Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die sogenannten "gewerbsmäßigen" Artistenvermittler unterliegen jedenfalls nach der vor dem Inkrafttreten des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in der Fassung vom 3. April 1957 (BGBl I S. 321) gegebenen Rechtslage der Gewerbesteuer.
GewStG § 2 Abs. 1; EStG § 15 Ziff. 1, § 18; Gesetz über Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung vom 5. November 1935 (RGBl I S. 1281) § 1 Abs. 3; Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in der Fassung vom 3. April 1957 (BGBl I S. 321) §§
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1; EStG § 15 Nr. 1, § 18; AVAVG 54; AVAVG 55
Tatbestand
I. Bescheid
Der Bf. betreibt eine Künstler- und Artistenagentur. Seine Tätigkeit besteht in der Vermittlung von Künstlern an sogenannte Unterhaltungsstätten (Variete-Theater, Kabaretts, Rundfunk, Fernsehen, Film usw.). Er ist für 1955 mit den Einkünften aus der Agentur zur Gewerbesteuer herangezogen worden. Mit der Sprungberufung hat der Bf. geltend gemacht, er sei nach den "Vorschriften über die Durchführung der gewerbsmäßigen Arbeitsvermittlung für Artisten" vom 30. November 1935 - im folgenden "Vorschriften" - (Deutscher Reichsanzeiger Nr. 280 vom 30. November 1935), erlassen auf Grund des § 3 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung vom 26. November 1935 (RGBl 1935 I S. 1361), derart den Weisungen des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung unterworfen, daß er seine Tätigkeit nicht mehr frei entfalten könne. Er übe keine gewerbliche, sondern eine selbständige Tätigkeit gemäß § 18 EStG aus. Seine Tätigkeit trage hoheitlichen Charakter, da er Aufgaben wahrnehme, die grundsätzlich der Bundesanstalt übertragen seien. Seine Rechtsstellung gleiche der eines Notars, der ebenfalls gewerbsmäßig tätig, wegen des hoheitlichen Charakters der von ihm wahrzunehmenden Aufgaben aber kein Gewerbetreibender sei. Ferner weise seine Tätigkeit ein künstlerisches Merkmal auf, da die Auswahl der zu vermittelnden Künstler weitgehend dem künstlerischen Werturteil des Agenten unterliege. In zahlreichen Fällen würden vom Agenten für Veranstalter ganze Programme zusammengestellt.
Die Sprungberufung hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht hat im wesentlichen folgendes ausgeführt: Nach § 1 Abs. 1 GewStDV 1955 sei Gewerbebetrieb eine selbständige, nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen werde und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstelle, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Arbeit im Sinne des Einkommensteuerrechts anzusehen sei. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Der Bf. sei zunächst persönlich selbständig tätig. Als Arbeits- und Stellenvermittler sei er Makler im Sinne des § 652 BGB. Für diese Tätigkeit erhebe er Gebühren, die er durch seinen persönlichen Einsatz und durch Beschäftigung von Hilfspersonen steigern könne. Er arbeite daher auf eigene Rechnung und eigene Verantwortlichkeit. Er könne über Zeit, Ort und Umfang seiner Tätigkeit frei bestimmen. Er unterliege zwar gewissen sachlichen Bindungen. So bedürfe er der Erlaubnis des Präsidenten der Bundesanstalt; seine Gebühren seien festgelegt; bei der Geschäftsführung habe er verschiedene Anordnungen des Präsidenten zu befolgen; seine Tätigkeit werde von diesem beaufsichtigt. Wenn auch nicht zu verkennen sei, daß diese sachlichen Bindungen bei anderen Gewerbebetrieben nicht immer und nicht in diesem Masse gegeben seien, so beeinträchtigten sie doch nicht die persönliche Selbständigkeit des Bf., da sie