Leitsatz (amtlich)
Ein Spitzenverband des Sports, der sich gegen Entgelt (Sachleistungen) verpflichtet, die Spieler der Nationalmannschaft bei bestimmten sportlichen Veranstaltungen in Sportschuhen eines bestimmten Herstellers auftreten zu lassen, unterhält damit einen steuerschädlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.
Normenkette
KStG § 4 Abs. 1 Nr. 6; GewStG § 3 Nr. 6; StAnpG § 17; GemV § 6; GemV § 7; GemV § 9
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -- FA --) als gemeinnützig anerkannter eingetragener Verein. Er ist ein Zusammenschluß aller den ... sport betreibenden Verbände in Deutschland. Nach § 2 der Satzung gehört es zu seinen Aufgaben, den ... sport zu pflegen, die Interessen des ... sports im In- und Ausland zu vertreten, an internationalen Wettbewerben und Länderspielen teilzunehmen und die deutschen ... meisterschaften zu veranstalten. Dem Kläger obliegt ferner die Bearbeitung aller den ... sport allgemein interessierenden Fragenkomplexe und die Entscheidung in allen Fragen, die mit dem Amateurcharakter der ... spieler in Zusammenhang stehen.
Mit Verträgen vom 20. August 1968 verpflichtete sich der Kläger gegenüber den Unternehmen X und Y, die ... nationalmannschaft Männer A bei allen offiziellen Länderspielen, Weltmeisterschafts- und olympischen Spielen mit Beginn der Spielserie 1969/70 abwechselnd in den Sportschuhen der Unternehmen X und Y auftreten zu lassen. Es wurde ferner vereinbart, daß bei den auszutragenden Spielen jeweils nur dasjenige Unternehmen mit der Mannschaftsführung des Klägers in Verbindung treten dürfe, dessen Schuhwerk bei dem betreffenden Spiel getragen werde. Nach Ziff. 2 des Vertrages bleibt es den Unternehmen X und Y überlassen, diese Vereinbarungen für Werbezwecke zu nutzen und auszuwerten.
Als Gegenleistung verpflichteten sich die Unternehmen X und Y, dem Kläger nach seiner Wahl pro Jahr Sportausrüstungsgegenstände, Sportartikel etc. im Werte von 10 000 DM zu liefern. In dieser Sachwertsumme ist die Ausstattung der Nationalmannschaft A mit Sportschuhen nicht inbegriffen. Die Vertreter und Beauftragten beider Unternehmen verpflichteten sich ferner, ohne Zustimmung des Klägers keinerlei direkte oder indirekte Gespräche und Verhandlungen über die Lieferung von Sportausrüstungsgegenständen oder finanzielle Zuwendungen gleich welcher Art mit Nationalspielern und Repräsentativspielern der ... nationalmannschaft Männer A des Klägers zu führen.
Aufgrund dieser Vereinbarungen lieferten die Unternehmen X und Y in den Streitjahren an die vom Kläger benannten Spieler der Nationalmannschaft Ausrüstungsgegenstände (Trainingsanzüge, Schuhe, Wettkampfkleidung etc.) im Wert von 17 845 DM (1969), 16 702 DM (1970), 27 850 DM (1971) und 18 018 DM (1972).
Das FA sah in den Zuwendungen der Unternehmen X und Y Einnahmen des Klägers aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i. S. der § 4 Abs. 1 Nr. 6 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), § 3 Nr. 6 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG), § 6 Abs. 2 der Gemeinnützigkeitsverordnung (GemV) und zog den Kläger für die Streitjahre mit dem Wert der Sachzuwendungen zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer heran.
Einsprüche und Klagen blieben erfolglos.
Mit seiner Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts. Das Finanzgericht (FG) habe die Vorschriften der §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG), 6 Abs. 1 Satz 1 KStG, 6 Abs. 2 und 7 GemV unzutreffend angewendet. Es habe zu Unrecht in der mit Abschluß der Verträge vom 20. August 1968 entfalteten Tätigkeit einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Klägers gesehen.
