Leitsatz (amtlich)
1. Ein beschränkt steuerpflichtig gewordener Verpächter eines Gewerbebetriebs bezieht nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 13. November 1963 GrS 1/63 S (BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124) weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb, solange er für seinen Gewerbebetrieb im Inland einen ständigen Vertreter bestellt hat und während dieser Zeit weder eine Betriebsaufgabe erklärt noch den Betrieb veräußert.
2. Inländischer ständiger Vertreter des Verpächters kann in dem unter 1. erwähnten Fall auch der Pächter des Gewerbebetriebs sein, wenn auf ihn die Merkmale des BFH-Urteils vom 28. Juni 1972 I R 35/70 (BFHE 106, 206, BStBl II 1972, 785) zutreffen.
Normenkette
EStG § 15 Nr. 1, § 16 Abs. 3, § 49 Abs. 1 Nr. 2, § 50; DBA USA Art. 3, 9
Tatbestand
Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Eigentümerin eines Hotelbetriebs in R. Sie heiratete 1963 einen amerikanischen Staatsbürger, führte aber den Hotelbetrieb in R nach ihrer Verheiratung zunächst weiter. 1966 faßte sie den Entschluß, ihrem Ehemann endgültig in die USA zu folgen. Sie verpachtete Anfang des Jahres 1967 den Hotelbetrieb - mit Ausnahme ihrer Privatwohnung sowie eines auf dem Hotelgrundstück gelegenen, anderweitig verpachteten Verkaufsstandes - an den Zeugen S und wanderte noch 1967 in die USA aus.
Zwischendurch wohnten die Eheleute aufgrund einer Auslandstätigkeit des Ehemannes in W; zur Zeit der Vorentscheidung lebten sie in H, wo der Ehemann am amerikanischen Konsulat beschäftigt war.
Das Pachtverhältnis hinsichtlich des auf dem Hotelgrundstück gelegenen, anderweitig verpachteten Verkaufsstands lief 1968 ab. Die Klägerin ließ den Grundstücksteil, auf dem sich der Verkaufsstand befindet, von dem Hotelgrundstück abtrennen und verkaufte den Grund und Boden mit dem Verkaufsstand, der zum 31. Dezember 1967 mit 7 675 DM zu Buche stand, für 70 000 DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) errechnete hieraus einen Veräußerungsgewinn von 61 862 DM. Diesen Gewinn rechnete das FA bei der Veranlagung für das Streitjahr 1968 den Einkünften aus Gewerbebetrieb hinzu; als die die Klägerin die Erträge aus der Verpachtung des Hotels und des Verkaufsstands erklärt hatte. Gegen die Hinzurechnung des Veräußerungsgewinns wandte sich die Klägerin nach erfolglosem Einspruch mit der Klage, in der sie begehrte, den aus der Veräußerung des Grundstücksteils mit dem aufstehenden Verkaufsstand erzielten Gewinn nach §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) tariflich zu begünstigen.
Das Finanzgericht (FG) wies im ersten Rechtsgang die Klage ab. Es führte aus, der Grundstücksteil, auf dem der Verkaufsstand stehe, habe nach seiner Verpachtung zum gewillkürten Betriebsvermögen gehört. Die Veräußerung oder Aufgabe eines Teilbetriebs sei mit der Veräußerung des Verkaufsstands nicht verbunden gewesen.
Auf die Revision der Klägerin hob der erkennende Senat mit Urteil vom 8. September 1976 I R 1/75 (nicht veröffentlicht) diese Entscheidung des FG auf und verwies die Sache an das FG zurück. Der Senat führte aus, in dem angefochtenen Steuerbescheid 1968 sei die Klägerin entsprechend ihrer Steuererklärung als beschränkt steuerpflichtige natürliche Person behandelt worden, die aus einem inländischen Gewerbebetrieb Einkünfte beziehe. Habe das FA die beschränkte Steuerpflicht der Klägerin zutreffend angenommen, richte sich die Besteuerung nach § 49 EStG. Nach Abs. 1 Nr. 2 dieser Vorschrift lägen bei beschränkt steuerpflichtigen Personen Einkünfte aus Gewerbebetrieb nur vor, wenn für einen Gewerbebetrieb im Inland eine Betriebstätte unterhalten werde oder ein ständiger Vertreter bestellt sei. Feststellungen hierzu habe die Vorinstanz bisher nicht getroffen.