sich aus der Eigenart des von ihm betriebenen Gewerbes ergäben. Das zeige die geschichtliche Entwicklung dieses Gewerbes. Schon das Stellenvermittlergesetz vom 2. Juni 1910 (RGBl 1910 S. 860) enthalte im wesentlichen dieselben Einschränkungen wie die "Vorschriften" von 1935. Es solle dadurch nur die ordnungsmäßige, sachkundige und zuverlässige Durchführung der gewerbsmäßigen Arbeitsvermittlung gesichert werden, die grundsätzlich der Bundesanstalt vorbehalten sei. Damit würden die Artistenvermittler aber nicht zu beamtenähnlichen Angestellten der Bundesanstalt. Dagegen spreche insbesondere auch, daß für die Artisten kein Vermittlungszwang bestehe und die Zulassung der Agenten nicht nach Gebieten aufgeteilt sei. Daß der Bf. sich nachhaltig und in der Absicht, Gewinne zu erzielen, betätige, brauche nicht weiter erläutert zu werden. Er beteilige sich auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Eine solche Beteiligung liege vor, wenn der Betrieb der Allgemeinheit Leistungen gegen Entgelt anbiete. Dabei mache es nichts aus, daß sich der Bf. wegen der Eigenart seines Betriebes nur an einen beschränkten Personenkreis wende, der allein für die Annahme der Leistungen in Betracht komme.
Die Tätigkeit des Bf. könne auch nicht unter einen der in § 18 EStG genannten freien Berufe oder eine der sonstigen selbständigen Tätigkeiten im Sinne dieser Vorschrift eingereiht werden. Es könnten allerdings auch Tätigkeiten hierunter fallen, die in § 18 EStG nicht ausdrücklich bezeichnet seien. Es sei aber Voraussetzung, daß eine solche Tätigkeit einer der in § 18 Abs. 1 Ziff. 1 und 3 EStG aufgeführten Tätigkeiten ähnlich sei. Das sei nicht der Fall. Der Stellenvermittler übe als Makler die gleiche Art der Tätigkeit aus, wie sie in § 1 Abs. 2 Ziff. 7 HGB (Handelsmakler) als gewerbliche Tätigkeit aufgeführt sei. Er verwerte seine Marktkenntnisse, indem er Stellengesuche und Stellenangebote entgegennehme und Vertragsabschlüsse herbeiführe. Ein Vergleich mit dem Beruf eines Notars komme nicht in Betracht. Dieser sei kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung kein Gewerbetreibender, sondern Träger eines öffentlichen Amtes (§ 2 der Reichsnotarordnung vom 13. Februar 1937, RGBl 1937 I S. 191; Urteil des Reichsfinanzhofs VI 657/38 vom 2. November 1938, RStBl 1939 S. 91). Als solcher werde ihm ein bestimmter Ort als Amtssitz zugewiesen. Er werde durch Aushändigung einer Bestallungsurkunde bestellt und habe einen Diensteid zu leisten. Gegen ihn könne ein Dienststrafverfahren eingeleitet werden. Für den Stellenvermittler bestünden keine derartigen Bestimmungen. Auch aus anderen Urteilen, in denen der Reichsfinanzhof das Vorliegen eines Gewerbebetriebs wegen Ausübung amtlicher Tätigkeit verneint habe, könne der Bf. nichts für sich herleiten. Mit Urteil VI 214/38 vom 27. April 1938 (RStBl 1938 S. 734) habe der Reichsfinanzhof ausgesprochen, die als öffentliche Beamte auf Lebenszeit angestellten beeidigten Auktionatoren in Ostfriesland unterlägen mit den Einnahmen ihrer amtlichen Tätigkeit nicht der Gewerbesteuer. Der Bf. sei aber nicht als öffentlicher Beamter angestellt. Es könne auch kein Vergleich mit dem Fleischbeschauer gezogen werden, für den der Reichsfinanzhof in dem Urteil VI 743/37 vom 5. Januar 1938 (RStBl 1938 S. 429) die Gewerbesteuerpflicht verneint habe. Weil der Fleischbeschauer auf Verlangen der Polizei als deren Organ tätig werde, habe der Reichsfinanzhof die Untersuchungstätigkeit des Fleischbeschauers nicht mehr als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr aufgefaßt und deshalb Ausübung