Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungsbefugnis von vorläufigen Steuerbescheiden; Anforderungen an Vorläufigkeitsvermerk; gewerblicher Grundstückshandel
Leitsatz (NV)
1. Bei für vorläufig erklärten Steuerbescheiden darf das FA im Rahmen der vorbehaltenen Aufklärung von tatsächlichen Ungewißheiten auch erstmalig eine genauere rechtliche Beurteilung vornehmen oder sogar eine vorherige rechtliche Beurteilung ändern.
2. Die fehlende Angabe des Grundes der Vorläufigkeit führt lediglich zur Rechtswidrigkeit, nicht zur Nichtigkeit des Vorläufigkeitsvermerks.
3. Das für einen gewerblichen Grundstückshandel erforderliche Merkmal der Nachhaltigkeit ist bei mehreren Verkaufsgeschäften auch dann erfüllt, wenn die verkauften Objekte durch ein einziges Kaufgeschäft angeschafft worden sind.
4. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Kaufgeschäft und den Verkäufen besteht auch dann, wenn innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren weniger als vier, danach aber in relativ kurzer Zeit weitere Objekte veräußert worden sind.
Normenkette
AO 1977 § 119 Abs. 1, § 165 Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 2 S. 1; EStG § 15 Abs. 2; GewStDV a.F. § 1 Abs. 1
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Sie wurden für die Streitjahre (1978 und 1980) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist von Beruf Ingenieur. Die Klägerin ist Kauffrau. Beide zusammen betreiben als Mitunternehmer eine KG.
Im Jahre 1974 erwarb der Kläger ein Mietwohngrundstück (Lastenwechsel 1. Oktober 1974). Die Wohnungen nutzte er zunächst weiter durch Vermietung. Am 11. November 1976 wandelte er das Mietwohngrundstück in neun Eigentumswohnungen um. Die Grundstücksfläche teilte er in einen bebauten und einen unbebauten Teil auf.
In den Jahren 1977 bis 1980 verkaufte der Kläger sechs der neun Eigentumswohnungen und den unbebauten Grundstücksteil an verschiedene Erwerber, und zwar zwei Wohnungen in 1977, eine Wohnung in 1978 und drei Wohnungen sowie den unbebauten Grundstücksteil in 1980. Der letzte Verkauf fand am 4. Dezember 1980 statt. Gleichzeitig schenkte er die restlichen drei Eigentumswohnungen seiner Ehefrau.
Mit Einkommensteuerbescheid 1977 vom 3. Mai 1979 behandelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Gewinne aus den beiden Verkäufen des Jahres 1977 als gewerbliche Einkünfte. Die Steuerfestsetzung erklärte das FA insoweit für vorläufig. Auf Grund von Einwendungen der Kläger erließ das FA am 3. Dezember 1979 einen geänderten Einkommensteuerbescheid 1977, ohne hierbei die umstrittenen Gewinne anzusetzen. Den Bescheid erklärte das FA wiederum für vorläufig.
Am 23. November 1981 und am 31. März 1982 ergingen Einkommensteuerbescheide für die beiden Streitjahre (1978 und 1980), in denen die in diesen beiden Jahren erzielten Gewinne aus den Wohnungsverkäufen und dem Verkauf des unbebauten Grundstücksteils ebenfalls nicht angesetzt waren. Auch diese beiden Bescheide erklärte das FA für vorläufig. In den Erläuterungen zu den Bescheiden heißt es: ,,Hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie aus Vermietung und Verpachtung ergeht der Bescheid vorläufig gemäß § 165 (1) AO."
Auf Grund einer im Jahre 1984 durchgeführten Außenprüfung kam das FA zu dem Ergebnis, daß der Kläger durch den Kauf des Mietwohngrundstücks, dessen Aufteilung und Umwandlung in Eigentumswohnungen und den anschließenden Verkauf des unbebauten Grundstücksteils und von sechs Eigentumswohnungen einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben habe. Es erließ am 24. Juli 1985 nach § 165 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderte und endgültige Einkommensteuerbescheide für das Jahr 1977 und die Streitjahre (1978 und 1980), mit denen es die aus den Verkäufen erzielten Gewinne als Einkünfte aus Gewerbebetrieb besteuerte.
Die hiergegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte nur hinsichtlich des Jahres 1977 Erfolg. Für dieses Jahr nahm das Finanzgericht (FG) Festsetzungsverjährung an.
