgeübt und sich für ein bestimmtes Objekt entschieden und hat das FA daraufhin die Eigenheimzulage für dieses Objekt bestandskräftig festgesetzt, so sind sie an ihre Wahl gebunden. Sie können ihren Antrag nach § 12 EigZulG nicht wieder zugunsten des anderen Objekts zurücknehmen oder einschränken.
c) Wegen der Bindungswirkung der Eigenheimzulagefestsetzung für den gesamten Förderzeitraum unterscheidet sich die Rechtslage nach dem Eigenheimzulagengesetz von der im Einkommensteuergesetz geregelten Wohnbauförderung z.B. nach § 10e EStG. Konnte der Steuerpflichtige dort auf die weitere Förderung des ersten Objekts zugunsten der Förderung des zweiten Objekts verzichten (vgl. BFH-Urteil vom 10. Oktober 2000 IX R 60/96, BFHE 193, 322, BStBl II 2001, 277, m.w.N.), so ist dem Antragsteller diese Möglichkeit ―wie dies das FG zutreffend herausstellt― versagt. Denn der Einkommensteuerbescheid, mit dem der Antrag auf Förderung nach § 10e EStG beschieden wird, umfasst nicht den gesamten Förderzeitraum, sondern stets nur ein Jahr, den Veranlagungszeitraum (§ 25 Abs. 1 EStG). Nach § 10e Abs. 1 und Abs. 2 EStG "kann" der Steuerpflichtige die Abzugsbeträge wie Sonderausgaben abziehen - er muss es aber nicht (vgl. auch § 10e Abs. 3 EStG). Hat er Abzugsbeträge in einem Jahr für ein Erstobjekt geltend gemacht und ist er daraufhin bestandskräftig veranlagt worden, so ist er in Bezug auf den geltend gemachten Betrag, aber auch in Bezug auf die Förderung als Erstobjekt gebunden. Er ist nicht gehindert, im Folgejahr die Förderung für ein Zweitobjekt zu beanspruchen, allerdings mit der Folge des Objektverbrauchs.
2. Nach diesen Grundsätzen steht den Klägern keine Eigenheimzulage für ihren Dachausbau zu. Gründe für eine Aufhebung des Bescheides zur Gewährung von Eigenheimzulage für die Wohnung ab dem Jahr 2000 bestehen nicht. Die Kläger konnten ihren Antrag auf Eigenheimzulage weder zurücknehmen noch einschränken. Sie konnten auch nicht auf die Förderung des Erstobjekts zugunsten einer Förderung des Dachausbaus verzichten, so dass die Voraussetzungen nach den §§ 1, 2, 4 und 6 EigZulG nicht während eines Jahres des Förderzeitraumes mit der Wirkung entfallen sind, die Festsetzung mit Wirkung ab dem Jahr 2000 aufzuheben (§ 11 Abs. 3 EigZulG).
Fundstellen
Haufe-Index 1409322 |
BFH/NV 2005, 1910 |
BStBl II 2005, 807 |
BFHE 2006, 338 |
BFHE 210, 338 |
BB 2005, 2005 |
DB 2005, 1949 |
DStRE 2005, 1263 |
DStZ 2005, 653 |
HFR 2005, 1064 |