Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbrauchsteuern Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Das Brennrecht nach dem Branntweinmonopolgesetz ist weder ein privates Vermögensrecht noch ein selbständiges dem öffentlichen Recht zugehöriges Recht.
Das Brennrecht ist ein Kontingentfuß im Sinne des § 236 Absatz 1 AO.
Normenkette
BrMonG § 30; BrMonG § 31; BrMonG § 32; BrMonG § 33; AO § 236 Abs. 1, § 229/10
Tatbestand
Der Bundesminister der Finanzen hat den Bundesfinanzhof auf Grund von § 63 der Reichsabgabenordnung um ein
Gutachten über folgende Fragen ersucht:
Sind Brennrechte nach § 30 ff. des Branntweinmonopolgesetzes private Vermögensrechte oder ausschließlich dem öffentlichen Recht zugehörige Rechte?
Haben Brennrechte einen Kontingentfuß im Sinne des § 236 Absatz 1 der Reichsabgabenordnung vom 22. Mai 1931 zum Gegenstand?
Entscheidungsgründe
Begründung:
I. -
Das Brennrecht nach dem Branntweinmonopolgesetz vom 8. April 1922 ist hervorgegangen aus dem Durchschnittsbrand nach dem Branntweinsteuergesetz vom 15. Juli 1909 (Reichsgesetzblatt - RGBl. - S. 661 ff.). Der Durchschnittsbrand entsprach einer bestimmten Menge Alkohol, die sich nach der durchschnittlichen Erzeugung der Brennerei in früheren Betriebsjahren berechnete (§§ 61, 62); außerdem konnten landwirtschaftliche Brennereien und Obstbrennereien unter bestimmten Voraussetzungen erneut oder erstmals zum Durchschnittsbrand veranlagt werden (§§ 63 ff., auch §§ 13, 14 des Gesetzes betreffend die Beseitigung des Branntweinkontingents vom 14. Juni 1912 - RGBl. S. 378 -). Der Durchschnittsbrand bot der Brennerei, zu der er gehörte, den Vorteil, daß die Erzeugung innerhalb der dem Durchschnittsbrand entsprechenden Alkoholmenge der erhöhten Betriebsauflage (einer besonderen Art der Branntweinsteuer) nicht unterlag (ß 48) und daß außerdem ein gewisser Teil dieser Erzeugung von der Vergällungspflicht befreit war (ß 72).
Das Branntweinmonopolgesetz vom 26. Juli 1918 (RGBl. S. 887) hat den Durchschnittsbrand als "Brennrecht" übernommen. Es bestimmte in § 23:
"Der den Brennereien auf Grund der bisherigen Gesetze zugewiesene Durchschnittsbrand bildet ihr Brennrecht."
Außerdem konnte nach §§ 25, 26 landwirtschaftlichen Brennereien und Obstbrennereien ein neues Brennrecht zugeteilt werden.
Das geltende Branntweinmonopolgesetz vom 8. April 1922 hat diese Regelung beibehalten; es bestimmt in § 31:
"Soweit Eigenbrennereien nach dem bisherigen Gesetz ein Brennrecht hatten, bleibt es in Geltung."
Auch eine Neuveranlagung ist wieder vorgesehen (§§ 32 ff.).
Nach beiden Monopolgesetzen schützt das Brennrecht bei der Bemessung des übernahmegeldes (Branntweinmonopolgesetz - BrMonG - 1918 § 104, BrMonG 1922 § 75) für ablieferungspflichtigen Branntwein innerhalb seiner Grenzen vor dem Betriebsabzug für überbrand, außerdem sind für die Erzeugung innerhalb des Brennrechts unter gewissen Voraussetzungen Zuschläge zum Grundpreis vorgesehen (BrMonG 1918 §§ 103, 93, 98, 100, BrMonG 1922 §§ 74, 68, 71). Beim ablieferungsfreien Branntwein ist der Branntweinaufschlag für den innerhalb des Brennrechts hergestellten Branntwein niedriger als für den im überbrand hergestellten Branntwein (BrMonG 1922 §§ 79 Absatz 2 Ziffer 1 mit Absatz 1 in der Fassung der Verordnung zur änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 7. Dezember 1944 - RGBl. I S. 336 - Abschnitt I Ziffer 7).
Aus dieser Regelung ergibt sich zunächst, daß es sich beim Brennrecht nicht, wie man nach dem Wort "Brennrecht" annehmen möchte, um ein Recht zum Brennen handeln kann. Das Brennen, das ist die Herstellung von Branntwein, ist nach dem Monopolgesetz den Eigenbrennereien nicht verwehrt, wenn man von der hier nicht weiter interessierenden Besonderheit absieht, daß die Eigenbrennereien solche Stoffe nicht verarbeiten dürfen, die den Monopolbrennereien vorbehalten sind (BrMonG 1922 § 21 Ziffer 2, § 22 Absatz 1 § 38 Absatz 1 Ziffer 1).
