Leitsatz (amtlich)
Ist in einem notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag einer KG, die aus der späteren Erblasserin und ihren beiden Töchtern besteht, bestimmt worden, daß der Gesellschafteranteil der Erblasserin, soweit er einer Tochter (der Klägerin) "zufällt", "der Auszahlung unterliegt", ist dieser in dem Gesellschaftsvertrag das Recht eingeräumt worden, in Anrechnung auf den Abfindungsanspruch die Übereignung eines aus zwei Gesellschafts-grundstücken auszuwählenden Grundstückes zu verlangen und nimmt die Erblasserin in ihrem privatschriftlichen Testament auf diese gesellschaftsvertragliche Regelung Bezug, so ist der Erwerb des von der Klägerin aus gewählten Grundstückes gemäß § 3 Nr. 2, § 6 Abs. 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit (Weiterführung des Urteils vom 12. Dezember 1979 II R 79/75, BFHE 129, 410, BStBl II 1980, 220).
Normenkette
GrEStG § 3 Nr. 2, § 6 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), ihre Schwester und ihre 1968 verstorbene Mutter (Erblasserin) waren Gesellschafter einer KG, und zwar die Erblasserin mit einem Kapitalanteil als persönlich haftende Gesellschafterin von 60 v. H., die Klägerin und ihre Schwester mit einem Kommanditanteil von je 20 v. H.
Der Gesellschaftsvertrag war am 13. Juli 1954 durch einen notariell beurkundeten Vertrag (Zusatzvertrag) dahin ergänzt worden, daß die Schwester der Klägerin im Falle des Todes der Erblasserin persönlich haftende Gesellschafterin werden solle und daß der ihr anfallende weitere Gesellschaftsanteil ihrem Kapitalkonto zugeschlagen, werde. Die Klägerin bleibe weiterhin Kommanditistin. Der ihr im Erbwege zufallende weitere Gesellschaftsanteil unterliege der Auszahlung. Die Klägerin habe das Recht, unter Anrechnung auf ihr Auszahlungsguthaben nach ihrer Wahl die Übertragung eines Grundstückes der KG zu verlangen.
In ihrem Testament vom 14. Juli 1954 setzte die Erblasserin die Klägerin und ihre Schwester zu Erben ein und bestimmte hinsichtlich ihres Gesellschaftsanteils an der KG, daß er zu 33 1/3 v. H. auf die Klägerin und zu 66 2/3 v. H. auf ihre Schwester übergehen solle und zwar nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages vom 13. Juli 1954.
Nach dem Tode der Erblasserin haben die Klägerin und ihre Schwester einen privatschriftlichen Auseinandersetzungsvertrag geschlossen. Danach sollte die Klägerin unter Anrechnung auf ihr Auszahlungsguthaben das Hausgrundstück H-Straße 1 erhalten. Zur Durchführung dieses Vertrages haben die KG und die Klägerin einen notariell beurkundeten Vertrag geschlossen, wonach die KG der Klägerin u. a. das genannte Grundstück übertragen hat.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hat gegen die Klägerin eine Grunderwerbsteuer in Hohe von 10 920 DM festgesetzt. In Höhe von 20 v. H. der angenommenen Gegenleistung sah das FA gemäß § 6 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) in der in Hessen geltenden Fassung von der Besteuerung ab.
Nach erfolglosem Einspruch hat die Klägerin Klage erhoben und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und der Einspruchsentscheidung beantragt. Der Grundstückserwerb sei gemäß § 3 Nr. 2 bzw. Nr. 3 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen.
Die Klage hat nur zum Teil Erfolg gehabt. Der Grundstückserwerb sei weder gemäß § 3 Nr. 2 noch gemäß § 3 Nr. 3 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit. Der Klägerin stehe aber die Steuervergünstigung gemäß § 6 Abs. 2 GrEStG für weitere 20 v. H. der Gegenleistung deshalb zu, weil ihr in Höhe von 1/3 der Gesellschaftsanteil der Erblasserin über die Auszahlungsforderung zugefallen sei.
Die Klägerin hat Revision eingelegt, die der Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen hat, und ihr Klagebegehren weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochteten Urteils sowie des Steuerbescheides und der Einspruchsentscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 1, § 100 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Der Grundstückserwerb der Klägerin ist gemäß § 3 Nr. 2, § 6 Abs. 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.
Es liegt ein Grundstückserwerb der Klägerin von Todes wegen im Sinne des Erbschaftssteuergesetzes (ErbStG) vor.
