Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze Bewertung Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Bei der Vermögensabgabeveranlagung einer Gebietskörperschaft können Schulden und Lasten, die nicht mit dem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (sogenannte neutrale Schulden), nur dann nicht abgezogen werden, wenn sie mit der Ausübung der öffentlichen Gewalt im Sinne des Steuerrechts zusammenhängen. Andere neutrale Schulden und Lasten können, auch soweit sie mit der übrigen öffentlich-rechtlichen Tätigkeit der Gebietskörperschaft zusammenhängen, abgezogen werden, wenn es sich im Einzelfall um eine Schuld oder Last im bewertungsrechtlichen Sinne handelt.
Schulden und Lasten einer Gebietskörperschaft, die mit dem abgabebefreiten Vermögen eines von ihr unterhaltenen Betriebs gewerblicher Art wirtschaftlich zusammenhängen, können bei der Vermögensabgabeveranlagung der Gebietskörperschaft nicht abgezogen werden.
LAG §§ 16 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f und g, 18 Abs. 1 Nr. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1, 37 Nr. 1 Buchst. b; BewG in der am 21. Juni 1948 geltenden Fassung §§ 6 Abs. 1, 15, 67 Ziff. 4, 74 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2;
Normenkette
LAG § 16/1/2/f, § 16/1/2/g, § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 37/1/b; BewG § 6 Abs. 1, §§ 15, 67 Nr. 4, § 74 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2; 10. AbgabenDV-LA 2/3; 10-AbgabenDV-LA 4; 10-AbgabenDV-LA 5; 10-AbgabenDV-LA 6/1; 10-AbgabenDV-LA 6/2; KStDV § 4
Tatbestand
Bei der vorläufigen und endgültigen Veranlagung der Klägerin, einer Stadtgemeinde, hat das FA den von der Klägerin beantragten Abzug einer Zuschußlast gegenüber dem Landestheater und einer Verpflichtung zur Leistung von Zuschüssen an die Volkshochschule nicht zugelassen.
Im Einspruchsverfahren hatte die Klägerin geltend gemacht, sie sei nicht Eigentümerin der Liegenschaften des Theaters und des sonstigen Theaterfundus. Diese Einrichtungen seien Eigentum des Landes. Die Rechtsverpflichtung zum Betrieb des Theaters beruhe für sie auf einem zwischen dem Lande und der Stadtgemeinde am 17. Mai 1924 abgeschlossenen bürgerlich-rechtlichen Vertrag. Wenn auch die örtliche Kunstpflege zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinden gehöre, so stelle die Erfüllung dieser Aufgaben doch kein hoheitliches Handeln dar. Die Zuschüsse an eine solche Einrichtung stellten deshalb keine aus der hoheitlichen Tätigkeit erwachsenen Lasten im Sinne des Erlasses des BdF vom 2. Oktober 1956 (LA-Kartei, § 21, Karte 33) bzw. keine Verpflichtung zur Erfüllung von Aufgaben im Sinne des Schreibens des BdF vom 21. November 1957 (LA-Kartei, § 21, Karte 36) dar, die ihrer Art nach zu den öffentlichen Aufgaben der Gebietskörperschaft gehören. Im übrigen gehe aus § 4 des Theatervertrages hervor, daß die Stadtgemeinde zugunsten der überörtlichen Kulturpflege Theaterveranstaltungen durchzuführen habe. Der Betrieb des Theaters übersteige deshalb den gemeindlichen Wirkungskreis und könne nicht mehr zu den eigentlichen öffentlichen Aufgaben der Stadt gezählt werden. Es handele sich bei den Zuschüssen an das Theater um Lasten, die weder mit dem abgabepflichtigen Vermögen der Gemeinde zusammenhingen, noch sich aus der hoheitlichen Tätigkeit der Stadt ergäben, sondern als sogenannte neutrale Schulden im Sinne der Gruppe III des BdF-Erlasses vom 2. Oktober 1956 voll abzugsfähig seien. Das gleiche müsse für die Zuschüsse an den Verein Volkshochschule gelten. Zwar gehöre die Erwachsenenbildung zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinde, sie sei aber keine hoheitliche Tätigkeit. Nach der Gemeindeordnung seien die Gemeinden nur verpflichtet, nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften u. a. die für Erwachsenenbildung nötigen Einrichtungen herzustellen und zu unterhalten. Eine entsprechende Gesetzesvorschrift sei bisher aber noch nicht ergangen.
