Leitsatz (amtlich)
Vergütungen, die von dem inländischen Käufer einer ausländischen Ware an einen das Kaufgeschäft vermittelnden Makler gezahlt werden, sind bei der Ermittlung des Normalpreises nicht zu berücksichtigen und gehören daher nicht zum Zollwert.
Normenkette
ZTG 1951 §§ 5-6, 9; WertZO 1951 § 6
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) führte am 22. April 1955 zollfreies, aber umsatzausgleichsteuerbares Schnittholz aus Österreich ein. Bei dem Kaufabschluß mit dem österreichischen Lieferanten des Schnittholzes bediente sich die Bfin. eines inländischen Maklers, der von ihr für seine Tätigkeit eine Vergütung -- in der Zollwertanmeldung als Einkaufsprovision bezeichnet -- in Höhe von 1 % des ausländischen Rechnungspreises erhielt. Streit besteht, ob diese Vergütung bei der Berechnung der Umsatzausgleichsteuer in den Steuerwert einzubeziehen ist, wie dies die Vorinstanzen entgegen der Auffassung der Bfin. getan haben.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird von der Bfin. vorgetragen, daß § 6 Abs. 3 des Zolltarifgesetzes (ZTG) von Kosten spreche, die den Verkauf einer Ware belasten, also beim Verkäufer entstanden seien. Diese Auffassung entspreche auch den Grundsätzen über die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Steuerrecht. Im übrigen werde die Einkaufsprovision schon beim inländischen Vermittler der deutschen Umsatzsteuer unterworfen. Wollte man die Einkaufsprovision durch Zurechnung zum Rechnungspreise noch einmal der Umsatzausgleichsteuer unterwerfen, würde dieser Betrag doppelt versteuert werden.
Der Bundesminister der Finanzen, der dem Verfahren beigetreten ist, führt aus, daß der Zollwert nach § 5 ZTG der Normalpreis sei. Der Normalpreis sei der Preis, der für die zu bewertende Ware unter bestimmten gesetzlich festgelegten Bedingungen (Standardbedingungen) erzielt werden könne. Eine dieser Standardbedingungen bestehe nach Art. I Abs. 2 unter b der (Brüsseler) Begriffsbestimmung des Zollwerts (Bundesgesetzblatt -- BGBl -- 1952 II S. 1 ff., 14) in der Annahme, daß der Verkäufer der Ware alle Lasten (Kosten) zu tragen und in den Preis eingeschlossen habe, die sich auf den Verkauf beziehen. In § 6 Abs. 3 ZTG habe diese Unterstellung ihren gesetzlichen Niederschlag gefunden. § 6 der Wertzollordnung (WertZO) 1951 bezeichne die erwähnten Kosten in abgekürzter Weise als "Verkaufskosten". Der wertzollrechtliche Begriff "Verkaufskosten" sei also nicht auf die Kosten beschränkt, deren Bezahlung der Verkäufer einer Ware im jeweiligen Kaufvertrag übernehme; er umfasse alle Kosten, die der Verkäufer tragen müßte, wenn der von ihm abgeschlossene Kaufvertrag den Standardbedingungen der Normalpreisdefinition entspräche. Kosten des Verkaufes im Sinne des § 6 Abs. 3 ZTG seien daher die Gesamtheit der Aufwendungen zum Zustandekommen des der Einfuhr zugrunde liegenden Kaufgeschäfts, gleichgültig, ob sie vom Käufer oder Verkäufer getragen würden. Diese Auffassung werde durch § 9 Abs. 1 ZTG bestätigt. Danach gehörten Maklergebühren stets zum Zollwert der eingeführten Ware. Um eine solche Maklergebühr handele es sich übrigens im Streitfalle, nicht um eine Einkaufsprovision, da die Firma als Maklerin aufgetreten sei, d. h. das Kaufgeschäft vermittelt habe. Die Vermittlung eines Kaufabschlusses diene der Bewerkstelligung des Verkaufes. Die Kosten dieser Vermittlung seien daher Verkaufskosten im wertzollrechtlichen Sinne und gehörten als solche zum Zollwert. Wenn das ZTG in § 6 Abs. 3 von Kosten des "Verkaufs" spreche, so sei das sprachlich nicht eindeutig. Es seien damit nicht die Kosten des Verkaufes im engeren Sinne, d. h. die Kosten des Verkäufers gemeint, sondern die Kosten des Kaufgeschäftes. Gemäß Art. XVIII Buchst. d Abs. 3 des Brüsseler Abkommens (BGBl 1952 II S. 8) seien die französischen und die englischen Wortfassungen verbindlich. In der englischen Fassung der Begriffsbestimmung des Zollwerts (Art. I der Anlage I zum Brüsseler Abkommen) sei an Stelle des Wortes "Verkauf" das Wort "sale" verwendet. Der Begriff "sale" bedeute aber "Kauf, Kaufvertrag oder Kaufgeschäft", d. h. die Gesamtheit des Kaufgeschäftes, und sei nicht in der Bedeutung "Gegenteil von Einkauf" zu verstehen. Die Prüfung der französischen Fassung führe zum gleichen Ergebnis. Diese Auffassung werde auch durch das Avis IX des Brüsseler Zollwertausschusses (abgedruckt bei Zepf, Wertverzollung, 2. Aufl. Teil IV S. 9) gestützt. In diesem vom Zollwertausschuß einstimmig angenommenen Avis sei ausgeführt, daß die "Einkaufsprovision" zum Zollwert der zu bewertenden Waren gehöre. Die Tatsache, daß alle Delegationen diesem Avis zugestimmt haben, beweise die übereinstimmende Auffassung aller im Brüsseler Zollwertausschuß vertretenen Staaten, daß das Wort "sale" im Sinne von "Kauf" zu verstehen sei. Die Gleichstellung aller beim Verkauf einer Ware anfallenden "Provisionen" sei auch wirtschaftlich gerechtfertigt. Ob der Empfänger der "Provision" im Inland oder im Ausland wohne, sei daher unerheblich. Das Umsatzsteuergesetz (UStG) und die Ausgleichsteuerordnung (AStO) regelten den Steuergegenstand bei der Einfuhr selbständig und abweichend von der inländischen Umsatzsteuer.
