Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährung der Rückforderung von aufgrund einer Unregelmäßigkeit gewährter Ausfuhrerstattung; Missachtung von Embargovorschriften steht Ausfuhrerstattungsanspruch entgegen
Leitsatz (NV)
1. Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 verkürzt die im nationalen Recht bestehenden Verjährungsfristen nicht, sondern soll lediglich die Anwendung aus Sicht des gemeinschaftlichen Verordnungsgebers unangemessen kurzer Verjährungsfristen des nationalen Rechts ausschließen.
2. Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 lässt nicht nur die Anwendung im nationalen Recht enthaltener ausdrücklicher Verjährungsvorschriften zu, sondern verlangt die Ermittlung dessen, was sich aus dem nationalen Recht hinsichtlich der Verjährung ergibt. Dabei sind die anerkannten Methoden der Rechtsanwendung einschließlich derjenigen der analogen Anwendung von Vorschriften sowie die ungeschriebenen allgemeinen Rechtsgrundsätze des nationalen Rechts zu berücksichtigen.
3. Es verstößt nicht gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit oder das Verhältnismäßigkeitsprinzip, eine aufgrund einer dem Ausführer zuzurechnenden Unregelmäßigkeit zu Unrecht gewährte Ausfuhrerstattung noch nach einer Frist von etwas mehr als vier Jahren zurückzufordern.
4. Die Missachtung der Embargovorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 2340/90 steht einem Ausfuhrerstattungsanspruch selbst dann entgegen, wenn das Ausfuhrgeschäft genehmigungsfähig gewesen wäre.
5. Art. 52 Abs. 4 VO Nr. 800/1999 ist außerhalb seines zeitlichen Anwendungsbereichs nicht deshalb (rückwirkend) anzuwenden, weil er lediglich ungeschriebene Grundsätze des Gemeinschaftsrechts zum Ausdruck brächte.
Normenkette
EGV 2988/95 Art. 3; EGV 800/1999 Art. 54 Abs. 4; EWGV 2340/90; BGB § 195; AO § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) hat 1993 mehrere Sendungen Rindfleisch (Marktordnungs-Warenlistennummer 0201 3000 15000) zur Ausfuhr nach Ägypten abfertigen lassen und hierfür im Wege der Vorfinanzierung vom Beklagten und Revisionskläger (Hauptzollamt --HZA--) differenzierte Ausfuhrerstattung erhalten. Nach Vorlage u.a. von Bescheinigungen einer Kontroll- und Überwachungsgesellschaft im Juli 1994, nach denen das Fleisch über Jordanien in den Irak gelangt und dort zum freien Verkehr abgefertigt worden sein soll, hat das HZA die von der Klägerin gestellten Sicherheiten im August 1994 freigegeben.
Mit Bescheid vom 15. Dezember 1998 hat das HZA jedoch die der Klägerin gewährte Ausfuhrerstattung in Höhe von insgesamt rd. … DM zurückgefordert, weil gemäß Art. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2340/90 (VO Nr. 2340/90) i.d.F. der Verordnung (EWG) Nr. 1194/91 --VO Nr. 1194/91-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 213/1 bzw. 115/37) die Ausfuhr von Erzeugnissen mit Gemeinschaftsursprung in den Irak verboten gewesen und nach Art. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3155/90 --VO Nr. 3155/90-- (ABlEG Nr. L 304/1) i.d.F. der Verordnung (EWG) Nr. 1194/91 nur unter Vorlage einer Ausfuhrgenehmigung zulässig gewesen sei; eine solche Ausfuhrgenehmigung sei der Klägerin nicht erteilt und von ihr auch nicht beantragt worden.
Auf die gegen diesen Bescheid erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) den Rückforderungsbescheid aufgehoben. Es urteilte, der Rückforderungsanspruch des HZA sei verjährt, weil die in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 (VO Nr. 2988/95) über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABlEG Nr. L 312/1) bezeichnete Verjährungsfrist von vier Jahren ab Begehung einer Unregelmäßigkeit i.S. von Art. 1 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 spätestens mit der Freigabe der Sicherheit im August 1994 begonnen habe und dementsprechend im Dezember 1998 abgelaufen gewesen sei. Im Übrigen stehe der Rückforderung der Grundsatz des Vertrauensschutzes entgegen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des HZA, welches beantragt, dass Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision des HZA zurückzuweisen.
Der Senat hat das Verfahren im Einverständnis mit den Beteiligten einstweilen mit Rücksicht auf sein in den Sachen VII R 22-24/06 an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) gerichtetes Vorabentscheidungsersuchen zurückgestellt. Auf dieses Vorabentscheidungsersuchen hat der EuGH durch Urteil vom 29. Januar 2009 C-278/07 bis C-280/07 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2009, 534) Folgendes erkannt:
"1. Die in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften geregelte Verjährungsfrist ist auf verwaltungsrechtliche Maßnahmen wie die Rückforderung einer Ausfuhrerstattung anwendbar, die der Ausführer infolge von Unregelmäßigkeiten zu Unrecht erlangt hat.
2. In Fällen wie denen der Ausgangsverfahren ist die in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 2988/95 geregelte Verjährungsfrist
- auf Unregelmäßigkeiten anwendbar, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung begangen worden sind, und
- beginnt ab dem Zeitpunkt der Begehung der fraglichen Unregelmäßigkeit zu laufen.
3. Die längeren Verjährungsfristen, die die Mitgliedstaaten nach Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2988/95 weiterhin anwenden dürfen, können sich aus Auffangregelungen ergeben, die dem Erlass dieser Verordnung vorausgehen.
Das HZA hält nach Ergehen dieses Urteils an seinem bisherigen Antrag fest.
Die Klägerin hat nach Ergehen des vorgenannten Urteils Folgendes vorgetragen:
Durch das Urteil des EuGH sei nicht geklärt und habe nicht geklärt werden können, welche mitgliedstaatlichen Vorschriften gemäß Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 in der die vierjährige Verjährungsfrist der Verordnung verdrängenden Weise im Streitfall anzuwenden seien. Diese Frage sei dahin zu beantworten, dass entweder eine deutsche Vorschrift mit höchstens vierjähriger Verjährungsfrist oder ausschließlich Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 VO Nr. 2988/95 mit der dort geregelten vierjährigen Verjährungsfrist anzuwenden ist.
