Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Befreiungsvorschrift des § 3 Ziff. 11 EStG 1951 (Steuerfreiheit für aus öffentlichen Kassen gezahlte Aufwandsentschädigungen) greift nicht ein, wenn die "Dienstaufwandsentschädigung" für eine Zeit nachgezahlt worden ist, in der der Empfänger wegen Dienstenthebung keine Dienste geleistet hat.
Die Vergünstigung des § 10 Abs. 1 Ziff. 2 Buchstabe d EStG 1951 (Absetzung der auf Grund langfristiger Kapitalansammlungsverträge geleisteten Beiträge als Sonderausgaben) kann nur derjenige in Anspruch nehmen, der die Beiträge auf einen von ihm selbst abgeschlossenen Kapitalansammlungsvertrag geleistet hat.
Normenkette
EStG § 3 Ziff. 11, § 3/12, § 10/1/2/d
Tatbestand
Strittig sind die Steuerpflicht der in einer Gehaltsnachzahlung enthaltenen Dienstaufwandsentschädigung von 1.430 DM (monatlich 25 DM) und die Abzugsfähigkeit eines Beitrags von 3.200 DM auf Grund eines langfristigen Kapitalansammlungsvertrags. Bei der Einkommensteuerveranlagung für 1952 setzte das Finanzamt die Dienstaufwandsentschädigung als steuerpflichtig an, ließ aber die Zahlung der 3.200 DM zum Abzug zu. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Die Berufung des Beschwerdeführers (Bf.) führte zu einer Verböserung. Das Finanzgericht hielt mit dem Finanzamt die Dienstaufwandsentschädigung für steuerpflichtig, weil der Bf. in der Zeit, für die die Nachzahlung geleistet worden sei, sich nicht mehr im Dienst befunden und also keinerlei Aufwand gehabt habe. Außerdem aber setzte es die Einzahlung auf den Kapitalansammlungsvertrag dem Einkommen hinzu, weil der Kapitalansammlungsvertrag von der Tochter des Bf. abgeschlossen worden sei. Der Bf. sei mit seiner Tochter nicht zusammen veranlagt worden. Die Tatsache, daß er in dem Vertrag für den Fall des Todes der Tochter als Begünstigter genannt sei, reiche nicht aus, um ihm die Einzahlung als eigene Leistung zuzurechnen.
Mit seiner Rechtsbeschwerde (Rb.) wehrt sich der Bf. gegen den Ansatz der Dienstaufwandsentschädigung und die Nichtanerkennung der Einzahlung auf den Kapitalansammlungsvertrag. Er trägt vor: Das Finanzgericht habe seine Aufklärungspflicht verletzt. Durch Befragen seiner Tochter hätte es ohne weiteres feststellen können, daß der Vertrag nur formell auf deren Namen abgeschlossen worden, in Wirklichkeit aber er selbst der Geldgeber gewesen sei. Ihm sei es nur darum gegangen, seine Tochter durch den Vertrag zu begünstigen. Nach seinen Erkundigungen beim Finanzamt hätte er einen Vertrag zugunsten Dritter schließen können, ohne doch selbst die steuerliche Vergünstigung zu verlieren. Es widerspreche Treu und Glauben, wenn jetzt anders verfahren würde. Die Dienstaufwandsentschädigung sei als solche steuerfrei. Sie verliere ihren Charakter und ihre Steuerfreiheit nicht dadurch, daß er in der Zeit, für die sie nachgezahlt worden sei, keinen Dienst mehr geleistet habe. Im übrigen habe er mit einer Wiedereinstellung rechnen können und sich deshalb in seinen Kenntnissen auf dem laufenden halten müssen. Er habe also, wenn er sie auch im einzelnen nicht mehr belegen könne, tatsächlich Werbungskosten gehabt.
Entscheidungsgründe
Die Rb. muß zur Aufhebung der Vorentscheidungen führen.
Das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung gehen ebenso wie der ihnen zugrunde liegende Steuerbescheid von der Zusammenveranlagung des Bf. mit seiner Ehefrau aus. Nach der Neuregelung der Ehegattenbesteuerung durch die §§ 26 und 26a des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung des Gesetzes zur änderung steuerrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 1957 (Bundesgesetzblatt 1957 I S. 848), die auch für den vorliegenden Fall gilt, sind Ehegatten aber grundsätzlich getrennt zu veranlagen (vgl. auch das Urteil des erkennenden Senats VI 33/56 U vom 31. Oktober 1957, Slg. Bd. 65 S. 520, Bundessteuerblatt - BStBl - 1957 III S. 433).