Entscheidungsgründe
Die Zuständigkeit des Bundesfinanzhofs zur Entscheidung über die Rb. ergibt sich aus § 7 Abs. 2 des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiet der Finanzgerichtsbarkeit vom 22. Oktober 1957 (BGBl 1957 I S. 1746) in Verbindung mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs V z 75/54 S vom 25. November 1954 (Bundessteuerblatt 1955 III S. 66, Bundeszollblatt 1955 S. 58, Slg. Bd. 60 S. 173).
Die Rb. hat Erfolg.
Nach § 1 Ziff. 3 UStG 1951 unterliegt die Einfuhr von Gegenständen in das Inland der Ausgleichsteuer. Da eine Steuerbefreiung für das strittige Schnittholz nach den Bestimmungen des UStG bzw. der AStO 1952 nicht in Betracht kommt, ist es daher ausgleichsteuerbar. Nach § 6 Abs. 1 UStG, § 4 Abs. 1 AStO (beide in den. im Zeitpunkt der Zollabfertigung der streitigen Ware -- 22. April 1955 -- gültigen Fassungen) wird die Ausgleichsteuer nach dem Werte des eingeführten Gegenstandes bemessen, wobei die Vorschriften über die Wertverzollung (§§ 5 bis 11 ZTG und §§ 1 bis 26 WertZO) maßgebend sind, und zwar unmittelbar und nicht nur, wie die Bfin. meint, sinngemäß. § 15 UStG, der die sinngemäße Anwendung gewisser Vorschriften des Zollrechts auf die Umsatzausgleichsteuer anordnet, bezieht sich mithin nicht auf die Bewertungsvorschriften des ZTG und der WertZO.
Die Bfin. hat sich zum Zustandekommen des Holzimportgeschäftes einer inländischen Maklerfirma bedient. Die Bfin. hat dieser Firma eine von ihr als Einkaufsprovision bezeichnete Gebühr von 1 % des Rechnungspreises = 46,71 DM bezahlt. Aus der Tatsache, daß die ausländische Lieferfirma die Rechnung über das Holzgeschäft nicht an die Maklerfirma, sondern an die Bfin. adressiert hat, ist zu ersehen, daß die Maklerfirma nicht als Einkaufskommissionär (§§ 383 ff. HGB), sondern als Handelsmakler im Sinne der §§ 93 ff. HGB aufgetreten ist. Das geht auch daraus hervor, daß diese für die Vermittlung des Kaufgeschäftes, wie der Bundesminister der Finanzen ermittelt hat, auch von der ausländischen Lieferfirma eine Gebühr in Höhe von 2 % des Rechnungspreises = 93,43 DM erhalten hat (vgl. § 99 HGB), wobei davon ausgegangen werden kann, daß die ausländische Lieferfirma diese 93,43 DM in den Verkaufspreis einkalkuliert hat.
Bemessungsgrundlage für die Zollwertberechnung ist nach §§ 5 und 6 ZTG 1951 der Normalpreis eingeführter Waren. Nach § 6 Abs. 3 ZTG umfaßt der Normalpreis die Kosten, die den Verkauf der Ware an den Käufer belasten. § 6 Abs. 1 WertZO 1951 bestimmt zu dieser Vorschrift: "Der Normalpreis umfaßt sämtliche Kosten, die aufgewendet worden sind, um den Verkauf der Ware an den Käufer zu bewerkstelligen ...." Nach § 9 Abs. 1 ZTG gehören zu den in § 6 Abs. 3 ZTG aufgeführten Kosten auch die Maklergebühren (vgl. auch § 6 Abs. 2 und 3 WertZO 1951).
