Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Spenden an ausländische Körperschaften des öffentlichen Rechts und ausländische öffentliche Dienststellen können steuerlich nicht nach § 10 b EStG (§ 48 Abs. 3 Ziff. 1 EStDV) als Sonderausgaben abgezogen werden.
Normenkette
KStG § 11/5; EStG §§ 10b, 51/1/2/c; EStDV § 48
Tatbestand
Der Steuerpflichtige (Stpfl.) spendete im Jahr 1962 für die Sven-Hedin-Stiftung 10.000 DM an die Schwedische Akademie der Wissenschaften. Eine entsprechende Spendenbescheinigung legte er vor. Das Finanzamt (FA) ließ die Spende nicht zum Abzug als Sonderausgaben zu, da sie nicht einer inländischen Stelle gegeben worden sei.
Der Einspruch und die Berufung hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, Ausgaben zur Förderung wissenschaftlicher Zwecke seien gemäß § 10 b EStG (§ 48 Abs. 3 Ziff. 1 EStDV) als Sonderausgaben nur abzugsfähig, wenn der Empfänger eine Körperschaft des öffentlichen Rechts oder eine öffentliche Dienststelle sei. Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sei nach deutschem Verwaltungsrecht ein mitgliedschaftlich organisierter, rechtsfähiger Verband des öffentlichen Rechts, der staatliche Aufgaben mit hoheitlichen Mitteln unter staatlicher Aufsicht erfülle. Hieraus ergebe sich, daß der Gesetzgeber in § 10 b EStG (§ 48 Abs. 1 und 2 EStDV) nur Spenden an die Körperschaften des öffentlichen Rechts habe begünstigen wollen, die von der Rechtsordnung im Geltungsbereich des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland anerkannt seien. Dienststellen des öffentlichen Rechts im Sinne des § 48 EStDV seien nachgeordnete Stellen solcher Körperschaften. Es sprächen auch praktische Erwägungen dafür, den Begriff der Körperschaft des öffentlichen Rechts auf inländische Körperschaften zu beschränken, da das FA nur diese auf ihre öffentlich-rechtliche Eigenschaft prüfen und beim Ausstellen falscher Spendenbescheinigungen belangen könne. Spenden an ausländische Körperschaften könnten nur abgesetzt werden, wenn der Stpfl. die Spende einer Körperschaft in der Bundesrepublik zuwende mit der Auflage, sie weiterzuleiten.
Der Stpfl. rügt mit der Revision unrichtige Anwendung von Bundesrecht. Er trägt vor, der Wortlaut des § 48 Abs. 3 Ziff. 1 EStDV beschränke den Empfängerkreis nicht auf inländische Körperschaften des öffentlichen Rechts oder auf inländische öffentliche Dienststellen. Es sei dem FG verwehrt, Tatbestandsmerkmale hinzuzuerfinden, die das Gesetz nicht kenne. Der Staatsbürger müsse geschützt werden, wenn er im Vertrauen auf den klaren Wortlaut des Gesetzes Dispositionen getroffen habe. Er habe sich auch auf das Urteil derselben Kammer des FG vom 28. Februar 1961 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1961 S. 444) verlassen, in dem die Kammer die Abzugsfähigkeit von Spenden an ausländische Körperschaften des öffentlichen Rechts und öffentliche Dienststellen ausdrücklich bejaht habe. Im übrigen erkenne das deutsche Recht auch ausländische Körperschaften des öffentlichen Rechts ohne Einschränkung an. Nach Art. 6 des deutsch-schwedischen Doppelbesteuerungsabkommens vom 17. April 1959 (BGBl 1960 II S. 1815) gelte dies auch für schwedische juristische Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie nach schwedischem Recht ordnungsgemäß errichtet seien. "öffentliche Dienststellen" im Sinne des § 48 Abs. 3 Ziff. 1 EStDV seien Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Darunter falle auch die schwedische Akademie der Wissenschaften. Ihre öffentlich-rechtliche Eigenschaft könne das FA im Wege der Amtshilfe nach Art. 24 des deutsch-schwedischen Doppelbesteuerungsabkommens oder durch Einholung einer Auskunft bei der deutschen diplomatischen Vertretung in Schweden prüfen.
Der Stpfl. beantragt, die Spende als Sonderausgaben zu berücksichtigen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Gemäß § 10 b EStG dürfen Steuerpflichtige Ausgaben zur Förderung mildtätiger, kirchlicher, religiöser, wissenschaftlicher und staatspolitischer Zwecke und der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke im bestimmten Umfang als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen. Nach § 48 Abs. 3 EStDV muß der Empfänger der Zuwendungen eine "Körperschaft des öffentlichen Rechts oder eine öffentliche Dienststelle (z. B. Universität, Forschungsinstitut)" (Ziff. 1) oder eine in § 4 Abs. 1 Ziff. 6 KStG bezeichnete Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse sein (Ziff. 2).
Die Förderung von mildtätigen, kirchlichen, religiösen, wissenschaftlichen und staatspolitischen Zwecken gehört zu den innenpolitischen Aufgaben eines modernen Staates. Der Gesetzgeber kann daher auch die Opferbereitschaft der Bürger durch steuerliche Maßnahmen zu fördern versuchen. Diesem Zweck dient § 10 b EStG, wenn er sogenannte Spenden bis zu einer oberen Grenze bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abziehen läßt, obwohl diese Ausgaben ihrem Wesen nach Kosten der Lebensführung (§ 12 Ziff. 1 Satz 2 EStG) sind.
Der Gesetzgeber hat in § 51 Abs. 1 Ziff. 2 Buchst. c EStG 1961 die Bundesregierung ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrats durch Rechtsverordnung die Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen zu bestimmen, die zur Entgegennahme steuerbegünstigter Spenden berechtigt sind. Von dieser Ermächtigung hat die Bundesregierung in § 48 Abs. 3 EStDV Gebrauch gemacht.