Für die Streitjahre 1978 und 1980 wies das FG die Klage ab. Es vertrat für diese Jahre die Auffassung, das FA habe die angegriffenen Änderungsbescheide vom 24. Juli 1985 erlassen dürfen, da die ursprünglichen Bescheide vom 23. November und 31. März 1982 für vorläufig erklärt gewesen seien. Die Vorläufigkeitsvermerke seien zwar möglicherweise rechtswidrig, weil sie nur im Hinblick auf ungewisse Tatsachen zulässig seien. Dem FA seien nämlich bei Erlaß der vorläufigen Bescheide die sechs Wohnungsverkäufe und der Verkauf des unbebauten Grundstücksteils bekannt gewesen. Es habe nur die rechtliche Prüfung unterlassen, ob diese Verkäufe als gewerblicher Grundstückshandel zu werten seien. Diese Prüfung hätte das FA nur durch Vorbehalte der Nachprüfung gemäß § 164 AO 1977 und nicht durch Vorläufigkeitsvermerke nach § 165 Abs. 1 AO 1977 hinausschieben dürfen. Den Klägern sei es aber nicht mehr möglich, sich hierauf zu berufen, weil die vorläufigen Bescheide nicht angefochten worden und daher einschließlich der Vorläufigkeitsvermerke bestandskräftig geworden seien. Der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 25. April 1985 IV R 64/83 (BFHE 143, 500, BStBl II 1985, 648) und im Beschluß vom 22. Dezember 1987 IV B 174/86 (BFHE 152, 43, BStBl II 1988, 234), wonach wegen vorbehaltener Rechtsprüfung und nicht wegen Ungewißheit über Tatsachen ergangene Vorläufigkeitsvermerke auch dann nicht zu einer Änderung der Steuerbescheide führen dürfen, wenn sie bestandskräftig geworden sind, folgte das FG ausdrücklich nicht. Im übrigen vertrat das FG die Auffassung, daß die angegriffenen Änderungsbescheide auch materiell-rechtlich zu Recht ergangen seien, weil die Kläger durch die sechs Wohnungsverkäufe und den Verkauf des unbebauten Grundstücksteils alle Merkmale des gewerblichen Grundstückshandels erfüllt hätten.
Gegen die Klageabweisung richtet sich die vom FG zugelassene Revision der Kläger. Sie berufen sich auf die Rechtsprechung des BFH in BFHE 143, 500, BStBl II 1985, 648 und in BFHE 152, 43, BStBl II 1988, 234, nach der die im Streitfall erfolgte Änderung der vorläufigen Bescheide vom 23. November 1981 und vom 31. März 1982 durch die angegriffenen Bescheide vom 24. Juli 1985 nicht zulässig gewesen sei. Die Vorläufigkeitsvermerke seien im übrigen auch nichtig, weil sie nicht hinreichend bestimmt seien. Unabhängig davon seien die angegriffenen Bescheide auch deshalb rechtswidrig, weil die Merkmale des gewerblichen Grundstückshandels im Streitfall entgegen der Ansicht des FG nicht erfüllt seien. Sie - die Kläger - hätten bei den Verkäufen nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Das FA war berechtigt, auf Grund der Vorläufigkeitserklärungen der Bescheide vom 23. November 1981 und vom 31. März 1982 die angegriffenen Änderungsbescheide vom 24. Juli 1985 für die Jahre 1978 und 1980 zu erlassen. Das hat das FG im Ergebnis zutreffend entschieden.
Dabei kann entgegen der Auffassung des FG offenbleiben, ob der Rechtsprechung des IV. Senats des BFH in BFHE 143, 500, BStBl II 1985, 648, BFHE 152, 43, BStBl II 1988, 234 zu folgen ist, wonach das FA eine bestandskräftige vorläufige Steuerfestsetzung nur im Hinblick auf Erkenntnisse über tatsächliche Verhältnisse, nicht aber allein im Hinblick auf eine veränderte rechtliche Beurteilung ändern darf (a. A. der IX. Senat des BFH im Urteil vom 12. März 1991 IX R 282/87, BFH/NV 1991, 506). Denn im Streitfall ging es bei den angegriffenen Änderungsbescheiden nicht nur um eine geänderte rechtliche Beurteilung, sondern auch um die Ungewißheit über Tatsachen, die für die steuerliche Beurteilung der Grundstücksgeschäfte des Klägers Voraussetzung waren, und die erst durch die Außenprüfung beseitigt wurde.
