Leitsatz (amtlich)
Einkaufsprovisionen gehören zum Zollwert einer Ware.
Normenkette
ZTG §§ 5, 6 Abs. 1, 3, § 9 Abs. 1
Gründe
Der Senat ist daher der Auffassung, daß nach der Gesamtheit der vorstehend geschilderten Umstände X. die Stellung eines Einkaufskommissionärs im Sinne des § 394 HGB hatte. Bei den an ihn gezahlten Provisionen handelt es sich demnach - abgesehen von den oben bereits genannten, in den gezahlten Beträgen enthaltenen Verkaufskosten - um eine Einkaufsprovision, wie sie im übrigen auch ein Einkaufsagent mit Abschlußvollmacht erhält.
Es kommt daher darauf an, ob eine solche Einkaufsprovision zu den den Verkauf der Ware belastenden Kosten im Sinne des § 6 Abs. 3 des Zolltarifgesetzes (ZTG) 1951 gehört. Bereits im Urteil des Bundesfinanzhofs V z 202/56 U vom 10. Juli 1958 (BStBl 1958 III S. 397, Slg. Bd. 67 S. 320), in dem die gleiche Frage hinsichtlich der Maklergebühren zu entscheiden war, hat der damals für Zoll- und Verbrauchsteuersachen zuständige V. Senat ausgesprochen, daß gewisse Zweifel hinsichtlich des in § 6 Abs. 1 und Abs. 3 ZTG 1951 verwendeten Wortes "Verkauf" bestehen können, aber geglaubt, der Anwendung der Vorschriften nach ihrem Wortlaut den Vorzug geben zu sollen. Er vertrat die Auffassung, es könne nach dem Wortlaut der einschlägigen wertzollrechtlichen Vorschriften des ZTG und der Wertzollordnung (WertZO) sowie der internationalen Begriffsbestimmung des Zollwerts davon ausgegangen werden, daß als zum Zollwert zu rechnende Kosten, die den Verkauf der Ware belasten (§ 6 Abs. 3 ZTG 1951), und als vom Verkäufer zu tragende Lasten, die sich auf den Verkauf beziehen (Art. I Abs. 2 b der Begriffsbestimmung des Zollwerts in der Anlage I zum Brüsseler Abkommen über den Zollwert), nur solche Kosten zu verstehen seien, die der Verkäufer in den Verkaufspreis eingeschlossen hat oder die in den Verkaufspreis eingeschlossen werden müßten, wenn der Verkäufer sie nicht trägt. Er hat infolgedessen im damaligen Streitfall die von der Käuferin an die Maklerfirma gezahlte Vermittlungsgebühr nicht zum Zollwert gerechnet.
Der Senat hält an dieser Auffassung nicht mehr fest. Er ist der Meinung, daß die Auslegung des § 6 Abs. 1 und 3 ZTG 1951 nach dem Wortlaut und dem Sinngehalt zu einem anderen Ergebnis führt. Nach § 6 Abs. 1 a. a. O. ist Normalpreis der Preis, der für die eingeführte Ware bei einem Verkauf zum freien Marktpreis zwischen unabhängigen Verkäufern und Käufern in dem für die Anwendung der Zollvorschriften maßgebenden Zeitpunkt erzielt werden kann. Die Erwähnung von Verkäufern und Käufern bringt etwas ohnehin Selbstverständliches zum Ausdruck, nämlich, daß zu einem Verkauf zwei Vertragsteile notwendig sind, zwischen denen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird. Das Wort Verkauf bezeichnet demgemäß, wie sich aus dem Zusammenhang, in dem es gebraucht wird, ergibt, nicht nur die Tätigkeit des Verkäufers, sondern das gesamte Geschäft, ebenso wie das BGB im Zweiten Buch, Siebenter Abschnitt, Erster Titel von "Kauf" spricht und darunter das gesamte Schuldverhältnis versteht, und das gleiche auch das HGB tut, in dessen Drittem Buch der Zweite Abschnitt die überschrift "Handelskauf" trägt. Auch wenn man von den Ausführungen des Bundesministers der Finanzen, daß im ZTG - und auch in dem späteren § 53 des Zollgesetzes (ZG) - das Wort Verkauf mit Rücksicht auf den englischen und französischen Text des Brüsseler Abkommens über den Zollwert gewählt worden sei, absieht, ergibt sich, daß die angeführten deutschen Gesetze, wenn sie teils von Verkauf teils von Kauf sprechen, damit das gesamte Geschäft bezeichnen, das sich von seiten des Verkäufers als Verkauf, von seiten des Käufers als Kauf darstellt.
