Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmern unentgeltlich zur Verfügung gestellte Ferienhäuser im Ausland als Arbeitslohn für die Arbeitnehmer und als voll abziehbare Betriebsausgaben für den Arbeitgeber
Leitsatz (amtlich)
Stellt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern zu Erholungszwecken unentgeltlich angemietete Ferienhäuser zur Verfügung, so stellt dies Lohn für die erbrachte nichtselbständige Arbeit dar. Der Arbeitgeber kann die ihm hierfür entstehenden tatsächlichen Aufwendungen bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens auch dann als Betriebsausgaben abziehen, wenn die Ferienhäuser im Ausland (hier: Österreich und Italien) belegen sind. Auf die von den Arbeitnehmern nach § 8 Abs.2 EStG i.V.m. der Sachbezugsverordnung zu versteuernden Werte kommt es nicht an.
Orientierungssatz
Im Streitfall kann offenbleiben, ob Mietaufwendungen einer inländischen GmbH für Ferienhäuser in Österreich bzw. Italien zu Einkünften aus unbeweglichem Vermögen i.S. der Doppelbesteuerungsabkommen mit Italien bzw. Österreich gehören können.
Normenkette
DBA AUT Art. 15 Abs. 1, Art. 3; DBA ITA Art. 11 Nr. 1 Buchst. a, Art. 2; EStG § 19 Abs. 1, § 4 Abs. 4, 5 Nr. 3, § 8 Abs. 2 S. 6; SachBezV 1994 § 1; SGB IV § 17 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, vermietet und verwaltet Grundstücke. Sie hat sowohl ein Ferienhaus in Italien als auch ein solches in Österreich angemietet, die sie ihren Betriebsangehörigen zu Erholungszwecken kostenlos zur Verfügung stellt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) hielt die dafür aufgewendeten Mieten für nicht abziehbar, weil das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen Italien (Art. 2 des Abkommens zwischen dem Deutschen Reiche und Italien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Regelung anderer Fragen auf dem Gebiete der direkten Steuern vom 31. Oktober 1925 --DBA-Italien 1925--) und Österreich (Art. 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 4. Oktober 1954, BGBl II 1955, 750 --DBA-Österreich--) zustehe. Dementsprechend wurde die Körperschaftsteuer 1986 festgesetzt.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Die Urteilsgründe des Finanzgerichts (FG) sind in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 594 abgedruckt.
Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und bei Festsetzung der Körperschaftsteuer 1986 weitere Aufwendungen von 100 000 DM als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur anderweitigen Festsetzung der Körperschaftsteuer 1986.
Das FG hat im Ergebnis zu Unrecht darauf erkannt, daß die in Rede stehenden Mietaufwendungen für die Ferienhäuser in Italien und Österreich nach Doppelbesteuerungsrecht von der inländischen Besteuerung nicht erfaßt werden.
Dabei kann die zwischen den Beteiligten eigentlich streitige und vom FG entschiedene Rechtsfrage, ob Mietaufwendungen zu den Einkünften aus unbeweglichem Vermögen gemäß Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 DBA-Österreich bzw. Art. 11 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 2 DBA-Italien 1925 gehören können, unbeantwortet bleiben (bejahend z.B. Ellsel in Becker/Höppner/Grotherr/ Kroppen, Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar, Art. 6 OECD-MustAbk, Rz. 76; s. auch Rz. 241 unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 28. April 1982 I R 151/78, BFHE 135, 526, BStBl II 1982, 566, m.w.N.). Die Abzugsfähigkeit der genannten Aufwendungen folgt bereits aus dem Umstand, daß es sich hierbei der Sache nach um Lohn- und Gehaltsaufwendungen handelt, die bei der Klägerin im Rahmen ihres inländischen Gewerbebetriebes entstandene und durch diesen veranlaßte Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) darstellen. Denn die angemieteten Ferienhäuser in Österreich und Italien wurden von der Klägerin Betriebsangehörigen zu Erholungszwecken kostenlos zur Verfügung gestellt. Es handelt sich hierbei folglich um Sachzuwendungen, die den Arbeitnehmern als Lohn für deren (nichtselbständige) Arbeit gewährt werden (§ 19 Abs. 1 EStG). Sie unterfallen deshalb der Lohnsteuereinbehaltungs- und - entrichtungspflicht der Klägerin als Arbeitgeberin (vgl. § 41a EStG) und sind im Inland bei deren Gewinnermittlung zu berücksichtigen.
