Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Streitwertberechnung für die Rb. betreffend Einheitswert eines Grundstücks.
Bei der Streitwertberechnung bleiben nachgereichte (hier nach Ablauf der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist) weitergehende Anträge, die die Errechnung der Rechtsbeschwerdesumme bezwecken, außer Ansatz.
Zum Ausschluß der Zulässigkeit der Rb. wegen grundsätzlicher Bedeutung genügt die Unterlassung des Ausspruchs über die Zulässigkeit.
Normenkette
AO § 286 Abs. 1; FGO § 115/1; FGO § 115/2/1; AO § 252 Abs. 1; FGO § 126/1; AO § 239; FGO § 140/3; BewG § 22
Tatbestand
Es handelt sich in erster Linie um die Zulässigkeit der Rb.
In sachlicher Hinsicht ist die Höhe des Einheitswertes eines gemischtgenutzten Grundstücks streitig.
Den infolge Neubaues eines Hauses im berichtigenden Wert- und Artfortschreibungsbescheid auf den 1. Januar 1954 festgestellten Einheitswert von 38.900 DM wollte der Bf. im Einspruchsverfahren auf 21.700 DM und im Berufungsverfahren auf unter 25.000 DM (24.200 DM) herabgesetzt haben. Er beantragt außerdem, das Grundstück in die Grundstückshauptgruppe "gemischtgenutzte Grundstücke" einzureihen und nicht als Geschäftsgrundstück anzusehen. Diesem Antrage entsprach die Einspruchsentscheidung, indem sie den Einspruch nur hinsichtlich der Herabsetzung des Einheitswerts als unbegründet zurückwies und dem Bf. die Kosten nur zur Hälfte auferlegte. Die Entscheidungsgründe ergeben klar, daß der Einstufung als gemischtgenutztes Grundstück stattgegeben wurde. Das Finanzgericht hielt eine Berichtigung für zulässig. Es stellte unter Abänderung der Einspruchsentscheidung und des berichtigenden Fortschreibungsbescheides den Einheitswert auf 26.600 DM fest und wies im übrigen die Berufung als unbegründet zurück. Die Rechtsmittelbelehrung des Finanzgerichts lautete: "Gegen dieses Urteil ist die Rechtsmittelbeschwerde an den Bundesfinanzhof in München nur dann zulässig, wenn der Wert des Streitgegenstandes in der Rechtsbeschwerde höher ist als 200 DM oder wenn das Finanzgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache die Rechtsbeschwerde zugelassen hat."
In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht hatte der Bf. durch seinen Vertreter den Antrag gestellt:
"Den Streitwert auf einen Betrag über 1.000 DM festzusetzen";
"im Falle einer teilweisen oder gänzlichen Zurückweisung der Berufung die Rb. wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen."
Zu diesem Antrage ist am Ende der Urteilsgründe ausgeführt: "Einer besonderen Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen der vom Beschwerdeführer behaupteten Grundsätzlichkeit der Streitsache bedurfte es nicht, da die Rechtsbeschwerde schon wegen der Höhe des Streitwertes zulässig ist."
Der Bf. wendet sich mit der Rb. gegen die Höhe des vom Finanzgericht festgestellten Einheitswertes. Er beantragte zunächst eine Herabsetzung auf 22.800 DM. Auf eine spätere Anfrage des Bundesfinanzhofes wegen seines betragsmäßigen Rechtsbeschwerdeantrags begehrte er einen Einheitswert von 21.736 DM (abgerundet 21.700 DM). Durch Bescheid nach § 294 Abs. 2 AO war die Rb. mangels des erforderlichen Streitwertes als unzulässig verworfen worden. Nachdem der Bf. erneut die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hatte, stellte er in ihr den Antrag, den Einheitswert auf 21.056 DM (abgerundet auf 21.000 DM) festzustellen. Seine Berechnung, die zu dem von dem zunächst beantragten Einheitswert von 21.736 DM geführt habe, sei um 680 DM zu kürzen. Er habe bei der Berechnung einen Korridor (Flur) bei der Mietberechnung einbezogen. Er vertrete nunmehr den Standpunkt, Flure gehörten überhaupt nicht zu der zu bewertenden Raumfläche. Mit diesem weitergehenden Antrage sei die für die Rb. erforderliche Höhe des Streitwertes erreicht. Im übrigen müsse sein Antrag an das Finanzgericht auf Zulassung der Rb. berücksichtigt werden. Die Rb. betreffe sachlich eine Grundsatzfrage, daß nämlich das Finanzgericht den Einheitswert des gemischtgenutzten Grundstückes bei Eigennutzung zu Unrecht nicht nach der Miete, sondern nach dem gemeinen Werte unter Zugrundelegung der Brandversicherung errechnet habe.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist unzulässig.