Die Klägerin vertritt hierzu in erster Linie die Auffassung, bei der Anwendung dieser gemeinschaftsrechtlichen Verjährungsregelung müsse es bewenden. Deutschland habe von der durch Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 eröffneten Möglichkeit, die Verjährung des Rückforderungsanspruchs bei zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattung ausdrücklich zu regeln, keinen Gebrauch gemacht. § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) a.F. mit der dort geregelten 30-jährigen Verjährungsfrist könnte nur durch richterliche Rechtsfortbildung im Interesse der Lückenfüllung gerechtfertigt werden. Eine Regelungslücke, die im Wege der Gesetzesanalogie geschlossen werden müsste, bestehe indes nicht. Die Lücke sei vielmehr durch Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 VO Nr. 2988/95 geschlossen worden, der nach dem vorgenannten Urteil des EuGH auch auf vor seinem Inkrafttreten verwirklichte Sachverhalte wie den Streitfall anzuwenden sei. Zudem sei es aus Gründen der Gewaltenteilung zwischen dem gemeinschaftlichen Gesetzgeber und den Gerichten diesen verboten, eine Vorschrift wie § 195 BGB a.F. analog anzuwenden, wenn der gemeinschaftliche Gesetzgeber eine ausdrückliche Vorschrift erlassen habe, die den betreffenden Sachverhalt regelt.
Überdies sei jedenfalls nicht § 195 BGB a.F. analog heranzuziehen. Es gehe hier um ein Über-/Unterordnungsverhältnis; hingegen betreffe § 195 BGB a.F. zivilrechtliche Gleichordnungsverhältnisse und gehe auch weit über den Bereich schuldrechtlicher Verpflichtungen hinaus. Wegen dieses kategorialen Unterschieds im Anwendungsbereich von § 195 BGB a.F. einerseits und dem Ausfuhrerstattungsrecht andererseits müssten vorrangig andere öffentlich-rechtliche Verjährungsnormen aus dem Staat-Bürger-Verhältnis herangezogen werden, bevor man auf jene Vorschrift zurückgreifen dürfe.
Die Übertragung von § 195 BGB a.F. auf die Rückforderung von Ausfuhrerstattung führe auch zu Wertungswidersprüchen. Denn Ansprüche aus dem der Ausfuhr zugrunde liegenden Kaufgeschäft verjährten nach § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. nach zwei Jahren, während es der Verwaltung möglich wäre, 30 Jahre lang die wirtschaftliche Grundlage für das Kaufgeschäft zu zerstören. Der Gesetzgeber habe zudem die 30-jährige Verjährungsfrist für untragbar gehalten und deshalb § 195 BGB mit Wirkung ab 1. Januar 2002 geändert. Warum aber, so fragt die Klägerin, sollte der Anwendungsbereich einer Norm, deren Inhalt allgemein für die meisten Fälle als missglückt betrachtet wird, im Wege einer Analogie auch noch auf andere Regelungsbereiche ausgedehnt werden. Wenn in der Literatur die Anwendbarkeit von § 195 BGB a.F. im öffentlichen Recht für möglich gehalten werde, werde dabei die Sachgerechtigkeit dieser Übertragung jedenfalls auf Sonderkonstellationen, wie sie im Streitfall gegeben seien, nicht bedacht. Hier gebe es angesichts des bestehenden wirtschaftlichen Austauschverhältnisses ein Interesse an einer zügigen Klärung der Rechtslage, welches durch die Verjährungsvorschriften für Zölle und Verbrauchsteuern auch berücksichtigt werde.
Die Anwendung einer 30-jährigen Verjährungsfrist auf die Rückforderung von Ausfuhrerstattungen bedeute faktische Unverjährbarkeit solcher Ansprüche und löse damit erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken aus, weil es sich um einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit und einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit handele. Müsste der Ausführer 30 Jahre lang mit einer Rückforderung rechnen, müsste er für sämtliche Ausfuhrvorgänge entsprechende Rückstellungen bilden, welche Kapital in einer Weise bänden, dass der Betrieb seines Unternehmens massiv beeinträchtigt würde. Überdies müsste man dann die deutlich kürzere Verjährungsfrist des § 169 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung als verfassungswidrig ansehen.
Eine faktische Unverjährbarkeit des Anspruchs auf Rückforderung von Ausfuhrerstattung sei auch mit dem Gemeinschaftsrecht nicht zu vereinbaren. Sie verstoße gegen den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit und stehe im Widerspruch zu allen im Gemeinschaftsrecht festgelegten Verjährungsfristen, die von drei bis fünf Jahren reichten. Nur bei strafbaren Handlungen sehe Art. 221 Abs. 3 Satz 2 des Zollkodex (ZK) eine längere Frist vor.
Soweit eine analoge Anwendung deutscher Vorschriften auf den Fall der Rückforderung von Ausfuhrerstattung für notwendig gehalten werde, fänden sich im Übrigen im Zoll- und Verbrauchsteuerrecht analogiefähige Vorschriften. Das Marktordnungsrecht liege dem Zoll- und Verbrauchsteuerrecht deutlich näher als das allgemeine Zivilrecht. Dort jedoch sei eine einjährige Verjährungsfrist bzw. seit Inkrafttreten der Verordnung (EWG) Nr. 1679/79 (richtig: VO Nr. 1697/79) eine dreijährige Frist vorgesehen (heute Art. 220 ZK). Auch für andere als Verbrauchsteuern gelte nur eine vierjährige Frist (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO). Alle diese Vorschriften zeigten, dass sich der Gesetzgeber im Bereich, der Einfluss auf die Preiskalkulation von Wirtschaftsbeteiligten habe, für eine kurze Verjährungsfrist entschieden habe. § 12 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (MOG) sehe die analoge Anwendung der Vorschriften der AO für Abgaben zu Marktordnungszwecken ausdrücklich vor, was nicht etwa den Umkehrschluss rechtfertige, diese seien für Ausfuhrerstattungen nicht anwendbar.