Der Kläger beantragt, die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide und Gewerbesteuermeßbescheide, die Einspruchsentscheidung vom 21. April 1977 und das angefochtene Urteil aufzuheben, hilfsweise, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Das FA hat die angefochtenen Bescheide während des Revisionsverfahrens auf Antrag des Klägers zu dessen Gunsten geändert. Es hat aufgrund des Erlasses des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 12. Juni 1979 Betriebsausgaben mit pauschal 25 % des Werts der Sachzuwendungen berücksichtigt. Der Kläger hat die geänderten Bescheide gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Personenvereinigungen, die nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienen, sind von der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer befreit; unterhalten sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht, sind sie insoweit steuerpflichtig (§ 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG, § 2 Abs. 3, § 3 Nr. 6 GewStG). Ein die Steuerpflicht auslösender wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist bei einer selbständigen nachhaltigen Tätigkeit gegeben, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht; die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich (§ 6 Abs. 2 GemV).
Das FG hat zu Recht die Werbetätigkeit des Klägers als wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb angesehen. Der Kläger hat sich nachhaltig am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt, indem er die Spieler der Nationalmannschaft bei bestimmten sportlichen Veranstaltungen in Sportschuhen der Unternehmen X und Y auftreten ließ. Mit dieser Tätigkeit hat er Werbeleistungen im weitesten Sinn erbracht. Denn Zweck dieser Tätigkeit war es jedenfalls auch, die Zuschauer der betreffenden Veranstaltungen auf die Produkte der Unternehmen X und Y aufmerksam zu machen (vgl. Gablers Wirtschaftslexikon, 10. Aufl., Stichwort: Werbung). Für diese Werbeleistungen hat der Kläger wirtschaftliche Vorteile in Form von Sachzuwendungen erzielt.
Der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand des Klägers, die Sachzuwendungen seien steuerlich nicht ihm, sondern den Spielern der Nationalmannschaft zuzurechnen, geht fehl. Dabei kann offenbleiben, ob die Vereinbarungen vom 20. August 1968 -- wie der Kläger behauptet -- als Verträge zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 2 BGB) anzusehen sind. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, sind die Sachzuwendungen steuerlich dem Kläger zuzurechnen, weil er die Werbeleistungen erbracht hat. Zwar erwirbt der Dritte beim echten Vertrag zugunsten Dritter das Recht auf die Leistung unmittelbar (§ 328 Abs. 2 BGB; Urteil des Bundesgerichtshofs -- BGH -- vom 10. Februar 1971 VIII ZR 182/69, BGHZ 55, 307); dieser Umstand ist jedoch für die steuerliche Zurechnung ohne Bedeutung. Denn für die Frage der Einkommenszurechnung kommt es grundsätzlich nicht darauf an, wer letztlich über die durch die Einkünfte erworbenen Vermögenswerte verfügen kann, oder wer den Nutzen daraus zieht (vgl. Littmann, Einkommensteuerrecht, 13. Aufl., § 2 Anm. 95; Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer, 19. Aufl., § 2 EStG Anm. 40 j). Wem Einkünfte zuzurechnen sind, bestimmt sich vielmehr allein danach, wer den Tatbestand der Einkunftserzielung erfüllt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 14. November 1979 I R 123/76, BFHE 130, 254, 257, BStBl II 1980, 432, im Anschluß daran auch Urteil vom 13. Mai 1980 VIII R 63/79, BFHE 131, 212, BStBl II 1981, 295).
Das FG hat auch zu Recht angenommen, daß der Kläger mit der hier zu beurteilenden Werbetätigkeit keinen steuerlich unschädlichen Geschäftsbetrieb i. S. der §§ 7, 9 GemV unterhalten hat. Die Voraussetzungen eines steuerlich unschädlichen Geschäftsbetriebs sind nur dann erfüllt, wenn ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen, wenn diese Zwecke nur durch ihn erreicht werden können und wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Das FG hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die entgeltliche Werbung für die Produkte von Sportartikelherstellern vom Vereinszweck nicht gefordert war. Zwar mag es richtig sein, daß die Vereinbarungen vom 20. August 1968 dazu dienen sollten, eine Verletzung des Amateurstatus der Mitglieder der Nationalmannschaft zu verhindern und zugleich das einheitliche Auftreten der Nationalspieler bei Länderspielen etc. sicherzustellen. Diese Vereinszwecke hätten jedoch auch ohne die Werbetätigkeit verwirklicht werden können. Es besteht insoweit kein innerer unmittelbarer Zusammenhang mit den gemeinnützigen Zielen des Klägers.
