Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Festsetzung des Schwellenpreises aufgrund von Art. 4 der VO (EWG) 19/62 war ein der Auswirkung der bei der Einfuhr von Getreide oder Getreideerzeugnissen erhobenen Ausgleichsteuer entsprechender Pauschbetrag abzusetzen. Der erkennende Senat hält insoweit an der im Urteil VII 251/64 vom 10. Juli 1908 (BFH 93, 248) vertretenen Auffassung nicht mehr fest.
2. Bei denaturiertem Tapiokamehl konnten die Eosinierungskosten bei der Festsetzung des Schwellenpreises nicht berücksichtigt werden.
Normenkette
AbT Tarifstelle 11.06 – A – I; AStO 1962 § 4 Abs. 2 Nr. 2; DurchfG EWG Getr § 5; DurchfG EWG Getr § 6 Abs. 1; DurchfG EWG Getr § 6 Abs. 2; EWGVtr Art. 40 Abs. 3, Art. 46; EWGV Art. 177 Abs. 3; EWGV Art. 190; GG Art. 3, 80; UStG 1951 §§ 6, 7 Abs. 1; EWGV 128/62; EWGV 19/62 Art. 1-8, 12, 14-15; EWGV 55/62 Art. 7; EWGV 87/62 Art. 1; VO vom 2. November 1971 (BAnz Nr. 209 vom 9. November 1971) zur Änderung der Schwellenpreise für Getreide
Nachgehend
Tatbestand
Bei der Abfertigung von thailändischem Maniokamehl (= Tapiokamehl), das die Klägerin in der Zeit vom 18. August bis 21. August 1962 eingeführt und im Freihafen hatte denaturieren lassen, erhob das Zollamt (ZA) nach der Abschöpfungstarifstelle 11.06 – A – I Abschöpfung und 4 % Ausgleichsteuer. Die Klägerin hielt die Erhebung der Abschöpfung für rechtswidrig, weil beim Einkauf der Ware noch nicht abzusehen gewesen sei, ob die Ware von der geplanten Marktordnung für Getreide und Getreideerzeugnisse umfaßt werde. Jedenfalls verstoße die Abschöpfungserhebung gegen Treu und Glauben, wenn vor Bekanntwerden der geplanten Abschöpfungsregelung die Ware fest weiterverkauft worden sei. Die Verträge seien wirtschaftliches Eigentum im Sinne von Art. 14 des Grundgesetzes (GG). Die Abschöpfungserhebung verstoße auch gegen Art. 3 GG, weil aus den assoziierten afrikanischen Staaten eingeführtes Tapiokamehl nach der Verordnung (EWG) 128/62 vom 26. September 1962 – VO (EWG) 128/62 – (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1962 S. 2341 – ABlEG 1962, 2341 –) abschöpfungsfrei gewesen sei, wenn es bis zum 31. Dezember 1962 eingeführt wurde. Die Ausgleichsteuer und die Eosinierungskosten bei der Denaturierung hätten von der Abschöpfung abgesetzt werden müssen.
Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Die Klägerin macht unter Bezugnahme auf ihre Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) VII 251/64 vom 10, Juli 1968 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 93 S. 248 – BFH 93, 248–, BZBl 1968, 1120) geltend, der Tatbestand der Abgabenerhebung sei weder im Abschöpfungserhebungsgesetz (AbG) noch im Gesetz zur Durchführung der Verordnung Nr. 19 (Getreide) des Rates der EWG (DurchfG EWG Getr) hinreichend bestimmt und begrenzt festgelegt worden.