Im zweiten Rechtsgang stellte die Klägerin beim FG den Antrag, den Veräußerungsgewinn von 61 862 DM bei der Einkommensteuerveranlagung 1968 vollständig außer Ansatz zu lassen.
Das FG hat nach einer Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Es hielt die Klägerin im Streitjahr 1968 für beschränkt steuerpflichtig, weil sie im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe.
Die inländischen Einkünfte der Klägerin seien als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Entgegen der Auffassung der Klägerin sei der Pächter ihres Hotelbetriebs in R, der Zeuge S, als ihr ständiger Vertreter anzusehen. Zwar sei der Klägerin darin zu folgen, daß ein Pächter regelmäßig - also ohne Hinzutreten weiterer Umstände - nicht zugleich auch als ständiger Vertreter des ausländischen Verpächters eines inländischen Gewerbebetriebs angesehen werden könne. Die Klägerin übersehe jedoch, daß S nach ihrer Auswanderung in die USA ihr gegenüber keineswegs nur die Stellung eines Pächters eingenommen, sondern darüber hinaus im Rahmen ihrer Weisungen umfassend ihre Interessen wahrgenommen habe.
Da die Klägerin unstreitig anläßlich der Hotelverpachtung eine Betriebsaufgabe nicht erklärt habe, seien ihre Einkünfte - einschließlich des Gewinns aus der Veräußerung des abgetrennten Grundstücksteils - weiterhin als solche aus Gewerbebetrieb anzusehen und demgemäß grundsätzlich im Inland - vorbehaltlich der Bestimmungen des maßgeblichen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) - von der Klägerin zu versteuern. Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und einiger anderen Steuern vom 22. Juli 1954 i. d. F. des Protokolls vom 17. September 1965 - DBA-USA 1965 - (BGBl II, 746, BStBl I 1966, 865) greife im Streitfall nicht zugunsten der Klägerin ein. Denn bei den unbestrittenen Einkünften handle es sich um solche aus unbeweglichem Vermögen, die gemäß Art. IX Abs. 1 des Abkommens der inländischen Besteuerung unterlägen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der Revision. Die Klägerin rügt, das FG habe den Begriff des ständigen Vertreters im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG verkannt. Sie habe durch eine Bestimmung im Pachtvertrag sicherstellen wollen, daß sie von allen Vorgängen und Ereignissen unterrichtet werde, die ihren inländischen Grundbesitz beträfen. Aus einer Informationspflicht des Pächters könne nicht hergeleitet werden, daß dieser zum ständigen Vertreter bestellt worden sei mit der Folge, daß die Klägerin ihren Nutzen aus dem Pachtvertrag nur mit Hilfe dieses Vertreters ziehen könne. Ihre Gewinne seien vielmehr aufgrund des Pachtvertrages angefallen. Auch aus dem Umstand, daß für die Klägerin bestimmte behördliche Schriftstücke an den Pächter adressiert worden seien, ergebe sich nichts, was für seine Eigenschaft als ständiger Vertreter im Sinne des § 49 EStG spreche. Das FG habe ferner verkannt, daß ein Pächter dann nicht als ständiger Vertreter angesehen werden könne, wenn er im eigenen Interesse Maßnahmen treffe, die der Nutzung des gepachteten Objekts dienten. Laut Pachtvertrag sei der Pächter "zur Abwendung einer akuten Gefahr" befugt gewesen, im Auftrage der Klägerin Aufträge zu erteilen. Soweit er Aufträge erteilt habe, um die jederzeitige Benutzung des Hotels zu sichern, habe der Pächter im eigenen gewerblichen Interesse gehandelt.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung entsprechend dem im zweiten Rechtsgang gestellten Klageantrag zu erkennen.
Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Das FG ist auf Grund der Beweisaufnahme zutreffend zu der rechtlichen Schlußfolgerung gelangt, daß die Klägerin nach ihrem endgültigen Wegzug in die USA im Jahre 1967 in der Bundesrepublik Deutschland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte und demgemäß mit ihren inländischen Einkünften im Sinne des § 49 EStG beschränkt einkommensteuerpflichtig ist (§ 1 Abs. 2 EStG). Die Klägerin hat zwar ihre bisherige Wohnung im Inland - in R - nicht mitverpachtet und für sich zurückbehalten; aus den Feststellungen des FG ergibt sich aber, daß die Klägerin diese Wohnung nur für den Notfall zur Verfügung haben wollte, sie ihr aber nicht als "Bleibe" im Sinne einer ständigen oder doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit sich vollziehenden Nutzung diente. Das FG hat ferner für den erkennenden Senat bindend (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) festgestellt, daß die Klägerin bei ihrer Übersiedlung nach den USA nicht die Absicht hatte, demnächst im Inland eine andere Wohnung zu beziehen und diese dann beizubehalten (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. Juli 1972 I R 138/70, BFHE 106, 537, BStBl II 1972, 949). Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn das FG dem Umstand keine Bedeutung beigemessen hat, daß sich die Klägerin bei ihrem Wegzug nicht polizeilich abgemeldet hat. Dem FG ist weiterhin darin beizupflichten, daß die Klägerin durch einen kurzfristigen Besuch in der Bundesrepublik Deutschland während des Jahres 1968 nicht die Merkmale des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland (§ 14 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -) erfüllt hat.
2. § 49 EStG führt im einzelnen auf, welche inländischen Einkünfte der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Die Einkünfte aus der Verpachtung des Besitzes in R sind entweder als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG) oder als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Abs. 1 Nr. 6 dieser Vorschrift) zu qualifizieren. Der streitige Veräußerungsgewinn ist, wie schon in der im 1. Rechtsgang ergangenen Entscheidung des Senats ausgeführt ist, nur dann zu versteuern, wenn er zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15, § 16 EStG) rechnet. Der Senat ist mit dem FG der Auffassung, daß im Streitfall die Verpachtung eine gewerbliche Tätigkeit darstellt.
a) Die Klägerin hat anläßlich der noch vor ihrer Auswanderung stattgefundenen Verpachtung des Hotelbetriebs an den Zeugen S im Jahre 1967 eine Betriebsaufgabe nicht erklärt. Es kommen daher die Grundsätze der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 13. November 1963 GrS 1/63 S (BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124) zur Anwendung, daß - so lange eine Erklärung des Verpächters nicht vorliegt, mit der Verpachtung habe er seinen bisherigen Gewerbebetrieb aufgegeben - die verpachteten Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen des Verpächters bleiben. Das hat zur Folge, daß er weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezieht. Daraus ergibt sich aber auch, daß die im verpachteten Betrieb vorhandenen stillen Reserven erst aufgedeckt und zu versteuern sind, wenn der Verpächter die Betriebsgegenstände in sein Privatvermögen überführt (§ 16 Abs. 3 EStG) oder wenn er vorher den verpachteten Betrieb veräußert (§ 16 Abs. 1 EStG).
Mit dem Beginn der beschränkten Steuerpflicht setzt vielfach eine andersartige Qualifizierung der inländischen Einkünfte des Steuerpflichtigen ein. Bei beschränkter Steuerpflicht ist darauf abzustellen, wie sich diese Einkünfte vom Inland aus gesehen darstellen. Auf die Person oder die Organisationsform des Steuerpflichtigen kommt es wegen des objektsteuerähnlichen Charakters der beschränkten Steuerpflicht nicht an (sog. isolierende Betrachtungsweise). Besitzt z. B. eine ausländische Kapitalgesellschaft im Inland ein Mietwohngrundstück, ohne im Inland eine gewerbliche Tätigkeit zu entfalten, so hat sie - weil die Art ihrer Einkünfte nach dem im Inland verwirklichten Tatbestand zu beurteilen ist - im Inland Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (BFH-Urteil vom 20. Januar 1959 I 112/57 S, BFHE 68, 340, BStBl III 1959, 133).