Sofern der Senat in seiner Entscheidung auf Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 abstellen wolle, regt die Klägerin hilfsweise an, dem EuGH folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
"Sind von Artikel 3 Abs. 3 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 auch solche mitgliedstaatlichen Verjährungsfristen umfasst, die in richterrechtlicher (Art. 3 der VO Nr. 2988/95 nicht bedenkender) Rechtsfortbildung auf die von der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 geregelten Fälle für anwendbar erklärt wurden und die zur faktischen Unverjährbarkeit einer Rückforderung führen?"
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des HZA ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Die dem Urteil des FG tragend zugrunde liegende Annahme, der in dem angefochtenen Bescheid geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der der Klägerin gewährten Ausfuhrerstattung sei bei Erlass jenes Bescheids verjährt gewesen, verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).
Das FG ist davon ausgegangen, die VO Nr. 2988/95, insbesondere deren Art. 3, welcher eine Verjährungsfrist für die Verfolgung von Unregelmäßigkeiten in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht regelt, sei auch auf Sachverhalte anwendbar, bei denen die fragliche Unregelmäßigkeit vor Inkrafttreten jener Verordnung am 26. Dezember 1995 begangen worden ist, und sie sei auch auf verwaltungsrechtliche Maßnahmen wie die Rückforderung einer einem Wirtschaftsteilnehmer gewährten Ausfuhrerstattung anzuwenden.
Dies ist nach dem Urteil des EuGH C-278/07 bis C-280/07 zutreffend. Der EuGH hat, wie bereits erwähnt, in dieser Entscheidung an der seinem Urteil vom 24. Juni 2004 C-278/02 ("Handlbauer", Slg. 2004, I-6171) zugrunde liegenden Auffassung trotz der dagegen u.a. in den Vorabentscheidungsersuchen des Senats vorgetragenen Bedenken festgehalten, Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 betreffe nicht nur verwaltungsrechtliche Sanktionen. Er hat ferner erkannt, die Verjährungsfrist sei auch bei vor Inkrafttreten der Verordnung begangenen Unregelmäßigkeiten einschlägig, sofern ein ihretwegen entstandener Rückzahlungsanspruch nach dem bei Inkrafttreten der Verordnung geltenden Recht noch nicht verjährt gewesen sei.
Im Streitfall war der in dem angefochtenen Bescheid geltend gemachte Rückzahlungsanspruch des HZA am 26. Dezember 1995 noch nicht verjährt; denn es gibt, wie sogleich näher auszuführen ist, im deutschen Recht, aus dem sich eine Verjährung des Rückzahlungsanspruchs des HZA bis zum Inkrafttreten der VO Nr. 2988/95 allenfalls hätte herleiten lassen, keine Vorschrift, aus der sich eine Verjährung jenes Anspruchs bis zu diesem Zeitpunkt ergäbe.
Das Urteil des FG beruht ferner auf der Annahme, der Rückzahlungsanspruch des HZA sei bei seiner Geltendmachung in dem angefochtenen Bescheid deshalb verjährt gewesen, weil die in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 VO Nr. 2988/95 bezeichnete Frist von vier Jahren ab Begehung der verfolgten, der Klägerin angelasteten Unregelmäßigkeit bei Erlass des angefochtenen Rückforderungsbescheids abgelaufen gewesen sei und die von Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 zugelassene Anwendung einer längeren Frist nach Maßgabe des deutschen Rechts nicht in Betracht komme.
Daran ist offenkundig richtig, dass das HZA mit dem angefochtenen Bescheid die Vier-Jahres-Frist des Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 nicht gewahrt hat. Es liegt im Übrigen, ohne dass dies hier näherer Ausführung bedürfte, kein Tatbestand vor, der gemäß Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 3 VO Nr. 2988/95 jene Frist unterbrochen und eine neue vierjährige Verjährungsfrist in Lauf gesetzt hätte, innerhalb derer der angefochtene Bescheid ergangen wäre.
Nicht zu folgen vermag der erkennende Senat indes der Auffassung des FG, Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 sei deshalb nicht anwendbar, weil das deutsche Recht keine in spezifischer Weise die Rückforderung von Ausfuhrerstattungen betreffende Verjährungsfrist festlege und etwaige sinngemäß anwendbare Vorschriften des deutschen Rechts jedenfalls nicht in der von Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 vorausgesetzten Weise nach Ergehen dieser Verordnung erlassen worden seien, schließlich weil die Anwendung einer 30-jährigen Verjährungsfrist in analoger Anwendung des § 195 BGB in seiner bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts (Schuldrechtsmodernisierungsgesetz) vom 26. November 2001 (BGBl I, S. 3138) geltenden Fassung (hier: § 195 BGB a.F.) den gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes widerspräche.
Der erkennende Senat folgt diesen seiner Ansicht nach nicht überzeugenden rechtlichen Erwägungen des FG nicht. Zum einen Teil steht ihnen schon das Urteil des EuGH C-278/07 bis C-280/07 entgegen. Denn dieser hat, wie erwähnt, erkannt, dass Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 weder eine spezifische nationale Bestimmung voraussetzt, die auf die Rückforderung von Ausfuhrerstattungen oder zumindest allgemein auf verwaltungsrechtliche Maßnahmen anwendbar ist, und dass Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 auch nicht eine Verlängerung der in Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 festgelegten gemeinschaftsrechtlichen Verjährungsfrist nur durch solche nationalen Bestimmungen zulässt, die nach Ergehen jener Verordnung erlassen worden sind. Vielmehr hat der EuGH aus dem Wortlaut jener Vorschrift, wonach die Mitgliedstaaten "die Möglichkeit behalten", eine längere Frist als die in Abs. 1 vorgesehene Frist "anzuwenden", gefolgert, dass diese sowohl die Befugnis hätten, eine zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung bestehende längere Frist "zu behalten" (vgl. Rz 41 des Urteils), als auch ungeachtet der zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung bestehenden Verjährungsfristen "nach diesem Zeitpunkt neue Verjährungsregelungen mit längeren Fristen ein(zu)führen" (Rz 42 des Urteils).