eines freien Berufes angenommen. Der Stellenvermittler beteilige sich dagegen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Die hoheitliche Tätigkeit bleibe bei der Bundesanstalt, die die Vorschriften herausgegeben habe und deren Einhaltung überwache. Der Bf. dürfe innerhalb dieses Rahmens die gewerbsmäßige Stellenvermittlung ausüben. Da nach alledem beim Stellenvermittler das Bestreben im Vordergrund stehe, unter Ausnutzung kaufmännischer Kenntnisse und Erfahrungen durch Ausübung der Vermittlertätigkeit Gewinne zu erzielen, habe das Finanzamt zutreffend auf die Entscheidungen hingewiesen, in denen Reichsfinanzhof und Bundesfinanzhof gewisse Berufe als gewerbliche angesehen hätten, obwohl auch diese Berufe teilweise erheblichen sachlichen Bindungen unterlägen (vgl. das vorerwähnte Urteil VI 743/37 vom 5. Januar 1938 wegen der dort genannten Bezirksschornsteinfegermeister; das Urteil VI 126/40 vom 22. Mai 1940, RStBl 1940 S. 643, betreffend die Gerichtskostenmarkenverkäufer, und das Urteil I 250/54 U vom 13. September 1955, BStBl 1955 III S. 325, Slg. Bd. 61 S. 329, betreffend die vereidigten Kursmakler).
In der Rb. hat der Bf. wiederum geltend gemacht, die starken Bindungen, denen er unterworfen sei, seien mit der Annahme eines Gewerbebetriebs nicht vereinbar. Wenn in den "Vorschriften" vom 30. November 1935 von "gewerbsmäßiger" Arbeitsvermittlung gesprochen werde, so habe man damals dem Begriff "gewerbsmäßig" nicht die Bedeutung beigemessen, die ihm heute auf Grund der immer mehr verfeinerten und erweiterten steuerlichen Rechtsprechung zukomme. In konsequenter Verfolgung des Gedankens, daß jede Art der Vermittlung eine staatliche Aufgabe darstelle, habe das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in der Neufassung vom 3. April 1957 (BGBl 1957 I S. 321) den Begriff der "gewerbsmäßigen" Vermittlung völlig fallengelassen und in den §§ 54 und 55 den Begriff "Auftragsvermittlung" begründet. Die neue Gesetzesfassung habe keine neue Rechtslage geschaffen, sondern nur eine Klärung der bisher verschwommenen Rechtslage herbeigeführt. In den übergangsvorschriften (Art. IX § 5 des änderungsgesetzes vom 23. Dezember 1956, BGBl 1956 I S. 1018) komme klar zum Ausdruck, daß die bisher zugelassenen, fälschlicherweise als "gewerbsmäßig" bezeichneten Arbeitsvermittler ohne weiteres Auftragsvermittler würden. Auch aus dem übereinkommen Nr. 96 der Internationalen Arbeitsorganisation über Büros für entgeltliche Arbeitsvermittlungen, dem die Bundesrepublik beigetreten sei (Gesetz vom 15. April 1954, BGBl 1954 II S. 456, und Bekanntmachung vom 10. Oktober 1955, BGBl 1955 II S. 906), ergebe sich, daß die Artistenvermittlung kein Gewerbebetrieb sei, sondern nur Ersatz der staatlichen Vermittlung. In Art. 5 des übereinkommens sei festgelegt, daß die Dauer der Konzession immer nur ein Jahr betrage, was eine weitere, verstärkte Bindung bedeute. Auch die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vertrete die Auffassung, daß die gewerbsmäßige Artistenvermittlung als Mitarbeit an der Durchführung einer öffentlichen Aufgabe anzusehen und deshalb kein Handelsgewerbe im Sinne des § 2 HGB sei. Den Charakter der Gewerbsmäßigkeit hätten, wie in der 1939 erschienen Schrift von Sommer "Die Praxis des Arbeitsamtes" ausgeführt werde, die in Frage kommenden Vermittlungszweige nur deshalb erhalten, weil sie erfahrungsgemäß am besten von unabhängigen, wirtschaftlich auf sich selbst gestellten Personen betreut würden, denen die Möglichkeit gegeben sei, sich durch ihre Vermittlungstätigkeit wirtschaftlich selbst zu erhalten.