Für die steuerrechtliche Beurteilung ist es auch ohne Belang, daß die Sachzuwendungen für gemeinnützige Zwecke des Klägers verwendet worden sind (vgl. BFH-Urteile vom 10. Mai 1955 I 173/53 U, BFHE 60, 464, BStBl III 1955, 177; vom 2. Oktober 1968 I R 40/68, BFHE 93, 522, BStBl II 1969, 43). Der Umstand, daß die mit der Werbetätigkeit erzielten wirtschaftlichen Vorteile auch zur Verminderung der Kosten der Länderspiele dienen sollten, macht diese Betätigung nicht zu einem notwendigen Teil der Sportveranstaltungen. Die Werbetätigkeit kann deshalb auch nicht als steuerlich unschädlicher Geschäftsbetrieb i. S. des § 9 Abs. 1 Nr. 10 GemV angesehen werden.
Zu Recht hat das FG -- unabhängig von der erst während des Revisionsverfahrens gewährten Ausgabenpauschale -- in der Weitergabe der Sachzuwendungen an die Spieler der Nationalmannschaft keine abzugsfähigen Betriebsausgaben gesehen. Aus den tatsächlichen Feststellungen der Vorentscheidung, an die der Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß die Zuwendungen des Klägers an die Spieler durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb "kommerzielle Werbung" veranlaßt waren. Vielmehr konnte das FG aus dem erstinstanzlichen Vorbringen des Klägers, er habe die Vereinbarungen vom 20. August 1968 nur abgeschlossen, um den Amateurstatus der Spieler zu wahren und um den Spielern bei Länderspielen ein einheitliches Aussehen zu verschaffen, den Schluß ziehen, daß dieser mit der Weiterleitung der Sportartikel an die Spieler lediglich seine satzungsmäßigen Aufgaben erfüllt hat (§ 12 Nr. 1 KStG). Die abweichende Auffassung des Klägers beruht auf der unzutreffenden Annahme, er habe den Unternehmen X und Y in den Verträgen vom 20. August 1968 das Recht eingeräumt, Namen und Abbildungen der Spieler für Werbezwecke zu verwenden; als Gegenleistung für die "Mitwirkung" der Spieler bei der Vertragserfüllung habe er ihnen die Sportartikel übereignet. Diese Ansicht wird durch die Feststellungen des FG zum Inhalt der Vereinbarungen nicht gestützt. Danach hat der Kläger den Unternehmen X und Y nach Ziff. 2 der Verträge lediglich gestattet, diese Vereinbarungen für ihre Werbezwecke zu nutzen. Aus dieser Vertragsbestimmung läßt sich nicht herleiten, der Kläger habe damit über das Recht der Spieler am eigenen Namen (§ 12 BGB) und am eigenen Bild (§§ 22, 23 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie vom 9. Januar 1907, RGBl I, 7) verfügen wollen. Aus der genannten Regelung ergibt sich lediglich, daß der Kläger den Unternehmen X und Y das Recht eingeräumt hat, seinen Namen oder den der Nationalmannschaft bei der Werbung für ihre Produkte zu verwenden. Für eine solche Vereinbarung bedurfte er jedoch nicht der Zustimmung der Spieler seiner Nationalmannschaft.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.
Da das FA die angefochtenen Bescheide während des Revisionsverfahrens zugunsten des Klägers geändert hat, ist es insoweit unterlegen und hat einen Teil der Verfahrenskosten zu tragen. Die Vorentscheidung ist deshalb in der Nebenentscheidung über die Verfahrenskosten von Amts wegen zu ändern (§ 143 Abs. 1 FGO). Die Verteilung der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 15. November 1967 IV 311/62, BFHE 92, 305, BStBl II 1968, 534).
Fundstellen
Haufe-Index 74460 |
BStBl II 1983, 27 |
BFHE 1983, 455 |