Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme eigener Gründungskosten einer GmbH als vGA
Leitsatz (NV)
Übernimmt eine GmbH die Kosten ihrer Gründung, obwohl diese Kosten zivilrechtlich von den Gesellschaftern zu tragen sind, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor (Bestätigung des Senatsurteils vom 11. Oktober 1989 I R 12/87, BFHE 158, 390, BStBl II 1990, 89). Der Umstand, daß die Kostenübernahme den Gesellschaftern gegenüber unwirksam ist, weil sie gegen das Vorbelastungsverbot des § 26 Abs. 2 AktG verstößt, ändert daran nichts. Bei einem deswegen geltend gemachten Rückforderungsanspruch gegen die Gesellschafter handelt es sich um eine Einlageforderung, durch die die verdeckte Gewinnausschüttung nicht neutralisiert wird.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2; AktG § 26 Abs. 2-3
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, wurde durch notariellen Vertrag vom ... September 1990 von den beiden je zur Hälfte am Stammkapital beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern gegründet. Die Stammeinlage wurde zur Hälfte eingezahlt. In dem Gesellschaftsvertrag war bestimmt, daß die Gesellschaft die Kosten dieses Vertrages und seiner Durchführung sowie die Gesellschaftsteuer trägt. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) behandelte die betreffenden Beträge als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA).
Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen von der Klägerin erhobenen Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 1005, wiedergegebenen Gründen statt.
Seine Revision begründet das FA mit Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung.
1. Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sind bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens vGA zu berücksichtigen; sie mindern das Einkommen nicht.
Unter einer vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 11. Dezember 1991 I R 49/90, BFHE 166, 545, BStBl II 1992, 434). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (BFH-Urteil vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626).
2. Wie der Senat durch sein Urteil vom 11. Oktober 1989 I R 12/87 (BFHE 158, 390, BStBl II 1990, 89) -- auf das, um Wiederholungen zu vermeiden, im einzelnen verwiesen wird -- entschieden hat, ist eine andere Ausschüttung i. S. von § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG gegeben, wenn eine Kapitalgesellschaft die eigenen Gründungskosten begleicht, die zivilrechtlich von den Gesellschaftern zu tragen sind. Dies ist dann der Fall, wenn die Gesellschaftssatzung die Übernahme des Gründungsaufwandes zu Lasten der Gesellschaft nicht vorsieht (vgl. § 26 Abs. 2 des Aktiengesetzes -- AktG --, der einen für alle Kapitalgesellschaften verbindlichen Rechtsgrundsatz enthält). Daran hält der Senat fest. Die Erwägungen des FG rechtfertigen eine Abweichung nicht. Zwar ist es richtig, daß Rechtshandlungen, die unter Verstoß gegen das Vorbelastungsverbot des § 26 Abs. 2 AktG erfolgt sind, gemäß § 26 Abs. 3 AktG der Gesellschaft gegenüber nicht wirksam sind. Die Gesellschaft behält insoweit hinsichtlich der von ihr übernommenen Gründungskosten einen entsprechenden Erstattungsanspruch. Es mag auch richtig sein, daß dem durch Einbuchung einer entsprechenden Forderung Rechnung zu tragen ist. Dies ändert indes nichts daran, daß es sich bei dem fraglichen Erstattungsanspruch um eine Einlageforderung handelt, die nicht erfolgswirksam anzusetzen ist und die deshalb die gesellschaftlich motivierte Ausschüttung infolge der übernommenen Gründungskosten nicht neutralisieren kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (zuletzt: Urteil vom 29. Mai 1996 I R 118/93, BFHE 180, 405, BStBl II 1997, 92) können Ansprüche auf Ersatz eines Schadens, die gegen einen Gesellschafter gerichtet sind, nur dann den steuerlichen Gewinn einer Kapitalgesellschaft erhöhen, wenn sie keine Einlageforderung sind. Resultiert der Anspruch jedoch aus der Rückgängigmachung einer vGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG), dann ist er steuerlich als Einlageforderung zu beurteilen. Gleiches gilt für die Rückgängigmachung einer anderen Ausschüttung i. S. von § 27 Abs. 3 KStG.
3. So verhält es sich auch im Streitfall. Der Umstand, daß in der Satzung bestimmt ist, die Klägerin habe alle Gründungskosten zu tragen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach der insoweit einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs -- BGH -- (Beschluß vom 20. Februar 1989 II ZB 10/88, BGHZ 107, 1, Der Betrieb 1989, 871) erfordert der gesetzgeberische Zweck des § 26 Abs. 2 AktG, daß im Interesse des Gläubigerschutzes in der Satzung offenzulegen ist, wie weit das Grundkapital durch Gründungsaufwand vorbelastet ist. Dies könne nur dann erreicht werden, wenn der gesamte Aufwand ausgewiesen werde. Beträge, die noch nicht genau beziffert werden können, sind zu schätzen. Der Senat ist dem bereits in seinem Urteil in BFHE 158, 390, BStBl II 1990, 89 gefolgt (vgl. auch Jürgenmeyer/Maier, Betriebs-Berater -- BB -- 1996, 2135, m. w. N.). Das Vorbringen der Klägerin gibt keine Veranlassung, hiervon abzurücken. Es genügte mithin nicht, statutarisch lediglich die Übernahme der Gründungskosten als solche festzulegen. Vielmehr bedurfte es entsprechender zahlen mäßiger Vorgaben. Dies ist unterblieben, weshalb es im Ergebnis an der betrieblichen Veranlassung der getätigten Ausgaben infolge der Kostenübernahme fehlte (Urteil in BFHE 158, 390, BStBl II 1990, 89). Auf die Frage, ob es -- weitergehend als vom Senat bislang angenommen -- der Festlegung nicht nur der zu übernehmenden Gesamtsumme, sondern der einzelnen Kostenpositionen bedarf (s. dazu Jürgenmeyer/Maier, BB 1996, 2135, 2137 unter Hinweis auf eine Verwaltungspraxis), kam es nicht an.
Sind die Gründungskosten damit aber verdeckt ausgeschüttet worden, handelt es sich bei etwaigen dadurch entstandenen Erstattungsansprüchen gegen die Gesellschafter um solche, die die vGA lediglich rückgängig machen und die deshalb als Einlageforderungen zu beurteilen sind (a. A. insoweit Streck, Körperschaftsteuergesetz, 4. Aufl., § 8 Rz. 150 "Gründungskosten"; Jürgenmeyer/Maier, ebd.).
4. Die Vorinstanz ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Ihr Urteil war aufzuheben. Da die Sache spruchreif ist, ist die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 66496 |
BFH/NV 1997, 711 |