Die Belegenheit der Häuser, also der Umstand, daß diese in Österreich und in Italien angemietet worden sind, ändert daran nichts; aus Doppelbesteuerungsrecht (Art. 2 DBA-Italien 1925; Art. 3 DBA-Österreich) ergeben sich insoweit keine Zuordnungen oder Einschränkungen. Es bleibt dabei, daß es sich bei den Aufwendungen um (inländische) Lohnaufwendungen handelt, nicht aber um (negative) Einkünfte aus unbeweglichem, im Ausland belegenem Vermögen. Es verhält sich insoweit nicht anders, als wenn die Klägerin den Arbeitnehmern die entsprechenden Geldmittel ausgehändigt hätte, um sie hierdurch in die Lage zu versetzen, die Mieten für die Ferienhäuser selbst zu bezahlen. Durch die unmittelbare Zurverfügungstellung der Häuser wird lediglich der Zahlungsweg verkürzt. Darauf, ob und in welcher Weise die betreffenden Beträge im Ausland als Einnahmen bzw. Ausgaben steuerlich erfaßt werden, kommt es für die inländische Besteuerung nicht an. Gleichermaßen ist es für die inländische Besteuerung unbeachtlich, daß die Sachzuwendungen im Streitfall ihrer Höhe nach mit den im Ausland zu zahlenden Mietaufwendungen übereinstimmen.
Die für diese Sachzuwendung von der Klägerin als Arbeitgeberin getätigten tatsächlichen (Miet-)Aufwendungen können bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der Klägerin in vollem Umfang abgezogen werden. Die Regelung über die Nichtabzugsfähigkeit von Aufwendungen für die Unterhaltung von Gästehäusern in § 4 Abs. 5 Nr. 3 EStG steht dem nicht entgegen (Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., § 4 Rdnr. 520 "Arbeitslohn"; vgl. auch Senatsurteil vom 30. Juli 1980 I R 111/77, BFHE 131, 469, BStBl II 1981, 58). Die Höhe der abzugsfähigen Beträge wird auch nicht durch jene Werte beeinflußt, die nach § 8 Abs. 2 Satz 6 EStG i.V.m. der Rechtsverordnung nach § 17 Abs. 1 Nr. 3 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (Sachbezugsverordnung) von den begünstigten Arbeitnehmern als Arbeitslohn zu versteuern sind (Schmidt/Heinicke, a.a.O.).
Das Urteil der Vorinstanz mußte aufgehoben werden, weil diese eine andere Auffassung vertreten hat. Der Senat kann durcherkennen und die Körperschaftsteuer wie beantragt festsetzen. Die Berechnung und Festsetzung der sich hiernach ergebenden Körperschaftsteuer 1986 wird dem FA aufgegeben (§ 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Fundstellen
Haufe-Index 66275 |
BFH/NV 1997, 345 |
BStBl II 1997, 539 |
BFHE 183, 124 |
BFHE 1998, 124 |
BB 1997, 1515-1516 (Leitsatz und Gründe) |
DB 1997, 1602 (Leitsatz und Gründe) |
DStR 1997, 1115-1116 (Leitsatz und Gründe) |
DStRE 1997, 577 (Leitsatz) |
DStZ 1997, 750 (Leitsatz und Gründe) |
HFR 1997, 740-741 (Leitsatz und Gründe) |
StE 1997, 442 (Leitsatz) |