Zutreffend nimmt das FG an, daß die in § 48 Abs. 3 Ziff. 1 EStDV genannten Empfänger nur inländische Körperschaften des öffentlichen Rechts oder inländische öffentliche Dienststellen sein können, auch wenn es in der Vorschrift nicht ausdrücklich gesagt ist. Dafür spricht zunächst der Sinnzusammenhang dieser Vorschrift mit der Ziff. 2 des gleichen Absatzes, in dem die Bundesregierung ebenfalls nur inländische privatrechtliche Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen im Sinne des § 4 Abs. 1 Ziff. 6 KStG zu Empfängern der Spenden bestimmt hat. Die Absicht des Verordnungsgebers ist aber auch aus § 48 Abs. 1 EStDV zu entnehmen, nach dem für die Begriffe gemeinnützige, mildtätige, kirchliche und wissenschaftliche Zwecke die §§ 17 bis 19 StAnpG und die hierzu ergangene Durchführungsverordnung vom 24. Dezember 1953 (BGBl 1953 I S. 1592) gelten sollen. Diese Vorschriften sehen ebenso wie die Verwaltungsanordnungen über die Anerkennung besonders förderungsbedürftiger gemeinnütziger oder besonders steuerbegünstigter Zwecke (Abschnitt 111 Abs. 2 und Anlage 7 EStR 1962) nur die Förderung inländischer Körperschaften und sonstiger Einrichtungen vor.
Nur diese Auslegung wird dem Zweck des Gesetzes gerecht, der darauf gerichtet ist, innenpolitische Aufgaben der Bundesrepublik zu erfüllen. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem vernünftigen Grund der deutsche Steuergesetzgeber Spenden an ausländische Körperschaften des öffentlichen Rechts oder an ausländische öffentliche Dienststellen durch einen Steuerverzicht hätte begünstigen sollen. Aus ähnlichen Erwägungen hat der Senat z. B. im Urteil VI 269/61 U vom 1. März 1963 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 76 S. 550 - BFH 76, 550 -, BStBl III 1963, 200) Wohnungsbauprämien für Wohnungsbauten im Ausland versagt.
Mit Recht hebt das FG hervor, daß überdies praktische Gründe dagegen sprächen, daß der Gesetzgeber etwa die Vorschrift so verstanden wissen wollte, wie der Stpfl. es verlangt. Das FA kann bei ausländischen Spendenempfängern nicht prüfen, ob diese die Spenden auch tatsächlich zu dem in der Spendenbescheinigung angegebenen Zweck verwendet haben. Mögen auch bei der schwedischen Akademie der Wissenschaften solche Bedenken nicht gerechtfertigt sein, so wird doch kein Staat auf eine angemessene Kontrolle durch eigene Organe verzichten wollen, wenn er gezielte Steuererleichterungen gewährt. Aus ähnlichen Gründen läßt der Gesetzgeber auch Beiträge und Versicherungsprämien an ausländische Versicherungsunternehmen und Bausparkassen in § 10 Abs. 3 Ziff. 2 EStG 1961 zum Abzug als Sonderausgaben nur zu, wenn die Unternehmen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland haben und deshalb ihr Inlandsgeschäft der Aufsicht im Bundesgebiet unterliegt (Urteil des Senats VI 51/64 vom 22. April 1966, BFH 86, 139).
Mit seiner Auslegung hat sich das FG nicht, wie der Stpfl. meint, in "die Rolle des Gesetzgebers" begeben und Tatbestandsmerkmale "hinzuerfunden". Es ist die Aufgabe der Gerichte, bei der Gesetzesauslegung neben dem Wortlaut auch den Sinn und Zweck einer Vorschrift in Betracht zu ziehen. Im Streitfall hat das FG auch nicht gegen den Wortlaut einer Vorschrift zuungunsten des Stpfl. entschieden, sondern es hat eine Frage, die im Gesetz nicht eindeutig geregelt ist, unter Beachtung der vom Gesetzgeber erkennbar verfolgten Tendenz beurteilt. Das Gesetz zeigt hier eine Lücke, die die Steuergerichte nach allgemeinen Auslegungssätzen so auszufüllen haben, wie der Gesetzgeber die Frage wahrscheinlich geregelt hätte, wenn sie in seinen Gesichtskreis getreten wäre. Dieses Auslegungsprinzip hat das FG ohne Rechtsverstoß angewandt.
Auch den Grundsatz des Vertrauensschutzes für die Steuerpflichtigen hat das FG nicht verletzt. Der Stpfl. mag § 48 Abs. 3 Ziff. 1 EStDV anders ausgelegt und dabei auch auf ein früheres Urteil derselben Kammer des FG vertraut haben. Das gab ihm aber keinen Rechtsanspruch, daß das FG das Gesetz entgegen seiner Rechtsüberzeugung zugunsten des Stpfl. im Streitfall falsch auslegte. Der Stpfl. hätte im übrigen, wenn er sicher gehen wollte, das FA um eine Auskunft über die steuerliche Abzugsfähigkeit der Spende bitten können. Dazu bestand um so mehr Veranlassung, als der Sinn der Steuervergünstigung des § 10 b EStG mindestens insofern offen lag, als bei vernünftiger Abwägung die Förderung ausländischer wissenschaftlicher Institute durch einen Steuerverzicht nicht als Aufgabe des deutschen Steuergesetzgebers verstanden werden kann.
Fundstellen
Haufe-Index 412352 |
BStBl III 1967, 116 |
BFHE 1967, 304 |
BFHE 87, 304 |
BB 1967, 1031 |
DB 1967, 844 |
DStR 1967, 164 |