Auszugehen ist davon, daß die Erblasserin mit ihrem Tode zu einem Drittel ihres Gesellschaftsanteils aus der KG ausgeschieden ist (vgl. § 138 HGB), während die Schwester der Klägerin zwei Drittel des Gesellschaftsanteils der Erblasserin zu ihrem Gesellschaftsanteil hinzuerworben hat (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 10. Februar 1977 II ZR 120/75, BGHZ 68, 225, 235 unter d). Dies ergibt sich aus dem Zusatzvertrag i. V. m. dem privatschriftlichen Testament der Erblasserin, welches im einzelnen bestimmte, inwieweit die Klägerin und ihre Schwester an dem Gesellschaftsanteil der Erblasserin beteiligt werden sollten. Es kann hier unentschieden bleiben, ob der Abfindungsanspruch, der sich durch das (teilweise) Ausscheiden der Erblasserin aus der KG ergab (vgl. § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB), in den Nachlaß fiel (vgl. hierzu BGHZ 68, 225, 236) oder ob er aufgrund der Bestimmungen des Zusatzvertrages infolge einer durch diesen Vertrag vorweggenommenen Teilerbauseinandersetzung unmittelbar der Klägerin zustand. Auch im letzteren Fall würde ein Erwerb von Todes wegen vorliegen, der unter § 2 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG zu subsumieren wäre.
Zu dem Abfindungsanspruch, der der Klägerin entweder unmittelbar zustand oder ihr von der Erbengemeinschaft zu übertragen war, gehörte auch der durch Wahl der Klägerin zu konkretisierende Anspruch auf Übertragung eines Grundstucks der KG. Auch dieser Anspruch nach Wahl fiel von Todes wegen an.
Ohne Bedeutung ist es, daß es zur Konkretisierung dieses Anspruchs erst einer Wahl der Klägerin als Miterbin bedurfte. Keinem Zweifel, unterliegt es, , daß ein Grundstückserwerb aufgrund eines Wahlvermächtnisses (vgl. § 2154 BGB) unter § 3 Nr. 2 GrEStG fällt. Dann aber kann für einen vergleichbaren Anspruch, der auf eine Teilungsanordnung in einem Testament bzw. auf eine entsprechende Teilungsvereinbarung hinsichtlich des Gesellschaftsanteils in einem Gesellschaftsvertrag und die über die Abfindung getroffene Vereinbarung zurückgeht, nichts anderes gelten (vgl. in diesem Zusammenhang auch das Urteil des Senats vom 12. Dezember 1979 II R 79/75, BFHE 129, 410, BStBl II 1980, 220 unter Hinweis auf das Urteil des Senats vom 16. März 1977 II R 11/69, BFHE 121, 519, BStBl II 1977, 640).
Nach allem ist § 3 Nr. 2 GrEStG auf den vorliegenden Fall anwendbar. Soweit die Klägerin an der KG beteiligt war und ist, kommt auch § 6 Abs. 2 GrEStG zur Anwendung. Ob und inwieweit diese Vorschrift darüber hinaus im Hinblick auf die frühere Beteiligung der Erblasserin an der KG (60 v. H.) angewendet werden kann, braucht im vorliegenden Fall angesichts der Anwendbarkeit des § 3 Nr. 2 GrEStG nicht entschieden zu werden.
Ohne Bedeutung ist auch, ob durch den Zusatzvertrag eine rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel oder eine erbrechtliche Nachfolgeklausel vereinbart worden ist (vgl. hierzu BGHZ 68, 225, 233 f.). Soweit in dem Zusatzvertrag Vereinbarungen über die Abfindung der Klägerin getroffen worden sind, betrifft der Zusatzvertrag jedenfalls einen Anspruch, der der Klägerin als Miterbin der Erblasserin zusteht. Mit dem dort genannten, der Klägerin bei Ableben der Erblasserin zufallenden weiteren Geschäftsanteil kann nur der Teil des Gesellschaftsanteils der Erblasserin gemeint sein, der nach den letztwilligen Anordnungen der Erblasserin in ihrem Testament auf die Klägerin entfallen würde. Durch Bezugnahme auf den Zusatzvertrag in dem privatschriftlichen Testament ist auch die Vereinbarung über das Wahlrecht der Klägerin hinsichtlich eines Grundstückes in den letzten Willen der Erblasserin aufgenommen worden. Es war nicht erforderlich, die dort getroffene Vereinbarung als letztwillige Anordnung in dem Testament zu wiederholen. Eine Bezugnahme muß jedenfalls dann genügen, wenn das in Bezug genommene Schriftstück von der Form her den Anforderungen an ein Testament oder einen Erbvertrag genügen würde, wie dies im vorliegenden Fall hinsichtlich des notariell beurkundeten Zusatzvertrages der Fall ist.
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Regelungen des Zusatzvertrages, der nicht als Erbvertrag zu beurteilen ist (vgl. hierzu BGH-Entscheidung vom 20. Dezember 1965 II ZR 145/64, Wertpapier-Mitteilungen, 1966 S. 367), zu einem Erwerb von Todes wegen im Sinne des § 2 Abs. 1 ErbStG 1959 und deshalb auch zur Anwendung des § 3 Nr. 2 GrEStG hinsichtlich des Grunderwerbs führen wurden, wenn in dem Testament nicht auf den Zusatzvertrag Bezug genommen worden wäre.
Da an der KG nur die Erblasserin, die Klägerin und deren Schwester beteiligt waren, kann unerörtert bleiben, was dann gilt, wenn fremde Personen der KG angehören.
Fundstellen
Haufe-Index 413484 |
BStBl II 1981, 177 |
BFHE 1981, 116 |