Leitsatz (amtlich)
Kugelrollspindeln – auch unterschiedlicher Qualität – sind keine Maschinenteile, die erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Werkzeugmaschinen bestimmt sind. Sie sind deshalb nicht der Tarifnr. 84.48, sondern der Tarifnr. 84.65 zuzuweisen.
Normenkette
GZT Vorschrift 2 zu Abschn. XVI; GZT Tarifnr. 84.48; GZT Tarifnr. 84.65
Tatbestand
Die Klägerin beantragte am 7. März 1972 die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) über „Kugelrollspindeln X”. Der Antrag, dem die Klägerin einen Katalog mit technischer Beschreibung und diversen Abbildungen beifügte, bezog sich auf verschiedene Arten und Qualitäten von Kugelrollspindeln, nämlich auf gerollte, gewirbelte und geschliffene mit unterschiedlichen Steigungstoleranzen von 0,1/300 bis 0,05/300 und mit unterschiedlichen Mutternausführungen. Die Beklagte (die Oberfinanzdirektion – OFD –) wies die Waren in ihrer vZTA vom 22. Januar 1973 als „nichtelektrische Maschinenteile, in Kap. 84 des ZT anderweit weder genannt noch inbegriffen; sog. Kugelrollspindeln X” der Tarifst. 84.65 B des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) zu.
Hinsichtlich ihrer objektiven Zweckbestimmung kam die OFD aufgrund angestellter Ermittlungen zu dem Ergebnis, daß es sich bei den Kugelrollspindeln um allgemein verwendbare Maschinenelemente handle, die zwar in speziellen Fällen in Werkzeugmaschinen besonders vorteilhaft einsetzbar seien, die aber im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin auch in anderen Bereichen des Maschinenbaus verwendet würden. Bei ihrer Tarifauffassung stützte sich die OFD auf gutachterliche Stellungnahmen der Fachgemeinschaft Antriebstechnik Verein Deutscher Maschinenbau-Anstalten e. V. (VDMA) und von Professor Dr.-Ing. M von der Technischen Universität (TU) Y.
Ihren gegen die vZTA eingelegten Einspruch begründete die Klägerin im wesentlichen damit, daß Kugelrollspindeln grundsätzlich auch in anderen technischen Bereichen eingesetzt würden, daß die von ihr eingeführten Spindeln dagegen speziell für Werkzeugmaschinen verwendet würden. Sie bezog sich dabei auf ein Gutachten von Professor Dr.-Ing. P. Die streitigen Kugelrollspindeln X seien deshalb unter Anwendung der Vorschrift 2 b zu Abschn. XVI des Zolltarifs (ZT) der Tarifnr. 84.48 zuzuweisen.
Die OFD wies den Einspruch mit Entscheidung vom 12. November 1974 zurück. Unter Hinweis auf im Einspruchsverfahren erneut eingeholte gutachterliche Äußerungen von Professor Dr. M und des VDMA hielt die OFD an ihrer Auffassung fest, daß es sich bei den Kugelrollspindeln um allgemein verwendbare Maschinenelemente handle, die zwar in speziellen Anwendungsfällen besonders vorteilhaft in Werkzeugmaschinen einsetzbar seien, die aber auch in anderen Bereichen des Maschinenbaus mit den gleichen Präzisionsanforderungen an die Beschaffenheits- und Funktionseigenschaften der Spindeln verwendet würden. Der VDMA habe Ablichtungen dreier Katalogseiten eines Herstellers von im Aufbau mit den Kugelrollspindeln X vergleichbaren Kugelumlaufspindeln vorgelegt, aus denen hervorgehe, daß diese in einer Vielzahl maschineller Vorrichtungen (Hebegeräten, Schweißautomaten, Flugsimulatoren, Spinnerei- und Textilmaschinen) verwendet würden. Auch in der eigenen Druckschritt G 1 der Klägerin sei nachzulesen, daß sich die typischen Anwendungsbereiche der „Kugelrollspindeln X” nicht nur auf die Werkzeugmaschinen erstreckten. Die Druckschrift G 2 spreche von einer Anwendung in weiten Bereichen der gesamten Industrie. Selbst der von der Klägerin herausgegebene Prospekt „Lieferprogramm: Z” weise auf den immer größter werdenden Bereich der Einsatzmöglichkeiten für Kugelrollspindeln hin.