Was für § 6 Abs. 1 ZTG 1951 aus dem Zusammenhang, in dem das Wort Verkauf verwendet wird, folgt und bei einem Vergleich mit anderen Gesetzen bestätigt wird, muß auch für § 6 Abs. 3 a. a. O. gelten. Wie der Bundesfinanzhof in mehreren Urteilen ausgesprochen hat (vgl. V z 187/57 S vom 26. Juni 1958, BStBl 1958 III S. 347, Bundeszollblatt - BZBl - 1958 S. 626, Slg. Bd. 67 S. 197, und VII 35/57 U vom 13. Mai 1959, BStBl 1959 III S. 284), ist es schlechterdings ausgeschlossen, daß in einem einheitlichen Gesetz gleichlautende Begriffe in verschiedener Bedeutung verwendet werden, ohne daß dies besonders zum Ausdruck gebracht ist. Es kann daher mangels jeglicher Anhaltspunkte nicht angenommen werden, daß im Gegensatz zu Abs. 1 der Abs. 3 des § 6 ZTG mit dem Worte Verkauf nicht das gesamte zwischen Verkäufer und Käufer zustande gekommene Geschäft, sondern nur die eine Seite bezeichnet und lediglich die Kosten, die von der Verkäuferseite her gesehen das Geschäft belasten, in den Normalpreis einbezieht. Auch in § 6 Abs. 3 a. a. O. ist vielmehr unter Verkauf das gesamte Geschäft zu verstehen, und der Normalpreis umfaßt demgemäß alle dieses belastende Kosten, seien sie auf der Verkäufer- oder Käuferseite entstanden.
Dieses aus dem Wortlaut des Gesetzes zu entnehmende Ergebnis stellt sich auch als sachlich gerechtfertigt dar.
Wenn nach § 5 ZTG 1951 als Zollwert für die Bemessung des Zolls für wertzollbare Waren der Normalpreis zugrunde zu legen ist, so dient das dem Zwecke einer gleichmäßigen Belastung der Ware. Damit der Normalpreis diese von ihm wegen seines Normcharakters erwartete Funktion erfüllen kann, ist es erforderlich, daß er auf bestimmten, als normal anzusehenden Voraussetzungen beruht. Demgemäß ist nach § 6 Abs. 1 ZTG 1951 Normalpreis der Preis, der für die eingeführte Ware bei einem Verkauf zum freien Marktpreis zwischen unabhängigen Verkäufern und Käufern in dem für die Anwendung der Zollvorschriften maßgebenden Zeitpunkt erzielt werden kann.
Der Preis einer Ware wird naturgemäß auch beeinflußt durch Kosten, die aus Anlaß des einzelnen Geschäfts entstehen und dieses belasten (§ 6 Abs. 3 ZTG 1951), wie sie im einzelnen in § 9 Abs. 1 ZTG 1951 aufgezählt sind. Damit ihr Einfluß auf den als Norm dienenden erzielbaren Preis nicht zu einer ungleichmäßigen Belastung der Ware führt, darf es keinen Unterschied machen, ob im Einzelfalle der eine oder andere Partner des Geschäfts sie trägt, insbesondere ob von der einen oder anderen Seite eine dritte Person als Vermittler eingeschaltet worden ist. Im Hinblick auf den Normcharakter des Normalpreises muß vielmehr gewährleistet sein, daß die genannten Einzelkosten sich nicht beliebig, sondern in allen Fällen möglichst gleichmäßig auf ihn auswirken. Daher rechtfertigt es sich, daß - wie es nach Auffassung des Senats § 6 Abs. 3 ZTG 1951 tut - alle das einzelne Geschäft belastenden Kosten - darunter also auch die Einkaufsprovision - sowie die Lieferungskosten bis zum Einfuhrort in den Normalpreis einbezogen werden.
