Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Hausgehilfinnen im Sinne des § 33a Abs. 3 EStG 1955 sind die mit hauswirtschaftlichen Arbeiten beschäftigten Frauen, die in die häusliche Gemeinschaft des Arbeitgebers aufgenommen sind oder im Tagesdurchschnitt mindestens acht Stunden in seinem Haushalt beschäftigt sind. Nicht erforderlich ist, daß sie nur "einfache" häusliche Arbeiten verrichten.
Normenkette
EStG §§ 33, 33a Abs. 3
Tatbestand
Streitig ist, ob die Aufwendungen des im Streitjahr 76jährigen verwitweten Beschwerdeführers (Bf.) für eine Hausdame mit dem von ihm angegebenen Betrag von 3.171,60 DM bei der Einkommensteuerveranlagung für 1955 gemäß § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1955 zu berücksichtigen sind. Das Finanzamt hat dies verneint und bei der Steuerfestsetzung lediglich einen Freibetrag von 720 DM gemäß § 33a EStG 1955 zugestanden.
Die hiergegen vom Bf. eingelegte Sprungberufung hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht führte aus: Die in § 33a EStG 1955 getroffene Regelung gelte bei Beschäftigung von Personen, die einfache häusliche Arbeiten verrichteten. Leiste die im Haushalt beschäftigte Angestellte Dienste höherer Art (z. B. als Hausdame), so komme unter Umständen eine steuerliche Berücksichtigung nach § 33 EStG in Betracht. Daß der Bf. von seiner Angestellten auf Reisen begleitet und bei der beruflichen Repräsentation unterstützt worden sei, gebe aber noch keinen genügenden Anhalt für die Leistung von Diensten höherer Art, da hieraus noch keine Eigenverantwortlichkeit zu entnehmen sei. Außerdem beständen auch Bedenken hinsichtlich der zur Anwendung des § 33 EStG erforderlichen Zwangsläufigkeit der Aufwendungen für eine Hausdame. Die Voraussetzungen für eine Steuerermäßigung nach dieser Vorschrift lägen nicht vor. Da die Angestellte für den Bf. jedoch die anfallenden einfachen Hausarbeiten erledigt habe, sei sie als seine Hausgehilfin zu betrachten. In dieser Eigenschaft könne der Bf. für sie Steuerermäßigung nach § 33a EStG 1955 beanspruchen; denn der Gesetzgeber habe den über 60 Jahre alten Steuerpflichtigen für die Beschäftigung einer Hausgehilfin einen Freibetrag von 720 DM zugestanden. Dieser sei dem Bf. vom Finanzamt auch zutreffend gewährt worden. Sein weitergehender Antrag sei dagegen nicht begründet.
Der Bf. macht mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) geltend, seine Angestellte sei - was sich bereits aus der Höhe ihres Gehalts ergebe - keine Hausgehilfin, sondern eine Haushälterin, die dem Haushalt vorstehe und selbständig disponiere. Das Finanzgericht habe nicht berücksichtigt, daß seine Hausdame nicht - wie es für eine Hausgehilfin erforderlich sei - bei der Invalidenversicherung bzw. bei der Landkrankenkasse, sondern bei der Angestelltenversicherung versichert sei. Er habe ihr wegen der hervorragenden Dienste, die sie ihm seit Jahren an Stelle seiner verstorbenen Ehefrau geleistet habe, eines seiner Wohnhäuser vermacht, um sie sicherzustellen. Auch das spreche entscheidend gegen die vom Finanzgericht angenommene Hausgehilfinneneigenschaft. Ob eine Angestellte in einem frauenlosen Haushalt, wenn sie die Hausfrau ersetze, unter den Begriff der Hausgehilfin falle, sei oft zweifelhaft. In seinem Falle stelle die Einordnung in den Kreis der Hausgehilfinnen nach Lage der Verhältnisse eine Verletzung des geltenden Rechts dar. Aufwendungen für im Haushalt beschäftigte Kräfte, die nicht den Hausgehilfinnen zuzurechnen seien, seien