Im Einvernehmen mit dem Bf. hat der Internationale Künstleragenten-Verband Deutschlands e. V., wie auch schon in der Berufung, eine Stellungnahme eingereicht, die im wesentlichen die Ausführungen der Rb. unterstreicht und zu dem Ergebnis kommt, daß die Artistenvermittler den freien Berufen im Sinne des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG gleichzustellen seien.
Der Bf. hat schließlich noch die Einholung eines Gutachtens der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung beantragt.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:
Das Finanzgericht hat in zutreffenden Ausführungen dargelegt, daß bei der Tätigkeit des Bf. alle Merkmale eines Gewerbebetriebes gegeben sind. Insbesondere hat es mit Recht die Auffassung vertreten, daß die Bindungen, denen der Bf. unterliegt, die Annahme seiner Selbständigkeit, eines wesentlichen Merkmals des Gewerbebetriebs, nicht ausschließen. Wie sich aus den Vorschriften der Gewerbeordnung ergibt, sind auch andere gewerbliche Berufe gewissen Bindungen unterworfen; insbesondere ist ihre Ausübung von der Erteilung einer Erlaubnis abhängig. Als Beispiel hierfür seien die in § 34 der Gewerbeordnung aufgeführten Gewerbezweige der Pfandleiher, Pfandvermittler usw. genannt. Der erkennende Senat hat es bereits in dem Urteil IV 60/53 U vom 8. Juli 1954 (BStBl 1954 III S. 261, Slg. Bd. 59 S. 134) in übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts als der Annahme eines Gewerbebetriebs bei den Lotsen im Kaiser-Wilhelm-Kanal nicht entgegenstehend erachtet, daß das Lotsgeld sich nach einer behördlichen Taxe richtet sowie, daß die Lotsen einer Konzession bedürfen und auch bei der Ausübung ihrer Tätigkeit einer gewissen Kontrolle unterliegen. Nur dann könne, so wird in dem Urteil ausgeführt, auch ohne Vorliegen eines eigentlichen Beamten- oder Angestelltenverhältnisses die Ausübung einer Tätigkeit durch damit betraute Personen die für das Gewerbesteuerrecht wesentliche Voraussetzung der Selbständigkeit verlieren, wenn sie unter Bedingungen erfolge, die dem die Tätigkeit Ausübenden überhaupt keinen Spielraum mehr böten, um nach eigenen Entschlüssen (zum Beispiel durch die Art der Verwendung seiner Arbeitskraft, die Ausdehnung seiner Tätigkeit usw.) das wirtschaftliche Ergebnis seiner Tätigkeit zu beeinflussen. Ein solches Maß der Beschränkung ist im Streitfall nicht gegeben. Das Finanzgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß der Bf. über Zeit, Ort und Umfang seiner Tätigkeit frei bestimmen könne und insbesondere die Möglichkeit habe, durch seinen persönlichen Einsatz und durch Beschäftigung von Hilfspersonen seine Gebühreneinnahmen zu steigern.
