Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindung an Wahl zwischen Folge- und Zweitobjekt bei § 7b-Absetzungen durch Eheleute
Leitsatz (NV)
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 17. März 1992 IX R 305/87, BFH/NV 1992, 594) können zusammenveranlagte Eheleute wählen, ob ein innerhalb des in § 7b Abs. 5 Satz 4 EStG 1983 bezeichneten Zeitraumes hergestelltes oder angeschafftes Objekt als Folgeobjekt i.S. des § 7b Abs. 5 Satz 4 EStG 1983 oder als zweites Objekt i.S. des § 7b Abs. 5 Satz 2 EStG 1983 gelten soll.
2. Machen sie in einem Veranlagungszeitraum, in dem sie ein begünstigtes Objekt veräußert und ein weiteres begünstigtes Objekt erworben haben, erhöhte Absetzungen für beide Objekte geltend und werden sie aufgrund dessen bestandskräftig veranlagt, so haben sie ihr Wahlrecht zugunsten eines Zweitobjekts ausgeübt und sind daran infolge der Bestandskraft des Bescheides gebunden (Anschluß an Senatsentscheidung in BFH/NV 1992, 594).
3. Die so getroffene Wahl als Zweitobjekt bindet die Eheleute - und zwar jeden für sich - im gesamten Begünstigungszeitraum und damit auch in den Folgejahren.
Normenkette
EStG 1983 § 7b Abs. 5 Sätze 2, 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war von 1980 bis zur Veräußerung am 1. März 1984 zusammen mit seiner damaligen Ehefrau Eigentümer einer Eigentumswohnung. Am 3. September 1984 erwarb er eine weitere Eigentumswohnung. Seit Januar 1984 lebten die Eheleute getrennt. Ihre Ehe wurde im Streitjahr (1985) geschieden.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 1984 hatten der Kläger und seine mit ihm zusammenveranlagte damalige Ehefrau erhöhte Absetzungen gemäß § 15 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) i.V.m. § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowohl für die ihnen gemeinsam gehörende Eigentumswohnung (wie in den Vorjahren) als auch für die dem Kläger gehörende Eigentumswohnung in Anspruch genommen. Der Einkommensteuerbescheid für 1984 ist bestandskräftig.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (1985) begehrte der Kläger erhöhte Absetzungen gemäß § 7b EStG i.V.m. § 15 BerlinFG für seine Eigentumswohnung wie im Vorjahr von 20000 DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte dies auch im Einspruchsverfahren wegen Objektverbrauchs ab. Mit seiner Klage beanspruchte der Kläger, seine Eigentumswohnung als Folgeobjekt steuerlich zu berücksichtigen und erhöhte Absetzungen in Höhe von 3 v.H. der Anschaffungskosten zu gewähren. Die Klage hatte keinen Erfolg.
Seine Revision stützt der Kläger auf Verletzung der §§ 15 BerlinFG und 7b Abs. 5 EStG.
Während des Revisionsverfahrens hat das FA zuletzt den Einkommensteueränderungsbescheid vom 1. Oktober 1991 erlassen. Darin hat es die Einkommensteuer für das Streitjahr hinsichtlich der Höhe des Grundfreibetrags und des halben Kinderfreibetrags von 216 DM vorläufig festgesetzt. Der Kläger hat hierauf gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beantragt, diesen Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr.1 FGO).
1. Das Finanzgericht (FG) hat rechtsfehlerfrei entschieden, daß dem Kläger infolge Objektverbrauchs nach § 7b Abs. 5 EStG i.V.m. § 15 Abs. 1 BerlinFG keine erhöhten Absetzungen zustehen.
a) Erhöhte Absetzungen werden nach § 7b Abs. 5 Satz 1 EStG 1983 i.V.m. § 15 Abs. 1 BerlinFG grundsätzlich nur für ein Einfamilienhaus, ein Zweifamilienhaus oder eine Eigentumswohnung gewährt. Eheleute, bei denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, können die erhöhten Absetzungen für insgesamt zwei begünstigte Objekte geltend machen (§ 7b Abs. 5 Satz 2 EStG 1983 i.V.m. § 15 Abs. 1 BerlinFG). Ist ein Bauwerk mehreren Steuerpflichtigen zuzurechnen, so wird der Anteil eines Steuerpflichtigen hieran einem begünstigten Objekt gleichgestellt (§ 7b Abs. 6 Satz 1 EStG 1983 i.V.m. § 15 Abs. 1 BerlinFG). Dies gilt nicht, wenn ein Objekt ausschließlich dem Steuerpflichtigen sowie seinem Ehegatten zuzurechnen ist und die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen (§ 7b Abs. 6 Satz 2 EStG 1983). In einem solchen Fall stellt nicht der einzelne Anteil des Ehegatten das nach § 7b EStG i.V.m. § 15 BerlinFG begünstigte Objekt dar. Begünstigtes Objekt ist vielmehr das Bauwerk als solches.
