Leitsatz (amtlich)
Eine Jacke aus Wollgewirken, deren Vorderteil fast ganz mit Leder besetzt ist, wird von der Tarifnr. 60.05 GZT erfaßt.
Normenkette
GZT Tarifnr. 42.03; GZT Tarifnr. 60.05; GZT ATV 3 b
Tatbestand
Die Klägerin beantragte am 1. März 1979 bei der Beklagten (Oberfinanzdirektion – OFD –) die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) für eine Ware, die sie im Antrag als „Lederjacke mit Strick” bezeichnete. Bei der Ware handelt es sich um ein Kleidungsstück, das den Oberkörper bedecken soll und lange Ärmel sowie einen Umlegekragen besitzt. Der gesamte Rückenteil, die langen Ärmel, der gesamte untere ca. 6,5 cm breite Bund der Jacke und der Umlagekragen sind durch Zusammennähen abgepaßt gewirkter Teile eines ca 1,5 mm dicken Gewirkes aus Wolle hergestellt worden. Das Vorderteil ist mit einem Gewirke aus Wolle unterfüttert. Es ist besetzt mit einem Naturziegenvelourleder, das durch je einen an die vorderen Seitenteile eingearbeiteten ca. 2 cm breiten und 21,5 cm langen Streifen aus Wolle in Zopfform unterbrochen ist. Ein Randteil des gewirkten Kragens ist ebenfalls mit dem genannten Leder besetzt. Auf dem Vorderteil sind zwei Ledertaschen aufgesetzt. Die Ware ist mit einem Reißverschluß aus Kunststoff ausgestattet. Das Erzeugnis ist weder gummielastisch noch kautschutiert.
Die OFD erteilte am 12. April 1979 die beantragte vZTA. In dieser wies sie die Ware der Tarifst. 60.05 A II b 4 bb 22 bbb des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) zu („Oberbekleidung, Bekleidungszubehör und andere Wirkwaren, weder gummielastisch noch kautschutiert”). Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, mit dem sie begehrte, die Ware der Tarifnr. 42.03 GZT zuzuordnen („Bekleidung … aus Leder …”).
Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Zu Recht gehen die Beteiligten davon aus, daß sich die Frage, ob die Ware zur Tarifnr. 60.05 oder 42.03 GZT gehört, danach entscheidet, welcher Stoff (Leder oder Gewirke) der charakterbestimmende Bestandteil der Ware ist (ATV 3 b). Der erkennende Senat ist zu der Überzeugung gelangt, daß das Wollgewirke charakterbestimmend ist.
Die streitbefangene Ware ist ein Kleidungsstück. Sie besteht zum überwiegenden Teil aus Wollgewirken. Die Innenseite besteht vollständig aus solchen Gewirken, die Außenseite ebenfalls, soweit es sich um Rücken und Ärmel handelt. Lediglich die Brustseite ist zum großen Teil, der Kragen zum geringen Teil mit Leder besetzt. Dieser Lederbesatz spielt zwar wegen seiner modischen Wirkung sicherlich keine untergeordnete Rolle. Der gesamte Jackenkörper wird jedoch vom Wollgewirke gebildet. Dieses stellt im Hinblick auf den Verwendungszweck der Ware als Kleidungsstück das charakterbestimmende Merkmal dar. Das wird bestätigt durch das von der OFD eingeholte Gutachten des Verbandes der deutschen Lederbekleidungsindustrie vom 20. Juni 1978. Dieser hat die Auffassung vertreten, daß „der Strickbestandteil für diese Jacke charakterisierend ist”, und zur Begründung angefügt, daß es sich nicht um eingesetzte Lederteile sondern um eine Strickjacke handle, auf die Leder aufgesetzt worden sei, womit das Leder die Bedeutung eines modischen Effektes gewonnen habe.
Der Hinweis der Klägerin, daß das verwendete Leder rein wertmäßig überwiege, kann zu keiner anderen Auffassung führen. Die Frage, welcher Stoff charakterbestimmend ist, kann nicht ohne weiteres anhand eines einzigen Kriteriums entschieden werden. Wie die OFD in ihrer Einspruchsentscheidung ausgeführt und die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung eingeräumt hat, ist vom Gesamtbild der Ware auszugehen. Dann aber ist das Wollgewirke charakterbestimmend.
Daran ändert auch der von der Klägerin vorgetragene Umstand nichts, daß das Vorderteil unter dem Leder nur ein Strickfutter besitze, das als außen zu tragendes Gestrick nicht verwendbar sei. Es kann für die Frage, welcher Stoff charakterbestimmend ist, nicht darauf ankommen, ob die Ware noch ästhetischen Anforderungen genügen würde, wenn der Lederbesatz fehlte.
Da charakterbestimmend das Wollgewirke ist, ist die Ware so zu tarifieren, als bestünde sie ganz aus diesen Gewirken. Sie fällt daher unter die Tarifnr. 60.05 GZT. Da die Strickjacke keine Merkmale aufweist, an denen zu erkennen ist, ob sie für Frauen oder Männer bestimmt ist, hat die OFD die Ware zu Recht unter Anwendung der ATV 5 i. V. m. ATV 3 c in der Tarifnr. 60.05 der dort zuletzt genannten in Frage kommenden Tarifstelle zugewiesen (A II b 4 bb 22 bbb).
Fundstellen
Haufe-Index 510459 |
BFHE 1980, 207 |