Im übrigen hält sich auch der Bf. nicht für unselbständig, da er seinen Beruf zwar nicht als gewerbliche, aber als selbständige Tätigkeit im Sinne des § 18 EStG angesehen wissen will. Das Finanzgericht hat auch die Anwendung dieser Vorschrift mit Recht abgelehnt. Es hat allerdings nicht dazu Stellung genommen, ob die Tätigkeit des Bf. als eine künstlerische im Sinne des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG anzusehen ist. Die Frage ist jedoch zu verneinen. Der Bf. verwertet zwar bei seiner Vermittlungstätigkeit gewisse künstlerische Kenntnisse; er wird aber nicht selbst als ausübender Künstler schöpferisch tätig (vgl. Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 6. Aufl., Tz. 49 a zu § 18). Der Bf. übt auch keinen sonstigen freien Beruf und keine sonstige selbständige Arbeitstätigkeit aus. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs, daß der Zusatz "ähnliche Berufe" in § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG nicht einen allgemeinen Grundsatz in dem Sinn enthält, daß alle Berufe, die gewisse allgemeine Merkmale haben, als freie Berufe angesehen werden müssen. Die Rechtsprechung erkennt vielmehr einen im Gesetz nicht besonders erwähnten Beruf nur dann als freien Beruf an, wenn er einem der im Gesetz genannten freien Berufe ähnlich ist (vgl. zum Beispiel Urteil des Bundesfinanzhofs I 237/54 U vom 16. August 1955, BStBl 1955 III S. 295, Slg. Bd. 61 S. 254). Unter § 18 Abs. 1 Ziff. 3 EStG können nach der Rechtsprechung andere als die dort aufgeführten Berufe nur dann fallen, wenn sie diesen ganz ähnlich sind (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs VI 822/38 vom 22. Februar 1939, RStBl 1939 S. 576). Das Finanzgericht hat das Vorliegen einer ähnlichkeit in diesem Sinne zutreffend verneint, insbesondere eine solche mit dem in § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG aufgeführten Beruf eines Notars. Der Bf. ist nicht wie ein Notar unmittelbarer Träger eines öffentlichen Amtes. Er hat vielmehr im Streitjahr die "gewerbsmäßige" Arbeitsvermittlung ausgeübt.
Die Arbeitsvermittlung war, wie ihre geschichtliche Entwicklung zeigt, zunächst im wesentlichen Privatpersonen überlassen, die sie gewerbsmäßig ausübten (vgl. das oben angeführte Stellenvermittlergesetz vom 2. Juni 1910). Durch das Arbeitsnachweisgesetz vom 22. Juli 1922 (RGBl 1922 I S. 657) wurde, nachdem bereits durch Anordnung vom 9. Dezember 1918 (RGBl 1918 S. 1421) eine entsprechende Ermächtigung an die Länder vorausgegangen war, der öffentliche Arbeitsnachweis eingeführt (Errichtung der Arbeitsnachweisämter). Nichtgewerbsmäßige, zum Beispiel von gemeinnützigen Einrichtungen unterhaltene Arbeitsnachweise, konnten neben den Arbeitsnachweisämtern weiterbestehen. Die gewerbsmäßige Stellenvermittlung wurde vom 1. Januar 1931 ab verboten (§ 48 des Gesetzes). Das Verbot wurde in § 55 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 16. Juli 1927 (RGBl 1927 I S. 187), durch das als Träger der öffentlichen Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung errichtet wurde, wiederholt. Durch die auf Grund der Notverordnung des Reichspräsidenten vom 4. September 1932 (RGBl 1932 I S. 425, 428) ergangene Verordnung des Reichsarbeitsministers vom 20. Oktober 1932 (RGBl 1932 I S. 512) wurde die gewerbsmäßige Stellenvermittlung für Artisten wieder zugelassen. In § 1 Abs. 3 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung vom 5. November 1935 (RGBl 1935 I S. 1281) wurde allgemein bestimmt, daß der Reichsarbeitsminister, abgesehen von der nichtgewerbsmäßigen Arbeitsvermittlung außerhalb der Reichsanstalt, die gewerbsmäßige Arbeitsvermittlung für einzelne Berufe zulassen kann. In der Ersten Durchführungsverordnung hierzu vom 26. November 1935 (RGBl 1935 I S. 1361) wurde als gewerbsmäßige