Hiergegen kann nicht eingewendet werden, daß es nicht folgerichtig sei, die Provision des Einkaufsvermittlers in den Normalpreis einzubeziehen, dagegen die Kosten, die bei der Ausübung der gleichen Einkaufstätigkeit durch einen Angestellten des Käufers entstehen, nicht. Das Gehalt eines Angestellten sowie die Aufwendungen für seine Geschäftsreisen gehören - im Gegensatz zu der Einkaufsprovision, die zu den Einzelkosten zählt - zu den Gemeinkosten des Käufers. Zwar beeinflussen auch Gemeinkosten den erzielbaren Preis, indem normalerweise ein Verkäufer eine Ware nicht unter einem Preis abzugeben bereit sein wird, der seine Gemeinkosten deckt und ihm daneben einen Gewinn bringt, der Käufer aber nicht einen Preis bieten oder annehmen wird, der ihm nicht unter Berücksichtigung seiner Gemeinkosten eine lohnende Weiterveräußerung ermöglicht; da aber die Gemeinkosten jeweils von beiden Seiten her und anteilmäßig alle Geschäfte belasten, beeinträchtigt ihr Einfluß den Normcharakter des erzielbaren Preises nicht. Daher rechtfertigt sich eine unterschiedliche Behandlung der Gemein- und der Einzelkosten.
Gegenüber dem für die Einbeziehung aller Einzelkosten in den Normalpreis sprechenden Grunde kann auch nicht eingewendet werden, daß die Höhe dieser Kosten ohnehin verschieden sein kann. Schwankungen innerhalb einer gewissen Breite sind allerdings unvermeidbar, gerade im Hinblick auf sie ist es aber notwendig, von möglichst einheitlichen Voraussetzungen auszugehen. Es kann dem auch nicht entgegengehalten werden, daß eine Ungleichheit eintritt, je nachdem ob eine Mittelsperson eingeschaltet wird oder nicht. Vergleichbar sind nur Geschäfte, bei denen ausschließlich die Vertragsteile tätig werden, und solche, die unter Einschaltung Dritter zustande kommen. Unterschiede, die sich zwischen diesen beiden Gruppen ergeben, lassen sich nicht beseitigen, dagegen müssen Unterschiede innerhalb derselben Gruppe durch einheitliche Behandlung der Kosten vermieden werden, um dem Sinn des Normalpreises Rechnung zu tragen.
Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht auch, daß nach § 8 ZTG 1951 (und Art. II Abs. 1 der Anlage I des Brüsseler Abkommens über den Zollwert) sowie dem an seine Stelle getretenen § 53 a ZG ein Verkauf zum freien Marktpreis zwischen unabhängigen Verkäufern und Käufern nur vorliegt, wenn unter anderem die Zahlung des Kaufpreises die einzige Leistung des Käufers darstellt (§ 8 Abs. 1 Ziff. 1 ZTG 1951). Wie der Senat in seinem Urteil VII 102, 114, 115/58 S vom 25. Februar 1959 (BStBl 1959 III S. 183, BZBl 1959 S. 236, Slg. Bd. 68 S. 483) in anderem Zusammenhang ausgesprochen hat, sind unter den Leistungen des Käufers nicht nur diejenigen zu verstehen, die er gegenüber dem Verkäufer erbringt. Auch die Provision, die der Käufer an einen nur von ihm eingeschalteten Vermittler zahlt, ist demnach eine Leistung des Käufers für den Erwerb der Ware, und nicht nur die etwa getrennt vom Kaufpreis von ihm übernommene Verkaufsprovision.
Ferner zeigt gerade der zur Entscheidung stehende Fall, wie geringfügig die Unterschiede zwischen den Tätigkeiten von Vermittlern der einen oder anderen Seite sind. Soweit die französischen Spitzenlieferanten mangels einer eigenen Verkaufsorganisation ihre Waren mit Hilfe von Verkaufskommissionären vertreiben, schließen diese die Kaufverträge im eigenen Namen ab, erteilen Rechnung und bewirken die Lieferung der Ware. Soweit ein deutscher Importeur sich eines Einkaufsvermittlers bedient, und dieser, wie im vorliegenden Falle, zwar einkauft, aber dem Importeur Rechnung erteilt, die Ware an ihn zum Versand bringt und auch den Preis wenigstens zunächst von ihm erhält, ähnelt seine Tätigkeit der des erwähnten Verkaufskommissionärs so stark, daß es - abgesehen von Fällen, in denen eine Unterscheidung noch schwieriger sein kann - nicht gerechtfertigt erschiene, in dem einen Falle die Provision in den Normalpreis einzubeziehen, in dem anderen Falle aber nicht.