Die Erhebung der Abschöpfung sei im Streitfall aus folgenden Gründen rechtswidrig. Entgegen der Vorentscheidung habe der Kaufvertrag nicht nur rein schuldrechtliche Wirkungen. Die Klägerin habe in Erwartung abschöpfungsfreier Einfuhr wirtschaftliches Eigentum gebildet, das nicht mehr habe entschädigungslos entzogen oder geschmälert weiden dürfen. Das konkrete Steuerrechtsverhältnis liege darin, daß das Hauptzollamt (HZA) die auf den Vertrag vom 25. Januar 1962 eingeführten Waren aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben hätte von Abschöpfung freistellen müssen. Die nachträgliche Belastung der Ware mit einer Abschöpfung habe zu einer unechten Rückwirkung geführt und insoweit gegen den Vertrauensschutz der Klägerin verstoßen. Im Bereich des Wirtschaftsverwaltungsrechts müsse der Staatsbürger auf längere Zeit vorausplanen und disponieren und sich daher auf die Beständigkeit und Berechenbarkeit des Rechts verlassen können. Der Betreffende brauche nicht damit zu rechnen, daß neue Abgaben eingeführt und auf seine laufenden Geschäfte angewendet werden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in seiner Entscheidung 2 BvL 22 und 23/63 vom 7. Juli 1964 (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 18 S. 135 – BVerfGE 18, 135 –) den Vertrauensschutz nur hinsichtlich des Entzugs oder der Schmälerung steuerlicher Vergünstigungen eingeschränkt. Hier gehe es aber um die nachträgliche Einführung einer Belastung.
Daß die VO (EWG) 128/62 erst nach der Einfuhr der streitigen Ware in Kraft getreten sei, mache die grundsätzliche Diskriminierung thailändischen Tapiokamehls nicht gegenstandslos. Da eine Nachbelastung afrikanischer Waren wegen des Vertrauensschutzes der betreffenden Importeure nicht möglich sei, müßten die Einfuhren thailändischen Tapiokamehls nachträglich von der Abschöpfung freigestellt werden. Dies folge auch daraus, daß die Abschöpfungsfreiheit afrikanischer Waren auch den innergemeinschaftlichen Warenverkehr diskriminiere.
Hinsichtlich der Eosinierungskosten und der Ausgleichsteuer führt die Klägerin aus, daß die Mitgliedstaaten nach Art. 4 der VO (EWG) 19/62 vom 4. April 1962 (ABlEG 1962, 933, BZBl 1962, 618) den Schwellenpreis so festzusetzen hatten, daß der Verkaufspreis des eingeführten Erzeugnisses unter Berücksichtigung des Pauschbetrages und der Ausgleichskoeffizienten dem Grundrichtpreis nach Art. 5 entsprach. Dieser sei in der Einkaufsphase des Großhandels für eine bestimmte Standardqualität festzusetzen gewesen und habe damit bei Getreide deutschen Ursprungs alle Umsatzsteuerbelastungen des Erzeugers und der Handelsstuten bis zum Großhandel umfaßt. Der Importeur habe daher durch die Bildung des Schwellenpreises in die Lage versetzt werden sollen, das eingeführte Getreide nach Zahlung der Abschöpfung zum Richtpreis an den Großhandel zu veräußern. Zu den zu berücksichtigenden Einfuhrkosten hätten die Ausgleichsteuer und die Eosinierungskosten gehört. Die Schwellenpreisverordnung vom 30. Juli 1962 (BGBl I, 473) habe gegen diese Grundsätze und damit gegen Art. 4 der VO (EWG) 19/62 verstoßen. Hinsichtlich der Anrechnung der Eosinierungskosten habe sich das Finanzgericht (FG) nicht mit der von der Klägerin aufgeworfenen Frage des Verstoßes der VO (EWG) 55/62 vom 30. Juni 1962 (ABlEG 1962, 1583) gegen Art. 40 Abs. 3 und Art. 46 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) auseinandergesetzt. Diese Kosten gehörten zu den Verarbeitungskosten bzw. zu den Kosten, die unumgänglich sind, um das Verarbeitungserzeugnis in den Verkehr zu bringen. Nach Art. 14 der VO (EWG) 19/62 und der Präambel der VO (EWG) 55/62 müsse aber die Abschöpfung bei Verarbeitungserzeugnissen der Abschöpfung für das Grunderzeugnis unter Berücksichtigung des Verarbeitungsaufwandes entsprechen.
