Corona-Maßnahmen
Auch im Bereich der Körperschaftsteuer hat "Corona" seine Spuren hinterlassen. Erfreulicherweise überwiegend im positiven Sinne. Zu nennen ist die Erhöhung des Volumens für den Verlustrücktrag auf zunächst 5 Mio. EUR und sodann auf aktuell 10 Mio. EUR.
Doch auch Änderungen im Rahmen des JStG 2020 brachten angesichts von Corona einige vorteilhafte Änderungen, z. B. für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe die Erhöhung der Besteuerungs-Freigrenze von 35.000 EUR auf 45.000 EUR (§ 64 Abs. 3 AO).
Eine Körperschaft, die in 2021 eine Corona-Hilfe erhalten hat, muss beachten, dass diese Hilfszahlung i. d. R. zu steuerpflichtigen Betriebseinnahmen führen wird. Dies gilt unabhängig davon, ob es eine Überbrückungshilfe, Neustarthilfe oder ein ähnlicher Zuschuss aus Bundes- oder Ländermitteln war.
Mindestbesteuerung
Ein Verlustvortrag ist seit 2004 nur noch bis zu 1 Mio. EUR uneingeschränkt möglich. Höhere Beträge sind nur zu 60 % abziehbar. Ob diese Regelung verfassungsgemäß ist, wurde vom BFH in einem Verfahren zur Aussetzung der Vollziehung (BFH, Beschluss v. 26.8.2010, I B 49/10) angezweifelt. Der BFH hat aber die Mindestbesteuerung im Hauptsacheverfahren als nicht verfassungswidrig bestätigt (BFH, Urteil v. 22.8.2011, I R 9/11). Allerdings konnte offen bleiben, ob dies bei einem endgültigen Ausfall eines Verlustabzugs (Definitivsituation) anders zu würdigen ist. Hierzu sind zwei Verfahren beim BVerfG anhängig (Az 2 BvR 2998/12 und 2 BvL 19/14), sodass ein Einspruch weiterhin zu empfehlen ist.
Sanierungsklausel
Die ab 2008 geltenden Regelungen zum quotalen bzw. völligen Untergang des Verlustabzugs bei einer Anteilsübertragung wurden durch eine sog. Sanierungsklausel entschärft (§ 8c Abs. 1a KStG). Der Beteiligungserwerb muss dabei zum Ziel haben, eine Sanierung zu ermöglichen. Gefordert werden deshalb eine Sanierungsbedürftigkeit und auch eine Sanierungseignung. Aus einem Sanierungsplan sollte ersichtlich sein, wie eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung verhindert bzw. beseitigt werden soll; ob die Maßnahmen letztlich erfolgreich sind, ist unerheblich.
Seit 2011 war strittig, ob diese begünstigende Regelung eine nicht zulässige staatliche Beihilfe darstellt. Die EU-Kommission (Beschluss vom 26.01.2011 - IP/11/65) hatte ein Prüfverfahren negativ entschieden. Etwas überraschend hat der EuGH (Urteil v. 28.6.2018 - C-203/16 P) diese Entscheidung der EU-Kommission nun für nichtig erklärt.
Damit kann die bisher suspendierte Sanierungsklausel wieder angewendet werden. Der Gesetzgeber hat § 8c Abs. 1a KStG ab dem VZ 2008 bzw. für alle Anteilsübertragungen nach dem 31.12.2007 wieder in Kraft gesetzt. (§ 34 Abs. 6 Satz 3 und 4 KStG). Damit können offene Einsprüche bzw. zurückgestellte Anträge bearbeitet werden.
Es steht zu befürchten, dass die Sanierungsklausel durch die negativen wirtschaftlichen Folgen von Corona künftig eine noch bedeutendere Rolle spielen wird. Erfreulich ist, dass nun zumindest in rechtlicher Hinsicht dazu Klarheit besteht.
Solidaritätszuschlag zum Körperschaftsteuerguthaben
Bestand am 31.12.2006 ein Körperschaftsteuerguthaben, wurde dies förmlich festgestellt und seit 30.09.2008 in 10 jährlichen Raten ausbezahlt. Es ist allerdings nur eine Feststellung des Guthabens für die Körperschaftsteuer erfolgt. Die Feststellung eines Guthabens für den Solidaritätszuschlag ist gesetzlich nicht vorgesehen, obwohl dieser in der laufenden Besteuerung zwingend mit der Körperschaftsteuer einhergeht.