Der Einspruch blieb erfolglos. Dagegen hatte die Berufung Erfolg. Das FG stellte die Klägerin von der VA frei. Das Urteil der Vorinstanz beruht auf folgenden Erwägungen: Bei dem Theater handele es sich um einen Betrieb gewerblicher Art der Klägerin im Sinne des § 6 Abs. 1 der 10.AbgabenDV-LA. Er sei kein Hoheitsbetrieb im Sinne des § 8 der 10.AbgabenDV-LA in Verbindung mit § 4 KStDV, weil er nicht der Ausübung öffentlicher Gewalt diene. Voraussetzung für die Annahme eines Hoheitsbetriebes sei, daß es sich um die Erfüllung von Aufgaben handele, die im Zuständigkeitsbereich der Körperschaft des öffentlichen Rechts in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträgerin liege und auf einer öffentlich-rechtlichen Grundlage beruhe. Die Führung des Theaters durch die Klägerin beruhe jedoch nicht auf einer öffentlich- rechtlichen Grundlage, sondern auf dem Vertrag vom 17. Mai 1924, der nach Auffassung des FG ein Rechtsverhältnis des bürgerlichen Rechts begründet habe. Das Theater sei deshalb als Betrieb gewerblicher Art einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft ein unbeschränkt vermögensabgabepflichtiges Steuerrechtssubjekt im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 2 g LAG. Träger dieses Betriebes gewerblicher Art sei die Klägerin. Sie habe sich verpflichtet, das Theater fortzuführen. Nicht etwa die Klägerin habe sich dem Staat gegenüber zu genau bezifferten Zuschußleistungen verpflichtet, sondern umgekehrt der Staat gegenüber der Klägerin. Der Klägerin seien das Theatergebäude, der Theaterfundus und die Theatermagazine unentgeltlich zur zweckentsprechenden Nutzung überlassen. Sie könne darüber wie ein Nießbraucher entsprechend § 1048 Abs. 1 BGB verfügen. Die entstehenden Kosten seien nach § 2 Buchst. a) bis d) des Theatervertrages als Betriebskosten des Theaters zu behandeln. Das nießbrauchähnliche Recht der Klägerin gehöre nach § 67 Nr. 4 BewG a. F. zum sonstigen Vermögen. Mit diesem Vermögen seien die Körperschaften des öffentlichen Rechts nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 LAG von der VA befreit. Nach § 2 Abs. 3 der 10.AbgabenDV-LA seien bei der Ermittlung des der Abgabe unterliegenden Vermögens Schulden und Lasten nur soweit nicht abzugsfähig, als sie mit befreitem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stünden. Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang bestehe aber zwischen der Zuschußlast und dem Nutzungsrecht nicht. Man könne allenfalls daran denken, die gesamte Zuschußlast in zwei selbständige Teile aufzuteilen, nämlich in einen Zuschußteil für den sächlichen Bedarf, der im allgemeinen bei etwa 15 % bis 20 % des Gesamtbedarfs liege, keinesfalls aber mehr als 50 % betrage, und in einen solchen für den personellen Bedarf. Auch in diesem Falle wäre die Zuschußlast mit immer noch mehr als der Hälfte wegen des fehlenden wirtschaftlichen Zusammenhangs mit dem befreiten Wirtschaftsgut "Nutzungsrecht" abzuziehen, so daß sich auch dann kein abgabepflichtiges Vermögen der Klägerin ergebe. Es erübrige sich deshalb auch ein weiteres Eingehen auf die Frage der Abzugsfähigkeit der kapitalisierten Zuschußlast an den Verein Volkshochschule. Zum gleichen Ergebnis komme man im übrigen auch dann, wenn man den Betrieb des Theaters