Entscheidungsstichwort (Thema)
Objektverbrauch gemäß § 7b Abs. 5 EStG
Leitsatz (NV)
Objektverbrauch gemäß § 7 Abs. 5 EStG tritt auch dann ein, wenn ein Steuerpflichtiger erhöhte Absetzungen zu Unrecht für ein für die Begünstigung untaugliches Objekt in Anspruch genommen hat und diese Vergünstigung sich bei ihm steuerlich ausgewirkt hat.
Normenkette
EStG § 7b
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) lebte seit dem 6. Januar 1982 von seiner Ehefrau getrennt; die Ehe wurde am 22.November 1983 geschieden.
Der Kläger und seine geschiedene Ehefrau waren ursprünglich je zur Hälfte Eigentümer eines mit einem im Jahre 1973 fertiggestellten, vermieteten Dreifamilienhaus bebauten Grundstücks. Auf ihren Antrag wurden ihnen bei den Einkommensteuerveranlagungen für die Jahre 1973 bis 1975 erhöhte Absetzungen gemäß § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) gewährt, obwohl - unstreitig - die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt waren. Ab dem Veranlagungszeitraum 1976 wurden Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 5 EStG vorgenommen. Mit Vertrag vom 9. Dezember 1983 übertrug der Kläger seinen Miteigentumsanteil an dem Mietwohngrundstück auf seine geschiedene Ehefrau.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 23. Juni 1983 hatte der Kläger ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück erworben. Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 1983 (Streitjahr) machte er hierauf erhöhte Absetzungen gemäß § 7b EStG in Höhe von 10000 DM geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) versagte erhöhte Absetzungen unter Hinweis darauf, daß infolge der erhöhten Absetzungen auf die Herstellungskosten des Dreifamilienhauses in den Jahren 1973 bis 1975 Objektverbrauch i.S. des § 7b Abs. 5 EStG eingetreten sei.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, das im Streitjahr erworbene Einfamilienhaus sei kein Zweitobjekt des Klägers i.S. des § 7b Abs. 5 EStG, da der Kläger bis zu diesem Erwerb lediglich einen Miteigentumsanteil an dem Dreifamilienhaus besessen habe, das kein - begünstigtes - Objekt i.S. von § 7b EStG darstelle. Etwas anderes ergebe sich auch unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22.April 1980 VIII R 202/78 (BFHE 131, 204, BStBl II 1980, 689) nicht daraus, daß dem Kläger für den Zeitraum von drei Jahren fälschlicherweise erhöhte Absetzungen auf das Dreifamilienhaus gewährt worden seien; die vom FA zur Begründung des Objektverbrauchs herangezogene Entscheidung des BFH sei nämlich deswegen nicht anwendbar, weil im dort entschiedenen Fall zu Unrecht erhöhte Absetzungen auf ein Objekt i.S. des § 7b EStG gewährt worden seien, während im Streitfall ein beliebiges, nicht in § 7b Abs. 5 Satz 1 EStG bezeichnetes Bauwerk begünstigt worden sei.
Mit der Revision rügt das FA sinngemäß eine Verletzung von § 7b Abs. 5 EStG; in Divergenz zur Rechtsprechung des BFH habe das FG zu Unrecht im vorliegenden Fall einen Objektverbrauch verneint.
Das FA hat während des Revisionsverfahrens einen geänderten und hinsichtlich einiger Besteuerungsgrundlagen für vorläufig erklärten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr erlassen, der aufgrund Antrages des Klägers gemäß §§ 121, 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.
1. Das angefochtene Urteil verletzt insoweit § 7b Abs. 5 EStG, als es einen Objektverbrauch in der Person des Klägers verneint.
a) Erhöhte Absetzungen werden nach § 7b Abs. 5 Satz 1 EStG grundsätzlich nur für ein Einfamilienhaus oder ein Zweifamilienhaus oder eine Eigentumswohnung gewährt. Ist ein Bauwerk mehreren Steuerpflichtigen zuzurechnen, so wird der Anteil eines Steuerpflichtigen hieran einem begünstigten Objekt gleichgestellt (§ 7b Abs. 6 Satz 1 EStG). Dies gilt nicht, wenn ein Bauwerk ausschließlich dem Steuerpflichtigen sowie seinem Ehegatten zuzurechnen ist und die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen (§ 7b Abs. 6 Satz 2).