Ob dies rechtmäßig und verfassungskonform ist, wird bezweifelt. Auch der BFH hat sich damit befasst und ebenfalls verfassungsrechtliche Zweifel dazu geäußert. Zur abschließenden Klärung wurde diese Rechtsfrage dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt. Das BVerfG hat die Vorlage des BFH jedoch für unzulässig erklärt (BFH, Beschluss v. 10.8.2011, I R 39/10). Damit ist die Rechtsfrage nun wieder in der Hand des BFH (BFH, fortgeführtes anhängiges Verfahren, Az beim BFH I R 39/10); die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Gut, wer der bisherigen Empfehlung gefolgt ist und die Bescheide mit einem entsprechenden Antrag bzw. Einspruch offen gehalten hat. Diese Empfehlung gilt weiterhin.
Steuerbefreiung
Zu der Steuerbefreiung des § 8b Abs. 2 KStG wurde für Inlandsbeteiligungen ab 2004 die sog. 5 %-Pauschale eingeführt (§ 8b Abs. 3 Satz 1 KStG). Wird eine Beteiligung mit Gewinn veräußert, ist es fraglich, ob realisierte stille Reserven aus der Zeit vor 2004 ebenfalls hierunter fallen. Es scheint vertretbar, dass die stillen Reserven aufzuteilen sind und nur Wertsteigerungen ab 2004 unter die 5 %ige Pauschalregelung fallen (dies analog zu BVerfG, Beschluss v. 7.7.2010, 2 BvR 748/05 zur Absenkung der Schwelle in § 17 Abs. 1 EStG). Das Hessische FG sah eine unzulässige Rückwirkung bei einem vollständigen Einbezug aller stillen Reserven (Urteil v. 24.3.2015, 4 K 2179/13).
Der BFH (Urteil v. 11.0.2018, I R 34/15) hat das FG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das pauschale Betriebsausgabenabzugsverbot verstößt nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Hiergegen wurde jedoch Verfassungsbeschwerde eingelegt, sodass Einsprüche weiterhin ruhen können (BVerfG, anhängiges Verfahren, Az. 2 BvR 2664/18).
Steuerliches Einlagekonto
In der Praxis ist festzustellen, dass insbesondere in den ersten Jahren (2008 ff.) oftmals unvollständige Feststellungserklärungen erstellt und damit die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zu niedrig erfolgt ist. In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob noch eine Korrektur der unzutreffenden, aber bestandskräftigen Feststellung möglich ist.
In Betracht kommen könnte eine Berichtigung des Bescheides wegen einer offenbaren Unrichtigkeit i. S. des § 129 AO. Für den Fall einer nicht berücksichtigten Einzahlung in die Kapitalrücklage wurde dies jedoch ablehnend entschieden (FG München, Urteil v. 17.9.2001, 7 K 2805/17).
Ein Rechtsirrtum oder mangelnde Sachverhaltsaufklärung waren nicht auszuschließen. Und auch eine Änderung wegen neuer Tatsachen hat das FG angesichts der mangelhaften Prüfung des Bescheids und damit einem groben Verschulden i. S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO abgelehnt.
Da gegen das FG-Urteil Revision erhoben wurde (BFH, erledigtes Verfahren, Az. XI R 36/18), sollten vergleichbare Fälle mit Einspruch offen gehalten werden. Mittlerweile wurde das Verfahren lediglich an den I. Senat des BFH abgegeben (BFH, anhängiges Verfahren, neues Az. XII R 3647/18).
Streubesitzdividende
Seit 01.03.2013 zugeflossene Dividenden aus sog. Streubesitzbeteiligungen sind nicht mehr steuerbefreit. Es ist fraglich, ob die auf § 8b Abs. 4 KStG beruhende ungleiche steuerliche Behandlung einer Beteiligung mit z. B. 9 % gegenüber einer Beteiligung mit 10 % verfassungsgemäß ist. Darüber hatte das FG Hamburg zu entscheiden, das verfassungsgsrechtliche Bedenken hat (FG Hamburg Gerichtsbescheid v. 6.4.2017, 1 K 87/15). Im Revisionsverfahren hat der BFH die Norm als verfassungsgemäß gewertet (BFH, Urteil v. 18.12.2019, I R 29/17). Gegen diese Entscheidung wurde jedoch Verfassungsbeschwerde eingelegt (BVerfG, anhängiges Verfahren, Az. 2 BvR 1832/20).