nicht als Betrieb gewerblicher Art, sondern als Hoheitsbetrieb oder als Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe oder als Einrichtung der "Daseinsvorsorge" betrachte. Das FA stütze sich lediglich auf den BdF-Erlaß vom 2. Oktober 1956 und das Schreiben des BdF vom 21. November 1957. Soweit in diesen Richtlinien der Schuldenabzug davon abhängig gemacht werde, ob die Schuld oder Last mit bestimmten Vermögensgegenständen oder mit keinem Vermögensgegenstand in wirtschaftlichem Zusammenhang stehe, entsprächen sie dem Grundgedanken des § 74 Abs. 2 BewG a. F. und des § 2 Abs. 3 der 10.AbgabenDV-LA. Soweit aber der Schuldenabzug in den Fällen versagt werde, in denen sich die Schuld oder Last allein aus der hoheitlichen Tätigkeit oder dem öffentlichen Aufgabenbereich der Gebietskörperschaft ergebe, bedeuteten diese Richtlinien die Ausfüllung einer Gesetzeslücke zum Nachteil des Vermögensabgabepflichtigen. Dazu sei aber nur der Gesetzgeber berechtigt. Solange eine entsprechende gesetzliche Bestimmung fehle, müsse sich der Schuldenabzug nach der Systematik des Bewertungs- und Vermögensteuerrechts richten, die von den Vermögensgegenständen des Rohvermögens ausgehe. Nach der eindeutigen Regelung des § 37 Nr. 1 b LAG seien Schulden und Lasten, die nicht im Zusammenhang mit bestimmten Gegenständen stünden, in erster Linie bei dem Vermögensteil abzuziehen, für den der höchste Vierteljahressatz vorgeschrieben sei. Für neutrale Schulden von Gebietskörperschaften könne nichts anderes gelten.
Mit der Revision rügt der Vorsteher des FA unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts.
Der BdF ist dem Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 287 Nr. 2 AO a. F. beigetreten. Er hat damit nach § 122 Abs. 2 letzter Satz FGO die Rechtsstellung eines Beteiligten erlangt. Der BdF hat zunächst von einer Stellungnahme abgesehen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden des Senats hat er sodann in einer Stellungnahme vom 21. Juli 1965 die Auffassung vertreten, daß bei der VA-Veranlagung von Gebietskörperschaften nur diejenigen Verbindlichkeiten abgezogen werden könnten, die im Zusammenhang mit abgabepflichtigem Vermögen stünden. Neutrale Schulden gebe es bei den Gebietskörperschaften nicht. Alle Schulden fielen bei ihnen entweder in den hoheitlichen oder in den privatwirtschaftlichen Bereich. In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter des BdF noch vorgetragen, die Klägerin habe ihre Verpflichtung zur Fortführung des Theaterbetriebs auf den Betrieb gewerblicher Art übertragen. Ihr stehe gegen den Betrieb gewerblicher Art ein Anspruch auf Erfüllung dieser Verpflichtung zu. Deshalb sei die Theaterlast schon aus den im Urteil des BFH III 329/60 U vom 12. Juni 1964 (BFH 79, 590, BStBl III 1964, 450) unter II angestellten Erwägungen nicht abzugsfähig.
Im Gegensatz zu dieser Auffassung sind der Bundesminister des Innern, die Innenminister der Länder und der Deutsche Städtetag, die der BdF auf Ersuchen des Senatsvorsitzenden vor seiner Stellungnahme angehört hat, der Meinung, es gebe auch bei Gebietskörperschaften neutrale Schulden, die bei der Vermögensabgabeveranlagung insoweit abzugsfähig seien, als sie Schulden und Lasten im Sinne des § 74 Abs. 1 Nr. 2 BewG a. F. seien.
