Leitsatz (amtlich)
Zur Tarifierung von Handschuhen, die aus mit Kunststoff überzogenen Gewirken hergestellt sind.
Normenkette
ZT 1963: Tarifnr. 42.03; ZT 1963: Tarifnr. 59.08; ZT 1963: Tarifnr. 60.02; ZT 1963: Vorschrift 1 b zu Kapitel 60; ZT 1963: Vorschrift 2 zu Kapitel 60; ZT 1963: Erläuterung I (11) zu Kapitel 39; ZT 1963: Erläuterung I (1) zu Kapitel 60
Tatbestand
Mit Antrag vom 30. Oktober 1964 begehrte die Klägerin unter Vorlage von Warenproben eine verbindliche Zolltarifauskunft (VZTA) über Herren- und Damenhandschuhe aus Kunststoffmaterial, und zwar Herrenhandschuhe mit und ohne gewirkten Seitenteil, gefüttert, in verschiedenen Größen und Farben, und. Damenhandschuhe, gefüttert und ungefüttert mit Nylon-Seitenteil, in verschiedenen Farben, und ungefüttert mit gelochtem Seitenteil aus Nylon, in verschiedenen Farben. Die Handschuhe sollen nach Angabe der Klägerin in Kisten oder Kartons als Außenverpackung mit Kartons als Innenverpackung für Verkaufszwecke aus Japan eingeführt werden.
Die Oberfinanzdirektion (OFD) hat die Waren in ihrer VZTA vom 10. Dezember 1964 als Handschuhe aus Gewirken mit Kunststoff bestrichen, weder gummielastisch noch kautschutiert, der Tarifnr. 60.02 des Deutschen Zolltarifs (DZT) zugewiesen. Der Einspruch, mit dem die Klägerin Einreihung der Ware in die Tarifstelle 42.03 – B – 111 begehrte, hatte keinen Erfolg.
Mit ihrer nunmehr als Klage zu behandelnden Rechtsbeschwerde begehrt die Klägerin, die Handschuhe anders zu tarifieren.
Entscheidungsgründe
Die Klage kann keinen Erfolg haben.
Unstreitig bestehen die in Rede stehenden Handschuhe in der Hauptsache aus einem mit einer Kunststofflage überzogenen Gewirke. Gewirke (Strick-, Wirk-, Häkel- und Häkelgalonwaren) sind nach der Erläuterung I (1) zu Kap. 60 Meterwaren oder fertige Erzeugnisse aus Maschengebilden. Zutreffend ist im Einspruchsbescheid ausgeführt, daß die Handschuhe nicht der Tarifnr. 42.03 – Handschuhe aus Kunstleder – zugewiesen werden können, wie es die Klägerin im Einspruchsschreiben begehrt hatte. Nach der Vorschrift 2 zu Kap. 41 umfaßt der Begriff „Kunstleder” in allen Teilen des Zolltarifs (ZT) nur Stoffe der in der Tarifnr. 41.10 erfaßten Art. Zu dieser Tarifnummer gehören jedoch nur auf der Grundlage von unzerfasertem oder zerfasertem Leder hergestellte Erzeugnisse. Da die streitigen Handschuhe diese Voraussetzungen nicht erfüllen, können sie nicht der Tarifnr. 42.03 zugewiesen werden. Aus der Erläuterung II c zu 41.10 ist zu entnehmen, daß Ledernachahmungen, die nicht auf der Grundlage von Leder hergestellt sind, nach ihrer stofflichen Beschaffenheit zu tarifieren sind.
Mit Recht hat die OFD auch eine Zuweisung der Handschuhe als Kunststofferzeugnisse zu Kap. 39 verneint. Nach der Erläuterung I (11) zu Kap. 39 ist Voraussetzung für die Zuweisung von Kunststofferzeugnissen zu Kap. 39, bei denen Kunststofflagen mit Lagen aus anderen Stoffen – im Streitfall Gewirke – verbunden sind, daß der Kunststoff der charakterbestimmende Bestandteil ist. Die OFD hat ausgeführt, daß im vorliegenden Fall die Gewirkelage für die technischen Eigenschaften der Ware, insbesondere hinsichtlich der Reißfestigkeit und der Weiterreißfestigkeit (d. h. der Stichfestigkeit beim Vernähen) von ausschlaggebender Bedeutung ist, der gegenüber die auf dem Kunststoffüberzug beruhenden, gleichwohl notwendigen anderen Eigenschaften der Ware, wie beispielsweise geschmackvolles Aussehen, Wasserundurchlässigkeit usw. an Bedeutung zurücktreten. Da, worauf die OFD hingewiesen hat, diese Ansicht von dem Gesamtverband und dem Gesamtverband für einen gleichartigen Stoff bestätigt worden ist und diese Auffassung ebenso in der Fachliteratur vertreten wird (vgl. Melliand, Textil-Berichte 1963 S. 76 ff.), trägt der Senat keine Bedenken, dieser Ansicht zu folgen.