Zu der weiteren, vom FG bejahten Frage, ob allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts unbeschadet des Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 die Anwendung einer Verjährungsregelung, wie sie § 195 BGB in der vorstehend bezeichneten Fassung enthielt (30 Jahre nach Entstehen des Anspruchs), ausschließen, äußert sich das Urteil C-278/07 bis C-280/07 allerdings nicht, obschon die Schlussanträge der Generalanwältin zu der diesbezüglichen, auch in dem Vorabentscheidungsersuchen des erkennenden Senats VII R 22-24/06 ausdrücklich angesprochenen Frage eingehende und klare Ausführungen enthielten. Der erkennende Senat erachtet unter diesen Umständen das Schweigen des Urteils C-278/07 bis C-280/07 als beredt: Hätte der EuGH die Anwendung des § 195 BGB a.F. aufgrund der gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes für ausgeschlossen gehalten, so hätte es der vom EuGH in ständiger Rechtsprechung betonten Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit den Gerichten der Mitgliedstaaten und der Aufgabe der Vorabentscheidung, dem ersuchenden Gericht die für die von ihm zu treffende Endentscheidung erforderlichen und nützlichen Hinweise zu geben, entsprochen, das Petitum der Generalanwältin aufzugreifen und die Unangemessenheit einer 30-jährigen Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB a.F. in der Vorabentscheidung festzustellen, zumal sich unter dieser Prämisse die Beantwortung der dritten von dem erkennenden Senat in dem Vorabentscheidungsersuchen gestellten Frage erübrigt hätte.
2. Die dem Urteil des FG zugrunde liegende Auffassung, der in dem angefochtenen Bescheid geltend gemachte Rückzahlungsanspruch sei bei Erlass desselben verjährt gewesen, ist auch nicht im Ergebnis richtig (§ 126 Abs. 4 FGO).
a) Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 soll verhindern, dass etwaige Verjährungsregelungen des nationalen Rechts, die bis zum Inkrafttreten der VO Nr. 2988/95 allein für verwaltungsrechtliche Maßnahmen wie die Wiedereinziehung aufgrund von Unregelmäßigkeiten geleisteter Ausfuhrerstattungen einschlägig waren, die Einziehung solcher Zahlungen praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (vgl. Rz 26 des Urteils). Er legt, wie der EuGH überzeugend ausführt, eine "Mindestfrist" fest (Rz 27 des Urteils), will also, wie nicht zuletzt Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 zeigt, die sich aus dem nationalen Recht ergebenden Verjährungsfristen nicht verkürzen, sondern vielmehr lediglich die Anwendung aus der Sicht des gemeinschaftlichen Verordnungsgebers unangemessen kurzer Verjährungsfristen des nationalen Rechts ausschließen. Wenn es in Rz 29 zuletzt heißt, der Verordnungsgeber habe die Verjährungsfrist "bewusst auf vier Jahre verkürzt", lässt sich daraus nichts anderes entnehmen; denn angesichts des Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 kann die gemeinschaftsrechtliche Regelung in Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95, wie vom EuGH ausgeführt, nicht zu einer Verkürzung im nationalen Recht bestehender Verjährungsfristen führen, und zu einer Verkürzung im Gemeinschaftsrecht geregelter Verjährungsfristen kann sie ebenso wenig führen, weil, wie der EuGH zuvor ebenfalls ausgeführt hat, solche Verjährungsfristen vor Inkrafttreten der Verordnung überhaupt nicht bestanden haben.
Erst aus diesem Verständnis des Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 als einer "Mindestfrist" wird für den Senat auch nachvollziehbar, dass der gemeinschaftliche Verordnungsgeber davon abgesehen hat, eine Übergangsregelung für solche Fälle zu treffen, in denen die Vier-Jahres-Frist des Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 bei Inkrafttreten dieser Verordnung fast abgelaufen war. Denn einer solchen Regelung hätte es im Interesse der Gemeinschaft bzw. der für die Wahrung deren finanzieller Interessen zuständigen nationalen Verwaltungen bedurft, wenn diese durch das Inkrafttreten der Verordnung mit einer vorher nicht bestehenden Notwendigkeit hätten konfrontiert werden sollen, in kürzerer Frist, als sie sie bisher hatten in Anspruch nehmen können, und auf welche sie sich folglich bisher hatten einstellen können und eingestellt haben, zu Unrecht gewährte Ausfuhrerstattungen wieder einziehen zu müssen, so dass die hierfür zur Verfügung stehende Frist bei Inkrafttreten der Verordnung also möglicherweise bereits fast abgelaufen und für eine rechtsstaatliche Verwaltung deshalb praktisch nicht mehr zu wahren gewesen wäre.
Lässt die VO Nr. 2988/95 in Art. 3 Abs. 3 die Anwendbarkeit des nationalen Rechts, sofern dieses keine kürzere als eine Vier-Jahres-Frist für die Verjährung vorsieht, unberührt, so kann die Anwendbarkeit des deutschen Rechts nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil hinsichtlich der Verjährung des Rückzahlungsanspruchs nunmehr keine Regelungslücke mehr bestehe, die durch analoge Anwendung tatbestandlich an sich nicht einschlägiger Vorschriften des deutschen Rechts auszufüllen wäre, vielmehr eine solche ehemals bestehende Regelungslücke durch Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 geschlossen worden sei. Denn dies verkehrte das Verhältnis zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht in das Gegenteil dessen, was die VO Nr. 2988/95, so wie sie der EuGH ausgelegt hat, anordnet, und entnimmt Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 eine Regelung, welche die Vorschrift nicht trifft: Die gemeinschaftsrechtliche Frist beansprucht keinen Vorrang vor etwaigen längeren Fristen, welche die Mitgliedstaaten bisher --wie es in Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 bezeichnend heißt-- "angewandt" haben, welche sich also aus ihrer Rechtsordnung ergeben, und sie macht deshalb nicht die Frage überflüssig, ob der Rückzahlungsanspruch nach deutschem Recht --Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 gleichsam hinweggedacht-- erst nach einer längeren Frist als der vorgenannten Vier-Jahres-Frist verjährt. Denn Art. 3 VO Nr. 2988/95 normiert, wie erwähnt, lediglich eine gemeinschaftsrechtliche Mindestfrist.