Die angefochtene Entscheidung und die Einspruchsentscheidung sind demnach aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache ist an das Finanzamt zurückzuverweisen, das gemäß §§ 26 und 26a EStG n. F. zu verfahren hat. Hierbei ist hinsichtlich der Streitpunkte zu beachten:
Daß der Bf., ohne tatsächlich Dienst geleistet zu haben, einen Anspruch auf Nachzahlung der Dienstaufwandsentschädigung gehabt hat, besagt nichts für deren Steuerfreiheit. Wie das Finanzgericht unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 47/54 S vom 22. September 1955 (Slg. Bd. 62 S. 488, BStBl 1956 III S. 181) zutreffend ausgeführt hat, kann als steuerfreie Dienstaufwandsentschädigung im Sinne des § 3 Ziff. 11 EStG 1952 nur eine Entschädigung anerkannt werden, die auch tatsächlich der Abgeltung von Aufwendungen gedient hat. Wenn das Finanzgericht diese Voraussetzung verneint hat, weil der Bf. in der maßgeblichen Zeit keinen Dienst geleistet habe, so läßt das einen Rechtsirrtum nicht erkennen. Das Finanzgericht ist danach mit Recht von der Steuerpflicht der nachgezahlten Dienstaufwandsentschädigung ausgegangen. Ihre Heranziehung wird nur insoweit in Frage gestellt, als der Bf. tatsächlich entsprechende Aufwendungen (Werbungskosten) gehabt hat. Ob dies der Fall ist, ist Tatfrage.
Daß es sich bei dem von der Tochter des Bf. abgeschlossenen Kapitalansammlungsvertrag nicht um einen vom Bf. zugunsten seiner Tochter abgeschlossenen Vertrag handelt und daß der Bf. nicht zur Geltendmachung der Steuervergünstigung berechtigt ist, ist vom Finanzgericht zutreffend ausgeführt worden. Nur auf den Vertrag und nicht darauf, wer die Einzahlungen wirtschaftlich geleistet hat, kommt es an. Zur Geltendmachung der Steuervergünstigung des § 10 Abs. 1 Ziff. 2 Buchstabe d EStG 1951 ist nur derjenige befugt, der die Einzahlungen auf Grund des von ihm selbst abgeschlossenen Kapitalansammlungsvertrages geleistet hat. Für eine ausdehnende Auslegung dieser Vorschrift ist kein Raum. Wer eine Steuervergünstigung in Anspruch nehmen will, muß die für diese erforderlichen Voraussetzungen erfüllen (vgl. dazu auch die Entscheidung des erkennenden Senats VI 146/56 U vom 29. November 1957, BStBl 1958 III S. 10).
Wenn der Bf. sich auf eine falsche Auskunft des Finanzamts beruft, so spricht sein wiederholter Hinweis, daß er einen Vertrag zugunsten seiner Tochter habe abschließen wollen, eher dafür, daß er den Begriff des Vertrags zugunsten Dritter (vgl. dazu Abschn. 98 der Einkommensteuer-Richtlinien 1951) mißverstanden hat. Ein solches Mißverständnis vermag aber die fehlende Grundvoraussetzung des Abschlusses eines eigenen Kapitalansammlungsvertrages nicht zu ersetzen. Ob eine falsche Auskunft des Finanzamts sie ersetzen könnte, braucht hier nicht geprüft zu werden. Aus den Akten ist nicht ersichtlich, daß dem Bf. eine falsche Auskunft erteilt oder daß überhaupt über Fragen dieser Art gesprochen worden wäre. Wie der Bundesfinanzhof wiederholt entschieden hat (vgl. dazu insbesondere die Entscheidung I 94/56 U vom 25. September 1956, Slg. Bd. 63 S. 379, BStBl 1956 III S. 341), muß, wer sich auf eine Erklärung des Finanzamts beruft, aber die schriftliche Niederlegung in der verkehrsüblichen Form versäumt hat, die Folgen der sich daraus ergebenden Beweisschwierigkeiten und Unklarheiten tragen und kann sich diesen gegenüber nicht auf Treu und Glauben berufen.
Fundstellen
Haufe-Index 409046 |
BStBl III 1958, 224 |
BFHE 1958, 580 |
BFHE 66, 580 |