Das Brennrecht bedeutet vielmehr nur eine Vergünstigung, und zwar, soweit es sich um ablieferungspflichtigen Branntwein handelt, eine monopolrechtliche, soweit es sich um Branntweinaufschlag handelt, eine steuerrechtliche Vergünstigung. Das Urteil des Reichsgerichts V 57/34 vom 12. Mai 1934 (Kartei, BrMonG § 30 Rechtspr. 1) nennt es eine Bevorzugung. Diese Vergünstigung ist mit der Brennerei, zu der sie gehört, untrennbar verbunden. Das Brennrecht bildet weder einen Bestandteil des Grund und Bodens, auf dem die Brennerei betrieben wird, noch einen selbständigen Bestandteil der Brennerei; es ist lediglich ein wertsteigernder Faktor für die Brennerei und teilt als solcher in jeder Hinsicht das Schicksal der Brennerei. Wird daher das Grundstück mit der Brennerei zwangsweise versteigert, so geht die im Brennrecht ihren Ausdruck findende Vergünstigung ohne weiteres mit der Brennerei auf den Erwerber über. Es ist nach dem ganzen monopolgesetzlichen Aufbau des Brennrechts weder denkbar noch notwendig, daß der Ersteigerer der Brennerei vom bisherigen Brennereibesitzer das Brennrecht erst noch besonders erwerben müßte. Es wäre abwegig anzunehmen, daß das Brennrecht nicht mit der Brennerei auf den Ersteigerer übergeht, daß also etwa ein derart verwaistes Brennrecht förmlich in der Luft hinge, bis es mit einer auf dem Grundstück neu errichteten Brennerei wieder verbunden oder einer anderen Brennerei zugeteilt würde. Die gegenteilige Ansicht (vgl. A. V. des Reichsjustizministeriums vom 16. Januar 1940 - Deutsche Justiz 1940 S. 123 Nr. 54 -, auch Fellner in Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern - ZfZ - 1940 S. 23) wäre nur haltbar, wenn man annähme, daß das Brennrecht ein selbständiges Vermögensrecht sei; das ist aber nicht der Fall. Das Brennrecht ist weder ein privates noch ein öffentliches Vermögensrecht; es ist eine der Brennerei immanent innewohnende Eigenschaft.
Dem steht nicht entgegen, daß das Brennrecht dem Brennereibesitzer einen vermögensrechtlichen Anspruch gibt; nicht alles, worauf ein Recht, ein Anspruch besteht, ist ein selbständiges Vermögensrecht. Vergünstigungen, die, wie das Brennrecht, einen Anspruch - sie es auf gesetzlicher Grundlage oder auf Grund einer besonderen Bewilligung - geben, ohne gleichzeitig Vermögensrecht zu sein, sind auf dem Gebiet des Monopolrechts und des Steuerrechts zahlreich. Als Beispiele seien hier nur folgende angeführt:
Die Erzeugung der gewerblichen Brennereien (BrMonG § 28) unterliegt nach § 67 einem Abzug von 3 v. H. des Grundpreises, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Branntwein innerhalb oder außerhalb des Brennrechts hergestellt ist. Von diesem Abzug sind die anderen Brennereien (landwirtschaftliche und Obstbrennereien - BrMonG § 25 und § 27 -) verschont, und zwar auch, soweit sie Branntwein mit überbrand herstellen. Die landwirtschaftlichen und Obstbrennereien haben also Anspruch darauf,
daß sie für den innerhalb des Brennrechts hergestellten Branntwein vom überbrand-Abzug (ß 74),
daß sie vom Betriebsabzug für gewerbliche Brennereien (ß 67)
befreit blieben. Weiter: Süddeutsche landwirtschaftliche und Obstbrennereien haben für den innerhalb des Brennrechts hergestellten Branntwein nach § 71 BrMonG Anspruch auf einen besonderen Zuschlag zum Branntweingrundpreis.
Daß die Vergünstigung oben zu b) und die Vergünstigung der süddeutschen Brennereien nach § 71 BrMonG besondere Vermögensrechte seien, daran hat wohl noch niemand gedacht. Es ist aber dann nicht einzusehen, weshalb gerade die Vergünstigung, die das Brennrecht gewährt, ein selbständiger Vermögensgegenstand sein soll, obwohl es sich rechtlich in nichts von den beiden anderen Vergünstigungen unterscheidet.