Arbeitsvermittlung neben der Artistenvermittlung die Konzertvermittlung, in der Dritten Durchführungsverordnung vom 23. Dezember 1937 (RGBl 1937 I S. 1413) die Bühnenvermittlung bis auf weiteres zugelassen. Die auf Grund des änderungsgesetzes vom 23. Dezember 1956 (BGBl 1956 I S. 1018) ergangene, oben erwähnte Neufassung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 3. April 1957 (BGBl 1957 I S. 321) unterscheidet nicht mehr zwischen nichtgewerbsmäßiger und gewerbsmäßiger Arbeitsvermittlung außerhalb der Reichsanstalt bzw. Bundesanstalt, sondern spricht in § 54 nur noch von der Arbeitsvermittlung im Auftrage der Bundesanstalt. Nach § 55 der Neufassung dürfen für diese auftragsweise ausgeübte Vermittlung Gebühren nur zur Deckung der Unkosten erhoben werden. Bis zum Erlaß entsprechender Durchführungsvorschriften gelten jedoch nach der oben genannten Vorschrift in Art. IV § 5 des änderungsgesetzes die bisher ergangenen Bestimmungen über die gewerbsmäßige Arbeitsvermittlung und ihre Gebührenordnungen weiter. Mit dem Inkrafttreten der Durchführungsvorschriften gelten die zugelassenen gewerbsmäßigen Arbeitsvermittler in bisherigem Umfange als beauftragt im Sinne des § 54 der Neufassung. In dem in der Rb. genannten übereinkommen Nr. 96, das in der Bundesrepublik am 8. September 1955 in Kraft getreten ist, haben sich die Vertragsstaaten verpflichtet, die "auf Gewinn gerichteten Büros für entgeltliche Arbeitsvermittlung" innerhalb eines begrenzten Zeitraumes aufzuheben. Nach Art. 5 des übereinkommens sind Ausnahmen hiervon zugelassen, wobei die Bewilligung jeweils für ein Jahr ausgestellt wird und nach Ermessen der zuständigen Behörde erneuert werden kann.
Aus dem vorstehenden geschichtlichen Rückblick (vgl. hierzu auch die amtliche Begründung zum änderungsgesetz vom 23. Dezember 1956, Verhandlungen des Deutschen Bundestags, 2. Wahlperiode 1953, Anlagen Bd. 34, Bundestags-Drucksache 1274, S. 64) ergibt sich, daß der Bf. jedenfalls noch im Streitjahr 1955 "gewerbsmäßiger" Artistenvermittler war. Das änderungsgesetz vom 23. Dezember 1956 hat keine Klarstellung, sondern eine echte änderung der Rechtslage gebracht. In der amtlichen Begründung hierzu (a. a. O. S. 109) wird dementsprechend auch von der "Fortentwicklung des bisherigen Rechts" gesprochen. Wie gerade auch aus den in der Rb. wiedergegebenen Ausführungen von Sommer (a. a. O.) hervorgeht, war die gewerbsmäßige Arbeitsvermittlung für einzelne Berufszweige seinerzeit zugelassen worden, weil insoweit die Ausübung der Vermittlung durch wirtschaftlich selbständige Personen für zweckmäßig erachtet worden war; man war dabei offenbar davon ausgegangen, daß infolge der wirtschaftlichen Selbständigkeit der privaten Unternehmerinitiative ein gewisser Spielraum gelassen und dieser Umstand den betreffenden Vermittlungszweigen förderlich sei.
Daß die gewerbsmäßigen Arbeitsvermittler eine im öffentlichen Interesse liegende Tätigkeit ausgeübt haben, kann nicht dazu führen, diese nicht mehr als eine gewerbliche, sondern als eine freiberufliche oder eine unter die sonstige selbständige Arbeit nach § 18 EStG fallende anzusehen. Ein solcher allgemeiner Grundsatz kann, wie das Finanzgericht zutreffend angenommen hat, aus der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs nicht hergeleitet werden (vgl. auch Kaatz, Finanz-Rundschau 1954 S. 63, und Littmann, a. a. O., Tz. 51 zu § 18). So hat es auch bereits der erkennende Senat in dem oben erwähnten Urteil IV 60/53 U vom 8. Juli 1954 als der Gewerbesteuerpflicht der Kanallotsen nicht entgegenstehend angesehen, daß sie öffentlich-rechtliche, von der Kanalverwaltung ihnen übertragene Aufgaben erfüllen. Das Finanzgericht hat mit Recht bejaht, daß sich der Bf. am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt hat.