ohne die Beschränkungen in § 33a EStG 1955 gemäß § 33 EStG bei der Einkommensteuer zu berücksichtigen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Die Entscheidung des Rechtsstreites hängt davon ab, welche Bedeutung dem § 33a Abs. 3 EStG 1955 zukommt. Diese Vorschrift, die durch das Gesetz zur Neuordnung von Steuern vom 16. Dezember 1954 (Bundesgesetzblatt - BGBl - 1954 I S. 373, BStBl 1954 I S. 575) in das EStG eingefügt worden ist, hat im Gegensatz zu der bis dahin in den Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) geregelten Steuerermäßigung wegen Beschäftigung einer Hausgehilfin (zuletzt Abschn. 152 EStR 1953) eine für die Behörden der Finanzverwaltungen und die Finanzgerichte verbindliche Typisierung eingeführt. Die Neuregelung in § 33a EStG 1955 soll für eine Reihe von besonders oft vorkommenden außergewöhnlichen Belastungen bei der Besteuerung eine einheitliche Beurteilung sicherstellen. Der Gesetzgeber hat im Interesse einer geichmäßigen Behandlung dieser Fälle eine gesetzliche Typisierung vorgenommen, die eine Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse ausschließt (vgl. hierzu die in dem Urteil des Bundesfinanzhofs VI 144/55 U vom 9. Juli 1958 mitgeteilte Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen zu § 33a EStG 1955, BStBl 1958 III S. 407). In Abs. 3 der Vorschrift wurde bestimmt, wann und in welcher Höhe Steuerermäßigungen wegen Beschäftigung einer Hausgehilfin zu gewähren sind. Hierdurch wollte der Gesetzgeber die vorher bestehende Unsicherheit beseitigen, die durch eine nicht immer einheitliche Auslegung des § 33 EStG in den Fällen der Beschäftigung einer Hausgehilfin bestanden hat. § 33a Abs. 3 EStG 1955 enthält eine Sonderregelung, die abschließend bestimmt, ob und in welcher Höhe einer Steuerermäßigung wegen der Beschäftigung einer Hausgehilfin zu gewähren ist. Kommt § 33a EStG zur Anwendung, so ist eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG 1955 nicht mehr möglich.
Der Begriff der Hausgehilfin im Sinne des § 33a Abs. 3 EStG 1955 wurde allerdings weder in dieser Vorschrift, noch in der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV), noch in einem anderen Steuergesetz verbindlich festgelegt. Er muß daher im Weg der Gesetzesauslegung ermittelt werden. Welche Berufsbezeichnung ein Steuerpflichtiger für seine Hausangestellte wählt, kann hierbei keine entscheidende Bedeutung haben; denn dies hängt weitgehend von persönlichen Gepflogenheiten und dem Sprachgebrauch ab. Es kann lediglich auf die Art der Tätigkeit der Hausangestellten ankommen. Die Vorentscheidung will offenbar darauf abstellen, ob "einfache" häusliche Arbeiten geleistet werden. Diese Auffassung geht zurück auf das amtlich nicht veröffentlichte Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 266/35 vom 15. Mai 1935 (Steuer und Wirtschaft 1935 Nr. 534), das unter einer Hausgehilfin eine Arbeitnehmerin versteht, die einfache, häusliche Arbeit verrichtet und entweder in den Haushalt des Steuerpflichtigen aufgenommen ist oder im Tagesdurchschnitt mindestens acht Stunden in seinem Haushalt beschäftigt wird. Die EStR haben diese Begriffsbestimmung im wesentlichen übernommen (Abschn. 