Die Auffassung, daß das Brennrecht ein selbständiges Vermögensrecht, ein besonderes gewerbliches Wirtschaftsgut sei, hat - abgesehen von der wenig zutreffenden Bezeichnung "Brennrecht" - wohl darin ihren Grund, daß es längere Zeit nach dem Inkrafttreten des Branntweinmonopolgesetzes von 1922 (und auch schon vorher - vgl. BrMonG 1918 § 244) unter gewissen Voraussetzungen "übertragen" werden durfte.
So werden nach dem Urteil des Reichsfinanzhofs I A a 707/28 vom 16. Januar 1929 (Reichssteuerblatt - RStBl. - 1929 S. 171, Kartei, Körperschaftsteuergesetz - KörpStG - 1925 § 13 Rechtspr. 71) Brennrechte allgemein gehandelt und haben einen Marktpreis. Nach dem Urteil III A 240/33 des Reichsfinanzhofs vom 13. Juli 1933 (RStBl. S. 902, Kartei, Reichsbewertungsgesetz - RBewG - 1931 § 50 Absatz 1 und 2, Rechtspr. 2) gehören gewerbliche Brennrechte zu den bewertungsfähigen Gegenständen des Betriebsvermögens. Das Reichsjustizministerium spricht in seiner schon erwähnten allgemeinen Verfügung vom 16. Januar 1940 von einem Marktwert des Brennrechts, also anscheinend in der Annahme, daß es sich um einen selbständigen Vermögensgegenstand handelt, wobei es aber gleichzeitig ausführt, daß es sich nach einhelliger Ansicht von Schrifttum und Rechtsprechung nur um eine steuerliche Bevorzugung des jeweiligen Inhabers der Brennerei handele. Nach Weidner-Seydel, Anm. 2 zu § 31 BrMonG gibt die auf öffentlich-rechtlicher Grundlage beruhende Vergünstigung dem Brennrecht den Charakter eines privaten Vermögensrechts, ebenso Lieven-Hoppe, BrMonG, Anm. 2 Ziffer 4 zu § 31, und ähnlich Kaiser in ZfZ 1950 S. 216. Auch in der Finanzverwaltung wird, wie sich aus dem vom Bundesminister der Finanzen mit der Anfrage übersandten Schriftwechsel ergibt, die Ansicht vertreten, daß es sich beim Brennrecht um ein selbständig zu bewertendes Wirtschaftsgut handele.
All dies trifft aber jedenfalls heute nicht mehr zu; denn die übertragungsmöglichkeit von Brennrecht nach § 42 BrMonG, die zu einem erheblichen Teil schon im Jahre 1931 ihr Ende gefunden hatte (ß 42 Absatz 3 in der Fassung des Gesetzes vom 21. Mai 1929 - RGBl. I S. 99 - Abschnitt I Ziffer 7 b), ist dann durch die Streichung des § 42 (Verordnung vom 7. Dezember 1944 - RGBl. I S. 336 - Abschnitt I Ziffer 11) völlig beseitigt worden.
Heute ist eine übertragung von Brennrecht nur noch möglich auf Grund einer Ausnahmebewilligung im Billigkeitswege auf Grund des § 177 BrMonG durch den Bundesminister der Finanzen. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob das Brennrecht zu der Zeit, als seine übertragung unter gewissen Voraussetzungen zulässig war, eben wegen dieser übertragbarkeit ein selbständiger Vermögensgegenstand war, oder ob es sich nur um einen Verzicht des abgebenden Brennereibesitzers zugunsten des das Brennrecht erwerbenden Brennereibesitzers handelte, der dann durch die Genehmigung der Behörde (vgl. § 43 Absatz 3 der Brennereiordnung in der Fassung vom 12. September 1922 - Reichszentralblatt - RZentrBl. - S. 707, 727 -) ein neues, dem Verzicht des abgebenden Brennereibesitzers entsprechendes Brennrecht zugeteilt erhielt. Heute jedenfalls kann das Brennrecht auch dann, wenn seine übertragung vom Bundesminister der Finanzen ausnahmsweise auf Grund des § 177 BrMonG genehmigt wird, kein selbständiger Vermögensgegenstand mehr sein. Denn heute ist der Genehmigung der übertragung, die früher beim Vorliegen der Voraussetzungen vielleicht mehr formaler Natur war, die ausschlaggebende Bedeutung in dem Sinne beizumessen, daß nicht etwa ein Verkaufsgeschäft zwischen dem veräußernden und erwerbenden Brennereibesitzer vor sich geht, sondern daß ein Verzicht des abgebenden Brennereibesitzers vorliegt und auf Grund dieses Verzichts ein entsprechendes Brennrecht der erwerbenden Brennerei durch staatlichen Hoheitsakt zugeteilt wird.
