Objektverbrauch bei Steuerbegünstigung für selbstbewohnte Baudenkmäler
Insoweit tritt durch die Inanspruchnahme einer Steuervergünstigung nach § 10f Abs. 1 EStG ein Objektverbrauch ein. Die Vorschrift verhindert die Inanspruchnahme der Vergünstigung für mehr als ein Objekt nicht nur in demselben Veranlagungszeitraum nebeneinander, sondern auch in mehreren Veranlagungszeiträumen nacheinander.
Hintergrund: Gesetzliche Regelung
Nach § 10f Abs. 1 EStG kann der Steuerpflichtige Aufwendungen an einem eigenen Gebäude im Kalenderjahr des Abschlusses der Baumaßnahme und in den 9 folgenden Kalenderjahren jeweils bis zu 9 % wie Sonderausgaben abziehen, wenn die Voraussetzungen des § 7h EStG oder des § 7i EStG vorliegen. Dies gilt nur, soweit er das Gebäude in dem jeweiligen Kalenderjahr zu eigenen Wohnzwecken nutzt.
Der Steuerpflichtige kann die Abzugsbeträge nur bei einem Gebäude in Anspruch (§ 10f Abs. 3 EStG). Ehegatten, bei denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, können die Abzugsbeträge bei insgesamt 2 Gebäuden abziehen. Sind mehrere Steuerpflichtige Eigentümer eines Gebäudes, ist § 10 Abs. 3 EStG mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Anteil des Steuerpflichtigen an einem solchen Gebäude dem Gebäude gleichsteht (§ 10f Abs. 4 Satz 1 EStG).
Sachverhalt: Objektverbrauch bei § 10f EStG
Der Kläger hatte für im Jahr 2006 getätigte Erhaltungsmaßnahmen an der ihm gehörenden Wohnung I ab jenem Jahr eine Steuerbegünstigung nach § 10f EStG in Anspruch genommen. Im Jahr 2013 zog er aus dieser Wohnung in die in seinem hälftigen Eigentum stehende Wohnung II um. Den vom Kläger für das Jahr 2014 beantragten Abzugsbetrag nach § 10f EStG für die Wohnung II ließ das Finanzamt außer Ansatz, da die Begünstigung gemäß § 10f Abs. 3 Satz 1 EStG nur bei einem einzigen Objekt in Anspruch genommen werden könne; dies sei bereits bei der Wohnung I geschehen.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das FG die Klage ab. Mit seiner Revision wandte sich der Kläger gegen das finanzgerichtliche Verständnis des § 10f Abs. 3 EStG, nach dem eine Förderung für ein Zweit- oder Drittobjekt nach Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung für ein Erstobjekt nicht möglich sei. Im Wege „einfacher“ Auslegung sei ein solches Ergebnis nicht erreichbar, da es für eine Einschränkung der Begünstigung im Sinne eines Objektsverbrauchs an einem Anhaltspunkt im Gesetz fehle. Es sei eine verfassungskonforme Auslegung notwendig.
Entscheidung: BFH weist Revision des Klägers zurück
Der BFH bestätigt die Rechtsauffassung der Vorinstanz, wonach dem Kläger der geltend gemachte Steuerabzug nicht gewährt werden kann. Die Voraussetzungen des § 10f EStG seien nicht erfüllt.
Objektivierter Wille des Gesetzgebers maßgebend
Maßgebend für die Interpretation eines Gesetzes ist der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers. Der BFH versteht die Regelungen in § 10f EStG dahingehend, dass der Steuerpflichtige von der Steuervergünstigung im Verlauf seines Lebens nur für ein einziges Gebäude bzw. einen gleichstehenden Miteigentumsanteil Gebrauch machen kann. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, nach dem der Steuerpflichtige die Abzugsbeträge nur bei „einem“ Gebäude in Anspruch nehmen kann (vgl. § 10f Abs. 3 Satz 1 EStG). Dabei handelt es sich nicht um einen unbestimmten Artikel, sondern um ein Zahlwort.