Nach Auffassung des Senats kann die von der Bfin. an die Maklerfirma gezahlte Vermittlungsgebühr aus folgenden Gründen nicht zum Zollwert gerechnet werden:
Nach § 6 Abs. 1 ZTG ist Normalpreis, der auch die im § 6 Abs. 3 ZTG aufgeführten Kosten umfaßt, der Preis, der für die eingeführte Ware bei einem Verkauf zum freien Marktpreis zwischen unabhängigen Verkäufern und Käufern im Bewertungszeitpunkt erzielt werden kann. Diese Vorschrift fußt auf der Begriffsbestimmung des Zollwerts im Art. I der Anlage I des Brüsseler Abkommens über den Zollwert (BGBl 1952 II S. 1 ff., 14), die im Abs. 1 ebenfalls von einem Verkauf auf dem freien Markt zwischen einem unabhängigen Käufer und Verkäufer spricht. Der Bundesminister der Finanzen ist der Ansicht, daß die in dem maßgebenden englischen und französischen Text des Abkommens gebrauchten Wortfassungen "sale" und "vente" bei der deutschen Übersetzung als "Verkauf" inhaltlich nicht richtig wiedergegeben seien. Nach seiner Auffassung sei "Verkauf" im Sinne des § 6 Abs. 1 ZTG als "Kaufgeschäft" zu verstehen, so daß als Verkaufskosten alle Kosten in den Zollwert einzubeziehen seien, die das Kaufgeschäft belasten, ohne Rücksicht darauf, ob sie im Endergebnis der Verkäufer oder Käufer trage. Wenn demnach auch gewisse Zweifel hinsichtlich der Auslegung des im deutschen Text verwendeten Wortes "Verkauf" bestehen können, so glaubt doch der Senat der Anwendung dieser Vorschriften ihrem Wortlaut nach den Vorzug geben zu sollen. Nach dem Wortlaut der einschlägigen wertzollrechtlichen Vorschriften des ZTG und der WertZO sowie der internationalen Begriffsbestimmung des Zollwerts kann davon ausgegangen werden, daß als zum Zollwert zu rechnende Kosten, die sich auf den Verkauf beziehen (§ 6 Abs. 3 ZTG), und als vom Verkäufer zu tragende Lasten, die sich auf den Verkauf beziehen (Art. I Abs. 2 (b) der Begriffsbestimmung des Zollwerts in der Anlage I zum Brüsseler Abkommen über den Zollwert), nur solche Kosten zu verstehen sind, die der Verkäufer in den Verkaufspreis eingeschlossen hat oder die in den Verkaufspreis eingeschlossen werden müßten, wenn der Verkäufer sie nicht trägt.
In dieser Auffassung wird der Senat durch die im Steuerrecht gebotene gleichmäßige Behandlung wirtschaftlich gleichliegender Tatbestände bestärkt. Würde man nämlich den Teil des Maklerlohnes, den der Käufer bezahlt, zum Zollwert rechnen, so müßten folgerichtig auch sonstige Kosten, die der Käufer im Rahmen des Kaufgeschäftes aufwendet, z. B. Reisekosten, Finanzierungskosten und sonstige allgemeine Geschäftsunkosten, dem Zollwert zugerechnet werden, da aus dem Wort "insbesondere" im § 9 Abs. 1 ZTG und § 6 Abs. 2 WertZO ersichtlich ist, daß die dort genannten Kosten nicht erschöpfend aufgezählt sind; denn auch solche Kosten werden vom Käufer aufgewendet, um den Einkauf der Ware durchzuführen. Solche Kosten werden aber ebensowenig vom Normalpreis erfaßt und besonders zum Zollwert gerechnet, wie -- nach Auffassung des Senats -- besondere Entschädigungen, die ein Unternehmen seinen eigenen Aufkäufern für ihre Tätigkeit gewährt (vgl. dazu auch Schlotterbeck im Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters 1958 S. 120). Es würden infolgedessen wirtschaftlich gleichliegende Tatbestände steuerlich nicht gleichmäßig erfaßt und behandelt werden; das würde aber einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise widersprechen, die nach § 1 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes bei der Auslegung der Steuergesetze zu berücksichtigen ist (vgl. Hübschmann in "Gegenwartsfragen des Steuerrechts", Festschrift für Armin Spitaler S. 109, 121).
Die Auffassung des Senats entspricht auch den Brüsseler Bewertungsgrundsätzen im Bulletin Nr. 1 Anlage B Ziff. 1 -- III. Nach ihnen ist der Zollwert nach einfachen gerechten Regeln zu ermitteln, die der Handelspraxis nicht entgegenstehen. Der Begriff des Zollwerts soll für den Importeur und für die Zollverwaltung leicht verständlich sein. Durch die Bewertung soll die schnelle Abfertigung der Ware nicht behindert werden.
Das vom Bundesminister der Finanzen angeführte Avis IX des Brüsseler Zollwertausschusses kann die Entscheidung nicht beeinflussen, weil es lediglich eine Empfehlung darstellt, aber keine die Steuergerichte bindende Rechtsnorm.
Auf die weiteren von der Bfin. vorgebrachten Einwendungen umsatzsteuerlicher Art braucht bei dieser Rechtslage nicht eingegangen zu werden.
Fundstellen
BStBl III 1958, 397 |
BFHE 1959, 320 |