Daß die Klägerin die Kugelrollspindeln X ausschließlich zum Einbau in Werkzeugmaschinen einführe, sei für die Tarifierung ohne Einfluß. Denn nach Vorschrift 2 b zu Abschn. XVI des ZT komme es allein darauf an, ob die Teile aufgrund ihrer Beschaffenheit, die sie in dem nach § 35 des Zollgesetzes (ZG) maßgebenden Zeitpunkt haben, ausschließlich oder hauptsächlich für eine bestimmte Maschinenart oder für mehrere in der gleichen Tarifnummer erfaßte Maschinenarten bestimmt seien. Folglich sei die im Einzelfall in einem speziellen Industriezweig angestrebte tatsächliche Verwendung nicht maßgebend.
Ihre gegen die Einspruchsentscheidung erhobene Klage begründet die Klägerin wie folgt: Kugelrollspindeln seien zwar theoretisch als Maschinenelemente allgemein verwendbar, praktisch aber auf bestimmte Gebiete beschränkt, da bei jeder Konstruktion Wirtschaftlichkeit und konstruktive Vollkommenheit in optimaler Relation zueinander stehen müßten. Sie müßten besonders gehärtet sein und eine sehr enge Steigungstoleranz aufweisen, was präzisionsgeschliffene Gewindegänge und Muttern voraussetze. Ferner müßten Mindesttoleranzen eingehalten werden, um die Spindeln zur Erzielung einer höheren Steifigkeit in eingebautem Zustand vorspannen zu können. Für den Werkzeugmaschinenbau bestimmte Kugelrollspindeln seien mit Doppelmuttern ausgerüstet, um Spielfreiheit zu erreichen. Die mit diesen Vorzügen ausgestatteten Kugelrollspindeln X könnten nur im Werkzeugmaschinenbau verwendet und von Spindeltypen für andere Bereiche abgegrenzt werden. Die Klägerin hat sich zum Beweis für ihre Ausführungen auf das bereits im Einspruchsverfahren vorgelegte Gutachten von Professor Dr. P, ferner auf das sachverständige Zeugnis dieses Professors sowie des Oberingenieurs Dr. Ing. T von der TH Y berufen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeregt. Seit dem 31. Mai 1973 beziehe sie keine Kugelrollspindeln X mehr. Die vZTA betreffe Einfuhren in der Zeit vom 1. Januar 1971 bis zum 31. Januar 1972, für die Eingangsabgaben nachgefordert worden seien. Im Jahr 1971 seien Kugelrollspindeln ausschließlich im Werkzeugmaschinenbau verwendet worden. Das ergebe sich aus dem Schreiben der Firma W. Die Klägerin hat hierfür ferner Beweis durch Vernehmung des Zeugen W von der vorgenannten Firma und durch Sachverständigengutachten angeboten.
Die Klägerin hat eine mehrseitige Aufstellung über Firmen vorgelegt, an die sie die im Jahr 1971 eingeführten Kugelrollspindeln geliefert habe. Mit Ausnahme von vier Firmen handle es sich, wie die Klägerin vorträgt, bei den Abnehmern ausschließlich um Unternehmen des Bereichs Werkzeugmaschinenbau.
Die Klägerin hat weiter vorgetragen, daß Kugelrollspindeln außerhalb des Werkzeugmaschinenbaus keine Anwendung fänden, und zwar weder im Flugzeugbau noch im Fahrzeugbau noch im Schiffsbau, noch in den Bereichen Hebegeräte, Schweißautomaten, Flugsimulatoren, Spinnerei- und Textilmaschinen, Türautomaten, Kartographen, Materialzuteiler und Materialprüfgeräten. Sie hat jeweils bestimmte Firmen als Zeugen benannt und die Einholung von Sachverständigengutachten angeregt. Die Nichtanwendung von Kugelrollspindeln ist nach den Ausführungen der Klägerin nicht auf das Jahr 1971 beschränkt, sondern beziehe sich, zumindest zu einigen der genannten Geräte, auch auf die Zeit danach.
Die Klägerin beantragt, die vZTA der OFD vom 22. Januar 1973 und deren Einspruchsentscheidung vom 12. November 1974 aufzuheben.