Die Revision hat zum Teil Erfolg.
Entscheidungsgründe
I.
Die Angriffe der Revision gegen die Verfassungsmäßigkeit der §§ 5 und 6 DurchfG EWG Getr (BGBl I 1962, 455, BZBl 1962, 643) sind nicht begründet. Insoweit wird auf die Gründe des Beschlusses des BVerfG 2 BvR 618/68 vom 13. Oktober 1970 (BVerfGE 29, 198, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 1971 S. 19 – ZfZ 1971, 19 –) verwiesen. Soweit die Klägerin unter Hinweis auf den Vorlagebeschluß III 391/66 des FG Rheinland-Pfalz an das BVerfG vom 14. Oktober 1970 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1971 S. 187 – EFG 1971, 187–) geltend macht, daß die durch § 6 Abs. 1 und 2 DurchfG EWG Getr der Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel (EVSt Getr) übertragene Befugnis, die nach den EWG-Vorschriften und nach dem AbG zu entrichtenden Abschöpfungen zu errechnen und durch Aushang bekannt zu machen, nicht mit dem in Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG enthaltenen Gebot, mit dem Erlaß von Rechtsverordnungen wenigstens einen Bundesminister zu beauftragen, vereinbar sei, wird auf die Gründe des BFH-Urteils VII R 51/68 vom 10. Mai 1972 (BFH 105, 572) verwiesen, in dem der erkennende Senat einen Verstoß gegen Art. 80 GG verneint hat. Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen weiteren Gründe vermögen den Senat nicht von seiner Auffassung abzubringen.
Nach Ansicht der Klägerin zeigen die nach ihrer Meinung divergierenden Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EGH) Rs. 76/70 vom 12. Mai 1971 (Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften 1971 S. 393 – Slg. EGH 1971, 393 –), des BverfG 2 BvR 618/68 (a. a. O.) und des BFH VII 251/64 vom 10. Juli 1968 (a. a. O.), daß Art. 4 der VO (EWG) 19/62 unklar und nicht im Sinn von Art. 80 GG voraussehbar sei, welche Maßnahmen aufgrund der Ermächtigung getroffen werden könnten, und daß daher insbesondere hinsichtlich der beim Schwellenpreis zu berücksichtigenden Vermarktungskosten nähere Bestimmungen hätten getroffen werden müssen. Nach Art. 4 a. a. O. haben die Mitgliedstaaten den Schwellenpreis so festzusetzen, daß der Verkaufspreis des eingeführten Erzeugnisses auf dem Markt des Handelsplatzes der Zone mit dem größten Zuschußbedarf unter Berücksichtigung des in Art. 2 Abs. 1 vorgesehenen Pauschbetrags sowie der in Art. 12 vorgesehenen Ausgleichskoeffizienten dem Grundrichtpreis nach Art. 5 entspricht. Dieser mußte daher um die Kosten, die dem Einführer – pauschal berechnet – vom Grenzübergang bis zum maßgebenden Handelsplatz, in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) von Emmerich bis Duisburg, entstanden, vermindert werden, um den Schwellenpreis festzusetzen. Diese „Vermarktungskosten” konnte der Staatsbürger vorausberechnen und dies gegebenenfalls auch in einem Rechtsbehelfsverfahren unter Berufung auf Art. 4 der VO (EWG) 19/62 geltend machen. Zwar hatte der erkennende Senat im Urteil VII 251/64 die Auffassung vertreten, daß eine Berücksichtigung der Ausgleichsteuer im Schwellenpreis in der VO (EWG) 19/62 im Gegensatz zu späteren Marktordnungen nicht vorgesehen sei und kein allgemeiner Rechtsgrundsatz bestehe, daß in die Bemessungsgrundlage für eine Abgabe die auf eine andere Abgabe zu entrichtenden Beträge einzubeziehen seien. Diese Ausführungen hat das BVerfG in seinem Beschluß 2 BvR 618/68 (a. a. O.) im Hinblick auf die Vorlagepflicht nach Art. 177 Abs. 3 EWGV als mit dem Wortlaut der Art. 4, 5, 8, 10 und 20 der VO (EWG) 19/62 In Einklang stehend angesehen. Diese vom EGH nicht geteilte Auffassung des BFH über den Entscheidungsspielraum der Mitgliedstaaten bei der Festsetzung des Schwellenpreises konnte jedoch den einzelnen Betroffenen nicht daran hindern, die zu entrichtenden Abschöpfungsbeträge hinsichtlich der an sich klaren Vorschrift des Art. 4 der VO (EWG) 19/62 vorauszusehen und seine andere Rechtsauffassung zur Geltung zu bringen.