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats können Eheleute wählen, ob ein innerhalb des in § 7b Abs. 5 Satz 4 EStG 1983 bezeichneten Zeitraumes hergestelltes oder angeschafftes Objekt als Folgeobjekt i.S. des § 7b Abs. 5 Satz 4 EStG 1983 oder als zweites Objekt i.S. des § 7b Abs. 5 Satz 2 EStG 1983 gelten soll, wenn sie unter den Voraussetzungen des § 26 EStG beim Erstobjekt die erhöhten Absetzungen deshalb nicht voll ausnutzen können, weil ihnen das Erstobjekt nicht bis zum Ablauf des Zeitraums zuzurechnen war, für den erhöhte Absetzungen zulässig sind (§ 7b Abs. 5 Sätze 4 und 5 EStG 1983). Machen sie in einem Veranlagungszeitraum, in dem sie ein begünstigtes Objekt veräußert und ein weiteres begünstigtes Objekt erworben haben, erhöhte Absetzungen für beide Objekte geltend und werden sie aufgrund dessen bestandskräftig veranlagt, so haben sie ihr Wahlrecht zugunsten eines Zweitobjekts ausgeübt und sind daran infolge der Bestandskraft des Bescheids gebunden. Die so getroffene Wahl als Zweitobjekt bindet die Eheleute - und zwar jeden für sich - im gesamten Begünstigungszeitraum und damit auch in den Folgejahren (Senatsentscheidungen vom 17. März 1992 IX R 305/87, BFH/NV 1992, 594 mit weiteren Nachweisen aus Rechtsprechung und Schrifttum, und vom 25. Februar 1992 IX R 41/91, BFHE 167, 369, BStBl II 1992, 621 m.w.N.).
Haben Eheleute erhöhte Absetzungen für ein zweites Objekt in Anspruch genommen, so tritt Objektverbrauch ein, wenn sie die Voraussetzungen des § 26 EStG zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr erfüllen (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, vgl. Senatsentscheidungen vom 23. Juni 1992 IX R 257/87, nicht amtlich veröffentlicht, und in BFH/NV 1992, 594 m.w.N.).
b) Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht einen Objektverbrauch des Klägers bejaht. In den Veranlagungszeiträumen 1980 bis 1984 hatte der Kläger mit seiner mit ihm zusammen veranlagten damaligen Ehefrau erhöhte Absetzungen für eine ihnen gemeinsam gehörende Eigentumswohnung in Anspruch genommen. Da sie dieses Objekt vor Ablauf des Begünstigungszeitraums veräußerten, hatten sie die Wahl, die vom Kläger im September 1984 erworbene Eigentumswohnung als Folgeobjekt oder als Zweitobjekt zu behandeln. Diese Wahl übten sie zugunsten eines Zweitobjekts aus, indem sie erhöhte Absetzungen hierfür bereits im Veranlagungszeitraum 1984 geltend machten, als ihnen die gemeinsam gehördende Eigentumswohnung noch zuzurechnen war. An diese Wahl ist der Kläger infolge der Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids 1984 auch für das Streitjahr gebunden.
Hat der Kläger mithin erhöhte Absetzungen für die Eigentumswohnung als Zweitobjekt tatsächlich in Anspruch genommen, so kann er die erhöhten Absetzungen nach dem Wegfall der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG infolge Objektverbrauchs nicht mehr fortsetzen.
2. Dennoch war das angefochtene Urteil aufzuheben und der Klage teilweise stattzugeben; denn das FA hat in seinem geänderten Einkommensteuerbescheid vom 1. Oktober 1991 nicht anstelle des halben Kinderfreibetrags von 1216 DM den nach Art. 1 Nr.18 des Steueränderungsgesetzes 1991 vom 24. Juni 1991 (BGBl I, 1322, BStBl I 1991, 665) erhöhten halben Kinderfreibetrag von 1216 DM berücksichtigt.
Fundstellen
Haufe-Index 418769 |
BFH/NV 1993, 230 |