Es mag zutreffen, daß dem FA bei Erlaß der vorläufig ergangenen Bescheide vom 23. November 1981 und vom 31. März 1984 bereits bekannt war, daß der Kläger nicht nur drei Wohnungen in den Jahren 1977 und 1978, sondern drei weitere Wohnungen und den unbebauten Grundstücksteil im Jahre 1980 verkauft hatte. Diese Gesamtzahl der Verkäufe spielt zwar eine große Rolle bei der Beurteilung der Frage, ob der Kläger einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hat (s. unten unter 4.). Sie liegt sogar über der Zahl von sechs Verkäufen, ab der nach der früheren zum Teil in der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung ein gewerblicher Grundstückshandel erst in Betracht kam. Ein gewerblicher Grundstückshandel ist aber nicht schematisch nur auf Grund der Zahl der Verkäufe gegeben. Es kommt vielmehr immer auf eine Gesamtwürdigung der Verhältnisse des Einzelfalles an (vgl. BFH-Urteil vom 29. März 1972 I R 153/71, BFHE 109, 431, BStBl II 1973, 661; Urteil des erkennenden Senats vom 3. Juni 1987 III R 209/83, BFHE 150, 418, BStBl II 1988, 277). Im Streitfall konnte es daher bei Ergehen der vorläufigen Bescheide am 23. November 1981 und 31. März 1982 noch als ungewiß angesehen werden, ob die dem FA bekannte Zahl von insgesamt sieben Wohnungs- bzw. Grundstücksverkäufen des Klägers für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels ausreichte oder ob es tatsächliche Verhältnisse gab, die trotz der Zahl der Verkäufe einen gewerblichen Grundstückshandel ausschlossen.
Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Kläger gegen den ersten Einkommensteuerbescheid 1977 vom 3. Mai 1979, in dem das FA die drei Wohnungsverkäufe der Jahre 1977 und 1978 bereits als gewerblichen Grundstückshandel beurteilt hatte, Einwendungen tatsächlicher Art erhoben hat, die eine andere Beurteilung herbeiführen sollten. Der Einkommensteuerbescheid 1977 wurde dann im Hinblick auf die gegen ihn erhobenen Einwendungen durch den Änderungsbescheid vom 3. Dezember 1979 für vorläufig erklärt. Auch im Revisionsverfahren bestreitet der Kläger u. a. noch aus tatsächlichen Gründen einen gewerblichen Grundstückshandel. Angesichts dieser Umstände ist davon auszugehen, daß sich das FA bei Erlaß der späteren erstmaligen Bescheide für die Streitjahre 1978 und 1980 nicht nur eine abschließende rechtliche Beurteilung, sondern auch die Aufklärung der näheren tatsächlichen Verhältnisse bei diesen Verkäufen vorbehalten wollte. Zu diesem Zweck durfte das FA nach den Urteilen in BFHE 143, 500, BStBl II 1985, 648 und in BFHE 152, 43, BStBl II 1988, 234 in den Bescheiden vom 23. November 1981 und vom 31. März 1982 Vorläufigkeitsvermerke anbringen. Im Zusammenhang mit der vorbehaltenen Aufklärung der tatsächlichen Ungewißheit durfte das FA dann auch erstmalig eine genauere rechtliche Beurteilung vornehmen oder sogar eine vorherige rechtliche Beurteilung ändern (vgl. BFH-Beschluß in BFHE 152, 43, BStBl II 1988, 234).
2. Gegen die angegriffenen Änderungsbescheide läßt sich nicht einwenden, die Vorbehaltsvermerke in den vorausgegangenen Bescheiden vom 23. November 1981 und 31. März 1982 seien mangels Bestimmtheit nach § 119 Abs. 1 AO 1977 nichtig. Die Vorläufigkeitsvermerke waren vielmehr hinreichend bestimmt. Die in den Bescheiden vom 23. November 1981 und 31. März 1982 in den Erläuterungen erfolgten Hinweise, daß die Bescheide hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie aus Vermietung und Verpachtung vorläufig seien, machten für die Kläger den Umfang der Vorläufigkeit deutlich. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Wortlaut der Hinweise für sich allein den Umfang der Vorläufigkeit schon genügend klar erkennen läßt. Der Umfang der Vorläufigkeit ist nämlich ggf. durch Auslegung zu ermitteln (Urteil des BFH vom 26. Oktober 1988 I R 189/84, BFHE 155, 8, BStBl II 1989, 130). Angesichts des vorausgegangenen Schriftwechsels über den Einkommensteuerbescheid 1977 und die daraufhin erfolgte Vorläufigkeitserklärung dieses Bescheides und der gesamten Umstände des Streitfalles konnten die Kläger die Hinweise in den ursprünglichen Bescheiden für die Streitjahre 1978 und 1980 nur so verstehen, daß damit die in ihrer Beurteilung umstrittenen Einkünfte aus den Grundstücksgeschäften gemeint sein sollten.