Die Umqualifizierung bisheriger gewerblicher Einkünfte in eine andere Einkunftsart anläßlich des Eintritts der beschränkten Steuerpflicht - hervorgerufen insbesondere durch Betriebs- oder Wohnsitzverlegung in das Ausland - führt in der Regel zur Aufdeckung und Besteuerung der stillen Reserven nach den Grundsätzen über die Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 EStG). Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 28. April 1971 I R 55/66, BFHE 102, 374, BStBl II 1971, 630, und vom 30. Mai 1972 VIII R 111/69, BFHE 106, 198, BStBl II 1972, 760; Beschluß vom 7. Oktober 1974 GrS 1/73, BFHE 114, 189, BStBl II 1975, 168; Urteile vom 13. Oktober 1976 I R 261/70, BFHE 120, 225, BStBl II 1977, 76; vom 26. Januar 1977 VIII R 109/75, BFHE 121, 63, BStBl II 1977, 283) ist eine Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 EStG nicht nur bei Auflösung des Betriebs, sondern auch dann gegeben, wenn der Betrieb als wirtschaftlicher Organismus zwar bestehen bleibt, er durch eine Handlung des Steuerpflichtigen oder durch einen Rechtsvorgang in seiner ertragsteuerlichen Einordnung so verändert wird, daß die Erfassung der im Buchansatz für die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens enthaltenen stillen Reserven nicht mehr gewährleistet wird. Nach diesen Grundsätzen ist die Betriebsverlegung vom Inland in das Ausland als Betriebsaufgabe angesehen worden, wenn der Gewinn aus dem in das Ausland verlegten Gewerbebetrieb aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens nicht der inländischen Besteuerung unterliegt (I R 55/66). Speziell mit der Wohnsitzverlegung in das Ausland befaßt sich die Entscheidung I R 261/70: Verlegt ein freiberuflich tätiger Erfinder seinen Wohnsitz in das Ausland, sind die in den Patenten ruhenden stillen Reserven nach den auch für freiberuflich Tätige anzuwendenden Regeln über die Betriebsaufgabe steuerlich zu erfassen, wenn durch die Wohnsitzverlegung das inländische Besteuerungsrecht entfällt. Daß auch die Wohnsitzverlegung des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft in das Ausland zu einer Auflösung der in seiner Beteiligung ruhenden stillen Reserven führen kann, zeigt die Entscheidung VIII R 109/75: War ein Einzelunternehmen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine Kapitalgesellschaft eingebracht und dabei von einer Auflösung der stillen Reserven abgesehen worden, so ist ein Gewinn oder Verlust aufzudecken, wenn der Einbringende beschränkt steuerpflichtig wird.
Verlegt der Verpächter eines Betriebs, der mangels einer Betriebsaufgabeerklärung seine Pachteinnahmen entsprechend den Grundsätzen der Entscheidung GrS 1/63 S als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu versteuern hat, seinen Wohnsitz in das Ausland, können mit dem Eintritt der beschränkten Steuerpflicht die Einkünfte aus der Betriebsverpachtung grundsätzlich nicht mehr als gewerbliche Einkünfte angesehen werden; sie sind künftig als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG) zu qualifizieren. Der erkennende Senat hat schon in seiner im ersten Rechtsgang erlassenen Entscheidung darauf hingewiesen, daß nach der Rechtsprechung (BFH-Beschlüsse vom 30. August 1960 I B 148/59 U, BFHE 71, 585, BStBl III 1960, 468; vom 16. August 1962 I B 223/61 S, BFHE 75, 573, BStBl III 1962, 477; vom 18. März 1965 IV B 411/62 U, BFHE 82, 217, BStBl III 1965, 324; BFH-Urteil vom 14. Juli 1971 I R 127/68, BFHE 103, 195, BStBl II 1971, 776) bei Betriebsverpachtung der Verpächter grundsätzlich keine inländische Betriebstätte in dem verpachteten Betriebsvermögen unterhält. Spätere Gewinne aus der Veräußerung des verpachteten Betriebsvermögens können demnach bei beschränkt steuerpflichtigen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht mehr erfaßt werden. Dieser Umstand führt dazu, in der Auswanderung eine Betriebsaufgabe im Sinne des § 16 Abs. 3 EStG (Aufgabe der Verpachtung als gewerbliche Tätigkeit) zu sehen mit der Folge, daß die stillen Reserven versteuert werden müssen.