Gegenüber den im Vorstehenden aufgeführten Gründen, nach denen sich aus Wortlaut und Sinn des Gesetzes die Einbeziehung aller das einzelne (Verkauf / Kauf-) Geschäft belastenden Kosten in den Normalpreis ergibt, greifen die zugunsten einer Ausnahme für die Einkaufsprovision geltend gemachten Einwände nicht durch. Da die Einbeziehung der Provision des Einkaufsvermittlers in den Normalpreis von verschiedener Seite unter anderem damit begründet worden ist, daß durch die Zahlung der Provision der Wert der Ware erhöht werde (so Schwarz bei Hübschmann-Grabower-Beck- v. Wallis, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, § 6 Anmerkung 64, Brüsseler Avis IX), wird dem von anderer Seite entgegengehalten, daß Werterhöhungen, die sich beim Käufer allein auswirken, unbeachtlich seien, die Werterhöhung sich vielmehr beim Verkäufer auswirken und der Käufer bereit sein müsse, den entsprechenden Mehrpreis für die Ware zu zahlen (so Schlotterbeck, Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters 1958 S. 120, ihm folgend Riepl im Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters 1959 S. 132). Auf eine solche Werterhöhung auf der Verkäuferseite kann es jedoch nach Auffassung des Senats nicht ankommen, da Zollwert der Normalpreis ist, also derjenige Preis, den der Käufer insgesamt für den Erwerb der Ware aufzubringen bereit ist. Demgemäß hat das Gesetz alle Kosten, die das einzelne Geschäft belasten und damit den erzielbaren Preis beeinflussen, in den Normalpreis einbezogen. Auf diese Weise wird vermieden, daß sie sich unterschiedlich auf ihn auswirken, da er sonst seinem Zweck, als Norm einer gleichmäßigen Belastung der Ware zu dienen, nicht gerecht wird. Aus dem gleichen Grunde ist es auch nicht von Bedeutung, ob die Einkaufsprovision zu den Kosten gehört, die begrifflich in die Sphäre des Käufers gehören, was die genannten Autoren a. a. O. ebenfalls als wesentlich ansehen.
Schließlich ist auch ein Umkehrschluß aus dem für diesen Streitfall noch nicht geltenden § 17 WertZO 1957 nicht stichhaltig. Nach dieser Vorschrift umfaßt, wenn nach dem Kaufvertrag oder entsprechend der Handelsübung die Höhe des Kaufpreises von der Feststellung der Beschaffenheit der Ware oder der Menge der Ware abhängig ist, der Normalpreis die dadurch entstehenden Kosten ohne Rücksicht darauf, ob die Feststellung im Inland oder Ausland getroffen ist. Hinst, Die Wertzollordnung, § 16 Anmerkung 1, will daraus, daß hier in einem Sonderfall die Kosten einer zum Einkauf der Ware gehörenden Handlung (die sogenannten Arbitragekosten) ausnahmsweise den Zollwert erhöhen, schließen, daß sonstige Einkaufskosten den Zollwert nicht beeinflussen können. Aus dieser Bestimmung der WertZO, die einen Einzelfall der Verkaufskosten regelt, kann nicht geschlossen werden, daß die einschlägige Vorschrift im Gesetz (gegenwärtig § 53 Abs. 3 ZG, zur Zeit der hier streitigen Einfuhren § 6 Abs. 3 ZTG 1951) zwischen Einkaufs- und Verkaufskosten unterscheidet und nur die letzteren vom Normalpreis umfaßt werden; denn die WertZO als Durchführungsverordnung kann nicht eine vom Gesetz abweichende Regelung treffen.
Der Senat kommt daher zu dem Ergebnis, daß die von der Beschwerdeführerin an X. gezahlten Vergütungen - soweit sie nicht die Erstattung von Lieferungskosten darstellen - als Einkaufsprovision nach § 6 Abs. 3 ZTG 1951 vom Normalpreis umfaßt werden. Das steht auch im Einklang mit dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 ZTG 1951, der Kommissionskosten schlechthin als zu den im § 6 Abs. 3 aufgeführten Kosten gehörend nennt.
Fundstellen
Haufe-Index 409572 |
BStBl III 1960, 41 |
BFHE 1960, 109 |
BFHE 70, 109 |