Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Beschädigung eines zum Teil beruflich, zum Teil privat benutzten PKW auf einer Privatfahrt kann bei einem selbständig Berufstätigen den Gewinn nicht beeinflussen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 12
Tatbestand
Der Beschwerdegegner (Bg.) ist praktizierender Zahnarzt. Er beschaffte am 8. Februar 1951 einen PKW Goliath für 5 963 DM, der durch Unfall bei einer Privatfahrt am 5. August 1951 zerstört wurde; für den zerstörten Wagen wurde ein Erlös von 1 000 DM erzielt.
Der Bg. begehrte für 1951 die Absetzung der Hälfte des Wagenwertes als Betriebsausgabe entsprechend einer betrieblichen Benutzung von 50 v. H.
Das Finanzamt lehnte dies ab, zuletzt mit Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 1954. Da der Wagen unstreitig auf einer Privatfahrt zerstört worden sei, könne der dadurch verursachte Schaden auch nicht zum Teil gewinnmindernd behandelt werden. Andererseits dürfe der Erlös von 1 000 DM für den zerstörten Wagen auch nicht zu den Einnahmen gezählt werden.
Das Finanzgericht ließ die Absetzung der Hälfte des durch den Unfall erlittenen Schadens zu, verringerte den Absetzungsbetrag aber um 50 % des Resterlöses von 1 000 DM = 500 DM. Es führte aus, der Bundesfinanzhof habe in seinem Urteil IV 536/52 U vom 9. Oktober 1953 (Bundessteuerblatt - BStBl - 1953 III S. 337) entschieden, daß bei der Benutzung eines PKW auch zu Privatfahrten eine Aufteilung der Gesamtaufwendungen nach dem Verhältnis der betrieblichen und der privaten Nutzung stattzufinden habe. Zu den Gesamtaufwendungen für einen Kraftwagen sei nicht nur die gewöhnliche Absetzung für Abnutzung (AfA), sondern auch die außergewöhnliche Abschreibung wegen Verlustes oder Teilverlustes des Wagens zu zählen; stets handle es sich um einen Substanzverlust. Deshalb sei auch im vorliegenden Falle der Verlust des Wagens entsprechend dem Grade seiner betrieblichen Benutzung in Höhe von 50 v. H. als Betriebsausgabe zu berücksichtigen. Das entgegenstehende Urteil des Reichsfinanzhofs IV 62/42 vom 13. August 1942 (Reichssteuerblatt - RStBl. - 1942 S. 923) lasse sich nicht aufrechterhalten.
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts, mit der geltend gemacht wird, das Finanzgericht ziehe aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs IV 536/52 U vom 9. Oktober 1953, Slg. Bd. 58 S. 120, BStBl 1953 III S. 337 falsche Schlüsse. Unter Gesamtaufwendungen habe dieses Urteil lediglich die laufenden Kosten, feste und bewegliche, verstanden wissen wollen. Aufwendungen, die durch einen Unfall bei einer Privatfahrt entstanden seien, könnten bei der Gewinnermittlung nicht berücksichtigt werden. Umgekehrt sei ein bei einer Berufsfahrt eintretender voller Substanzverlust des Wagens voll als Betriebsausgabe zu behandeln ohne Rücksicht darauf, ob und in welchem Masse dieser Wagen privaten Zwecken diene.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist begründet. Es ist unbestritten, daß der Personenkraftwagen des Bg. bei einer Privatfahrt zertrümmert worden ist. Der Kraftwagen wurde zu je 50 v. H. für berufliche und private Zwecke benutzt. über den Anteil der privaten Nutzung hat Streit geherrscht; das Finanzgericht hat ebenso wie das Finanzamt den privaten Anteil mit 50 v. H. geschätzt, ohne daß der Bg. weitere Einwendungen hiergegen erhoben hat.
Aus dem Urteil des erkennenden Senats IV 536/52 U vom 9. Oktober 1953, in welchem erkannt war, daß bei privater Benutzung eines zum Betriebsvermögen gehörigen PKW eine Aufteilung der Gesamtaufwendungen stattzufinden habe, schließt das Finanzgericht, daß auch der durch den Verlust des Wagens entstandene Schaden im Verhältnis der Wagenbenutzung auf Betriebsausgaben und Privatentnahmen zu verteilen sei.
Das wird mit der Rb. mit Recht gerügt. Das angezogene Urteil regelt lediglich die steuerliche Behandlung der laufenden, festen und beweglichen Kosten, beschäftigt sich aber nicht mit der hier zur Entscheidung stehenden Frage. Einfluß auf den Gewinn des Bg. aus seiner Berufstätigkeit können nur solche Vorgänge haben, die durch die betriebliche oder berufliche Tätigkeit des Bg. veranlaßt sind. Der PKW des Bg. ist aber unbestritten bei einer privaten Fahrt zu Schaden gekommen. Dieser Schaden ist steuerlich unerheblich und vermag eine Minderung des Gewinnes aus selbständiger Berufstätigkeit des Bg. nicht zu bewirken. Das Verhältnis der beruflichen und privaten Benutzung spielt hier keine Rolle. Wäre der Wagen, der zu je 50 v. H. der Berufsausübung wie der privaten Benutzung dient, auf einer ausschließlich beruflich bedingten Fahrt zu Schaden gekommen, so würde der Gewinn aus der Berufstätigkeit in der Regel mit dem vollen Schaden zu belasten sein. Das Verhältnis der beruflichen und privaten Nutzung könnte hier ebenso nicht in Betracht gezogen werden.
Demgemäß war der Gesamtverlust als ein außerhalb der beruflichen Sphäre eingetretener Verlust zu behandeln; er hat sich auf dem privaten Sektor, nicht auf dem beruflichen, abgespielt. Folgerichtig hat das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung auch die Einnahme von 1 000 DM für den zertrümmerten Wagen außer Ansatz gelassen. Das Finanzamt hatte auch keine Veranlassung, der Frage, ob der Kraftwagen dem Betriebsvermögen des Bg. zuzurechnen war oder als Gegenstand des Privatvermögens anzusehen war, nachzugehen. Denn selbst, wenn der Kraftwagen zum Betriebsvermögen gehörte - aus den Akten kann nicht mit Sicherheit entnommen werden, ob die dafür notwendige buchmäßig Klarheit gegeben war (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 19/55 vom 12. Mai 1955, Slg. Bd. 61 S. 18, BStBl 1955 III S. 205) -, kann sein Verlust auf einer unbestritten privaten Fahrt nicht zu einer Gewinnminderung führen. Der Senat schließt sich der entsprechend lautenden Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs an (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs IV 62/42 vom 13. August 1942, RStBl 1942 S. 923; VI 739/38 vom 14. Dezember 1938, RStBl 1939 S. 212).
Die angegriffene Entscheidung muß deshalb aufgehoben und die Einspruchsentscheidung wiederhergestellt werden.
Fundstellen
Haufe-Index 408461 |
BStBl III 1956, 176 |
BFHE 1956, 474 |
BFHE 62, 474 |
BB 1956, 489 |
DB 1956, 515 |