Der erkennende Senat ist aber der Auffassung, daß diese Folge - Umqualifizierung der Einkünfte in eine andere Einkunftsart, verbunden mit der Aufdeckung der stillen Reserven - dann nicht Platz greift, wenn der ausgewanderte Verpächter des Gewerbebetriebs hinsichtlich seiner Verpächtertätigkeit im Inland einen ständigen Vertreter bestellt hat (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Der ständige Vertreter im Sinne der zuletzt genannten Vorschrift ist gewissermaßen der verlängerte Arm des ausländischen Unternehmers im Inland. Durch ihn übt der in das Ausland verzogene Steuerpflichtige seine inländische Tätigkeit weiterhin aus. Das rechtfertigt es, solange ein inländischer Vertreter vorhanden ist und zwischenzeitlich weder eine Betriebsaufgabe ausdrücklich erklärt worden ist noch eine Betriebsveräußerung stattgefunden hat, entsprechend den Grundsätzen der Entscheidung GrS 1/63 S weiterhin von inländischen Einkünften aus Gewerbebetrieb auszugehen, die der Besteuerung nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG unterliegen.
Dieses Ergebnis steht mit den Grundsätzen der sogenannten isolierenden Betrachtungsweise nicht in Widerspruch. Die isolierende Betrachtungsweise will lediglich verhindern, daß für die Qualifikation inländischer Einkünfte auf die - schwer nachprüfbaren - Verhältnisse des Steuerpflichtigen im Ausland abgestellt werden muß. Sie verhindert jedoch nicht die Berücksichtigung aller für die Besteuerung maßgeblichen inländischen Verhältnisse - auch soweit inländische steuerliche Tatbestände in der Vergangenheit verwirklicht worden sind -, die in die rechtliche Beurteilung eines späteren Veranlagungszeitraumes einzubeziehen sind. Im Streitfall ist die Annahme von Einkünften aus Gewerbebetrieb nach den Verhältnissen der Klägerin im Inland gerechtfertigt. Sie sind dadurch gekennzeichnet, daß die Klägerin in der Vergangenheit Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt und weder zur Zeit der Verpachtung noch zu einem späteren Zeitpunkt eine Betriebsaufgabeerklärung abgegeben sowie - wie im folgenden aufgezeigt wird - einen ständigen Vertreter im Inland bestellt hat.
b) Das FG ist aufgrund der Beweisaufnahme im Ergebnis zutreffend zu der rechtlichen Schlußfolgerung gelangt, daß der Pächter S als ständiger Vertreter der Klägerin im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusehen ist. Das FG ist von der Begriffsbestimmung des ständigen Vertreters in dem Urteil des erkennenden Senats vom 28. Juni 1972 I R 35/70 (BFHE 106, 206, BStBl II 1972, 785) ausgegangen. In dieser Entscheidung ist die bisherige Rechtsprechung aufgegeben worden, die besagte, daß bei Bestellung eines Gewerbetreibenden zum ständigen Vertreter von einem solchen nur gesprochen werden könne, wenn dessen Vertretertätigkeit außerhalb des Rahmens des eigenen Gewerbebetriebs liege.