Erfüllen Ehegatten nicht mehr die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG, so ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 20. Juli 1982 VIII R 162/81, BFHE 137, 247, BStBl II 1983, 198; vom 29. September 1982 VIII R 225/81, BFHE 137, 414, BSTBl II 1983, 293; vom 22.Oktober 1985 IX R 145/83, BFHE 145, 518, BStBl II 1986, 387; vom 27. November 1990 IX R 186/87, BFH/NV 1991, 305 sowie vom 21. Februar 1991 IX R 199/87, BFHE 163, 557, BStBl II 1991, 570) § 7b Abs. 6 Satz 2 EStG nicht anwendbar, mit der Folge, daß jeder Anteil der beiden Eheleute an einem ihnen gemeinsam gehörenden Bauwerk als einbegünstigtes Objekt entsprechend der Grundregel des Abs. 6 Satz 1 EStG zu behandeln ist. Der bisher durch § 7b Abs. 6 Stz 2 EStG suspendierte Objektverbrauch lebt nun wieder auf.
Die Frage, ob im Einzelfall Objektverbrauch i.S. des § 7b Abs. 5 EStG eingetreten ist, entscheidet sich nach ständiger Rechtsprechung des BFH allein danach, ob der Steuerpflichtige sich bei einem Objekt für die erhöhten Absetzungen gemäß § 7b EStG entschieden und sich diese Vergünstigung bei ihm steuerlich ausgewirkt hat (BFH-Urteil vom 4. Dezember 1979 VIII R 23/78, BFHE 129, 357, BStBl II 1980, 199 zu § 7 Abs. 6 Satz 1 EStG 1974; BFH-Beschluß vom 5. April 1990 IX B 201/89, BFH/NV 1990, 766). Dementsprechend ist in der Rechtsprechung des BFH auch anerkannt, daß ein Objektverbrauch auch dann eintritt, wenn die erhöhten Absetzungen in der Vergangenheit zu Unrecht gewährt worden sind (BFH-Urteile vom 22.April 1980 VIII R 202/78, BFHE 131, 204, BStBl II 1980, 689; vom 10. Oktober 1989 IX R 184/85, BFH/NV 1990, 287; Beschluß in BFH/NV 1990, 766 sowie Urteil vom 5. Juni 1991 XI R 11/90, BFH/NV 1991, 742), wobei es nicht darauf ankommt, ob das betreffende Objekt für die Begünstigung (überhaupt) tauglich war (Senatsbeschluß in BFH/NV 1990, 766). Maßgebend für diese Auffassung, an der der Senat festhält, ist die Erwägung, daß anderenfalls ein Steuerpflichtiger, der vormals die Steuervergünstigung zu Recht erhalten hatte, hinsichtlich des Objektverbrauches gegenüber dem Steuerpflichtigen benachteiligt würde, der kein Recht auf die Steuervergünstigung hatte (BFH-Urteil in BFHE 131, 204, BStBl II 1980, 689).
b) Mit diesen Grundsätzen ist die angefochtene Entscheidung nicht zu vereinbaren.
Zwar ist das FG zunächst zutreffend davon ausgegangen, daß der Miteigentumsanteil des Klägers an dem Dreifamilienhaus als ein selbständiges Objekt zu behandeln ist, nachdem aufgrund des Getrenntlebens der Eheleute im Streitjahr die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG weggefallen waren.
Zu Unrecht hat das FG jedoch einen Objektverbrauch in der Person des Klägers verneint. Aus den oben dargestellten Gründen steht der Annahme des Objektverbrauches nicht entgegen, daß zuvor eine Steuervergünstigung für ein Bauwerk gewährt worden ist, das nicht zu den begünstigten Objekten des § 7b Abs. 5 Satz 1 EStG zählt.
Fundstellen
Haufe-Index 418889 |
BFH/NV 1993, 361 |