Die Klägerin trägt ferner vor, daß der nach der VO (EWG) 67/62 vom 11. Juli 1962 (ABlEG 1962, 1860) von den Mitgliedstaaten festzusetzende Mindestbetrag für die Änderung der Abschöpfungssätze in der BRD zunächst nicht festgesetzt und deshalb der EVSt Getr insoweit ein Ermessensspielraum überlassen worden sei. Hierzu hat der erkennende Senat in dem o. a. Urteil VII R 51/68, auf das im einzelnen verwiesen wird, ausgeführt, daß die EVSt Getr die Abschöpfungssätze nach der ursprünglichen Fassung des § 6 Abs. 1 DurchfG EWG Getr, in der die VO (EWG) 67/62 noch nicht berücksichtigt war, lediglich nach Maßgabe der Durchführungsbestimmungen der Kommission gemäß Art. 15 Abs. 2 der VO (EWG) 19/62 habe ändern können. Solange dieser Mindestbetrag nicht festgesetzt gewesen sei, habe die EVSt Getr nach Maßgabe der VO (EWG) 67/62 die Abschöpfungssätze nur unter Zugrundelegung eines Mindestbetrages an der unteren Grenze, also bei 0,45 Rechnungseinheiten (RE), ändern können. Ergänzend vertritt der Senat die Auffassung, daß die EVSt Getr schon deshalb bei solchen Änderungen keinen Ermessensspielraum, wie er einem Verordnungsgeber zusteht, hatte, wenn sie beim Nichtvorliegen eines Mindestbetrags die Abschöpfungssätze bei jeder Veränderung der Berechnungsfaktoren ändern mußte. Auch diese Regelung war für jeden am betreffenden Marktgeschehen Beteiligten erkennbar. Daher war die Abschöpfungsfestsetzung voraussehbar. Nur wurden in diesem Fall die Abschöpfungssätze genauer errechnet, als wenn sie nur in einem bestimmten Margenspielraum geändert werden konnten. Hat daher die BRD auch nicht sofort der VO (EWG) 67/62 entsprochen, so kann daraus nicht die Ungültigkeit aller von der EVSt Getr auf diese Weise errechneten Abschöpfungssätze hergeleitet werden.
II.