192 Abs. 2 EStR 1955). Der Senat hält diese Abgrenzung durch die Entwicklung der Verhältnisse zum Teil für überholt. Typisch für die Arbeit einer Hausgehilfin ist, daß sie "häusliche Arbeiten" verrichtet. Ob es sich hierbei lediglich um eine einfache Hilfeleistung für die Hausfrau handelt oder ob eine darüber hinausgehende Arbeitsleistung mit einer gewissen Selbständigkeit vorliegt, kann für den Begriff der Hausgehilfin im Sinne des § 33a EStG 1955 nicht wesentlich sein. Es wäre nicht verständlich, eine in einem frauenlosen Haushalt tätige "Haushälterin" oder "Wirtschafterin" nur deshalb nicht zum Kreis der Hausgehilfinnen zu rechnen, weil diese Angestellten infolge des Fehlens einer Hausfrau zwangsläufig neben den einfachen Hausarbeiten oft auch in gewissem Umfange eine selbständige Tätigkeit entfalten. Würde man diese mit Hausarbeit beschäftigten Personen nicht zu den Hausgehilfinnen rechnen, wäre die vom Gesetzgeber gewollte Typisierung in § 33a Abs. 3 EStG 1955 weitgehend gegenstandslos und der mit der gesetzlichen Regelung beabsichtigte Zweck nicht erreicht. Dem Sinn der gesetzlichen Regelung entspricht es, den Begriff der Hausgehilfin im Sinne des § 33a Abs. 3 EStG 1955 so auszulegen, daß er alle Hausangestellten umfaßt, die mit den im Haushalt vorkommenden Arbeiten beschäftigt werden. Ob diese ausschließlich Hilfeleistungen darstellen oder ob sie zu einem Teil selbständiger Art sind, ist unwesentlich. Diese Auslegung stimmt übrigens überein mit § 2 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes vom 24. Januar 1952 (BGBl 1952 I S. 69), der bestimmt, daß Hausgehilfinnen im Sinne dieses Gesetzes Frauen sind, "die im Haushalt mit hauswirtschaftlichen Arbeiten beschäftigt werden und in die häusliche Gemeinschaft des Arbeitgebers aufgenommen sind". Beschäftigt ein Steuerpflichtiger eine Hausgehilfin in diesem Sinne, so kann eine steuerliche Berücksichtigung der für sie gemachten Aufwendungen nur im Rahmen des § 33a EStG 1955, nicht aber gemäß § 33 EStG 1955 erfolgen.
Nicht zu den Hausgehilfinnen im Sinne des § 33a Abs. 3 EStG sind Angestellte zu rechnen, die zwar im Haushalt des Steuerpflichtigen leben, die aber keine typischen Hausarbeiten verrichten. Hierzu werden z. B. im allgemeinen die ausschließlich mit der Pflege und der Erziehung der Kinder beschäftigten Kinderschwestern, Hauslehrer usw., die mit Repräsentationsaufgaben betrauten Hausdamen oder die mit der persönlichen Betreuung befaßten Gesellschafterinnen zu rechnen sein. Auf diese Fälle bezieht sich die Sonderregelung in § 33a Abs. 3 EStG 1955 nicht. Sie steht daher einer Steuerermäßigung nach § 33 EStG 1955 nicht entgegen, sofern - was nur in Ausnahmefällen anzunehmen sein wird - die Voraussetzungen des § 33 EStG 1955 vorliegen.
Der Bf. behauptet, er habe im Streitjahr eine Hausdame beschäftigt. Das Finanzgericht hat hierzu in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß seine Hausangestellte im wesentlichen die im Haushalt anfallenden Arbeiten erledigt hat. Daß sie gelegentlich bei Reisen, Besuchen usw. darüber hinausgehende Repräsentationsaufgaben erfüllt hat, ändert nichts daran, daß sie zu dem Kreis der in § 33a Abs. 3 EStG 1955 genannten Hausgehilfinnen zu rechnen ist. Auch die Höhe der Einkünfte des Bf. von etwa 7.000 DM im Jahre spricht dagegen, daß er eine für typische Repräsentationsaufgaben angestellte Hausdame beschäftigt hat. Das Finanzgericht hat deshalb ohne Rechtsirrtum den vom Finanzamt bereits vorgenommenen Abzug von 720 DM gemäß § 33a Abs. 3 EStG 1955 gebilligt und die vom Bf. beantragte weitergehende Steuerermäßigung nach § 33 EStG 1955 abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Rb. ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 409306 |
BStBl III 1959, 170 |
BFHE 1959, 443 |
BFHE 68, 443 |