Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung eines bereits gewährten Verlustabzugs im Rücktragsjahr wegen eines Rechtsfehlers
Leitsatz (NV)
§ 10 d Sätze 2 und 3 EStG 1979 ist neben den abgabenrechtlichen Vorschriften eine eigenständige Korrekturvorschrift. Nach § 10 d Sätze 2 und 3 EStG 1979 kann ein bereits gewährter Verlustabzug im Rücktragsjahr wegen eines Rechtsfehlers berichtigt werden.
Normenkette
EStG 1979 § 10d
Verfahrensgang
Gründe
,,Entgegen der Auffassung der Revision, dem Urteil des FG Berlin vom 17. Mai 1984 I 406/82 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1985, 70) sowie Äußerungen im Schrifttum (Cirsovius, Der Verlustrücktrag, S. 30; B. Meyer, Finanz-Rundschau - FR - 1980, 240) ist der Senat der Ansicht, daß § 10 d Sätze 2 und 3 EStG eine gegenüber den Vorschriften der AO 1977 eigenständige Korrekturvorschrift ist, aufgrund deren ein Bescheid, in dem irrtümlich ein Verlustrücktrag berücksichtigt wurde, auch aufgehoben werden kann. Es kann daher unentschieden bleiben, ob der streitige Bescheid auch nach den Vorschriften der AO 1977 hätte aufgehoben werden können.
Nach § 10 d Satz 2 EStG sind Steuerbescheide der dem Verlustentstehungsjahr vorangegangenen Veranlagungszeiträume insoweit zu ändern, als der Verlustabzug zu gewähren oder zu berichtigen ist.Das ,,ändern" im Sinne dieser Vorschrift umfaßt auch die Aufhebung eines Bescheids. Dies ergibt sich daraus, daß die Änderung sich danach richtet, ob und wieweit der Verlustabzug zu gewähren ist. Wenn die Berichtigung des Verlustabzugs z. B. darin besteht, daß sich statt des Verlustes ein Gewinn ergibt, folgt daraus, daß ein Änderungsbescheid, in dem ein Verlust berücksichtigt wurde, auch wieder aufgehoben werden muß.
Im Streitfall war der Verlustabzug zu berichtigen. Darunter fallen nicht nur Änderungen des Verlustrücktrags als Folge von Änderung des Verlustes selbst im Verlustjahr (dazu FG München, Urteil vom 13. Juli 1983 I 368/78 E, EFG 1984, 182; Sommer, Verlustrücktrag, Verlustvortrag, 1981, S. 29; Fichtelmann in Frotscher, Einkommensteuergesetz, § 10 d Anm. 33; Borggreve in Littmann / Bitz / Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 10 d Rdnr. 31), sondern auch Korrekturen von (Rechts-)Fehlern beim Abzug des Verlustes im Rücktragsjahr (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Januar 1989 2 K 56/87, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, EFG 1989, 562; Horlemann in Blümich, Einkommensteuergesetz, § 10 d Rdnr. 127; Orth in Herrmann / Heuer / Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftssteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 10 d EStG Rdnr. 206).
Aus dem Wortlaut des § 10 d Sätze 2 und 3 EStG ergibt sich insoweit keine Einschränkung. Im Gegenteil spricht die Verwendung des Wortes ,,berichtigen" dafür, daß § 10 d Sätze 2 und 3 EStG auch die Möglichkeit zur Korrektur von Rechtsfehlern bietet. Nach dem Inhalt, den die AO 1977 in den §§ 129 und 177 diesem Wort beimißt, bedeutet nämlich berichtigen die Richtigstellung von Fehlern im Unterschied zur Anpassung des Verwaltungsakts an die veränderte Sach- oder Rechtslage (Woerner/Grube, Die Aufhebung und Änderung von Steuerverwaltungsakten, 8. Aufl., S. 3; vgl. auch Tipke / Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, vor § 130 AO 1977 Rdnr. 2 a. E.).
Auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift (vgl. BTDrucks 7/4705, S. 4) läßt nicht erkennen, daß der Gesetzgeber die Korrekturmöglichkeit in dieser Hinsicht einschränken wollte.
Angesichts dessen sieht der Senat keinen Grund, die Korrekturmöglichkeit des § 10 d Sätze 2 und 3 EStG entgegen dem Wortlaut im Wege der einschränkenden Auslegung zu begrenzen. In der gewählten Formulierung kommt die Entscheidung des Gesetzgebers zum Ausdruck, die Rechtmäßigkeit des Bescheids in diesem Bereich vor die Rechtssicherheit zu stellen."
Fundstellen
Haufe-Index 423006 |
BFH/NV 1990, 623 |