Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonstiges Zollrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Vergütungen eines inländischen Warenhauses an ein ausländisches Warenhaus für dessen Hilfs- und Beratungsdienst beim Einkauf von Waren gehören nicht zum Zollwert.

 

Normenkette

ZTG § 6/3, § 9/1; WertZO § 6 Abs. 2, § 6/3

 

Tatbestand

Die Beschwerdegegnerin (Bgin.) ist Mitglied der interkontinentalen Warenhausgruppe, zu der sich in- und ausländische Warenhäuser zusammengeschlossen haben. Zweck dieses Zusammenschlusses ist die gegenseitige Beratung und der Austausch von Erfahrungen auf sämtlichen Gebieten der Warenhausführung. Ein Zweig der Beratung besteht darin, daß die Mitglieder der interkontinentalen Warenhausgruppe sich bei Einkäufen von Waren Hilfe leisten. Dies geschieht in der Weise, daß die ersuchte Mitgliedsfirma die in Betracht kommenden Lieferanten veranlaßt, der suchenden Mitgliedsfirma Kaufangebote zu machen. In dieser Tätigkeit erschöpft sich die Mithilfe de ersuchten Mitgliedsfirma. An dem Kaufabschluß selbst zwischen dem Verkäufer und der suchenden Mitgliedsfirma sowie an der weiteren Abwicklung dieses Kaufgeschäftes ist die ersuchte Mitgliedsfirma nicht mehr beteiligt.

Auf dieser Grundlage hat die Bgin. mit einem belgischen Warenhaus, das Mitglied der interkontinentalen Warenhausgruppe ist, einen Vertrag abgeschlossen. Nach diesem ist sie verpflichtet, an die belgische Ringfirma für ihren gesamten Beratungs- und Hilfsdienst eine "Kommission" (im Streitfall "Einkaufsprovision" bezeichnet) zu entrichten, die von dem Netto- Fakturenbetrag aller von der Bgin. aus Belgien eingeführten Waren errechnet wird und je nach der Höhe der Fakturenbeträge auf 3 oder 1 % hiervon festgesetzt ist. Diese Vergütung hat die Bgin. auch für Einfuhren aus Belgien zu bezahlen, bei denen das belgische Warenhaus keine Hilfe geleistet hat.

Die Bgin. stellte im Januar 1954 vier Ballen mit Gabardine- Stoffen aus Wolle zur Verzollung und meldete auf Veranlassung der Zollstelle in der Zollwertanmeldung neben dem Rechnungspreis eine Provision von 3 % dieses Preises an, da an dem Zustandekommen des der Einfuhr unterliegenden Kaufgeschäftes das belgische Warenhaus in der vorstehend geschilderten Weise Hilfe geleistet hatte. Das Zollamt berechnete den Zollwert und die Eingangsabgaben entsprechend dieser Anmeldung. Gegen den Zollbescheid legte die Bgin. Sprungberufung ein mit der Begründung, daß "Einkaufsprovisionen" bei der Feststellung des Zollwertes nicht berücksichtigt werden dürften und daß sie die Anmeldung der Provision nur vorsorglich gemacht habe, um keine Schwierigkeiten bei der Zollabfertigung zu bekommen. Das Finanzgericht verneinte die Zulässigkeit der Einbeziehung der "Einkaufsprovision" in den Zollwert und stellte die Bgin. für den auf die Provision entfallenden Betrag an Zoll und Ausgleichsteuer frei.

Der Vorsteher des Hauptzollamts stützt seine Rechtsbeschwerde (Rb.) gegen die Vorentscheidung auf unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Die Auffassung des Finanzgerichts, daß unter Verkaufskosten im Sinne des § 6 Abs. 3 des Zolltarifgesetzes (ZTG) nur solche Kosten zu verstehen seien, die der Verkäufer der Ware trage, sei rechtsirrig. Nach den Vorschriften des ZTG und der Wertzollordnung (WertZO) umfasse der Normalpreis alle Kosten, die den Verkauf einer Ware belasten und die aufgewendet werden, um den Verkauf der Waren an den Käufer zu bewerkstelligen, ohne daß es darauf ankomme, ob die Kostenlast den Verkäufer oder den Käufer treffe. Provisionen gehörten daher zu diesen Kosten, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um Einkaufs- oder Verkaufsprovisionen handle. Das ergebe sich auch aus der Begriffsbestimmung des Zollwerts nach dem Brüsseler Abkommen über den Zollwert.

Auch nach der Ansicht des Bundesministers der Finanzen, der dem Verfahren beigetreten ist, gehört die Vergütung, die von der Bgin. an das belgische Warenhaus für dessen Mithilfe beim Zustandekommen des Kaufgeschäftes zu entrichten ist, zum Zollwert der eingeführten Ware, da es sich hierbei um Kosten handle, die den Verkauf der Ware belaste. Verkaufskosten im Sinne der Vorschriften des Wertzollrechts und des Brüsseler Abkommens über den Zollwert seien nicht nur Kosten des Verkäufers, sondern auch solche des Käufers, die für die Einschaltung dritter Personen aufgewendet würden. In beiden Fällen belaste diese Einschaltung den Preis der Ware, so daß ihre gleichmäßige Behandlung auch bei einer wirtschaftlichen Auslegung der wertzollrechtlichen Vorschriften geboten sei.

