Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zahlungen einer Kapitalgesellschaft zur nachträglichen Erstattung von Repräsentationsaufwendungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers in vergangenen Wirtschaftsjahren können verdeckt ausgeschütteten Gewinn darstellen, wenn eine Zahlungspflicht nicht besteht, weil der Gesellschafter-Geschäftsführer die Aufwendungen seinerzeit selbst übernommen hatte.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1 S. 2; KapStDV §§ 1, 3, 12
Tatbestand
Die Bfin. , eine GmbH, betreibt Samenzucht und Großhandel In Samen. Der an dem Stammkapital der Bfin. mit 95 v. H. beteiligte Gesellschafter ist gleichzeitig ihr alleiniger Geschäftsführer. Er war früher Mitunternehmer einer KG, die in der sowjetischen Zone einen gleichartigen Betrieb unterhalten hatte. Er hat 1946 die GmbH gegründet. Die restlichen 5 v. H. des Stammkapitals befinden sich in den Händen eines Prokuristen der Bfin. Der Gesellschafter-Geschäftsführer hat in dem vom 1. Dezember 1955 bis 30. November 1956 laufenden Wirtschaftsjahr als Vergütung für seine Tätigkeit 36 000 DM bezogen, die vom Finanzamt als Betriebsausgaben anerkannt wurden. Außerdem hat die Bfin. ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer in diesem Wirtschaftsjahr einen weiteren Betrag von 65 900 DM zu Lasten des Gewinns gutgeschrieben, den das Finanzamt als verdeckte Gewinnausschüttung ansah. Es forderte mit Haftungsbescheid von der Bfin. den Steuerabzug vom Kapitalertrag gemäß §§ 1, 3 und 12 der Kapitalertragsteuer-Durchführungsverordnung vom 25. Februar 1956 (BStBl 1956 I S. 43) an.
Die Bfin. ist der Auffassung, daß die Gutschrift keine verdeckte Gewinnausschüttung darstelle. Sie habe ihrem Geschäftsführer in den dem Jahr der Gutschrift vorangegangenen Wirtschaftsjahren zur Erfüllung von Verpflichtungen im wesentlichen repräsentativer Art im Interesse des Unternehmens darlehnsweise Mittel zur Verfügung gestellt, die sich insgesamt auf den umstrittenen Betrag belaufen hätten. Sie habe den Weg der Hingabe von Darlehen statt Zahlung als Geschäftsführerbezüge gewählt, um das infolge von Verlusten nach der Währungsumstellung ohnehin ungünstige Bilanzbild mit Rücksicht auf ihre Kreditgeber nicht noch weiter zu verschlechtern. Wenn sie nun die Darlehen in dem Geschäftsjahr 1955/1956 nachträglich als Bezüge ihres Geschäftsführers umgebucht habe, so habe dies nur noch buchtechnische Bedeutung gehabt.
Einspruch und Berufung sind erfolglos geblieben. Das Finanzgericht hat ausgeführt, die Gutschrift stelle kein Entgelt für die Tätigkeit in dem Geschäftsjahr 1955/56, sondern eine Nachzahlung für die vorangegangenen Wirtschaftsjahre dar. Selbst wenn man die umstrittenen Beträge als angemessene Vergütung für die Leistungen des Geschäftsführers in den Vorjahren ansehen wolle, so müsse beachtet werden, daß sie nicht als Geschäftsführerbezüge, sondern als Darlehen behandelt worden seien. Hieran sei die GmbH gebunden, und es sei daher gerechtfertigt, die Gutschrift als verdeckte Gewinnausschüttung dem Steuerabzug vom Kapitalertrag zu unterwerfen.
Entscheidungsgründe
Auch die Rb. , zu deren Begründung sich die GmbH auf ihr bisheriges Vorbringen bezogen hat, vermag nicht zum Erfolg zu führen.