Hiernach ist das Brennrecht nach dem Branntweinmonopolgesetz weder ein privates Vermögensrecht noch ein selbständiges, dem öffentlichen Recht zugehöriges Recht. Es ist weder ein selbständiger Vermögensgegenstand noch ein selbständiger Bestandteil der Brennerei, zu der es gehört; mit dieser untrennbar verbunden, bildet es lediglich einen wertsteigernden Faktor, der bei ablieferungspflichtigem Branntwein in der Bemessung des übernahmepreises und bei ablieferungsfreiem Branntwein in der Bemessung des Branntweinaufschlags zum Ausdruck kommt. Nicht genau so, aber ähnlich liegen die Verhältnisse z. B. bei der Veräußerung von Apotheken-Gerechtigkeiten. "Eine Gegenleistung, die für die "übertragung" einer nicht veräußerlichen oder vererblichen Berechtigung oder für den "Verzicht" auf sie vereinbart wird, ist überhaupt keine Gegenleistung für ein übertragbares Wirtschaftsgut" (siehe Boruttau-Klein, Grunderwerbsteuergesetz - GrEStG -, 3. Aufl. S. 100).
II. - Die zweite Frage wird vom Senat bejaht.
Allgemein wird man unter "Kontingentfuß" die ziffernmäßig ausgedrückte Berechnungsgrundlage für Verbrauchsteuern in dem Sinne zu verstehen haben, daß die daraus sich ergebende Menge des verbrauchsteuerbaren Gegenstandes innerhalb eines bestimmten Zeitabschnitts nach besonderen Vorschriften besteuert wird. Ob die überschreitung des Kontingentfußes oder des auf Grund des Kontingentfußes festgesetzten Kontingentes unzulässig oder nur mit gewissen Nachteilen verbunden ist, ist ohne Bedeutung.
Diese Begriffsbestimmung trifft auf das Brennrecht nach dem Branntweinmonopolgesetz jedenfalls insoweit zu, als es sich um ablieferungsfreien Branntwein handelt, der dem Branntweinaufschlag, einer Verbrauchsteuer, unterliegt. Das Brennrecht im Sinne der §§ 31, 32 und 33 Absatz 3 BrMonG (das "regelmäßige" Brennrecht, Brennereiordnung § 18 Absatz 2) bildet die rechnerische Grundlage (den Kontingentfuß) für die Berechnung des Jahresbrennrechts (BrMonG § 40, Brennereiordnung § 46), das dazu dient, Erzeugung und Absatz an Branntwein der jeweiligen Marktlage anzupassen.
Aber auch das Brennrecht der Brennereien, die den Branntwein abzuliefern haben, wird man als Kontingentfuß im Sinne des § 236 Absatz 1 der Reichsabgabenordnung (AO) ansehen dürfen. Die genannte Vorschrift spricht zwar nur vom Kontingentfuß, der auf Grund eines Verbrauchsteuergesetzes festgesetzt wird, der Senat trägt aber keine Bedenken, insoweit auch das Monopolgesetz zu den Verbrauchsteuergesetzen zu rechnen. Bei gegenteiliger Auffassung würde sich eine merkwürdige und kaum durchführbare Aufspaltung in der Behandlung der Brennrechte nach § 236 Absatz 1 AO ergeben. Während, wie schon dargelegt, auf die Festsetzung von Brennrecht für ablieferungsfreien Branntwein, also im Ergebnis für landwirtschaftliche Kornbrennereien und für Obstbrennereien (BrMonG §§ 76, 32) der Rechtsmittelweg nach § 236 Absatz 1 AO Anwendung findet, müßte die Anwendung dieser Vorschrift versagt werden, wenn es sich um die Festsetzung von Brennrecht für landwirtschaftliche Brennereien handelt, die andere Stoffe als Korn verarbeiten und den daraus hergestellten Branntwein abzuliefern haben, aber auch da nur, soweit sie ausschließlich solche Stoffe und nicht auch Korn verarbeiten. Ein verschiedenartiges Rechtsmittelverfahren bei Festsetzung der Brennrechte erscheint hiernach kaum durchführbar; es würde auch nicht verstanden werden, wenn der Rechtsschutz des § 236 Absatz 1 AO nur für eine gewisse Gruppe von Brennereien gewährt würde, während er anderen Brennereien versagt oder gegebenenfalls durch den Rechtsweg nach Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes ersetzt wäre. Im übrigen bestehen gegen § 37 Absatz 3 letzter Satz der Brennereiordnung rechtliche Bedenken, falls angenommen wird, daß hierdurch der Rechtsweg nach § 236 Absatz 1 AO ausgeschlossen werden soll.
Fundstellen
Haufe-Index 407292 |
BStBl III 1951, 217 |
BFHE 1952, 536 |
BFHE 55, 536 |