Dabei kann das Urteil C-278/07 bis C-280/07 nicht dahin verstanden werden, längere nationale Verjährungsfristen könnten sich nur aus Vorschriften des nationalen Rechts ergeben, die eine solche Frist ausdrücklich festlegen. Dass dies bei § 195 BGB a.F. nicht der Fall war, kann dem EuGH schwerlich verborgen geblieben sein, zumal das Vorabentscheidungsersuchen des Senats diesen Umstand ausdrücklich hervorgehoben hatte; wenn der EuGH unter diesen Umständen die Frage des Senats nach der Anwendbarkeit einer längeren als der in Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 vorgesehenen Frist bzw. der Anwendbarkeit einer diesbezüglichen "allgemeinen Regelung" wie § 195 BGB a.F., aus der sich eine solche Frist "ergibt" --so das Vorabentscheidungsersuchen--, bejaht hat, ist diese Antwort klar und eindeutig. Es besteht deshalb entgegen einer in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Anregung schwerlich ein Anlass, in dieser Hinsicht eine (weitere) Vorabentscheidung des EuGH einzuholen. Zudem begreift sich von selbst, dass sich nicht nur aus ausdrücklichen Gesetzesbefehlen des geschriebenen Rechts ergibt, welches Recht "anzuwenden" ist, sondern dass bei der Ermittlung der Frist, nach deren Ablauf der Rückzahlungsanspruch des HZA nach deutschem Recht verjährt, die bei jedweder Rechtsanwendung anzuwendenden Methoden einschließlich derjenigen der analogen Anwendung von Vorschriften sowie ungeschriebene allgemeine Rechtsgrundsätze des einschlägigen nationalen Rechts zu berücksichtigen sind.
b) Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 geht in Bezug auf die Befugnis der deutschen Zollverwaltung zur Rückforderung zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattungen ins Leere; denn das deutsche Recht enthält keine Bestimmung, nach der ein Anspruch auf Rückzahlung zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattung in einer kürzeren Frist als vier Jahre seit der Unregelmäßigkeit, die zur Gewährung der Erstattung geführt hat, verjährt. Hingegen greift Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 ein, weil nach deutschem Recht der Anspruch auf Rückzahlung erst nach einer längeren Frist verjährt, wie sich aus folgenden Überlegungen ergibt.
Das Rechtsinstitut der Verjährung kann nach der Rechtsprechung der deutschen Gerichte auch im öffentlichen Recht jedenfalls auf vermögensrechtliche Ansprüche grundsätzlich angewandt werden (vgl. statt aller Bundesverwaltungsgericht --BVerwG--, Urteil vom 24. Januar 2007 3 A 2.05, BVerwGE 128, 99). Es dient der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden, indem es Ansprüche, die über geraume Zeit hinweg nicht geltend gemacht wurden, dem Streit entzieht. Dieses Anliegen besteht im Privatrecht wie im öffentlichen Recht.
Das deutsche Recht enthält allerdings weder eine Verjährungsregelung, die ausdrücklich die Rückforderung von Ausfuhrerstattungen oder überhaupt die Rückforderung von der Zollverwaltung oder anderen Stellen der Bundesverwaltung gewährter Subventionen oder anderer Zuwendungen regelt, noch finden sich im deutschen Recht sonst allgemeine Regelungen über die Verjährung von Rückzahlungsansprüchen oder überhaupt von vermögensrechtlichen Ansprüchen öffentlich-rechtlicher Art.
Nach welchen Regeln sich die Verjährung in den Fällen richtet, in denen grundsätzliche Regelungen oder unmittelbar anwendbare spezielle Verjährungsvorschriften nicht bestehen, entscheidet die Rechtsprechung insbesondere des BVerwG im Wege einer Analogie. Sie bewertet nach dem Gesamtzusammenhang der für den jeweiligen Anspruch maßgebenden Rechtsvorschriften und der Interessenlage, welche Verjährungsregelung als die "sachnächste" analog heranzuziehen ist.
Verjährungsregelungen, die hier unter diesem Gesichtspunkt in Betracht zu ziehen sind, bestehen in einzelnen zum öffentlichen Recht gehörenden Gesetzen (für das Sozialrecht: Bundessozialgericht, Urteil vom 1. August 1991 6 RKa 9/89, BSGE 69, 158), insbesondere bekanntlich in der AO für das Steuerrecht. Schon die unterschiedliche Länge der dort festgelegten Fristen, vor allem aber der Umstand, dass diese Regelungen Rechtsverhältnisse betreffen, die ihrer Struktur nach und im Hinblick auf die bei ihnen zu berücksichtigenden öffentlichen und privaten Interessen mit dem Marktordnungsrecht und insbesondere mit dem Ausfuhrerstattungsrecht nicht vergleichbar sind, schließen es freilich aus, eine der dort getroffenen Regelungen analog auf die Rückforderung von Ausfuhrerstattungen anzuwenden oder gar aus jenen Regelungen einen allgemeinen, für alle Bereiche geltenden Grundsatz des deutschen öffentlichen Rechts herzuleiten, dass vermögensrechtliche Ansprüche eines Trägers öffentlicher Gewalt gegenüber dem Bürger binnen bestimmter Frist verjähren. Insbesondere § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ist auf die Rückforderung zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattung nicht analog anwendbar. Denn der Anspruch des Staates auf Erhebung einer Steuer wie der in jener Vorschrift geregelten Verbrauchsteuer ist mit dem Anspruch auf Rückzahlung einer Subvention, die einem Wirtschaftsbeteiligten aufgrund einer von ihm begangenen bzw. ihm zugerechneten Unregelmäßigkeit zu Unrecht gewährt worden ist, offenkundig nicht vergleichbar, wenn auch die Interessenlage des Schuldners bei Verbrauchsteuern ebenso wie bei Ausfuhrerstattungen darauf gerichtet sein mag, möglichst schnell Rechtssicherheit zu erlangen. Ebenso wenig sind Vorschriften des Handelsrechts in diesem Zusammenhang entsprechend anwendbar, was angesichts des grundlegenden rechtssystematischen Unterschieds zwischen Rechtsbeziehungen zwischen Kaufleuten einerseits und zwischen einem Subventionsnehmer und der zur Wahrung des Rechts und der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaft verpflichteten öffentlichen Verwaltung andererseits keiner weiteren Darlegung bedarf.