Die Klägerin hat zwei Rechtsgutachten vorgelegt. In übereinstimmung mit diesem Gutachten ist sie der Auffassung, das LAG in Verbindung mit dem BewG schließe nur Schulden vom Abzug aus, die mit abgabefreiem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang ständen. Die Theaterlast stehe in keinem solchen Zusammenhang. Schulden, die im Zusammenhang mit dem Vermögen eines selbständig abgabepflichtigen Steuersubjekts stünden, seien beim Schuldner abziehbar. Die Theaterlast stehe mit dem Betriebsvermögen des Landestheaters als eines selbständig abgabepflichtigen Betriebs gewerblicher Art in wirtschaftlichem Zusammenhang. Die Regelung im LAG in Verbindung mit dem BewG sei lückenlos und bestimmt. Für eine Rechtsanalogie zum Nachteil der Klägerin sei kein Platz. Jede Regelung, die entgegen den Verlautbarungen der Ministerialerlasse von 1956 und 1957 die Theaterlast vom Schuldenabzug ausnehme, verstoße gegen den Vertrauensgrundsatz.
In seiner Stellungnahme vom 2. August 1966 zu den eingereichten Gutachten und den Ausführungen der Klägerin vertritt der BdF die Auffassung, man könne mit dem FG und der Klägerin davon ausgehen, daß das Landestheater als Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts anzusehen sei. Dabei könne es dahingestellt bleiben, ob dieser Betrieb als von der Klägerin oder als von einer zwischen dem Land und der Klägerin bestehenden Innengesellschaft betrieben angesehen werde. Es sei auch anzuerkennen, daß zwischen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und deren Betrieb unter gewissen Voraussetzungen steuerlich anzuerkennende Schuldenverhältnisse angenommen werden müßten. Die kapitalisierten jährlichen Zuschüsse der Klägerin an das Landestheater seien jedoch aus folgenden Gründen nicht abziehbar: Eine Zuschußpflicht der Klägerin ergebe sich aus dem Theatervertrag nur mittelbar für den Fall, daß der Theaterbetrieb mit Verlust abschließt. Der von der Klägerin geltend gemachte Abzug sei daher nichts anderes als der nach § 15 BewG a. F. kapitalisierte Gesamtwert etwa zu erwartender künftiger Betriebsverluste ihres Betriebes gewerblicher Art. Künftige Betriebsverluste könnten aber nach der Verkehrsauffassung und nach dem BewG nicht als Schulden abgezogen werden. Das ergebe sich auch aus § 6 BewG a. F.; denn es könne sich allenfalls um eine aufschiebend bedingte Last handeln, deren Abzug nach § 6 Abs. 1 BewG a. F. untersagt sei. Eine dauernde Last habe am 21. Juni 1948 auch deshalb nicht bestanden, weil der Klägerin nach dem Theatervertrag jederzeit das Recht zugestanden habe und noch zustehe, sich durch Kündigung ihren Verpflichtungen aus dem Theatervertrag zu entziehen.
Die Klägerin hat dieser Auffassung des BdF in ihrem Schriftsatz vom 28. September 1966 und in der mündlichen Verhandlung widersprochen.