3. Allerdings verlangt § 165 Abs. 1 Satz 3 AO 1977 bei für vorläufig erklärten Bescheiden nicht nur die Angabe des Umfangs, sondern auch des Grundes der Vorläufigkeit. Das FA mußte daher den Klägern mitteilen, welche Umstände bei den Bescheiden vom 23. November 1981 und vom 31. März 1982 einer endgültigen Veranlagung entgegenstanden. Die fehlende Begründung führt jedoch lediglich zur Rechtswidrigkeit, nicht zur Nichtigkeit der Vorläufigkeitsvermerke (BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 506, m. w. N.). Diese Rechtswidrigkeit können die Kläger nicht mehr im Verfahren gegen die endgültigen Steuerbescheide geltend machen, nachdem sie die ursprünglichen für vorläufig erklärten Bescheide haben unanfechtbar werden lassen (BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 506).
4. Das FA hat in den angegriffenen Bescheiden - wie das FG zutreffend entschieden hat - den Kauf des Mietwohngrundstücks durch die Kläger im Jahre 1974, die Aufteilung in Eigentumswohnungen und einen unbebauten Grundstücksteil und den in den Jahren 1977 bis 1980 erfolgten Verkauf von sechs Eigentumswohnungen und des unbebauten Grundstücksteils zu Recht als gewerblichen Grundstückshandel beurteilt.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. V. m. § 1 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) i. d. F. der Streitjahre (vgl. nunmehr § 15 Abs. 2 EStG) liegt ein Gewerbebetrieb bei einer selbständigen nachhaltigen Betätigung vor, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes, noch als eine andere selbständige Tätigkeit anzusehen ist; ferner darf sich die Betätigung nicht als private Vermögensverwaltung darstellen (vgl. u. a. BFH-Urteile vom 23. Oktober 1987 III R 275/83, BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293; vom 18. Januar 1989 X R 108/88, BFHE 156, 115, BStBl II 1990, 1051; vom 11. April 1989 VIII R 266/84, BFHE 156, 476, BStBl II 1989, 621).
a) Im Streitfall können keine Zweifel daran bestehen, daß der Kläger beim Kauf des Mietwohngrundstücks und dem Verkauf der Eigentumswohnungen und des unbebauten Grundstücksteils selbständig gehandelt hat.
Der Kläger war bei den Geschäften auch nachhaltig tätig. Das Merkmal der Nachhaltigkeit ist in der Regel zu bejahen bei einer Mehrzahl von Handlungen im Gegensatz zu einer einmaligen Handlung (BFH-Urteile vom 8. August 1979 I R 186/78, BFHE 129, 177, BStBl II 1980, 106; vom 9. Dezember 1986 VIII R 317/82, BFHE 148, 480; in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293, und vom 26. Februar 1988 III R 321/84, BFH/NV 1988, 561). Eine Mehrzahl von Verkäufen von Wohnobjekten oder Grundstücken erfüllt daher das Merkmal der Nachhaltigkeit. Bei mehreren Verkaufsgeschäften hat der erkennende Senat die Nachhaltigkeit auch dann bejaht, wenn die verkauften Wohnungen durch ein einziges Kaufgeschäft angeschafft worden waren (Urteil vom 6. April 1990 III R 28/87, BFHE 160, 494, BStBl II 1990, 1057). Nur wenn bei diesem einzigen Kaufgeschäft keine (auch keine bedingte) Absicht zur Weiterveräußerung der Wohnungen oder Grundstücksteile bestanden hatte, hat der BFH gewerblichen Grundstückshandel verneint, weil die Grenze privater Vermögensverwaltung nicht überschritten war (BFH-Urteile vom 28. April 1988 IV R 102/86, BFH/NV 1989, 101, und IV R 130-131/86, BFH/NV 1989, 102). So lagen die tatsächlichen Verhältnisse im Streitfall aber nicht. Hier ist davon auszugehen, daß der Kläger beim Kauf des Mietwohngrundstücks wenigstens die bedingte Absicht hatte, einen Teil der Wohnungen und den unbebauten Grundstücksteil weiter zu veräußern (s. näher unten unter c).
b) Der Kläger hat auch in Gewinnerzielungsabsicht gehandelt, wie sich schon an dem tatsächlich erzielten hohen Gewinn zeigt.
