Leitsatz (amtlich)
Eine Berechnung des Geschäftswerts nach der sog. direkten Methode ist für sich allein nicht geeignet, darzutun, daß sich die Aufwendungen für einen Geschäftswert bei Erwerb eines Unternehmens als Fehlmaßnahme erwiesen haben (Anschluß an BFH-Urteil vom 28. Oktober 1976 IV R 76/72, BFHE 120, 245, BStBl II 1977, 73).
Normenkette
EStG §§ 5, 6 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) eine Teilwertabschreibung auf einen Geschäftswert vornehmen darf.
Der Kläger hatte am 1. Juli 1967 ein Feinkostgeschäft erworben und in seiner Eröffnungsbilanz einen Betrag von 15 000 DM als Anschaffungskosten für einen Geschäftswert aktiviert. Diesen Posten wollte er bereits zum 31. Dezember 1967 auf 7 000 DM und auf den 31. Dezember 1968 auf 0 DM abschreiben. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) erkannte die Abschreibung nicht an. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das FG ging in seiner Entscheidung für die Streitjahre 1967 und 1968 davon aus, daß eine Fehlmaßnahme nicht vorliege und sich der Geschäftswert auch nicht auf die Dauer vermindert habe. Die Revision gegen dieses Urteil nahm der Kläger zurück, nachdem er die Revisionsfrist versäumt hatte. Auf den 31. Dezember 1969 will der Kläger den Geschäftswert erneut auf 0 DM abschreiben. Er begründet dies wiederum damit, daß von Anfang an eine Fehlmaßnahme vorgelegen habe. Der nachhaltig erzielbare Gewinn decke nicht den Wert seiner und seiner Ehefrau Arbeitsleistung. Das zeige folgende, auf die Gehälter des Jahres 1968 bezogene Berechnung:
Nachhaltig erzielbarer Gewinn 24 000 DM
Gehalt Ehemann 19 000 DM
Gehalt Ehefrau 6 000 DM
Risikoabdeckung
(10 v. H. des Anfangskapitals) 764 DM
Kapitalverzinsung 5 v. H.
des Anfangskapitals 380 DM 26 144 DM
Betriebswirtschaftlicher Verlust 2 144 DM
Berücksichtige man weiterhin die Gehaltssteigerungen in den folgenden Jahren, so verschlechtere sich das betriebswirtschaftliche Ergebnis von Jahr zu Jahr, da die Gewinne nicht in dem Maße weitersteigen würden.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG bezog sich für seine Auffassung, daß die Zahlung der 15 000 DM keine Fehlmaßnahme gewesen und daß auch der Geschäftswert nicht gesunken sei, auf sein früheres Urteil. Ein Sinken des Geschäftswerts habe der Kläger auch nicht behauptet. Die Berechnung der Klagebegründung sei nichts anderes als eine Rentabilitätsberechnung. Durch solche Methoden lasse sich der Geschäftswert nicht "hinwegberechnen".
Mit seiner Revision rügt der Kläger, das FG verkenne die Bedeutung seiner in der Klagebegründung dargelegten Berechnung. Es handele sich nicht um eine Rentabilitätsberechnung. Ein Firmenwert liege nur vor, wenn ein nachhaltig erzielbarer Gewinn aufgrund eines stillen Mehrwerts festgestellt werde, der das Vorhandensein eines großen Abnehmerkreises, die günstige Lage eines Geschäfts, den Ruf dieses Unternehmens und den Wert der eingearbeiteten Organisation ausweisen solle. Wenn ein derartiger stiller Mehrwert nicht gegeben sei, so könne auch ein Geschäftswert nicht vorliegen. Die Problematik bei der Berechnungsmethode zur Ermittlung des Firmenwerts liege in der Berücksichtigung des sogenannten Unternehmerlohnes.