Die OFD beantragt, die Klage abzuweisen. Sie trägt vor, daß nach der von der Klägerin mit ihrem Antrag vorgelegten Tabelle „Kugelrollspindeln für Werkzeugmaschinen” nicht nur präzisionsgeschliffene Spindeln mit Doppelmuttern und sehr enger Steigungstoleranz, sondern auch gerollte oder gewirbelte Spindeln mit einfachen Muttern und wesentlich größeren Steigungstoleranzen (0,1/300 oder 0,05/300) Gegenstand der vZTA gewesen seien. Schon aus diesem Grunde müsse die versuchte Beweisführung der Klägerin über die ausschließliche Zweckbestimmung der X-Spindeln für Werkzeugmaschinen als widerlegt angesehen werden. Der Auffassung der Klägerin, die Sachverständigen seien zur Feststellung, ob Kugelrollspindeln X nach Art und Beschaffenheit erkennbar ausschließlich, zumindest aber hauptsächlich für Werkzeugmaschinen bestimmt seien, nicht in der Lage gewesen, müsse entgegengehalten werden, daß beiden für die fachliche Prüfung der deutschsprachige Katalog der ausländischen Herstellerfirma (Druckschrift 63), der die Spindeln in aller Ausführlichkeit vorstelle, und das von der Klägerin auf zwei Datenblättern zusammengefaßte X-Spindelprogramm, das in dieser Form Gegenstand der vZTA gewesen sei, zur Verfügung gestanden hätten. Was die Abnehmer der eingeführten Spindeln betreffe, weise die von der Klägerin vorgelegte Aufstellung 17 mal Firmen auf, die nicht der Werkzeugmaschinenbranche angehörten.
Der Senat hat mit Aufklärungs- und Beweisbeschluß vom 8. März 1977 der Klägerin aufgegeben, sich dazu zu äußern, ob alle Kugelrollspindeln für Werkzeugmaschinen mit den dazugehörenden Mutternausführungen, die sie in ihrem Schriftsatz vom 17. August 1972 der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) vorgelegten Aufstellungen (zwei Blätter) tabellarisch aufgeführt hat (also auch solche Kugelrollspindeln, deren Steigungstoleranzen 0,1/300 bzw. 0,05/300 betragen und deren Gewindegänge nicht geschliffen, sondern gerollt oder gewirbelt sind und die z. B. nur mit einfachen Muttern ausgerüstet sind), die speziellen Vorzugseigenschaften besitzen, die nach ihrem an die OFD gerichteten Schriftsatz vom 22. Juni 1973 im Werkzeugmaschinenbereich notwendig sind (besondere Härtung, enge Steigungstoleranzen von z. B. 0,01 mm auf 300 mm, Präzisionsschliff der Gewindegänge und Muttern, Mindesttoleranzen, Ausrüstung mit vorgespannten Doppelmuttern, um Spielfreiheit und höhere Steifigkeitswerte zu erreichen).
Die Klägerin hat dazu vorgetragen, daß nicht alle tabellarisch aufgeführten Kugelrollspindeln sämtliche speziellen Vorzugseigenschaften gemäß ihrem Schriftsatz vom 22. Juni 1973 besäßen. Dennoch seien auch solche Kugelrollspindeln, deren Steigungstoleranzen 0,1/300 bzw. 0,05/300 betrügen und deren Gewindegänge nicht geschliffen, sondern gerollt oder gewirbelt seien und die z. B. nur mit einfachen Muttern ausgerüstet seien, erkennbar ausschließlich, zumindest aber hauptsächlich für Werkzeugmaschinen bestimmt. Im Werkzeugmaschinenbereich würden selbstverständlich auch Kugelrollspindeln benötigt, die nicht alle aufgezeichneten Vorzugseigenschaften besitzen müßten. Jedenfalls seien die gerollten oder gewirbelten Kugelrollspindeln sowie die Kugelrollspindeln mit einfacher Mutter in der Härtung, der Genauigkeit des Durchmessers und der Oberflächenqualität den geschliffenen Kugelrollspindeln zumindest gleichwertig. Daß sämtliche Kugelrollspindeln nach ihrer Art und Beschaffenheit erkennbar ausschließlich, zumindest aber hauptsächlich für Werkzeugmaschinen bestimmt seien, werde auch dadurch deutlich, daß über 80 % aller modernen Werkzeugmaschinen mit Kugelrollspindeln aller in der Tabelle dargestellten Arten und Qualitäten ausgerüstet würden.