Entscheidungsgründe
Die nach dem Inkrafttreten der FGO am 1. Januar 1966 als Revision zu behandelnde Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
I. -
Die Klägerin ist als öffentlich-rechtliche Körperschaft nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f LAG unbeschränkt VA-pflichtig. Daneben sind nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. g LAG selbständig unbeschränkt abgabepflichtig auch ihre Betriebe gewerblicher Art. Abgabefrei ist die Klägerin nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 LAG mit ihrem Vermögen, das für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch unmittelbar benutzt wird, sowie mit ihrem forstwirtschaftlichen Vermögen und mit ihrem sonstigen Vermögen im Sinne des BewG. Im übrigen erstreckt sich ihre unbeschränkte Abgabepflicht nach § 16 Abs. 2 LAG auf das Gesamtvermögen mit Ausnahme der in § 16 Abs. 2 Satz 2 LAG genannten Vermögensgegenstände. Bemessungsgrundlage der VA nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 LAG ist das Vermögen zu Beginn des 21. Juni 1948, das sich nach den bei der VSt (Hauptveranlagung 1949) für die Ermittlung des Gesamtvermögens maßgebenden Vorschriften errechnet, soweit sich nicht aus den §§ 22 bis 27 LAG etwas anderes ergibt. Es sind also für die Ermittlung des abgabepflichtigen Vermögens auch die Vorschriften des BewG in der am 21. Juni 1948 geltenden Fassung anzuwenden. Für den Abzug von Schulden und Lasten gilt damit auch die Vorschrift des § 74 Abs. 2 BewG in der damals geltenden Fassung; danach sind Schulden und Lasten nicht abzugsfähig, soweit sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern stehen, die nicht zum Vermögen im Sinne des BewG gehören. Nach ständiger Rechtsprechung sind durch diese Ausnahmevorschrift nur solche Schulden und Lasten vom Abzug ausgeschlossen, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerbefreiten oder nicht bewertungsfähigen Wirtschaftsgütern stehen. Mit dieser ständigen Rechtsprechung stimmt auch die Spezialbestimmung des § 2 Abs. 3 der 10.AbgabenDV-LA überein, nach der bei der Ermittlung des der VA unterliegenden Vermögens Schulden und Lasten nicht abzugsfähig sind, die mit befreiten Vermögensgegenständen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Nicht vom Abzug ausgeschlossen sind weder nach § 2 Abs. 3 der 10.AbgabenDV-LA noch nach § 74 Abs. 2 BewG a. F. sogenannte neutrale Schulden und Lasten, bei denen überhaupt kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Vermögen besteht, z. B. bei Privatpersonen Schulden, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts aufgenommen worden sind (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - III A 101/29 vom 21. März 1930, RStBl 1930, 258).
Diese Grundsätze gelten auch bei der Ermittlung des abgabepflichtigen Vermögens der Gebietskörperschaften. So sind bei ihnen nicht abzugsfähig solche Schulden und Lasten, die mit ihrem abgabebefreiten Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, z. B. mit forstwirtschaftlichem oder ihrem sonstigen Vermögen oder mit ihrem Vermögen, das dem öffentlichen Dienst oder Gebrauch dient. Nicht abzugsfähig sind nach Auffassung des Senats aber auch Schulden und Lasten, die mit der hoheitlichen Tätigkeit der Gebietskörperschaft in Zusammenhang stehen. Das Vermögen, das der hoheitlichen Tätigkeit einer Gebietskörperschaft dient, ist nicht bewertungsfähig, weil die einzelnen dazugehörenden Vermögensgegenstände keine "Wirtschaftsgüter" im Sinne des Bewertungsrechts sind. Auch Verbindlichkeiten sind (negative) Wirtschaftsgüter (vgl. Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs I 10/47 vom 28. Februar 1948, Amtsblatt des Finanzministeriums Württemberg-Baden 1948, 114, Amtsblatt des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen 1948, 70; Gürsching-Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 1. bis 4. Aufl., Bd. I Anm. 2 Ziff. 11 zu § 2 BewG; vgl. auch BFH-Urteil IV 379/60 U vom 16. Mai 1963, BFH 77, 220, BStBl III 1963, 400). Deshalb sind auch Verbindlichkeiten, die im Zusammenhang mit der hoheitlichen Tätigkeit stehen, nicht bewertungsfähige Wirtschaftsgüter im Sinne des Bewertungsrechts und können selbst dann nicht abgezogen werden, wenn sie nicht mit bestimmten Vermögensgegenständen, die der hoheitlichen Tätigkeit der Gebietskörperschaften dienen, in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, also neutrale Schulden sind. So ist z. B. die vom BdF in seiner Stellungnahme vom 21. Juli 1965 erwähnte Pensionsverpflichtung gegenüber einem Steuerbeamten, der während seiner Dienstzeit mit der Erhebung der der Gebietskörperschaft zustehenden Steuern befaßt war, schon aus diesen Gründen nicht abzugsfähig. Unter "hoheitlicher Tätigkeit" im Sinne dieser Ausführungen kann nach Auffassung des Senats jedoch nur die Ausübung öffentlicher Gewalt im Sinne des Steuerrechts verstanden werden, nicht jedoch die öffentlich-rechtliche Tätigkeit schlechthin. Schulden, die nicht mit der Ausübung der öffentlichen Gewalt zusammenhängen, können ebenso wie andere neutrale Schulden auch vom abgabepflichtigen Vermögen einer Gebietskörperschaft grundsätzlich abgezogen werden. Der BdF ist der Meinung, daß sich der Abzug solcher Schulden bei einer Gebietskörperschaft deshalb verbiete, weil ein unabdingbarer kausaler Zusammenhang zwischen der öffentlich-rechtlichen Tätigkeit der Gebietskörperschaft und ihrem Recht auf Erhebung öffentlicher Abgabe bestehe, und dieses Recht zwar nicht zum Vermögen im Sinne des BewG gehöre, aber doch ein Vermögensteil der Gebietskörperschaft sei. Daraus folge, daß Verbindlichkeiten, die aus der öffentlich-rechtlichen Tätigkeit der Gebietskörperschaft entständen, mit solchem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stünden, das nicht zum Vermögen im Sinne des BewG gehöre. Dieser Auffassung stimmt der Senat nicht zu. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob man die Finanzhoheit einer Gebietskörperschaft überhaupt als ein "Recht" ansprechen kann. Keinesfalls kann dieses "Recht" jedoch der Vermögenssphäre der Gebietskörperschaft zugeordnet werden. Die Erhebung von Abgaben dient dazu, den zur Erfüllung der Aufgaben der Gebietskörperschaft notwendigen Finanzbedarf zu decken, soweit die sonstigen Einnahmen der Gebietskörperschaft dazu nicht ausreichen. Die Abgaben sollen also den Haushalt ausgleichen. Sie berühren nur die Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft der Gebietskörperschaft und gehören deshalb zur Haushaltssphäre. Dabei ist zu beachten, daß nach haushaltsrechtlichen Grundsätzen alle Einnahmen des Haushaltsplans als Deckungsmittel für den gesamten Ausgabenbedarf des Haushaltsplans dienen. Es stehen also einzelne Einnahmen nicht in einem wirtschaftlichem Zusammenhang mit einzelnen Ausgaben, so daß auch nach diesem Gesichtspunkt § 74 Abs. 2 BewG a. F. nicht Platz greift. Damit entfällt der Einwand der Klägerin, die änderung der Rechtsauffassung des BdF verletze den Vertrauensschutz.
Voraussetzung für den Abzug neutraler Schulden und Lasten ist allerdings, daß es sich im Einzelfall um eine Schuld oder Last im bewertungsrechtlichen Sinne handelt. Das ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats dann der Fall, wenn am Bewertungsstichtag eine rechtliche Verpflichtung zur Erfüllung der Schuld besteht, es sei denn, daß die Schuld trotz der rechtlichen Verpflichtung für den Schuldner am Stichtag keine ernstliche Belastung darstellt (BFH-Urteile III 9/54 S vom 5. November 1954, BFH 59, 447, BStBl III 1954, 381; III 353/57 S vom 3. April 1959, BFH 69, 97, BStBl III 1959, 300). Ausnahmsweise kann eine Verpflichtung zur wiederkehrenden Leistung auch ohne eine rechtsverbindliche Verpflichtung zum Abzug zugelassen werden, wenn mit ihrer fortlaufenden Erfüllung am Stichtag mit Sicherheit gerechnet werden muß (BFH-Urteile III 276/56 U vom 5. Oktober 1956, BFH 43, 463, BStBl III 1956, 374; III 28/61 U vom 22. Oktober 1965, BFH 84, 4, BStBl III 1966, 3). Der Senat stimmt der Auffassung des BdF in seiner Stellungnahme vom 2. August 1966 zu, daß dieser Ausnahmefall bei freiwilligen Zuschüssen einer Gebietskörperschaft an irgendwelche Institutionen im allgemeinen nicht vorliegen wird, weil solche Zuschüsse von Jahr zu Jahr neu beschlossen werden müssen und in der Regel nur solange gewährt werden, als es die Haushaltslage der Körperschaft zuläßt.