Der Kläger beantragt (sinngemäß unter Aufhebung der Vorentscheidung), die Einkommensteuer 1969 auf 158 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Ein erworbener Geschäftswert kann nach § 6 Abs 1 Nr 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben werden. Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut - hier den Geschäftswert - aufwenden würde, wenn er den Betrieb fortführen wollte (§ 6 Abs 1 Nr 1 Satz 3 EStG). Dabei gilt zunächst die Vermutung, daß sich der Teilwert von Wirtschaftsgütern, die nicht der Abnutzung unterliegen, mit den tatsächlichen Anschaffungskosten deckt. Diese Vermutung ist aber durch den Nachweis widerlegbar, daß sich entweder die Zahlung als eine Fehlmaßnahme erwiesen hat oder der Wert des betreffenden Wirtschaftsgutes unter den seinerzeit gezahlten und aktivierten Betrag gesunken oder das Wirtschaftsgut überhaupt nicht mehr vorhanden ist (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Januar 1967 I 77/64, BFHE 88, 198, BStBl III 1967, 334; vom 2. Februar 1972 I R 96/70, BFHE 104, 442, BStBl II 1972 381; vom 28. Oktober 1976 IV R 76/72, BFHE 120, 245, BStBl II 1977, 73). Beim Teilwert des derivativ erworbenen aktivierten Geschäftswerts ist besonders zu beachten, daß der Geschäftswert als einheitliches Wirtschaftsgut zu verstehen ist, das im ganzen zu bewerten ist und das nicht in seine einzelnen Komponenten, insbesondere nicht in einen erworbenen, sich allmählich verflüchtigenden Wert einerseits und einen vom Unternehmen neu geschaffenen, nicht aktivierungsfähigen Wert andererseits zerlegt werden kann (vgl hierzu BFH-Urteile I R 96/70; vom 13. September 1973 IV R 5/70, BFHE 110, 280, BStBl II 1973, 846; IV R 76/72). Eine Teilwertabschreibung des aktivierten Geschäftswerts ist demnach nur zulässig, wenn der Geschäftswert in seiner Gesamtheit einschließlich seiner zwischenzeitlich angewachsenen originären Bestandteile gesunken ist.
2. Eine Abschreibung des Aufwands für einen Geschäftswert unter dem Gesichtspunkt einer Fehlmaßnahme ist in der Regel nur dann zulässig, wenn sich die Annahme eines Geschäftswerts bereits bis zum Ende desjenigen Geschäftsjahres, in dem die Zahlung geleistet wurde, als Fehlmaßnahme erwiesen hat*R (BFH-Urteil I 77/64). Für spätere Jahre ist dem Steuerpflichtigen die Berufung auf eine Fehlmaßnahme in der Regel versagt. Es kann dahingestellt bleiben, ob etwas anderes dann gilt, wenn ein Steuerpflichtiger bereits im Jahre der Zahlung des Aufwands für den Geschäftswert eine Fehlmaßnahme angenommen, dies auch im Rechtsbehelfsverfahren geltend gemacht, das Gericht aber eine Fehlmaßnahme aus Erwägungen verneint hat, die einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten. Denn dieser Fall liegt hier nicht vor.
a) Das FG hat in seinem die Jahre 1967 und 1968 betreffenden Urteil als unstreitig festgestellt, daß die Umsätze des Klägers im Jahre 1967 (1. Juli bis 31. Dezember) 167.414 DM, im Jahre 1968 325.400 DM und im Jahre 1969 (lt Erklärung) 344.861 DM betragen haben. Die Umsätze zeigten damit eine steigende Tendenz. Als Gewinn hat das FG für das Jahr 1967 (1. Juli bis 31. Dezember) einen Betrag von 8.182 DM, für 1968 einen Betrag von 27.352 DM und für 1969 einen (erklärten) Betrag von 24.851 DM als unstreitig festgestellt. Dem FG erschien die Behauptung des Klägers, daß ein Geschäftswert tatsächlich nicht vorhanden gewesen sei, nicht glaubhaft. Nach den Erfahrungen des Geschäftslebens pflege ein Kaufmann nichts ohne Gegenleistung hinzugeben. Für einen Irrtum des Klägers über die den Geschäftswert bildenden Faktoren sei nichts vorgetragen worden. Letztlich habe sich der Kläger lediglich darauf gestützt, daß der Betrieb keine höheren Gewinne abgeworfen habe, als er sie zusammen mit seiner Ehefrau in abhängiger Stellung hätte erwirtschaften können. Diese nachträglich angestellte, rein theoretische Erwägung erlaube jedoch nicht den zwingenden Schluß auf das Fehlen eines Geschäftswerts. Sicher wären die Erträge ohne den Ruf, die Lage, den Kundenkreis und andere mit einem eingeführten Betrieb verbundenen Vorteile - zumal in den ersten Jahren - noch wesentlich niedriger gewesen.