Die OFD hat erwidert, daß die Klägerin von ihrer bisherigen Ansicht, daß Kugelrollspindeln spezielle Vorzugseigenschaften besitzen müßten, hinsichtlich eines großen Teils der zu tarifierenden Kugelrollspindeln abgerückt sei.
Entsprechend dem Aufklärungs- und Beweisbeschluß vom 8. März 1977 hat der Senat den VDMA mit Beschluß vom 16. November 1977 um eine gutachterliche Äußerung zu folgenden Fragen gebeten:
Gibt es Kugelrollspindeln, die aufgrund ihrer besonderen Beschaffenheitsmerkmale erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Werkzeugmaschinen bestimmt sind (Vorschrift 2 b zu Abschn. XVI des ZT)? Wenn ja: Welche besonderen Beschaffenheitsmerkmale sind das und welche der in der Aufstellung der Klägerin vom 17. August 1972 aufgeführten X-Kugelrollspindeln weisen diese Merkmale auf?
Der VDMA hat folgende gutachterliche Äußerung abgegeben: „Kugelrollspindeln werden in sehr großem Umfang in Werkzeugmaschinen eingesetzt, ihr Einsatz in anderen Produkten des Maschinen- und Fahrzeugbaues wächst aber ständig, weil die Anforderungen an die Qualität und die Genauigkeit der Kugelrollspindeln z. T. die gleichen sind wie bei solchen, die in Werkzeugmaschinen eingebaut werden. Wichtiges Beschaffenheitsmerkmal von Kugelrollspindeln für Werkzeugmaschinen ist die durch Härten und Schleifen oder gleichwertige andere Verfahren (z. B. Schleifen und Nitrieren) erreichte Genauigkeit, insbesondere im Hinblick auf möglichst geringe Steigungsabweichungen. Aber selbst Fachleuten ist es ohne spezielle Meßgeräte und -einrichtungen nicht oder nur sehr selten möglich, festzustellen, ob es sich um Kugelrollspindeln unterschiedlicher Qualität handelt. Wir sind deshalb der Auffassung, daß es keine Kugelrollspindeln gibt, die aufgrund ihrer besonderen Beschaffenheitsmerkmale erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Werkzeugmaschinen bestimmt sind. Diese Auffassung wird auch von der Fachgemeinschaft Werkzeugmaschinen VDMA und vom Laboratorium für Werkzeugmaschinen und Betriebslehre der TH … geteilt.”
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Maßgebend für die Tarifierung sind der Wortlaut der Tarifnummern und die Vorschriften zu den Abschnitten des GZT (vgl. Allgemeine Tarifierungs-Vorschrift – ATV – 1 Satz 2). In der Tarifnr. 84.48 sind Maschinenteile erfaßt, die erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Maschinen der Tarifnr. 84.45, 84.46 oder 84.47 (diese Tarifnummern haben Werkzeugmaschinen zum Gegenstand) bestimmt sind. Ihr Wortlaut stimmt weitgehend überein mit der Vorschrift 2 b zu Abschn. XVI. Danach sind Maschinenteile, wenn zu erkennen ist, daß sie ihrer Beschaffenheit nach ausschließlich oder hauptsächlich für eine bestimmte Maschinenart oder für mehrere in der gleichen Tarifnummer erfaßten Maschinenarten bestimmt sind, der Tarifnummer für diese Maschinenart oder Maschinenarten oder ggf. der Tarifnr. 84.38, 84.48 oder 84.55 zuzuweisen. Maschinenteile, die nicht unter die Vorschriften 2 a (diese Vorschrift kommt im Streitfall unstreitig nicht in Betracht) und 2 b fallen, sind nach der Vorschrift 2 c den Tarifnrn. 84.65 und 85.28 zuzuweisen.
Ausgehend von dieser Tariflage hat die OFD die streitigen Kugelrollspindeln „X” zu Recht der Tarifst. 84.65 B des GZT zugewiesen. Diese Tarifstelle umfaßt „Teile von Maschinen, Apparaten oder mechanischen Geräten, in Kap. 84 anderweit weder genannt noch inbegriffen”. Die Voraussetzungen für eine Zuweisung der streitigen Waren zu der in der Vorschrift 2 b erwähnten Tarifnr. 84.48 liegen nicht vor. Die Frage, ob die streitigen Kugelrollspindeln ihrer Beschaffenheit nach ausschließlich oder hauptsächlich für Werkzeugmaschinen bestimmt sind, kann nur unter Zugrundelegung ihrer objektiven Beschaffenheit und Eigenschaften beantwortet werden. Es kommt also nicht darauf an, in welche Maschinen (Werkzeugmaschinen der Tarifnr. 84.45 oder andere Maschinen des Kap. 84) die zu tarifierenden „Kugelrollspindeln-X” eingebaut werden sollen oder eingebaut worden sind und ob, wie die Klägerin vorträgt, Kugelrollspindeln der streitigen Art in 80 % der Werkzeugmaschinen verwendet werden.
Im Streitfall kommt der Senat zu dem Ergebnis, daß es sich bei den zu tarifierenden „Kugelrollspindeln-X” nicht um Maschinenteile handelt, die erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Werkzeugmaschinen bestimmt sind. Das gilt nicht nur für die Kugelrollspindeln, deren Steigungstoleranzen 0,1/300 bzw. 0,05/300 betragen und deren Gewindegänge nicht geschliffen, sondern gerollt oder gewirbelt sind und die z. B. nur mit einfachen Muttern ausgerüstet sind, sondern auch für diejenigen, die die im Schreiben der Klägerin vom 22. Juni 1973 für notwendig gehaltenen Vorzugseigenschaften besitzen. Der Senat schließt sich der dahin gehenden gutachterlichen Äußerung des VDMA an. Der VDMA hat zunächst ausgeführt, daß Kugelrollspindeln zwar in sehr großem Umfang in Werkzeugmaschinen eingesetzt würden, daß ihr Einsatz in anderen Produkten des Maschinen- und Fahrzeugbaues aber ständig wachse. Dabei sind die Anforderungen an Qualität und Genauigkeit der Kugelrollspindeln z. T. die gleichen wie bei solchen, die in Werkzeugmaschinen eingebaut werden. Er hat weiter ausgeführt, daß wichtigstes Beschaffenheitsmerkmal von Kugelrollspindeln für Werkzeugmaschinen die durch Härten und Schleifen oder gleichwertige andere Verfahren erreichte Genauigkeit, insbesondere im Hinblick auf möglichst geringe Steigungsabweichungen sei, und hinzugefügt, daß es selbst Fachleuten ohne spezielle Meßgeräte und -einrichtungen nicht oder nur selten möglich sei festzustellen, ob es sich um Kugelrollspindeln unterschiedlicher Qualität handele. Damit hat der VDMA zum Ausdruck gebracht, daß selbst bei Kugelrollspindeln mit dem von der Klägerin zunächst in den Vordergrund gestellten Vorzugseigenschaften nicht erkennbar ist, ob sie ausschließlich oder hauptsächlich für Werkzeugmaschinen bestimmt sind. Der Senat hält die gutachterliche Äußerung des VDMA für überzeugend. Er hält die Fachgemeinschaft Antriebstechnik des VDMA, dem der deutschsprachige Katalog der Herstellerfirma G 3 über Kugelrollspindeln und das von der Klägerin auf zwei Blättern zusammengefaßte X-Spindelprogramm vorgelegen haben, für besonders kompetent, die im Prozeß streitigen Fragen sachgerecht zu beantworten. Für die Beurteilung des Aussagewertes der gutachterlichen Äußerung fällt dabei nicht ins Gewicht, daß sie am 25. Januar 1978, also etwa fünf Jahre nach Erteilung der vZTA und mehr als drei Jahre nach Erlaß der Einspruchsentscheidung, abgegeben worden ist. Denn die Ausführungen darüber, daß Kugelrollspindeln in ständig wachsendem Maße auch in anderen Produkten des Maschinen- und Fahrzeugbaues eingesetzt werden, beziehen sich nicht nur auf den Zeitpunkt der gutachterlichen Äußerung. Der VDMA hat sich bereits in seinem von der ZPLA eingeholten Gutachten vom 24. Juli 1972, also noch vor der Erteilung der streitigen vZTA, im gleichen Sinne geäußert. Der von der Klägerin beantragten Einholung einer weiteren Stellungnahme, ob die gutachterliche Äußerung des VDMA auch für das (hier nicht maßgebende) Jahr 1971 gelte, bedarf es danach nicht.