Ein Gesellschafter kann die Geschäfte seiner Gesellschaft auf Grund eines Anstellungsvertrages gegen Entgelt oder auch in seiner Gesellschaftereigenschaft ohne besondere Vergütung führen. Vereinbarungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern über die Vergütungen für ihre Tätigkeit als Geschäftsführer sind anzuerkennen, soweit sie das Maß des Angemessenen nicht überschreiten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 337/56 U vom 25. Februar 1958, BStBl 1958 III S. 229, Slg. Bd. 66 S. 596). Sie müssen aber vertraglich klar festgelegt sein. Fehlt es an einer Gehaltsvereinbarung oder ist das Gehalt in einer Höhe festgesetzt und gezahlt worden, die unterhalb der Grenze des Angemessenen liegt, so kann diese Gestaltung der Rechtsbeziehungen nicht mit Rückwirkung geändert werden (Urteile des Bundesfinanzhofs I 47/55 U vom 11. Oktober 1955, BStBl 1955 III S. 397, Slg. Bd. 61 S. 515; I 190/57 U vom 24. Juni 1958, BStBl 1958 III S. 381, Slg. Bd. 67 S. 281; I 128/57 U vom 15. April 1958, BStBl 1958 III S. 428, Slg. Bd. 67 S. 407). Gleichartige Grundsätze hat der Senat für niedrig verzinsliche Darlehen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft (Urteil des Bundesfinanzhofs I 44/57 U vom 13. Januar 1959, BStBl 1959 III S. 197, Slg. Bd. 68 S. 515) und für einen niedrigen Pachtzins, den ein Gesellschafter seiner Gesellschaft gewährt (Urteil des Bundesfinanzhofs I 131/59 S vom 8. November 1960, BStBl 1960 III S. 513) , ausgesprochen. Auf dieser rechtlichen Betrachtung muß auch die Entscheidung der Streitfrage aufgebaut werden. Nach Darstellung der Rechtsbeschwerde soll es sich zum Teil um die Erstattung von Auslagen im wesentlichen repräsentativer Art handeln. Auch bei ihnen ist es möglich, daß sie auf gesellschaftlicher Grundlage verrechnet werden. Der Gesellschafter kann es übernehmen, die Aufwendung selbst zu tragen. Das ist im Streitfall geschehen. Die Gesellschaft hat dem Gesellschafter-Geschäftsführer Gelder in Form von Darlehen zur Verfügung gestellt. Eine Abrechnung über die behaupteten Aufwendungen ist nicht erfolgt. Sie soll nach Darstellung der Rechtsbeschwerde im Streitjahr für das Vorjahr nachgeholt werden, dessen Schlußbilanz keinen entsprechenden Passivposten ausweist. Die Buchung im Streitjahr zu Lasten der Darlehen bedeutet eine rückwirkende änderung, die steuerlich nicht anerkannt werden kann. Die GmbH ist an ihre Beurteilung der Vorgänge auf gesellschaftlicher Grundlage gebunden. Da im allgemeinen für den Ersatz von Repräsentationsaufwendungen gleichartige Grundsätze gelten wie für die Nachzahlung von Lohn (Gehalt) , wäre es nicht wesentlich, ob die Erstattung des Repräsentationsaufwandes Auslagenersatz oder Gehaltsnachzahlung - vgl. hierzu Abschn. 23 und 24 Abs. 3 LStR 1955 (BStBl 1955 I S. 489, 509) bzw. LStR 1960 (BStBl 1960 I S. 537, 557) - dargestellt hätte. Die Befreiung des Gesellschafters von der Verpflichtung zur Rückzahlung der Darlehen durch die strittige Gutschrift liegt, wie das Finanzgericht ausgeführt hat, in seiner Stellung als beherrschender Gesellschafter begründet, nicht in seiner Stellung als Geschäftsführer. Soweit Ansprüche überhaupt bestanden haben, hat er auf sie auf Grund seiner Stellung als Gesellschafter im Vorjahr verzichtet. Dies muß jedenfalls nach der buchmäßigen Behandlung bei der GmbH angenommen werden. Es liegt somit in dem Erlaß der Darlehnsverpflichtung eine verdeckte Gewinnausschüttung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG, die dem Steuerabzug vom Kapitalertrag nach den oben angeführten Bestimmungen unterliegt.
Fundstellen
Haufe-Index 423859 |
BStBl III 1961, 68 |
BFHE 1961, 182 |
BFHE 72, 182 |
DB 1961, 259 |