Der erkennende Senat ist mit dem FG der Auffassung, daß auch der Pächter eines Gewerbebetriebs ständiger Vertreter des Verpächters sein kann. Allerdings wird der Pächter nicht schon dann zum ständigen Vertreter, wenn er lediglich die ihn treffenden gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten eines Pächters erfüllt, z. B. seinen Anzeigepflichten gegenüber dem Verpächter nachkommt oder die auf ihn abgewälzten Schönheits- oder kleineren Reparaturen ausführt. Eine ständige Vertretung des Verpächters durch den Pächter kann demnach nur in Betracht kommen, wenn der Pächter über seine Pächterpflichten hinaus die wirtschaftlichen Interessen des Verpächters hinsichtlich der Erhaltung, Erneuerung oder Erweiterung der Betriebseinrichtungen wahrzunehmen übernommen hat, also Handlungen vornimmt, die in den betrieblichen Bereich des Verpächters fallen. Es kommt entgegen der Auffassung der Revision nicht darauf an, daß der Pächter von der Besorgung der Verpächtergeschäfte auch einen eigenen Nutzen hat, er demnach nicht ausschließlich zum Nutzen des Verpächters handelt. Eine ausdrückliche Vollmacht oder gesetzliche Vertretungsbefugnis im Sinne der §§ 164 ff. BGB ist nicht erforderlich. Ebenso ist es unerheblich, ob nach außen im eigenen oder fremden Namen gehandelt wird. Auf Grund des § 7 Abs. 2 des Pachtvertrages und der Umstände des Falles ist davon auszugehen, daß der Pächter S von der Klägerin zur Wahrnehmung ihrer Verpächterinteressen bevollmächtigt und bestellt war.
Einen breiten Raum nimmt in der Vorentscheidung das Handeln des Pächters S im Namen oder im Interesse der Klägerin gegenüber den Finanzbehörden ein, so daß der Eindruck entstehen könnte, es komme entscheidend darauf an, inwieweit S bei der Abgabe von Steuererklärungen und der Entgegennahme von Steuerbescheiden und dgl. für die Klägerin tätig war. Hier kann es sich allenfalls um Hilfstätigkeiten handeln, die aber nicht unmittelbar dazu dienten, die wirtschaftliche Aktivität der Klägerin im Inland zu verwirklichen.
Das FG hat jedoch seine Auffassung, S sei ständiger Vertreter der Klägerin gewesen, nicht allein hierauf gestützt. Es ist auf Grund der Aussage des mehrfach als Zeugen vernommenen Pächters S und der Einlassung der Klägerin in der letzten mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, S habe die Klägerin in der Erfüllung ihrer Verpächteraufgaben unterstützt, er habe die nach seiner Auffassung notwendigen Reparaturen nicht nur selbst vorgeschlagen, sondern ihre Ausführung auch überwacht und in Eilfällen Reparaturrechnungen bezahlt. Das FG hat die Tätigkeit des S für die Klägerin abschließend dahin gewürdigt, daß sich bei ihm das Bild eines Mannes ergebe, mit dessen Hilfe die Klägerin trotz ihrer Abwesenheit von Deutschland ihren verschiedenen Aufgaben als Verpächterin eines Hotelbetriebs habe nachkommen können.
Diese auf tatsächlichem Gebiet liegende Würdigung wird durch den Inhalt der Niederschriften über die Zeugenaussagen, auf die das FG in seiner Entscheidung Bezug genommen hat, und durch die in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung festgehaltene Einlassung der Klägerin gestützt. Der Zeuge S hat bekundet, daß die Klägerin von vornherein klargestellt habe, daß jährlich 12 000 bis 15 000 DM für Renovierungen zur Verfügung gestellt würden. Er, S, habe jeweils entsprechende Vorschläge gemacht und die Klägerin habe bestimmt, was gemacht werden und wer es ausführen solle; es sei vorgekommen, daß er, S, in dringenden Eilfällen Vorschüsse auf Handwerkerrechnungen gezahlt habe; gerade 1968 sei hinsichtlich der vorzunehmenden Arbeiten ein Schriftwechsel geführt worden und er, S, habe angefragt, was zu veranlassen sei. Die Klägerin hat die Aussage des Zeugen S bestätigt und bekräftigt, daß S nie etwas ohne ihre ausdrückliche Anweisung getan habe. Hieraus ergibt sich, daß der Pächter S in die Vergabe von Reparaturaufträgen an die von der Klägerin ausgesuchten Handwerker wesentlich eingeschaltet war, er die Arbeiten überwachte und abnahm und so die Interessen der Klägerin als der Verpächterin des Hotels wahrte. Aus der Tatsache, daß sich die Klägerin die letzte Entscheidung hinsichtlich der auszuführenden Arbeiten und der zu beauftragenden Handwerker vorbehielt, wird außerdem die Weisungsgebundenheit des S offenkundig.