Für die vom Kläger vertretene Auffassung, dass die in § 10f Abs. 3 Satz 1 EStG enthaltene Beschränkung der Förderung auf ein einziges Objekt lediglich die Inanspruchnahme der Vergünstigung für mehr als ein Objekt in demselben Veranlagungszeitraum nebeneinander und nicht auch in mehreren Veranlagungszeiträumen nacheinander (und damit für die Lebenszeit des Steuerpflichtigen) unterbinden will, finden sich in der Vorschrift keine Anhaltspunkte.
Vor diesem Hintergrund ist von einer umfassenden Beschränkung des Abzugs auf nur ein Objekt auszugehen, so dass es nicht möglich ist, in einem späteren Veranlagungszeitraum Beträge für ein anderes Gebäude abzuziehen. Insoweit tritt durch die Inanspruchnahme einer Steuervergünstigung nach § 10f Abs. 1 EStG ein Objektverbrauch ein.
Teleologische Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis
Auch die teleologische Auslegung der Vorschrift führt zu keinem anderen Ergebnis. Zweck der Vorschrift ist es, die Erhaltung und die Modernisierung kulturhistorisch wertvoller Gebäude zu fördern Der Gesetzgeber hat der Erkenntnis Rechnung getragen, dass die ordnungsgemäße Erhaltung von Baudenkmalen, „die regelmäßig besonders aufwendig ist, bestehenden Wohnraum sichert, zur Entspannung der Wohnungssituation beiträgt und ein Anreiz ist, privates Kapital für Gebäudesanierungen und Bestandserhaltung zu mobilisieren" (vgl. BT-Drs. 11/5680, S. 9). Danach begünstigt § 10f EStG denkmalpflegerische Bemühungen und fördert die Wohnraumverbesserung, Bestanderhaltung und Gebäudesanierung.
Daneben trägt die Regelung – so die weitere Gesetzesbegründung – „den besonderen Belastungen sowohl von Eigentümern zu eigenen Wohnzwecken genutzter Baudenkmale durch die öffentlich-rechtlichen Bindungen nach dem Denkmalschutzrecht der Länder als auch von Eigentümern zu eigenen Wohnzwecken genutzter Gebäude in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen durch kommunale Satzungen Rechnung“ (vgl. BT-Drs. 11/5680, S. 13).
Dem Kläger ist zwar darin zuzustimmen, dass die oben genannten gesetzgeberischen Ziele der Förderung von Baumaßnahmen an einem (eigenen) Gebäude, welches die Voraussetzungen des § 7h oder des § 7i EStG erfüllt und von dem Steuerpflichtigen zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, im Falle eines Zweitobjekts – hier dem hälftigen Miteigentumsanteil an der Wohnung II – ebenfalls erfüllt werden. Der Begünstigungszweck stünde der Förderung auch eines Zweitobjekts insofern nicht entgegen, diese würde vielmehr von ihm erfasst. Dieses Verständnis lässt indes die Regelung des § 10f Abs. 3 EStG außer Betracht, nach welcher – wie oben dargelegt – der vom Gesetzgeber vorgesehene Förderumfang von vornherein auf ein einziges (nicht austauschbares) Gebäude beschränkt worden ist.
Hinweis: Bescheinigung des Landesdenkmalamts
Der Auffassung des Klägers, dass die Bescheinigung des Landesdenkmalamtes ein Grundlagenbescheid sei, durch den – mit Bindungswirkung für das Finanzamt – festgestellt werde, dass die darin aufgeführten Aufwendungen dem Grunde nach gemäß § 10f EStG wie Sonderausgaben abzugsfähig seien, hat der BFH für nicht zutreffend und im vorliegenden Zusammenhang auch für unerheblich gehalten. Die Bindungswirkung der Bescheinigung als Grundlagenbescheid beschränke sich – im Rahmen des § 10f Abs. 1 Satz 1 EStG – auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7h beziehungsweise § 7i EStG. Für die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen als Sonderausgaben dem Grunde nach sei dies aber nicht ausreichend. Ohnehin enthalte die Bescheinigung für die vorliegend in Streit stehende Auslegung des § 10f Abs. 3 Satz 1 EStG und die Frage, was unter der Förderbeschränkung „nur bei einem Gebäude“ zu verstehen sei, keine Aussage.
BFH Urteil vom 24.05.2023 - X R 22/20 (veröffentlicht am 03.08.2023)
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