Im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), wo eine allgemeine Regelung über die Verjährung von Ansprüchen auf Rückzahlung von dem Beteiligten durch Unregelmäßigkeiten erlangter öffentlicher Zuwendungen am ehesten erwartet werden könnte, findet sich über die Verjährung solcher Ansprüche oder überhaupt solcher vermögensrechtlicher Art nichts. Das dürfte nicht unwesentlich damit zusammenhängen, dass solche Ansprüche jedenfalls in aller Regel durch den Erlass entsprechender Verwaltungsakte festgesetzt werden müssen und der Bürger gegen den Erlass solcher Verwaltungsakte, die ihm gewährte finanzielle Vorteile beseitigen, allerdings durch das VwVfG, insbesondere dessen § 48, aber auch sonst in den einschlägigen öffentlich-rechtlichen Gesetzen geschützt ist. In diesem Zusammenhang besteht auch eine --nach der Auslegung, die sie in der Rechtsprechung gefunden hat, freilich für den Rechtsfrieden wenig hilfreiche-- Fristenregelung, nämlich § 48 Abs. 4 VwVfG.
Für vermögensrechtliche Ansprüche des öffentlichen Rechts enthält, wie aus diesem Befund gefolgert werden muss, das deutsche öffentliche Recht --vorbehaltlich eben erwähnter bereichsbezogener Sonderregelungen und der allgemeinen Vorschriften über die Änderung von Verwaltungsakten-- keine Vorschriften, aus denen die Verjährbarkeit des hier streitigen Rückzahlungsanspruchs gefolgert werden könnte.
Gleichwohl nimmt insbesondere die Rechtsprechung des BVerwG an, solche nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht verjährbaren Ansprüche seien, obwohl --wie hier-- ausdrückliche, spezielle Vorschriften des einschlägigen Rechts fehlten, nicht unverjährbar; vielmehr seien die Regelungen des BGB über die Verjährung vermögensrechtlicher Ansprüche analog anzuwenden. In der 30-jährigen Regelverjährung des § 195 BGB a.F. komme nämlich ein allgemeiner Rechtsgedanke zum Ausdruck (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 3 C 37.07, Deutsches Verwaltungsblatt --DVBl-- 2009, 445). Der erkennende Senat hat die dem folgende Ansicht des Urteils des FG Hamburg in seinem Urteil vom 7. Mai 2002 VII R 5/01 (BFH/NV 2002, 1189) bereits beiläufig als zutreffend bezeichnet. Er hält daran mit den sich aus den folgenden Überlegungen ergebenden Maßgaben fest.
3. Es verstößt nicht gegen allgemeine, höherrangige Grundsätze des Gemeinschaftsrechts oder des deutschen Rechts, den in dem angefochtenen Bescheid geltend gemachten Rückzahlungsanspruch als bei Erlass desselben noch nicht verjährt anzusehen.
Der vom FG in diesem Zusammenhang bemühte Grundsatz des Vertrauensschutzes kann von vornherein nicht betroffen sein, weil die Klägerin mangels eines geeigneten Anknüpfungspunktes nicht darauf vertrauen konnte, --nach Ablauf der im Streitfall zwischen der Begehung der für die Rückforderung verantwortlichen "Unregelmäßigkeit" bzw. der Gewährung der Erstattung verstrichenen Frist von etwas mehr als vier Jahren-- mit der Rückforderung nicht mehr rechnen zu müssen.
Ob der Grundsatz der Rechtssicherheit bei der Rückforderung von Ausfuhrerstattung nach einer Frist von fast 30 Jahren seit Gewährung derselben verletzt wäre, wie die Generalanwältin in den Schlussanträgen des Vorabentscheidungsverfahrens C-278/07 bis C-280/07 geltend gemacht hat, mag dahinstehen; soweit ersichtlich, ist allerdings zu § 195 BGB a.F. in der jahrzehntelangen Rechtsprechung jedenfalls der deutschen Gerichte und im Rahmen der entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift außerhalb ihres ausdrücklich angesprochenen Regelungsbereichs sowie im Schrifttum die bei Annahme einer Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit bestehende Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift nicht geltend gemacht worden. Selbst wenn indes diese Vorschrift verfassungswidrig gewesen sein sollte, könnte dies nur dazu Anlass geben, die dort festgelegte Verjährungsfrist richterrechtlich auf ein angemessenes und mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit und mit dem Rechtsfrieden vereinbares Maß zu verkürzen. Entsprechendes gälte bei Unvereinbarkeit einer so langen Verjährungsfrist mit den Geboten des Gemeinschaftsrechts. Denn es kann nicht ernstlich angenommen werden, aufgrund der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift seien die von ihr erfassten Ansprüche unverjährbar.
Es wäre dem erkennenden Senat auch nicht nachvollziehbar, warum die Verfassungswidrigkeit des § 195 BGB a.F. dazu führen sollte, dass der dem nationalen Recht von Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 eingeräumte Vorrang hinfällig und an die Stelle des nationalen Rechts die Mindestfrist des Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 treten sollte, die, wie ausgeführt, lediglich eine unangemessen kurze Frist des nationalen Rechts beiseite räumen will und deshalb nicht dem Unterfangen entgegensteht, eine unangemessen lange Frist des nationalen Rechts in der verfassungs- oder gemeinschaftsrechtlich gebotenen Weise in Ausübung richterlicher Notkompetenz auf das angemessene Maß zu verkürzen.
Ob in Ausübung einer solchen richterlichen Notkompetenz die Frist des § 195 BGB a.F. zu verkürzen oder zumindest bei entsprechender Anwendung jener Vorschrift eine kürzere Frist für die Verjährung des Anspruchs auf Rückzahlung aufgrund einer Unregelmäßigkeit zu Unrecht gewährter Ausfuhrerstattungen um der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens willen festgelegt werden müsste, braucht der Senat nicht abschließend zu prüfen und zu entscheiden. Denn eine solche Frist könnte jedenfalls nicht so kurz bemessen werden, dass der vom HZA geltend gemachte Anspruch bei Erlass des angefochtenen Bescheids verjährt gewesen wäre.