 

Entscheidungsgründe

Der Rb. des Vorstehers des Hauptzollamts war aus anderen als von der Vorinstanz aufgeführten Gründen ein Erfolg zu versagen.

Die Mithilfe des ausländischen Warenhauses beim Zustandekommen des Kaufgeschäftes der Bgin. bestand im Streitfalle lediglich darin, daß das belgische Unternehmen die ausländische Lieferfirma veranlaßte, der Bgin. ein Kaufangebot über Gabardine-Stoffe aus Wolle zu machen. Auf Grund dieser Tätigkeit hat es, wie der Bundesminister der Finanzen in seinem von den Beteiligten erwähnten Erlaß vom 19. Februar 1952 III Z 2031 A - 103/52 mit Recht ausführt, weder die Stellung eines Kommissionärs noch die eines Handelsvertreters (früher Handelsagenten) oder Maklers. Auch eine andere Vermittlertätigkeit der belgischen Ringfirma kann in dem einfachen Nachweise der Bezugsquelle nicht erblickt werden, da das spätere Zustandekommen des Einfuhrgeschäftes zwischen dem nachgewiesenen und zur Angabe eines Verkaufsangebots aufgeforderten ausländischen Verkäufers und der Bgin. ausschließlich eine Angelegenheit dieser beiden Vertragsparteien war. Es ist mithin irreführend und unzutreffend, wenn im Rechtsstreite die von der Bgin. an das belgische Warenhaus gezahlte Entschädigung als "Einkaufsprovision" bezeichnet wird, worauf auch der Importausschuß des Gesamtverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels im Außenhandelsdienst der Industrie- und Handelskammern und Wirtschaftsverbände 1956 Heft 5 S. 9 hinweist. Es kann daher auch für den Rechtsstreit dahingestellt bleiben, ob Einkaufsprovisionen, Maklergebühren und ähnliche Vergütungen, die der inländische Käufer einer eingeführten Ware an in- oder ausländische Vermittlungsagenten entrichtet, als Verkaufskosten nach §§ 6 Abs. 3 und 9 Abs. 1 ZTG und § 6 Abs. 2 und 3 WertZO zum Zollwert gehören.

Die Bgin. hat unbestritten entsprechend ihrem Vertrage mit dem belgischen Warenhaus für die eingeführte Ware 3 % des Rechnungspreises als "Kommission" an das belgische Unternehmen entrichtet. Mit dieser "Kommission" sollte der gesamte Hilfs- und Beratungsdienst, den die beiden Vertragspartner als Mitglieder der interkontinentalen Warenhausgruppe sich gegenseitig zu leisten haben, abgegolten werden. Sie ist, wie bereits erwähnt, auch dann zu zahlen, wenn Einkäufe ohne Hilfestellung des Vertragspartners getätigt werden. Wenn diese Vergütungen auch nach Prozenten der Einkaufspreise eingeführter Waren bemessen werden, so sind sie in vollem Umfange nach Ansicht des erkennenden Senats Sonderleistungen der beiden Vertragspartner, die auf ihre Mitgliedschaft zur interkontinentalen Warenhausgruppe beruhen und für die gegenseitige Hilfe bei der Warenhausführung entrichtet werden. Sie sind keine Verkaufskosten im Sinne der §§ 6 Abs. 3 und 9 Abs. 1 ZTG, da sie nicht den Verkauf der Ware belasten, der im Einzelfalle zwischen dem ausländischen Verkäufer und dem inländischen Käufer abgeschlossen wird. Die von der Bgin. bezahlte "Kommission" in Höhe von 3 % des ausländischen Rechnungspreises kann daher nicht dem Verkaufspreis zugeschlagen werden. Es ist rechtlich ohne Einfluß auf die Entscheidung, daß im Streitfalle die Ware von der Bgin. nicht aus Belgien, sondern aus Frankreich eingeführt wurde und daher Zweifel auftreten können, ob die Bgin. auf Grund ihres Vertrages mit dem belgischen Warenhaus überhaupt zur Bezahlung einer "Kommission" für diese Ware verpflichtet war.

Da auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß der Rechnungspreis des ausländischen Verkäufers infolge der Mithilfe des belgischen Warenhauses geringer festgesetzt wurde als bei anderen Verkäufen, mithin der Rechnungspreis als Normalpreis nach § 7 ZTG angesehen werden kann, war der Vorentscheidung im Ergebnis beizutreten. Demgemäß war die Rb. des Vorstehers des Hauptzollamts mit der Kostenfolge aus § 309 der Reichsabgabenordnung (AO) als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408654

BStBl III 1957, 95

BFHE 1957, 250

BFHE 64, 250

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