Im vorliegenden Rechtsstreit ist für die Frage der Zulässigkeit der Rb. § 286 AO in der Fassung vor Inkrafttreten des Steueränderungsgesetzes (StändG) vom 13. Juli 1961 maßgebend, da die Berufung am 19. Februar 1960 beim Finanzamt einging (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs III 82/62 U vom 20. Juli 1962, BStBl 1962 III S. 404, Slg. Bd. 75 S. 382). Die Rb. wäre somit nur gegeben, wenn der Streitwert höher als 200 DM wäre, oder wenn das Finanzgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache die Rb. zugelassen hätte. Beides ist hier nicht der Fall.
Zur Höhe des Streitwertes. Die für die Einlegung der Rb. erforderliche Höhe des Streitwertes hat der Bundesfinanzhof von sich aus ohne Rücksicht auf die Feststellungen des Streitwertes in den Vorinstanzen auf Grund der bei Einlegung der Rb. gegebenen Sach- und Rechtslage zu prüfen (Urteil des Bundesfinanzhofs III 414/58 U vom 14. Juni 1960, BStBl 1960 III S. 370, Slg. Bd. 71 S. 324). Der vom Bevollmächtigten des Bf. in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht gestellte Antrag, dieses möge den Streitwert auf über 1.000 DM feststellen, war daher in dieser Hinsicht ohne Bedeutung.
Streitgegenstand der Rb. ist das, was der Bf. mit der Rb. auf Grund seines Antrages erreichen will. Es ist daher als Vorfrage zu entscheiden, welcher Antrag hier maßgebend ist. Die Zulässigkeit der Berichtigung als solcher steht nicht mehr zur Erörterung, sondern nur die Höhe des Einheitswertes im Berichtigungsbescheid. Im vorliegenden Falle ist für die Zulässigkeit der Rb. von entscheidender Bedeutung, ob der Bf. an sein Begehren, den Einheitswert auf 21.700 DM festzustellen, gebunden bleibt, oder ob der weitere Herabsetzungsantrag in der mündlichen Verhandlung auf 21.000 DM zu beachten ist.
Bei der Einheitsbewertung wird der Streitwert regelmäßig pauschal nach einem Tausendsatz des streitigen Einheitswertes berechnet. Von dieser pauschalen Berechnung ging schon der Reichsfinanzhof "grundsätzlich und in der Regel" aus, und zwar damals mit 10 v. T. des streitigen Einheitswertes. "Eine Einzelbewertung des Streitwertes für jeden Streitfall ist abzulehnen" (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs III A 864/31 vom 17. Dezember 1931, RStBl 1932 S. 228). Diese Grundsätze hat die weitere Rechtsprechung übernommen, wobei alsdann bei Grundbesitz der Wert des Streitgegenstandes in der Regel auf 25 v. T. des streitigen Wertunterschiedes festzustellen war (vgl. Gutachten des Reichsfinanzhofs III D 1/37 vom 15. Juli 1937, RStBl 1937 S. 907). In dem koordinierenden Länderbeschluß (vgl. Erlaß des Finanzministers Württemberg-Baden vom 16. November 1950, BStBl 1951 II S. 26) sind unter grundsätzlicher Aufrechterhaltung der pauschalen Streitwertberechnung im Rechtsmittelverfahren gegen Einheitswertfeststellungen zur Anpassung an die seitdem geänderten Verhältnisse als Richtsätze bei Grundbesitz 40 v. T. des streitigen Wertunterschiedes (statt bisher 25 v. T.) für richtig angesehen worden. Die Steuergerichte haben sich dieser Regelung angeschlossen (Urteile des Bundesfinanzhofs III 77/50 U vom 29. Mai 1951, BStBl 1951 III S. 138, Slg. Bd. 55 S. 351, und III 314/56 U vom 22. Februar 1957, BStBl 1957 III S. 128, Slg. Bd. 64 S. 336). Zur Frage der pauschalen Berechnung des Streitwertes sei noch auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 268/60 U vom 17. Oktober 1961 (BStBl 1962 III S. 41, Slg. Bd. 74 S. 108) hingewiesen. Für den ersten Rechtsbeschwerdeantrag ergibt sich somit folgende Streitwertberechnung:
Begehrter Einheitswert ---------------- 21.700 DM Einheitswert laut Urteil des Finanzgerichts -------------------- 26.600 DM Wertunterschied ------------------------ 4.900 DM Streitwert = 40 v. T. von 4.900 DM = -------------------------- 196 DM.Bei Berücksichtigung des in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrages würde sich die Differenz um 700 und damit der Streitwert auf über 200 DM erhöhen.