II. -
Die von der Klägerin geltend gemachte Zuschußverpflichtung gegenüber dem Landestheater beruht auf dem zwischen der Klägerin und dem Land abgeschlossenen Vertrag vom 17. Mai 1924. Sie ist zwar in diesem Vertrag nicht ausdrücklich vereinbart, ergibt sich aber aus der von der Klägerin in § 1 des Vertrags übernommenen Verpflichtung, das Theater fortzuführen. Der Senat tritt der Auffassung der Klägerin und des einen Gutachters bei, daß sich die Klägerin und das Land durch den Vertrag zu einer Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen haben, deren Zweck in der gemeinsamen Fortführung des Landestheaters besteht. Die Zuschußpflicht der Klägerin ist also danach bürgerlich-rechtlich als eine gesellschaftsrechtliche Verpflichtung anzusehen. Es kann dahingestellt bleiben, ob aus dieser gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung auch eine Verpflichtung zu wiederkehrenden Leistungen gegenüber dem Landestheater entstanden ist, die nach den in Abschnitt I dargelegten bewertungsrechtlichen Grundsätzen als abzugsfähige Last berücksichtigt werden könnte. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob, wie der BdF in seiner Stellungnahme vom 2. August 1966 meint, der Abzug dieser Last deswegen entfällt, weil es sich um den Gesamtwert etwa zu erwartender künftiger Betriebsverluste handele, die aufschiebend bedingt seien. Schließlich kann es dahingestellt bleiben, ob hier die Grundsätze des BFH-Urteils III 329/60 U vom 12. Juni 1964 (a. a. O.) Platz greifen. Denn der Abzug dieser Last kommt schon aus den nachstehend zu 2 dargelegten Gründen nicht in Betracht.
Das Landestheater ist ein Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. g LAG und des § 6 Abs. 1 und 2 der 10.AbgabenDV-LA, der von der Klägerin und dem Land, wie oben dargetan wurde, gemeinsam betrieben wird. Er ist selbständig abgabepflichtig. Das ihm dienende Vermögen ist jedoch nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 LAG in Verbindung mit § 5 der 10.AbgabenDV-LA abgabefrei, weil es unmittelbar für einen öffentlichen Gebrauch im Sinne des § 4 Abs. 1 der 10.AbgabenDV-LA (Gebrauch durch die Allgemeinheit) benutzt wird. Der Senat hat in dem Urteil III 175/59 U vom 10. April 1964 (BFH 79, 455, BStBl III 1964, 396) entschieden, daß die Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 1 LAG auch für die Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften öffentlichen Rechts gilt, und damit § 5 der 10.AbgabenDV-LA rechtsgültig ist. Dazu heißt es in der Begründung des Urteils:
"Der Grundsatz der vollen Erfassung der Körperschaften des öffentlichen Rechts mit ihrem Gesamtvermögen wurde in § 18 Abs. 1 Ziff. 1 LAG eingeschränkt. Hiernach sind Körperschaften des öffentlichen Rechts unter anderem mit ihrem Vermögen, das für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch unmittelbar benutzt wird, von der VA befreit. Zum Vermögen der Körperschaften des öffentlichen Rechtes gehören auch deren Betriebe gewerblicher Art. Diese Befreiungsvorschrift ist daher auch dann anzuwenden, wenn eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit ihrem abgaberechtlich verselbständigten Betrieb gewerblicher Art erfaßt wird. Die eigene Aufzählung dieser Betriebe gewerblicher Art in § 16 Abs. 1 LAG hat, wie oben ausgeführt, nur den Zweck der schnelleren Durchführung des LAG. Eine Schlechterstellung der Körperschaften des öffentlichen