Die Weisungsgebundenheit ist ein weiteres Merkmal, das hinzukommen muß, um die mit der Interessenwahrnehmung beauftragte Person als ständigen Vertreter ansehen zu können. Dadurch wird das Handeln des Vertreters zum Nutzen eines anderen hervorgehoben und weiterhin sichergestellt, daß als ständiger Vertreter nur eine solche Person in Betracht kommt, deren Handeln durch den Willen des hinter ihr stehenden Unternehmers entscheidend bestimmt wird (vgl. Tipke-Kruse, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 8. Aufl., § 13 AO Anm. 5).
Beim Pächter S liegen somit alle Merkmale eines ständigen Vertreters vor, insbesondere auch das weitere Merkmal, daß er auf eine gewisse Dauer mit der Vertretung betraut war.
3. Sind somit die Einkünfte der Klägerin aus der Verpachtung ihres Hotelbetriebs an den Zeugen S als beschränkt steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren, so trifft das auch für die Einkünfte aus der Verpachtung des im Streitjahr veräußerten Grundstücksteils mit dem aufstehenden Kiosk zu. Dieser schon lange verpachtete Grundstücksteil gehörte zum Betriebsvermögen der Klägerin, die dafür erzielten Pachteinnahmen gehörten demgemäß zu ihren Betriebseinnahmen. Durch die Verpachtung des Hotelbetriebs an den Zeugen S ist der wirtschaftliche Zusammenhang des anderweitig verpachteten Grundstücksteils mit der weiterbestehenden, als gewerblich zu behandelnden Tätigkeit der Klägerin nicht gelöst worden. Der Gewinn aus der Veräußerung dieses Grundstücksteils ist daher unter den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu erfassen (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. §§ 15, 16 EStG). Er gehört zum laufenden Gewinn im Sinne des § 15 Nr. 1 EStG. Eine nach § 50 Abs. 1 i. V. m. § 34 EStG auch bei beschränkter Steuerpflicht tarifbegünstigte Teilbetriebsveräußerung im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG scheidet im vorliegenden Fall aus. Hierzu hat der erkennende Senat schon im ersten Rechtsgang ausführlich Stellung genommen; auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen.
4. Das DBA-USA 1965 steht der inländischen Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung des abgetrennten Grundstücksteils mit dem aufstehenden Verkaufsstand nicht entgegen.
Das FG hat Art. IX DBA-USA als die maßgebliche Vorschrift angesehen, die die inländische Besteuerung des Veräußerungsgewinns erlaubt. Danach können Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen, das in einem der Vertragsstaaten liegt, einschließlich der Gewinne aus der Veräußerung dieser Vermögenswerte in diesem Staat besteuert werden. Ein etwaiger Qualifikationskonflikt mit Art. III DBA-USA 1965, der die Zuteilung gewerblicher Gewinne auf die Vertragsstaaten regelt, läßt sich im vorliegenden Fall ausräumen. Was als gewerblicher Gewinn anzusehen ist, besagt der auf Grund des Protokolls vom 17. September 1965 neu eingefügte Abs. 5 des Art. III DBA-USA 1965: Es sind die Einkünfte "aus der aktiven Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit"; ausdrücklich nicht von dieser Begriffsbestimmung umfaßt sind näher bezeichnete Einkünfte, die in anderen Artikeln des Abkommens aufgeführt sind, darunter die Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen nach Art. IX DBA-USA 1965. Art. III Abs. 5 DBA-USA 1965 enthält somit weniger eine in sich abgeschlossene Definition des Begriffs der gewerblichen Einkünfte, sondern in erster Linie eine Abgrenzung gegenüber anderen Einkunftsbegriffen des Abkommens (Handbuch zum deutsch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommen, B III Ziff. 109). Hiernach ist die Verpachtung eines Hotelbetriebs begrifflich nicht als "aktive Ausübung" eines Gewerbebetriebs anzusehen. Es verbleibt daher bei der vom FG angeführten Zuteilungsnorm des Art. IX DBA-USA 1965, der die Einordnung des streitigen Veräußerungsgewinns unter die Einkünfte aus unbeweglichen Vermögen gestattet.
Fundstellen
BStBl II 1978, 494 |
BFHE 1979, 157 |