Entgegen der in der Revisionsschrift vorgetragenen Auffassung hat der Kläger ferner bei den Grundstücksverkäufen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen. Die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfordert, daß sich der Verkäufer mit seiner Verkaufsabsicht an den allgemeinen Markt (BFH-Urteil vom 20. Dezember 1963 VI 313/62 U, BFHE 78, 352, BStBl III 1964, 137), d. h. an einen nicht abgeschlossenen Kreis von Personen (BFH-Urteil vom 10. August 1983 I R 120/80, BFHE 139, 386, BStBl II 1984, 137), wendet. Dazu braucht nicht immer eine besondere Werbung zu erfolgen. Der Verkäufer kann sich auch die Werbung anderer zunutze machen. Es genügt sogar, wenn die Verkaufsabsicht nur einem kleinen Kreis von Personen - unter Umständen auch nur einer Person - bekannt wird und der Verkäufer damit rechnet, die Verkaufsabsicht werde sich herumsprechen (Urteil in BFHE 139, 386, BStBl II 1984, 137). Entscheidend ist, daß der Verkäufer sich insofern an den allgemeinen Markt wendet, als er an jeden, der die Kaufbedingungen erfüllt, verkaufen will (Urteil des erkennenden Senats in BFH/NV 1988, 561).
Das FG hat hierzu ausgeführt, daß sich der Kläger gegenüber interessierten Erwerbern verkaufsbereit gehalten habe. Eine solche Kaufgelegenheit habe sich auch ohne aktives Tun schnell herumgesprochen, da an Eigentumswohnungen der Preisklasse, wie sie der Kläger verkauft hat, in A ein starkes Interesse bestehe. Auf Grund dieser Feststellungen hat das FG zu Recht die oben beschriebenen Merkmale der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr bejaht.
c) Die Grundstücksgeschäfte des Klägers stellen sich nicht als private Vermögensverwaltung dar. Nach der Rechtsprechung des BFH liegt die zahlenmäßige Grenze, ab der gewerblicher Grundstückshandel angenommen werden kann, beim Verkauf von vier Wohnungen oder Grundstücken (vgl. Urteile des erkennenden Senats in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293; in BFH/NV 1988, 561, und in BFHE 160, 494, BStBl II 1990, 1057; ferner Urteile des BFH vom 8. August 1979 I R 186/78, BFHE 129, 177, BStBl II 1980, 106; vom 23. Januar 1985 I R 284/81, BFH/NV 1985, 14; vom 11. April 1989 VIII R 266/84, BFHE 156, 476, BStBl II 1989, 621, und vom 19. Dezember 1990 X R 165/87, BFH/NV 1991, 381). Diese zahlenmäßige Grenze hat der Kläger durch die insgesamt sieben Verkäufe erheblich überschritten.
Allerdings reicht der bloße Verkauf von mehr als drei Wohnungen noch nicht aus, um über den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung hinauszugehen. Der gewerbliche Handel mit Wohnungen oder Grundstücken kommt vielmehr in der Regel erst dadurch zustande, daß der Veräußerer die Wohnungen oder Grundstücke zuvor gekauft (oder selbst errichtet hat) und sie in engem zeitlichen Zusammenhang damit veräußert. Ein enger zeitlicher Zusammenhang wird in der Regel angenommen, wenn die Zeitspanne zwischen Kauf (oder Errichtung) und Verkauf der Wohnungen oder Grundstücke nicht mehr als fünf Jahre beträgt (Urteile in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293; in BFH/NV 1988, 561; in BFHE 160, 494, BStBl II 1990, 1057; in BFH/NV 1991, 381; vom 22. März 1990 IV R 23/88, BFHE 160, 249, BStBl II 1990, 637). Aber auch dann, wenn innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach dem Kauf weniger als vier, danach aber in relativ kurzer Zeit planmäßig weitere Objekte veräußert werden, ist noch ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben (vgl. Urteil des BFH vom 5. September 1990 X R 107-108/89, BFHE 161, 543, BStBl II 1990, 1060). Besteht ein solcher zeitlicher Zusammenhang, zwingt dies nach den Regeln der Lebenserfahrung mangels eindeutiger gegenteiliger Anhaltspunkte zu der Schlußfolgerung, daß bei dem Kauf der Wohnungen zumindest eine bedingte Verkaufsabsicht bestanden hat (vgl. Urteile des Senats in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293; in BFH/NV 1988, 561, und in BFHE 160, 494, BStBl II 1990, 1057). Unerheblich ist, ob bei dem Kauf der Wohnungen schon eine feste Verkaufsabsicht bestanden hat oder ob die eigentliche Absicht auf eine anderweitige Nutzung als durch Verkauf gerichtet war (Urteile in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293; in BFH/NV 1988, 561; in BFHE 160, 494, BStBl II 1990, 1057; in BFHE 161, 543, BStBl II 1990, 1060).