Rechtes mit ihrem Vermögen bei den Betrieben gewerblicher Art gegenüber ihrem übrigen Vermögen kann aber aus dem Gesetz nicht entnommen werden. § 18 Abs. 1 Ziff. 1 LAG ist vielmehr die notwendige Ergänzung von § 16 Abs. 1 Ziff. 2 Buchst. f und g LAG, weil der vollen Erfassung der Körperschaften des öffentlichen Rechtes zur VA die Befreiung dieser Körperschaften insoweit gegenübergestellt wird, als dieses Vermögen unmittelbar für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt wird. § 5 der 10.AbgabenDV-LA hält sich im Rahmen der Ermächtigung von § 78 Abs. 1 Ziff. 1 LAG. § 5 a. a. O. dient der Durchführung von § 18 Abs. 1 Ziff. 1 LAG. Er gibt nur den bereits im Gesetz niedergelegten Gedanken der Befreiung einzelner Vermögensteile wieder und begründet keinen neuen selbständigen Befreiungstatbestand." Aus diesen Ausführungen ergibt sich, daß nach Auffassung des Senats die Befreiungsvorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 1 LAG auf Betriebe gewerblicher Art deswegen anzuwenden ist, weil das ihnen gewidmete Vermögen trotz ihrer selbständigen Abgabepflicht ein Teil des Vermögens der Körperschaft des öffentlichen Rechts bleibt. An dieser Auffassung hält der Senat fest. Sie führt dazu, daß ein wirtschaftlicher Zusammenhang bei einer Schuld der öffentlich-rechtlichen Körperschaft gegenüber ihrem Betrieb gewerblicher Art entgegen der Meinung der Klägerin und der Gutachter nicht deswegen verneint werden kann, weil der Betrieb gewerblicher Art selbständig abgabepflichtig ist. Wenn dem Betrieb gewerblicher Art nur deswegen Abgabefreiheit zusteht, weil er ein Teil des Vermögens der Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, so muß auch bei Anwendung des § 74 Abs. 2 BewG a. F. bzw. § 2 Abs. 3 der 10.AbgabenDV-LA das Vermögen des Betriebs gewerblicher Art als Teil des Vermögens der Körperschaft öffentlichen Rechts behandelt werden. Steht also eine Schuld oder Last der öffentlich-rechtlichen Körperschaft in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einem ihrer abgabebefreiten Betrieb gewerblicher Art, so ist sie nicht abzugsfähig. Aus diesem Grunde kann die von der Klägerin geltend gemachte Zuschußverpflichtung an das Landestheater nicht bei der Ermittlung des abgabepflichtigen Vermögens der Klägerin abgezogen werden. Denn sie steht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem nießbrauchsähnlichen Nutzungsrecht an dem Theatergebäude und dem Theaterfundus, das, wie das eine Gutachten zutreffend ausführt, als notwendiges Betriebsvermögen zum abgabebefreiten Vermögen des Betriebs gewerblicher Art gehört.
Da die Vorentscheidung das verkannt hat, war sie aufzuheben.
III. - Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat - von seinem Standpunkt aus mit Recht - keine Feststellungen darüber getroffen, ob die von der Klägerin geltend gemachte Verpflichtung zur Leistung von Zuschüssen an die Volkshochschule abgezogen werden kann. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO an das FG zurückverwiesen. Dieses wird noch Feststellungen darüber zu treffen haben, ob es sich bei dieser Verpflichtung um eine abzugsfähige neutrale Schuld oder Last im Sinne der Ausführungen oben zu I. handelt, insbesondere ob auch eine Schuld oder Last im bewertungsrechtlichen Sinn vorliegt (vgl. oben zu I. 3.).
Fundstellen
Haufe-Index 412623 |
BStBl III 1967, 545 |
BFHE 1967, 153 |
BFHE 89, 153 |