Die Klägerin kann sich auch gegenüber der Einführung der Abschöpfungserhebung ab 1. Juli 1962 für eingeführtes Tapiokamehl nicht auf Treu und Glauben berufen, weil hiervon beim Einkauf der Ware nichts bekannt gewesen sei und sie die Ware bereits vorher fest weiterverkauft habe. Hierzu hat das FG unter Hinweis auf die Beschlüsse des BVerfG 1 BvL 22/57 vom 11. Oktober 1962 (Neue Juristische Wochenschrift 1963 S. 29 – NJW 1963, 29 –) und 2 BvL 22 und 23/63 vom 7. Juli 1964 (a. a. O.) zutreffend ausgeführt, daß der am 25. Januar 1962 abgeschlossene Kaufvertrag keine eigentumskräftige Rechtsposition im Hinblick auf die später eingeführte Ware begründe und daß ein Importkaufmann nicht darauf vertrauen könne, daß für eine im Januar gekaufte Ware in dem viel später liegenden Einfuhrzeitpunkt keine Eingangsabgaben erhoben werden. Abgesehen davon, daß schon aufgrund der in Art. 38 ff. EWGV vorgesehenen gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte mit der Erhebung von besonderen Abgaben zu rechnen war, wurde durch den Abschluß des Kaufvertrags kein Steuerrechtsverhältnis begründet, das eine gegenseitige Rücksichtnahme hinsichtlich der Erhebung bzw. Freistellung von Eingangsabgaben begründen konnte. Daher sind bei der Abfertigung eingeführter Waren zum freien Verkehr die Zollvorschriften anzuwenden, die im Zeitpunkt des wirksam gestellten Zollantrags gelten (§ 35 Abs. 1 ZG). Die Möglichkeit, daß sich zwischen dem Abschluß eines Kaufvertrages und der Antragstellung bei Einfuhr einer Ware die Vorschriften über Eingangsabgaben ändern, liegt im Risikobereich des Einführers, wenn er vor diesem Zeitpunkt Einfuhrgeschäfte tätigt. Die Abschöpfung stellt in diesem Sinn auch keine völlig neue Eingangsabgabe dar. Abgesehen davon, daß sie – wenn auch in anderer Form und nicht als Abgabe im Sinne der AO – schon aufgrund der Marktgesetze von 1950/51 bestand (siehe Schwarz-Wockenfoth, Zollgesetz, Kommentar, Anm. 28 zu § 1 ZG), trat sie an die Stelle der Zölle und zollgleichen Abgaben und übernahm deren Schutzfunktion. Insoweit kommt ihre erstmalige Erhebung nach dem AbG nur der Änderung eines Zollsatzes oder Aufhebung einer tariflichen Zollfreiheit gegenüber dem Einführer gleich.
Ein Verstoß gegen Art. 3 GG wegen der die Einfuhren aus den assoziierten afrikanischen Staaten begünstigenden Regelung der VO (EWG) 128/62 scheidet schon deshalb aus, weil diese Verordnung erst nach den streitigen Einfuhren am 1. Oktober 1962 in Kraft getreten ist. Im übrigen ist eine Vorzugsbehandlung gegenüber assoziierten Staaten gerade aufgrund der Assoziierung gerechtfertigt, weshalb insoweit für Einfuhren aus nichtassoziierten Staaten keine Gleichbehandlung verlangt werden kann.
III.