Der Bf. bleibt, nachdem er auf die Anfrage des erkennenden Senats sein Begehren auf 21.700 DM abstellte und von diesem Betrage die Zulässigkeit der Rb. abhängig ist, an diesen Antrag gebunden. Der spätere Antrag auf weitere Herabsetzung sollte vor allem die Zulässigkeit der Rb. entgegen dem vorweg ergangenen Bescheide herbeiführen. Das ist nicht angängig. Der Bf. hat seinen weitergehenden Antrag auf eine andere Raumflächen-Berechnung gestützt, also eine andere tatsächliche Beurteilung zugrunde gelegt, ohne daß seitens etwa des Finanzgerichts ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten ersichtlich wäre. Bei der Berechnung der Beschwerdesumme ist ein mit neuem tatsächlichem Vorbringen gestellter Antrag nicht zu berücksichtigen, wenn er nach den Umständen des Falles nur den Zweck hat, die erforderliche Beschwerdesumme zu erreichen (Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 823/35 vom 20. Dezember 1935, RStBl 1936 S. 66, und Urteil des Bundesfinanzhofs IV 11/60 U vom 29. Oktober 1962, BStBl 1963 III S. 49). Nach dem Urteile des Bundesfinanzhofs III 330/59 vom 4. Mai 1962 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1963 S. 33) bleiben bei der Berechnung des für die Rb. erforderlichen Streitwertes neu vorgebrachte, im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zu beachtende Tatsachen außer Ansatz. Ganz allgemein war vom Bundesfinanzhof bereits vorher dahin entschieden worden, die Frage, ob der erforderliche Streitwert erreicht sei, könne nur nach dem Antrage beurteilt werden, der mit der Einlegung der Rb. gestellt worden ist. Der zweite Antrag wäre nur dann von Bedeutung, wenn er innerhalb der Rechtsmittelfrist gestellt worden wäre (Urteil des Bundesfinanzhofs VI 136/59 vom 21. August 1959, auf das im Betriebs-Berater 1961, Beilage Heft 8, S. 5, hingewiesen wird). Hier ist der erweiternde Antrag weder innerhalb der Rechtsmittelfrist noch innerhalb der Rechtsmittelbegründungsfrist gestellt worden, so daß auf eine etwaige Bedeutung der zweiten Frist nicht eingegangen zu werden braucht.
Somit beträgt im vorliegenden Falle der Streitwert nicht mehr als 200 DM.
Die Ausführung des Finanzgerichts im letzten Absatz der Urteilsgründe über die Höhe des Streitwertes unter Bezugnahme auf § 286 AO ändern nichts an der Sach- und Rechtslage. Dem Finanzgericht stand insoweit eine maßgebliche Beurteilung nicht zu.
Keine Zulassung der Rb. durch das Finanzgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache.
Die Rechtsmittelbelehrung des Finanzgerichts geht eindeutig dahin, daß die Rb. bei einem Streitwert von nicht über 200 DM nur gegeben ist, wenn das Finanzgericht diese wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat. Das tat das Finanzgericht im vorliegenden Falle jedoch nicht, und zwar aus besonderer überlegung, wie sich aus dem letzten Absatz der Urteilsgründe ergibt. Es kommt nicht darauf an, ob diese überlegung richtig oder falsch war. Der Antrag des Bf., die Rb. wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen bzw. einen ausreichend hohen Streitwert festzustellen, gibt nicht die rechtliche Möglichkeit, von den objektiv erforderlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Rb. abzusehen. Daran ändert sich auch dadurch nichts, daß das Finanzgericht glaubte, wegen seiner Streitwertberechnung keinen Anlaß zu haben, die Rb. wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (s. Urteil des Reichsfinanzhofs III A 195/36 vom 11. Februar 1937, RStBl 1937 S. 364). Es ergibt sich allgemein aus der Nichtzulassung die Ablehnung des Antrages auf Zulassung der Rb. wegen grundsätzlicher Bedeutung. Denn zum Ausschluß der Zulässigkeit genügt die Unterlassung des Ausspruches über die Zulassung, auch ohne ausdrückliche Zurückweisung eines solchen Begehrens des Bf. (vgl. Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung, § 286 Anm. 7).
Der Bundesfinanzhof hat nicht die Möglichkeit, die Rb. von sich aus zuzulassen (Urteil des Bundesfinanzhofs II 104/56 U vom 26. September 1956, BStBl 1956 III S. 324, Slg. Bd. 63 S. 333).
Die Rb. war daher nach § 252 Abs. 1 AO als unzulässig zu verwerfen. Bei dieser Rechtslage ist auf die vom Bf. hervorgehobene grundsätzliche Bedeutung der Vorentscheidung nicht einzugehen.
Fundstellen
Haufe-Index 411148 |
BStBl III 1964, 235 |
BFHE 1964, 5 |
BFHE 79, 5 |