Da es sich bei der von den bezeichneten Verbänden begutachteten Ware offensichtlich um Meterware handelte, ist es erklärlich, wenn sich der Gesamtverband für eine Zuweisung der begutachteten Ware zu Tarifnr. 59.08 ausgesprochen hat. Im Streitfall handelt es sich aber nicht um Meterware, sondern um fertige Handschuhe, die durch Verarbeitung von Meterware hergestellt sind.
Da sonach das Gewirke der charakterbestimmende Bestandteil der Handschuhe ist, liegen Waren vor, die aus Gewirken fertiggestellt sind. Solche Waren werden nach der Vorschrift 2 zu Kap. 60 von diesem Kapital erfaßt (vgl. auch Erläuterung I (6) 3 zu diesem Kapitel). Handschuhe aus Gewirken, weder gummielastisch noch kautschutiert, sind auch in der Tarifnr. 60.02 ausdrücklich genannt. Nach der Vorschrift 3 zu Kap. 60 ist die Zuweisung zu der genannten Tarifnummer nicht deswegen ausgeschlossen, weil in die Handschuhe Gummibänder eingenäht sind. Sie sind deswegen nicht als gummielastische Waren der Tarifnr. 60.06 anzusprechen. Die aus verschiedenen Stoffen bestehenden modischen Verzierungen bleiben, da sie nicht charakterbestimmend sind, nach der ATV 3 für die Tarifierung außer Betracht (vgl. auch zusätzliche Vorschrift d zu Abschn. XI).
Eine Zuweisung der Handschuhe zu Kap. 59 kann nicht in Betracht kommen. Die Handschuhe gelten, von den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen, nach der Vorschrift 6 e zu Abschn. XI als fertiggestellt im Sinne dieses Abschnitts. Handschuhe, fertiggestellt im Sinne der Vorschrift 6 zu Abschn. XI, gehören nach der Vorschrift 7 a. a. O. nicht zu Kap. 59, weil sich aus dem Wortlaut einer Tarifnummer nichts anderes ergibt. Die Handschuhe können demnach nicht nach der Vorschrift 1 b zu Kap. 60 als Gewirke des Kap. 59 von dem Kap. 60 ausgenommen sein. Daran ändert auch nichts die Tatsache, daß die Handschuhe mit einer Kunststofflage überzogen sind. Wie schon ausgeführt, ist nicht die Kunststofflage, sondern das Gewirke der charakterbestimmende Bestandteil der Handschuhe. Nach der ATV 3 b sind Waren, die aus verschiedenen Stoffen und Bestandteilen bestehen, soweit nicht die ATV 3 a (genauere Warenbezeichnung) in Betracht kommt, nach dem charakterbestimmenden Bestandteil zu tarifieren.
Die Klägerin kann sich für ihre Ansicht auch nicht unter Hinweis auf die zusätzliche Vorschrift d zu Abschn. XI darauf berufen, daß das Gewirke die Festigkeit des Kunststoffmaterials verstärke. Diese Vorschrift kommt im Streitfalle schon deswegen nicht zum Zuge, weil sie nur Waren betrifft, die aus zwei oder mehreren spinnstoffmäßig verschiedenen Geweben, Gewirken, Filzen, Geflechten usw. bestehen. Im Streitfalle besteht aber die Ware nur aus einem Gewirke. Die Kunststofflage ist kein Spinnstoff. Im übrigen handelt es sich bei dem Gewirke um den charakterbestimmenden Bestandteil, nicht um verstärkendes Zubehör.
Auch das weitere Vorbringen der Klägerin ist bei der gegebenen Tarifrechtslage nicht geeignet, die Entscheidung zu beeinflussen. Nach allem war sonach die Klage abzuweisen.
Da eine sachliche Änderung der in der VZTA angewandten Vorschriften seit ihrem Erlaß nicht eingetreten ist, war die VZTA auch nicht gemäß § 23 Abs. 3 ZG außer Kraft getreten.
Fundstellen
Haufe-Index 514609 |
BFHE 1968, 286 |