Auch zu einer Teilfrage – dem mehraktigen unterjährigen Erwerb – gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen. Das Hessische FG vertritt hierzu eine steuerzahlerfreundliche Auslegung (Hessisches FG, Urteil v. 15.3.2021, 6 K 1163/17; entgegen FinVerw., z. B. OFD Frankfurt a. M., Verfg. v. 2.12.2013, S 2750a A-19-St52. Rev. eingelegt, Az beim BFH I R 16/21). Deshalb empfiehlt sich weiterhin, solche Sachverhalte mit Einspruch offenzuhalten; die Finanzverwaltung stimmt einem beantragten Ruhen des Verfahrens zu.
Umgliederung
Die Finanzverwaltung lehnte eine Korrektur der Umgliederung nach Neufassung der §§ 36, 37 KStG ab, wenn der Feststellungsbescheid zum 31.12.2000 bestandskräftig war. Dies hat der BFH (Urteil v. 30.7.2014, I R 56/13) als zutreffend bestätigt. Zu weiteren Einzelfragen sind aber aktuell beim BFH Verfahren (z. B. I R 37/14) anhängig, die sich mit tatsächlichen und formellen Fragen zur erfolgten Umgliederung beim Systemwechsel befassen. Noch offene Einsprüche sollten deshalb weiterhin ruhend bleiben, auch wenn der BFH in einer ersten Entscheidung die Auffassung der Finanzverwaltung bestätigt hat (Urteil v. 29.1.2015, I R 84/12; hiergegen Verfassungsbeschwerde anhängig beim BVerfG, Az. 2 BvR 928/15)
Verlustabzug
Strittig ist die Norm des § 8c KStG für Anteilsübertragungen mit mehr als 50 % innerhalb von 5 Jahren. In diesen Fällen kommt es zum vollständigen Verlustuntergang. Allerdings könnte darin ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip zu sehen sein. Hierüber hatte das BVerfG (noch) nicht zu entscheiden. Zudem hat es angedeutet, dass ab 2016 mit der Einführung des § 8d KStG ggf. eine andere Beurteilung durchgreifen könnte (s. hierzu die News zum Gesetz zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften). Dennoch sollten auch für mehrheitsvermittelnde Anteilserwerbe negative Bescheide mit Einspruch offen gehalten werden. Denn mittlerweile hat das FG Hamburg diese Rechtsfrage dem BVerfG vorgelegt (Beschluss vom 29.08.2017 - 2 K 245/17; Az. beim BVerfG: 2 BvL 19/17). Ferner ist beim BFH ein mit Beschluss v. 28.10.2011 ausgesetztes Verfahren unter Az. I R 3/19 (zuvor: I R 31/11) anhängig.
Zinsschranke
Gegen die sog. Zinsschranke des § 8a KStG bestehen verfassungsrechtliche Bedenken. Der BFH hält die Zinsschranke für verfassungswidrig und hat die Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt (BFH, Beschluss v. 14.10.2015, I R 20/15; anhängig beim BVerfG, unter dem Az. 2 BvL 1/16). Zuvor hatte das FG Baden-Württemberg (Gerichtsbescheid v. 26.11.2012, 6 K 3390/11) die Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs als verfassungskonform gewertet. In der hiergegen erhobenen Revision hatte der BFH die Streitsache aus formellen Gründen an das FG zurückgewiesen (BFH, Urteil v. 12..8.2015, I R 2/13). Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 13.11.2014, IV C 2 - S 2742-a/07/10001 :009) lässt Einsprüche ruhen, lehnt aber eine Aussetzung der Vollziehung entgegen dem BFH (Beschluss v. 18.12.2013, I B 85/135) ab.
Tipp der Redaktion Ausführliche Leitfäden von Prof. Dr. Gerrit Frotscher zur Körperschaftsteuererklärung und zu sämtlichen Anlagen finden Sie im Haufe Steuer Office unter Handbücher/Steuerdeklaration. |