Hinsichtlich der Ermäßigung der Abschöpfung um den Betrag der erhobenen Ausgleichsteuer hält der erkennende Senat an der in dem o. a. Urteil VII 251/64 vertretenen Auffassung nicht mehr fest und schließt sich insoweit der Auffassung des EGH in dem o. a. Urteil Rs. 76/70 an. Danach ist jedenfalls für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1962 grundsätzlich ein fester Betrag, also ein Pauschbetrag, abzuziehen, der der Auswirkung bei der Einfuhr erhobener inländischer Abgaben wie der Ausgleichsteuer entspricht. Ein Abzug der tatsächlich gezahlten Ausgleichsteuer, die nach dem möglicherweise für die jeweils eingeführte Ware verschiedenen Zollwert bemessen wird, kommt an sich deshalb nicht in Betracht, weil die Abschöpfung einheitlich nach dem Gewicht berechnet wird. Die Ausgleichsteuer dagegen wurde nach dem Zollwert zuzüglich der erhobenen Eingangsabgabenbeträge (ausgenommen die Ausgleichsteuer) bemessen, wenn keine Durchschnittswerte festgelegt waren (§ 6 UStG 1951). Solche waren für die streitige Ware nicht festgelegt. Demnach wäre beim Abzug der tatsächlich erhobenen Ausgleichsteuer die Abschöpfung bei derselben Ware je nach deren Zollwert unterschiedlich hoch gewesen. Dies würde zu einer ungleichmäßigen Erhebung der Abschöpfungen in der BRD und auch gegenüber den anderen Mitgliedstaaten führen, welche die Abschöpfungen allein nach den Maßstäben der VO (EWG) 19/62 ohne Berücksichtigung einer tatsächlich erhobenen Ausgleichsteuer erhoben. Die den Abschöpfungen zugrunde liegenden Schwellenpreise und cif- bzw. Frei-Grenze-Preise waren vielmehr Durchschnittspreise für einheitliche Standard-Qualitäten, weshalb es auf die im Einzelfall tatsächlich erzielten Preise nicht ankam. Einem solchen Abschöpfungssystem würde es nicht entsprechen, wenn es infolge der Anrechnung der tatsächlich gezahlten Ausgleichsteuer dennoch darauf ankäme. Deshalb ist z. B. in der vergleichbaren VO (EWG) 13/64 vom 5. Februar 1964 (ABlEG 1964, 549) in Art. 2 eine pauschale Berechnung des abzusetzenden Ausgleichsteuerbetrags vorgesehen. Auch in der Änderungsverordnung zur Zweiten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Durchführung der VO (EWG) 19/62 vom 27. Dezember 1962 (BGBl I 1962, 774) ist der Schwellenpreis um den festen Betrag von 4 DM/t gegenüber den ursprünglich durch die Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Durchführung der VO (EWG) 19/62 vom 30. Juli 1962 (BGBl I, 473) bestimmten jeweiligen Schwellenpreisen gesenkt worden. Nach der Begründung zu dieser Änderungsverordnung sollte damit die abzusetzende Ausgleichsteuer berücksichtigt werden (siehe Bundesrats-Drucksache 400/62; Kuhn, Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Betraters 1964 S. 22 [34] – AWD 1964, 33 [34] –). Schließlich wurden die Schwellenpreise für Gerste rückwirkend durch die Verordnung zur Änderung der Schwellenpreise für Getreide für die Monate Juli bis Dezember 1962 vom 2. November 1971 (Bundesanzeiger Nr. 209 – BAnz Nr. 209 – vom 9. November 1971) einheitlich um 4 DM/t gesenkt. Der erkennende Senat sieht sich jedoch nicht in der Lage, diesen Pauschsatz entsprechend Art. 7 der VO (EWG) 55/62 in Höhe von 40 % also mit 1,60 DM/t, auf denaturiertes Tapiokamehl anzuwenden. Denn der Ausgleichsteuersatz für Gerste betrug 1,5 % (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 der Ausgleichsteuerordnung – AStO – 1962), der für Tapiokamehl dagegen 4 % des Wertes (§ 7 Abs. 1 UStG 1951). Da somit für Tapiokamehl kein Pauschsatz festgesetzt ist, bleibt trotz der obengenannten Bedenken nur übrig, den tatsächlich von der Klägerin bezahlten Ausgleichsteuerbetrag von dem jeweils erhobenen Abschöpfungsbetrag abzusetzen, wie dies auch vom EGH in dem o. a. Urteil vorgesehen ist, wenn der nationale Gesetzgeber die Ausgleichsteuer bei der Schwellenpreisberechnung nicht berücksichtigt hat. Dementsprechend waren auf die Revision der Klägerin die angefochtenen Abschöpfungsbescheide zu ändern.
IV.