Dafür ist ausschlaggebend, dass eine solche Frist nicht so kurz sein dürfte, dass ein Anspruchsverlust wegen Überschreitens dieser Frist mehr als im Ausnahmefall zu besorgen wäre; eine absolute Verjährungsfrist müsste vielmehr so lang sein, dass die Gefahr, dass Ansprüche verjähren, bevor das HZA von ihnen überhaupt Kenntnis erlangt, auf ein hinnehmbares Maß beschränkt ist (zu diesem Gesichtspunkt vgl. schon BTDrucks 14/6040, S. 108). Da Unregelmäßigkeiten bei Inanspruchnahme von Ausfuhrerstattungen oftmals --wie gerade der Streitfall erkennen lässt-- erst durch umfangreiche und schwierige Untersuchungen in Drittstaaten oder durch nachgehende Marktordnungsprüfungen entdeckt werden, die zudem mitunter --auch im Interesse des Ausführers-- erst nach längeren prüfungsfreien Intervallen durchgeführt werden, wäre nach Auffassung des erkennenden Senats eine absolute Frist von vier Jahren unangemessen kurz und am ehesten an eine Frist von zehn Jahren zu denken, die bei Erlass des angefochtenen Bescheids jedoch nicht verstrichen gewesen wäre. Dass eine solche Frist auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar wäre, ist zweifelsfrei.
Dass die Verjährungsfrist für die Rückforderung aufgrund einer dem Begünstigten zuzurechnenden Unregelmäßigkeit diesem gewährter gesetzwidriger öffentlicher Zuwendungen von Verfassungs wegen bei der gebotenen Abwägung der Belange eines solchen Beteiligten gegen das Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht weniger als fünf Jahre, die im Streitfall bis zur Rückforderung verstrichen sind, betragen könnte, ist erst recht nicht zweifelhaft. Wie der Vorbehalt des Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 2988/95 zeigt, ist auch der Gemeinschaftsgesetzgeber davon ausgegangen, dass eine längere Verjährungsfrist als die vierjährige des Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Es fehlt deshalb auch in dieser Hinsicht an einem Anlass, den EuGH hierzu gemäß Art. 234 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zu befragen, ganz abgesehen davon, dass sich die Antwort auf eine solche Frage umso klarer aus der vom Senat eingeholten Vorabentscheidung C-278/07 bis C-280/07 entnehmen lässt, als der EuGH dort, wie ausgeführt, entgegen den Anträgen der Generalanwältin nicht einmal Anlass gesehen hat, eine 30-jährige Frist zu beanstanden.
4. Aus den jetzt geltenden Verjährungsregeln des deutschen Rechts, die aufgrund des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes § 195 BGB a.F. abgelöst haben, lässt sich für die Entscheidung des Streitfalls nichts gewinnen.
Dass diese Regeln nicht unmittelbar anwendbar sind, liegt auf der Hand: Ein Bescheid, durch den ein nach dem zum Zeitpunkt seines Erlasses geltenden Recht nicht verjährter Anspruch festgesetzt wird, wird nicht dadurch nachträglich rechtswidrig, dass sich die Verjährungsvorschriften dahin ändern, dass der Anspruch nach Maßgabe des neuen Rechts nicht hätte festgesetzt werden dürfen. Überdies enthält Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (i.d.F. des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes) eine Übergangsvorschrift, nach der die neue Frist des § 195 BGB ebenso wie die neue Zehn-Jahres-Frist des § 199 Abs. 4 BGB ohnehin erst am 1. Januar 2002 zu laufen begönne.
Den durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz eingeführten Verjährungsvorschriften lässt sich auch nicht die gesetzgeberische Wertung entnehmen, dass eine 30-jährige Verjährungsfrist für vermögensrechtliche Ansprüche unangemessen lang und der Rechtssicherheit oder dem Rechtsfrieden abträglich sei (vgl. BVerwG-Urteil in DVBl 2009, 445). Die eigentliche Reform des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes besteht nämlich nicht in der Verkürzung der Frist des § 195 BGB a.F., nachdem die dementsprechende neue Frist für eine Reihe von Ansprüchen nach wie vor 30 Jahre, für andere 10 Jahre (§ 199 Abs. 4 BGB) beträgt --die Anwendung der diese betreffenden Vorschriften würde offensichtlich ebenfalls zum Misserfolg der Klage führen--; sie besteht vielmehr in der Ergänzung dieser sog. absoluten Verjährungsfristen durch eine relative, die mit der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Anspruchsberechtigten von den seinen Anspruch begründenden Umständen und der Person seines Schuldners beginnt (vgl. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB), was übrigens in gewissem Umfang mit der die Geltendmachung öffentlich-rechtlicher Ansprüche, wie erwähnt, oftmals beschränkenden Regelung in § 48 Abs. 4 VwVfG korrespondiert.
Eine entsprechende Anwendung letzterer Frist, die nach § 195 BGB drei Jahre beträgt, auf Rückzahlungsansprüche der hier streitigen Art müsste, ganz abgesehen von der Frage ihrer Anwendbarkeit im öffentlichen Recht und in einem Subventionsrechtsverhältnis, jedenfalls den gleichen Bedenken begegnen, wie sie sogleich gegen die vom FG für richtig gehaltene Anwendung der jetzt in Art. 52 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 (VO Nr. 800/1999) über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABlEG Nr. L 102/11) getroffenen, hier noch nicht unmittelbar anwendbaren Regelung zu erheben sind. Deshalb kann dahinstehen, ob das HZA grob fahrlässig nicht früher erkannt hat, dass das von der Klägerin exportierte Fleisch nicht wie zunächst angegeben nach Ägypten, sondern in den Irak gelangt ist und dass die Klägerin die dafür erforderliche Ausfuhrgenehmigung nicht besessen hat.
5. Die der Klägerin gewährte Ausfuhrerstattung konnte nach alledem vom HZA unbeschadet der seit ihrer Gewährung verstrichnen Frist noch zurückgefordert werden.
Auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rückforderung liegen vor. Der Klägerin ist zu Unrecht Ausfuhrerstattung gewährt worden, die deshalb gemäß dem hier noch anzuwendenden § 10 Abs. 1 und 3 MOG zurückzufordern ist.
a) Die Missachtung der Embargovorschriften der VO Nr. 2340/90 i.d.F. der VO Nr. 1194/91 sowie der VO Nr. 3155/90 i.d.F. der VO Nr. 1194/91 steht einem Ausfuhrerstattungsanspruch entgegen. Das wäre auch dann der Fall, wenn das strittige Ausfuhrgeschäft nach diesen Vorschriften genehmigungsfähig gewesen sein sollte (vgl. dazu Anh. I Buchst. C VO Nr. 1194/91, a.a.O.). Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 8. Februar 2008 VII R 21/03 (BFH/NV 2008, 1219) im Anschluss an das Urteil des EuGH vom 1. Dezember 2005 C-309/04 (Slg. 2005, I-10349) erkannt hat, kann nämlich für eine unter Verstoß gegen ein Ausfuhrverbot ausgeführte Ware ungeachtet diesbezüglicher ausdrücklicher Regelungen des Gemeinschaftsrechts keine Ausfuhrerstattung gewährt werden. Denn es widerspräche Sinn und Zweck eines solchen Verbots, wenn die Gemeinschaft seine Missachtung gleichwohl durch Subventionierung der betreffenden Ausfuhr belohnen und fördern würde. Dabei ist kein Unterschied zwischen absoluten Ausfuhrverboten und solchen zu machen, von denen Dispens gewährt werden kann oder welche Ausfuhren lediglich unter dem Vorbehalt der (vorherigen) Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung stellen. Denn es kann schwerlich angenommen werden, dass die Gemeinschaft Verstöße gegen diesbezügliche Vorschriften, auch wenn diese verfahrensrechtlicher Art sind und lediglich eine präventive Prüfung des betreffenden Geschäfts ermöglichen sollen, dadurch gleichsam folgenlos stellen will, dass sie Ausfuhrerstattung gewährt, auch wenn die Vorschriften nicht beachtet worden sind. Ob die Klägerin überhaupt einen Anspruch auf die Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung gehabt oder zumindest mit dieser nach dem Ermessen des in diesem Zusammenhang zur Entscheidung berufenen Ausschusses sicher hätte rechnen können, bedarf daher keiner Untersuchung.
b) Der Grundsatz des Vertrauensschutzes steht der Rückforderung nicht entgegen. Art. 52 Abs. 4 VO Nr. 800/1999 ist im Streitfall noch nicht anzuwenden (Art. 54 Abs. 1 Anstrich 1 VO Nr. 800/1999), so dass unerörtert bleiben kann, ob gemäß den dort getroffenen Regelungen die Rückforderung wegen des dem HZA bei der Auszahlung der Erstattung unterlaufenen Fehlers (vgl. Art. 52 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. a VO Nr. 800/1999) oder aufgrund der seit der Auszahlung verstrichenen Frist (vgl. Art. 52 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. b VO Nr. 800/1999) unterbleiben müsste. Die Ansicht des FG, diese Regelungen seien auch schon im Streitfall anwendbar, weil sie lediglich ungeschriebene Grundsätze des Gemeinschaftsrechts zum Ausdruck brächten, ist allemal für die eben erwähnte Fristenregelung unzutreffend, die keineswegs eine von Verfassungs wegen gebotene Höchstfrist normiert, sondern --wie es Fristenregelungen meist eigen ist-- auf einer Entscheidung des Gesetzgebers in Wahrnehmung seiner gesetzgeberischen Freiheit beruht, was der Senat für offenkundig und deshalb weiterer Erörterung nicht für bedürftig hält.
Ob dem FG darin gefolgt werden könnte, die in Buchst. a geregelte Einschränkung des Rückzahlungsanspruchs habe ihren Geltungsgrund nicht erst in der VO Nr. 800/1999, sondern in den ungeschriebenen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts, mag dahinstehen; denn Vertrauensschutz entsprechend einer solchen Regelung kann der Klägerin jedenfalls deshalb nicht gewährt werden, weil sie, anders als es auch Art. 52 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. a VO Nr. 800/1999 verlangt, den Fehler des HZA erkennen konnte, wie offenbar auch das FG nicht in Abrede stellen wollte. Sie könnte sich, wie keiner näheren Darlegung bedarf, auf Unkenntnis der Embargovorschriften nicht berufen und hat dies im Revisionsverfahren auch nicht getan.
6. Der Senat kann abschließend entscheiden; denn der Sachverhalt ist hinreichend geklärt.
Es war zwischen den Beteiligten von Anfang an unstreitig, dass das strittige Fleisch via Jordanien in den Irak eingeführt worden ist. Trotz Fehlens einer diesbezüglichen ausdrücklichen Feststellung des FG, für das es hierauf nicht ankam, kann dieser übereinstimmende Tatsachenvortrag der Beteiligten, den das FG unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die aktenkundige Mitteilung der Kontroll- und Überwachungsgesellschaft, die seine Richtigkeit bestätigt, erkennbar nicht für zweifelhaft gehalten hat, vom Senat der Revisionsentscheidung gemäß § 118 Abs. 2 FGO zugrunde gelegt werden. Denn Tatsachen, die für das Tatsachengericht nicht entscheidungserheblich waren, können im Revisionsverfahren berücksichtigt werden, wenn eindeutig erkennbar ist, dass sie auch das FG zur Entscheidungsgrundlage gemacht hätte, wenn es über sie hätte entscheiden müssen, wenn also kein Anlass besteht zu bezweifeln, dass die betreffenden Feststellungen in einem zweiten Rechtsgang zu bestätigen wären (vgl. Urteil des Senats vom 5. Oktober 1999 VII R 25/98, BFH/NV 2000, 235).
Fundstellen
Haufe-Index 2258043 |
BFH/NV 2010, 74 |
HFR 2010, 166 |