Danach hat der Kläger die sechs Eigentumswohnungen und den unbebauten Grundstücksteil in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Kauf des Mietwohngrundstücks verkauft. Er hat innerhalb des Fünfjahreszeitraums nach dem Kauf bereits drei Wohnungen und in etwas mehr als einem Jahr nach dem Ablauf des Fünfjahreszeitraums weitere drei Wohnungen und den unbebauten Grundstücksteil verkauft. Deshalb ist davon auszugehen, daß der Kläger bereits beim Kauf des Mietwohngrundstücks zumindest eine bedingte Absicht zu den Verkäufen hatte.
Dagegen spricht nicht, daß aus dem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Kauf und Verkauf der Wohnungen und des unbebauten Grundstücksteils nur dann auf eine bereits beim Kauf bestehende bedingte Verkaufsabsicht zu schließen ist, wenn keine eindeutigen gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen (vgl. Urteil des erkennenden Senats in BFHE 160, 494, BStBl II 1990, 1057). Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Kauf und Veräußerung ist zwar nur ein Beweiszeichen, das durch andere Sachverhaltsmerkmale erschüttert werden kann (Urteil des BFH in BFH/NV 1991, 381). Die bloße Behauptung, der Kläger habe die Gebäude nicht veräußern, sondern langfristig durch Vermietung nutzen wollen, reicht aber für eine Erschütterung des Beweiszeichens nicht aus. Die Absicht des Klägers beim Kauf des Mietwohngebäudes kann wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden (Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 12. Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620, und vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751; s. auch Urteil des erkennenden Senats in BFHE 160, 494, BStBl II 1990, 1057). Es muß sich daher um objektive Tatsachen handeln, die Anhaltspunkte dafür bieten, daß der Kläger das Mietwohngebäude bei seinem Kauf auf keinen Fall alsbald in Eigentumswohnungen aufteilen und verkaufen, sondern unbedingt anderweitig als durch Verkauf nutzen wollte.
Die Außenprüfung beim Kläger hat offenbar keine solche objektiven Tatsachen ergeben. Die Kläger haben im Klageverfahren und im Revisionsverfahren auch keine derartigen Umstände vorgetragen. Ihr Vortrag, daß der Kläger bei den ersten Verkäufen von Mietern oder wegen schlechter Vermietbarkeit einzelner Wohnungen zur Veräußerung gedrängt worden sei, bietet keine derartigen Anhaltspunkte. Der Anlaß für den Verkauf sagt nichts darüber aus, ob der Kläger nicht auch aus anderen Gründen zum Verkauf bereit gewesen wäre und insofern von Anfang an eine bedingte Verkaufsabsicht hatte. Die Annahme einer bedingten Verkaufsabsicht bei einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Kauf und Verkauf von Wohnobjekten kann daher nur durch solche objektiven Umstände erschüttert werden, die unabhängig vom Anlaß für den Verkauf darauf hindeuten, daß der Kläger beim Kauf noch keine (auch nur bedingte) Absicht zum Verkauf hatte. Solche Umstände, die der BFH z. B. nach der Errichtung von Wohnungen in dem Abschluß langfristiger Mietverträge oder (unter bestimmten Voraussetzungen) in der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken gesehen hat (vgl. BFH-Urteil vom 28. September 1987 VIII R 46/84, BFHE 151, 74, BStBl II 1988, 65, und BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 381) liegen im Streitfall nicht vor.
Fundstellen
Haufe-Index 418172 |
BFH/NV 1992, 464 |