Da es sich um eine steuerliche Rechtsfrage handelt, erübrigte es sich, ein Gutachten der Bundesanstalt einzuholen.
Es braucht hier auch nicht entschieden zu werden, wie die nach dem änderungsgesetz vom 23. Dezember 1956 nunmehr im Auftrag der Bundesanstalt tätigen Arbeitsvermittler gewerbesteuerlich zu behandeln sind, wenn für sie gemäß § 55 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes in der Neufassung vom 3. April 1957 die Erhebung höherer als der zur Unkostendeckung erforderlichen Gebühren zugelassen worden ist.
Nach alledem war die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.
II. Urteil Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf den Bescheid vom 3. Dezember 1959 Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung bzw. zu deren schriftlicher Vorbereitung hat der Bf., abgesehen von der Wiederholung seines bisherigen Vorbringens, vor allem geltend gemacht, er werde in künstlerisch-schöpferischer Weise tätig. Er gestalte im Auftrag von Kurdirektionen, Stadtverwaltungen, Vereinen usw. ganze Aufführungen. Dem jeweiligen Programm gebe er die künstlerische Grundidee, bestimme die personelle Besetzung und führe in den meisten Fällen selbst Regie. Die Künstler hätten nach seinen Weisungen zu agieren; er berate die Bühnenbildner und weise das Theaterpersonal an. Die ganze Aufführung stehe in nahezu sämtlichen Details im Zeichen seiner künstlerischen Gestaltung. Seine künstlerisch-schöpferische Tätigkeit sei daher mit der eines Bühnenregisseurs vergleichbar. Für diese umfangreiche Tätigkeit bekomme er keinerlei Vergütung. Er erhalte lediglich für den tatsächlichen Abschluß von Vermittlungsverträgen ein Honorar auf Grund der Bestimmungen der Gebührenordnung.
Abgesehen davon, daß dieses Vorbringen neu ist und bei der beschränkten Natur der Rb. - §§ 288, 296 AO - nicht mehr berücksichtigt werden kann, könnte es auch zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung führen. Den Gegenstand der Besteuerung bilden lediglich die Provisionseinnahmen des Bf., die das Entgelt für die reine Arbeitsvermittlung darstellen. Diese Tätigkeit ist nach den Darlegungen im Bescheid vom 3. Dezember 1959, an denen der Senat festhält, jedenfalls nach der im Streitjahr gegebenen Rechtslage gewerblicher Art. Für diejenige Tätigkeit, die gegebenenfalls als eine eigenschöpferische, künstlerische anzusehen wäre, wie z. B. die Inszenierung oder die Regieführung, erhält der Bf. nach seinem eigenen Vorbringen keine Vergütung. Sie muß deshalb für die Besteuerung außer Betracht bleiben.
Der Beurteilung der Vermittlungstätigkeit des Bf. als einer gewerblichen steht es, wie bereits im Vorbescheid ausgeführt, nicht entgegen, daß sie im öffentlichen Interesse ausgeübt wird. Es wird hierzu noch auf das inzwischen ergangene Urteil des Senats IV 178/58 U vom 17. März 1960 (BStBl 1960 III S. 209) Bezug genommen, das die Gewerbesteuerpflicht der Seelotsen bejaht hat.
Nach alledem muß es bei dem Ergebnis des Bescheides vom 3. Dezember 1959 verbleiben.
Fundstellen
Haufe-Index 409703 |
BStBl III 1960, 329 |
BFHE 1961, 220 |
BFHE 71, 213 |