Hinsichtlich der Eosinierungskosten hält der erkennende Senat an seiner Auffassung im Urteil VII 251/64 im Ergebnis fest. Danach kann die Abschöpfung um diese Kosten nicht gemindert werden. Allerdings können sie im cif- und im Schwellenpreis für Tapiokamehl schon deshalb nicht enthalten sein, weil diese Preise zur Berechnung der Abschöpfung nicht festgesetzt werden, diese sich vielmehr aus Art. 7 der VO (EWG) 55/62 ergibt. Danach entspricht der bewegliche Teilbetrag für 100 kg denaturiertes Tapiokamehl dem Abschöpfungsbetrag für 40 kg Gerste, während der feste Teilbetrag gleich Null ist (Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 b). In Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 a a. a. O. ist die Abschöpfung für nicht denaturiertes Tapiokamehl anders geregelt. Danach entspricht für 100 kg dieses Erzeugnisses der bewegliche Teilbetrag dem für 100 kg Maisstärke anzuwendenden beweglichen Teilbetrag, während der feste Teilbetrag 1,70 RE beträgt. Dies wird in der Präambel zur VO (EWG) 55/62 allgemein damit begründet, daß für die Festsetzung der Abschöpfung die Berechnungsweise für den beweglichen Teilbetrag festzulegen und die Höhe des festen Teilbetrags zu bestimmen ist (Abs. 2) i daß der bewegliche Teilbetrag bei verarbeiteten Erzeugnissen, in denen in Art. 1 a der VO (EWG) 19/62 genannte Grunderzeugnisse nicht enthalten sind, unter Berücksichtigung der Marktbedingungen der verarbeiteten Erzeugnisse festgesetzt werden, die ihnen am ähnlichsten sind und mit denen sie insbesondere in Wettbewerb stehen (Abs. 4); ferner, daß bei bestimmten verarbeiteten Erzeugnissen der Schutz der Industrie bereits dadurch gegeben ist, daß das Hauptverarbeitungserzeugnis geschützt ist und in diesem Fall der feste Teilbetrag gleich Null ist (Abs. 9). Nach der Rechtsprechung des EGH reicht es für die nach Art. 190 EWG V vorgeschriebene Begründung aus, daß die wesentlichen Gesichtspunkte, auf denen die tatsächliche Bewertung beruht, und das dabei einzuschlagende Verfahren angegeben werden, ohne daß die tatsächlichen Umstände selbst mitgeteilt zu werden brauchen (Rs. 16/65 vom 1. Dezember 1965, Slg. EGH 1965, 1151, BZBl 1966, 516). Je nach der Rechtsnatur der in Betracht kommenden Maßnahmen genüge es, die Gesamtlage, die zum Erlaß der Verordnung geführt hat, und die allgemeinen Ziele zu bezeichnen, die mit ihr erreicht werden sollen (Rs. 5/67 vom 13. März 1968, Slg. EGH 1968, 127). Da die Präambel hinsichtlich der Regelung in Art. 7 diesen Erfordernissen genügt, hat der erkennende Senat keine Zweifel an der Gültigkeit der VO (EWG) 55/62, die ihn zur Einholung einer Vorabentscheidung des EGH verpflichten könnten. Abgesehen von den allgemeinen Auswirkungen der Eosinierungskosten auf den Verkaufspreis des Importeurs an den Großhandel hat die Klägerin auch keine konkreten Einwendungen gegen die Anwendung des Abschöpfungsbetrags für 40 kg Gerste als beweglichen Teilbetrag für 100 kg denaturiertes Tapiokamehl erhoben. Angesichts der klaren Regelung in Art. 7 der VO (EWG) 55/62, die für denaturiertes und nichtdenaturiertes Tapiokamehl verschieden hohe Abschöpfungen vorsieht, kann kein Zweifel daran bestehen, daß die bei der Denaturierung anfallenden Kosten in der Abschöpfung bereits berücksichtigt sind. Einer besonderen Aufklärung hinsichtlich der Eosinierungskosten durch das FG bedurfte es daher nicht. Die Revision war insoweit als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen