Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsverhältnis zwischen Vater und Sohn
Leitsatz (NV)
Ein Arbeitsverhältnis zwischen Vater und Sohn ist einkommensteuerrechtlich anzuerkennen, wenn es u. a. nach strengem Maßstab einem Fremdvergleich standhält. Sind die grundlegenden Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt, können auch etwaige Zahlungen, z. B. unregelmäßige Zahlungen an den Sohn sowie die gezahlten Lohnsteuern und Sozialabgaben, nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Der im Jahre 1921 geborene verheiratete Kläger erzielte in den Streitjahren als Inhaber eines Gärtnereibetriebes Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Der einzige im Jahre 1950 geborene Sohn arbeitet seit 1972 im Betrieb mit. Schriftliche arbeitsvertragliche Vereinbarungen bestehen nicht.
Bei einer Außenprüfung, die sich auf die Kalenderjahre 1978 bis 1980 (Wirtschaftsjahre 1978/79 bis 1980/81) erstreckte, wurde festgestellt, daß der Arbeitslohn dem Sohn nicht regelmäßig, sondern nur bei Bedarf ausgezahlt wurde. Steuern und Sozialabgaben wurden jedoch laufend abgeführt; bei deren Berechnung wurde ein ,,Nettolohn" von 1 033 DM zugrunde gelegt. Der Sohn hat im Wirtschaftsjahr 1978/79 zwei Abschlagszahlungen von je 500 DM, im Wirtschaftsjahr 1979/80 insgesamt 4 301,30 DM und im Wirtschaftsjahr 1980/81 Lohn in Höhe von 7 773,54 DM erhalten. Der verbleibende Restlohn wurde am Jahresende als sonstige Verbindlichkeit gebucht. Am Ende des folgenden Jahres wurden diese Verbindlichkeiten gewinnerhöhend aufgelöst.
Das FA erkannte das Arbeitsverhältnis einkommensteuerrechtlich nicht an und erhöhte den Gewinn der Wirtschaftsjahre um die Lohnabschlagszahlungen, die gezahlten Lohnsteuern und die Sozialabgaben. Es löste ferner noch bestehende Rückstellungen auf und erteilte für die Streitjahre 1978 bis 1980 geänderte Einkommensteuerbescheide (Sammelbescheid vom 26. November 1982).
Die hiergegen nach erfolgloser Durchführung des Einspruchsverfahrens erhobene Klage hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Die Mitarbeit von Kindern im Betrieb der Eltern beruht durchweg auf familienrechtlicher (§ 1619 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -), arbeitsvertraglicher (§§ 611 ff. BGB) oder gesellschaftsrechtlicher (z. B. §§ 705 ff. BGB) Grundlage (vgl. schon Günther, Das Rechtsverhältnis zwischen Bauer und mitarbeitendem Sohn, 1966, S. 3). Es ist anerkannt, daß Eltern mit ihren in ihrem Betrieb mitarbeitenden Kindern Arbeitsverträge abschließen können, auch wenn an sich die Voraussetzungen des § 1619 BGB gegeben wären (vgl. z. B. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 47. Aufl., § 1619 Anm. 4). Diese sind dann grundsätzlich auch einkommensteuerrechtlich zu beachten.
Die Lohn- bzw. Gehaltszahlungen an Kinder können aber nur dann als Betriebsausgaben i. S. von § 4 Abs. 4 EStG berücksichtigt werden, wenn das klar und eindeutig vor Beginn des Leistungsaustausches vereinbarte und zivilrechtlich wirksame Arbeitsverhältnis sowohl zivilrechtlich einem gleichartigen zwischen Fremden bestehenden Arbeitsverhältnis inhaltlich entspricht, insbesondere mit diesem Inhalt auch zwischen Fremden zustande gekommen wäre als auch wie unter Fremden tatsächlich durchgeführt wird (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 14. April 1983 IV R 198/80, BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555; vom 6. März 1985 I R 279/81, BFH/NV 1986, 82 m. w. N.; vom 21. August 1985 I R 73/82, BFHE 145, 316, BStBl II 1986, 250). Denn nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, daß die Vertragsbeziehungen und die auf ihnen beruhenden Leistungen der Eltern tatsächlich dem betrieblichen und nicht dem privaten Bereich zuzurechnen sind (vgl. Senatsurteil vom 13. November 1986 IV R 322/84, BFHE 148, 168, BStBl II 1987, 121).
Für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern ist demgemäß ein strenger Maßstab anzulegen. So ist einem Arbeitsvertrag zwischen Eltern und Kindern die einkommensteuerrechtliche Anerkennung zu versagen, wenn das Gehalt nicht zu den üblichen Lohnzahlungszeitpunkten ausbezahlt wurde (BFHE 148, 168, BStBl II 1987, 121), es sei denn, daß im Fälligkeitszeitpunkt nachweislich ein Darlehensvertrag bestanden hatte, der allerdings seinerseits insbesondere hinsichtlich der Verzinsung und Rückzahlung des Darlehens wiederum einem Fremdvergleich standhalten muß (vgl. BFH-Urteil vom 14. November 1986 III R 161/82, BFH/NV 1987, 414, und Urteil in BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555; für Ehegattenarbeitsverhältnisse BFH-Urteile vom 14. Oktober 1981 I R 34/80, BFHE 134, 293, BStBl II 1982, 119; vom 12. April 1979 IV R 14/76, BFHE 128, 207, BStBl II 1979, 622). Letztlich trägt der Steuerpflichtige für die betriebliche Veranlassung von Zahlungen im Rahmen eines etwaigen Arbeitsverhältnisses die Nachweislast (BFH-Urteil vom 6. Dezember 1983 VIII R 102/79, insoweit nicht veröffentlicht).
Unter Berücksichtigung vorstehender und vom erkennenden Senat geteilter Grundsätze kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die tatsächlichen Feststellungen des FG die Annahme rechtfertigen, daß im Streitfall ein zivilrechtlich wirksames Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Sohn bestand. Aber auch dann, wenn man mit dem FG dies bejaht, muß diesem Arbeitsverhältnis wegen der Mängel seiner Durchführung die einkommensteuerrechtliche Anerkennung versagt bleiben. Eine fremde Arbeitskraft würde sich nicht wie der Sohn des Klägers auf die nur unregelmäßigen und stark gekürzten Zahlungen eines vereinbarten Lohns einlassen. Diese Umstände drängen vielmehr zu dem Schluß, daß sich hinter den Zahlungen als Grund hierfür nicht die angemessene Vergütung geleisteter Dienste, sondern Unterhaltszahlungen in Form von Taschengeld, Zahlungen für Urlaubsreisen oder dergleichen verbirgt. Dem steht nicht die Abführung von Lohnsteuer und Sozialabgaben durch den Kläger entgegen; namentlich die Sozialabgaben können dadurch motiviert sein, dem Sohn eine Altersversorgung zu sichern, ohne daß damit ein einkommensteuerrechtlich anzuerkennendes Arbeitsverhältnis hergestellt werden sollte. Auch umgekehrt gibt die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen lediglich ein Indiz gegen das Vorliegen eines einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigenden Arbeitsverhältnisses (so z. B. BFH VIII R 102/79).
Für die fehlende tatsächliche Durchführung des (unterstellt bestehenden) Arbeitsverhältnisses sprechen auch noch weitere Gesichtspunkte. So ist schon zweifelhaft, ob eine fremde Arbeitskraft so hohe Lohnteile wie im Streitfall im Betrieb des Arbeitgebers hätte stehen lassen (können). Jedenfalls hätte sie dies nicht ohne rechtliche Grundlage getan. Der Schluß des FG auf ein zwischen dem Kläger und seinem Sohn bestehendes Darlehensverhältnis findet in den tatsächlichen Feststellungen keinen Anhalt. Die Überlegung des FG, daß der Sohn des Klägers auf die Auszahlung des Lohns nicht verzichtet hätte, wenn er nicht sicher gewesen wäre, daß er über diesen Betrag im Streitfall hätte verfügen können, kann sich nicht auf entsprechende tatsächliche Feststellungen stützen. Ihr steht entgegen, daß keine ausreichenden Feststellungen getroffen werden konnten, denen zufolge der Sohn tatsächlich die Stellung eines Lohnempfängers hatte. Deshalb konnte er schon nach seiner Vorstellung über keinen Anspruch verfügen, der in ein Darlehen hätte umgewandelt werden können. Jedenfalls hält aber auch hier die Sachbehandlung dem notwendigen Fremdvergleich nicht stand. Ein fremder Arbeitnehmer hätte gegenüber dem Kläger grundsätzlich auf der Verzinsung des nicht ausgezahlten Lohnes bestanden. Im übrigen ist kein wirtschaftlich sinnvoller Grund für die Gewährung eines Darlehens ersichtlich gemacht worden. Schließlich ist zu berücksichtigen, daß der Kläger den für den ,,Restlohn" gebildeten Passivposten jeweils ohne weitere Absprache mit seinem Sohn (gewinnerhöhend) aufgelöst hat, womit er einseitig bekundete, daß ein Lohnanspruch seines Sohnes nicht bestand und besteht. Es deutet nichts darauf hin, daß es sich hier um ein Buchungsversehen oder eine Eigenmächtigkeit des Steuerberaters handelte. Der jeweilige Buchungsvorgang war von Gewicht und kann dem Kläger nicht verborgen geblieben sein. Im übrigen trägt auch der bilanzierende Land- und Forstwirt die persönliche Verantwortung für die vom Steuerberater vorbereitete Bilanz (vgl. § 141 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung i. V. m. § 41 des Handelsgesetzbuches - HGB - a. F. bzw. § 245 HGB i. d. F. des Bilanzrichtlinien-Gesetzes).
Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist nach den vorstehenden Ausführungen abzuweisen. Die einkommensteuerrechtliche Nichtanerkennung des Arbeitsverhältnisses führt dazu, daß auch insoweit keine Betriebsausgaben vorliegen, als der Kläger tatsächlich Zahlungen erbracht hat (vgl. BFHE 148, 168, BStBl II 1987, 121).
Fundstellen
Haufe-Index 415886 |
BFH/NV 1989, 155 |