In seiner Auffassung über die Tarifierung von Kugelrollspindeln sieht sich der Senat auch durch das von der ZPLA eingeholte Gutachten von Professor Dr. M vom 21. Dezember 1972 bestätigt. Dieser hat es nicht für möglich gehalten, zwischen Präzisionskugelrollspindeln ausschließlich für Werkzeugmaschinen einerseits und Kugelrollspindeln mit normaler Genauigkeit für andere Zwecke andererseits zu unterscheiden. Zur Bekräftigung der von ihm vertretenen Auffassung hat Professor Dr. M auf die Druckschrift G 3 der Firma X hingewiesen, in der diese mit den vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten der Kugelrollspindeln z. B. im Werkzeugmaschinenbau, Flugzeugbau, in der Fördertechnik und der Atomenergieindustrie wirbt. Auch die Klägerin selbst hat in ihrem Heft „Lieferprogramm: Z” Kugelrollspindeln einer anderen Fabrikation dahin gekennzeichnet, daß es für sie einen immer größer werdenden Bereich der Einsatzmöglichkeiten gebe, und daß ihr Einsatzgebiet in der Hauptsache in den Gebieten des Werkzeugmaschinen- und allgemeinen Maschinenbaues liege. Diese vielseitigen Einsatzmöglichkeiten werden zur Überzeugung des Senats ferner durch einen der Klägerin bekannten Katalog der Firma W über Kugelumlaufspindeln bestätigt, in dem zahlreiche Anwendungsgebiete für Kugelumlaufspindeln außerhalb des Werkzeugmaschinenbereichs aufgeführt sind.
Das von der Klägerin vorgelegte Gutachten von Professor Dr. P gibt dem Senat Anlaß zu einer anderen Auffassung. Zunächst hat auch Professor Dr. P festgestellt, daß Kugelrollspindeln als Maschinenelemente theoretisch allgemein verwendbar seien. Sein Hinweis, daß wegen der hohen Herstellungskosten Kugelrollspindeln ausschließlich im Präzisionsmaschinenbau, jedoch hauptsächlich im Werkzeugmaschinenbau, eingesetzt würden, und daß bis heute keine weiteren Anwendungsgebiete größeren Umfangs bekanntgeworden seien, geht an der eigentlichen Problematik des Tarifierungsstreits vorbei. Abgesehen davon, daß es, wie soeben ausgeführt, für Kugelrollspindeln auch zahlreiche Einsatzmöglichkeiten außerhalb des Werkzeugmaschinenbaues gibt, kann es für die Tarifierung nicht darauf ankommen, für welche Maschinen die zu tarifierenden Teile später tatsächlich verwendet werden – was im Zeitpunkt der Erteilung der vZTA nicht vorauszusehen ist –, sondern darauf, ob sie aufgrund ihrer objektiven Beschaffenheit erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für den Werkzeugmaschinenbau bestimmt sind.
Die OFD hat nach allem die Kugelrollspindeln X, da sie nicht erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Werkzeugmaschinen bestimmt und deshalb in Kap. 84 anderweit weder genannt noch inbegriffen sind, zutreffend der Tarifst. 84.65 B zugewiesen. Auf die Erhebung der von der Klägerin angeregten Beweise durch Vernehmung von Zeugen kommt es für die Entscheidung nicht an. Es kann unterstellt werden, daß der größte Teil der von der Klägerin belieferten Abnehmer der Kugelrollspindeln aus der Werkzeugmaschinenbaubranche stammt und daß in einzelnen der von der Klägerin aufgeführten Sparten des Maschinenbaues oder anderer Bereiche Kugelrollspindeln im (für den Streitfall nicht maßgebenden) Jahre 1971 nicht verwendet worden sind. Denn, auch wenn diese unter Beweis gestellten Behauptungen der Klägerin zutreffen sollten, würde das im Hinblick auf die objektive Beschaffenheit der Kugelrollspindeln nichts daran ändern, daß sie nicht erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Werkzeugmaschinen bestimmt sind.
Fundstellen
Haufe-Index 514640 |
BFHE 1978, 560 |