b) Dieser Auffassung tritt der erkennende Senat im Ergebnis bei. Eine Fehlmaßnahme ließe sich nur darauf stützen, daß beim Erwerb erkennbar von bestimmten in der Zukunft zu erwartenden Umsätzen und Gewinnen ausgegangen wurde und sich diese Hoffnungen nicht erfüllt haben. Eine Abschreibung eines Geschäftswerts auf einen niedrigeren Teilwert unter dem Gesichtspunkt einer Fehlmaßnahme ist nicht schon dann zulässig, wenn sich nach der sogenannten direkten Methode, die der Kläger im Streitfall angewandt hat, ein niedrigerer als der in der Bilanz aktivierte Wert ergibt. Der BFH hat wiederholt betont, daß es sich bei den Methoden zur Kalkulation eines Geschäftswerts um Verfahren pauschaler Art handelt, die nur annäherungsweise ergeben, ob und in welcher Größenordnung ungefähr ein Geschäftswert angenommen werden kann (vgl Urteile vom 26. Juli 1972 I R 146/70, BFHE 107, 118 (123), BStBl II 1972, 937; vom 8. Dezember 1976 I R 215/73, BFHE 121, 402). Dies gilt auch für die vom Kläger im Streitfall herangezogene sogenannte direkte Berechnungsmethode (BFH-Urteil IV R 76/72).
3. Es liegt auch nicht der eine Teilwertabschreibung rechtfertigende Fall vor, daß der Wert des Wirtschaftsguts "Geschäftswert" unter den ursprünglich gezahlten und aktivierten Betrag gesunken ist bzw ein Geschäftswert überhaupt nicht mehr vorhanden ist. Der Kläger hat keine Umstände vorgetragen, die erkennen lassen, daß schon auf den 31. Dezember 1969 der Geschäftswert nachhaltig gesunken ist. Auch solche Umstände könnten - wie der BFH im Urteil IV R 76/72 ausgeführt hat - nicht lediglich aus einer Vergleichsberechnung, wie sie die Anwendung der direkten Methode darstellt, hergeleitet werden. Vielmehr müssen sich aus der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens seit dem Zeitpunkt der erstmaligen Aktivierung eindeutige Anhaltspunkte ergeben, daß der aktivierte und tatsächlich vorhandene Geschäftswert durch Minderung aller oder einzelner geschäftswertbildender Faktoren insgesamt gesunken ist. Erst wenn bei der Überprüfung der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens solche Anhaltspunkte festgestellt werden können, kann die zusätzliche Auswertung der Berechnung des Geschäftswerts nach der direkten Methode zu dem Ergebnis führen, daß sich der Geschäftswert auf einen bestimmten Teilwert verringert oder daß er überhaupt nicht mehr vorhanden ist. Die wirtschaftliche Entwicklung des vom Kläger erworbenen Unternehmens bis zum 31. Dezember 1969 wäre - von ungewöhnlichen Umständen abgesehen - auch noch eine zu kurze Zeitspanne, um auf ein nachhaltiges Absinken des zunächst vorhanden gewesenen Geschäftswerts schließen zu lassen.
Fundstellen
Haufe-Index 72279 |
BStBl II 1977, 412 |
BFHE 1977, 436 |