Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die nicht volle Ausnutzung der Kapazität von Produktionsgütern führt nicht zu einer Minderung der in die Herstellungskosten einzubeziehenden Fertigungsgemeinkosten, wenn sich die Schwankung in der Kapazitätsausnutzung aus der Art der Produktion, wie z. B. bei einer Zuckerfabrik als Folge der Abhängigkeit von natürlichen Verhältnissen ergibt.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1 S. 1; EStG § 6 Abs. 1 Ziff. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige - Stpfl. -) ihren Zuckerbestand unter Berücksichtigung eines Abschlags für verminderte Kapazitätsausnutzung bewerten darf. Die Stpfl. hatte in ihrer Bilanz zum 30. April 1957 einen Bestand von ... dz Rohzucker mit 69 DM je dz bewertet (= ... DM). Den Bewertungsfaktor von 69 DM je dz hatte sie unter Berücksichtigung der im Geschäftsjahr 1956/57 festgestellten Kapazitätsausnutzung von nur 82 v. H. durch Kürzung der in der Kampagne 1956/57 tatsächlich angefallenen fixen Kosten um 18. v. H. (= ... DM) ermittelt. Der Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA -) hat diesen Abschlag für verminderte Kapazitätsausnutzung nicht anerkannt und unter Hinzurechnung dieses Betrages die Herstellungskosten (Bewertungsfaktor) auf 71,87 DM je dz festgestellt.
Einspruch und Berufung blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte u. a. aus, da der Verkaufspreis der Erzeugungseinheit die Einberechnung der infolge verminderter Kapazitätsausnutzung gestiegenen fixen Kosten in die Herstellungskosten (71,87 DM statt 69 DM) erlaube, ohne daß dadurch der effektive Wert der Einheit - hier als voraussichtlicher Erlös abzüglich aller noch entstehenden Aufwendungen - überschritten werde, verbiete der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung das von der Stpfl. gewählte Vorgehen. Die Festsetzung einer verminderten Kapazitätsausnutzung lasse noch nicht ohne weiteres eine Zurückführung der tatsächlich angefallenen fixen Kosten je Erzeugungseinheit auf die bei voller Kapazitätsausnutzung normalerweise anfallenden fixen Kosten zu. Eine solche Zurückführung sei nur dann berechtigt, wenn der im Herstellungszeitraum erzielte und in der Folgezeit voraussichtlich erzielbare Erlös die tatsächlich angefallenen fixen Kosten nicht decke. Nur in diesem Falle gebiete es die richtige Periodenabgrenzung, den eingetretenen oder sich am Bilanzstichtag bereits abzeichnenden Verlust in das Wirtschaftsjahr zu nehmen, in das er wirtschaftlich gehöre, nämlich den Herstellungszeitraum (Urteil des BFH I 46/57 U vom 13. August 1957, BStBl 1957 III S. 350, Slg. Bd. 65 S. 307).
Soweit in der Literatur generell eine Ausklammerung der infolge verminderter Kapazitätsausnutzung erhöhten Gemeinkosten befürwortet wird, stützt sich das FG auf die Rechtsprechung des RFH (Urteile I 67/39 vom 5. März 1940 und III 74/39 vom 4. Juni 1940, RStBl 1940 S. 683 und 1067), die nur unter bestimmten Voraussetzungen eine solche Ausklammerung zuläßt. Der RFH setze voraus, daß die Einbeziehung der anteiligen erhöhten Gemeinkosten in die Herstellungskosten einen Wert ergeben würde, der den wirklichen Wert der Erzeugungseinheit, als welcher hier im einen Falle der gemeine Wert, im anderen der Teilwert anzusehen war, überschreite. Nur unter diesen Umständen (Ermittlung des gemeinen Werts bzw. des Teilwerts) solle vom Ansatz der infolge Stillegung oder verminderter Kapazitätsausnutzung gestiegenen Gemeinkosten im Rahmen der Herstellungskostenrechnung abgesehen werden.
Was die Verknüpfung dieser Frage mit der Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert betreffe, so sei eine Zurückführung der erhöhten fixen Kosten nicht mit der Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert identisch, die Zurückführung setze vielmehr bereits ein, sobald ein die erhöhten Kosten deckender Verkaufspreis nicht mehr erzielbar erscheine. Die Höhe der Rückführung werde innerhalb der Grenzen, die von den Herstellungskosten unter Einberechnung der erhöhten Gemeinkosten einerseits und unter Einberechnung der bei voller Kapazitätsausnutzung anfallenden "normalen" Gemeinkosten andererseits gezogen werde, vom erzielbaren Verkaufspreis bestimmt. Erst wenn der erzielbare Verkaufspreis auch die untere Grenze der so berechneten Herstellungskosten nicht mehr erreiche, komme eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert in Betracht.
Mit der Rb., die nach § 184 der Finanzgerichtsordnung als Revision zu behandeln ist, wird falsche Rechtsanwendung gerügt. Zur Begründung wird u. a. vorgebracht: Das FG betrachte die Kürzung der fixen Kosten um die anteiligen Kosten der Minderausnutzung als eine im Belieben der Gesellschaft stehende, also willkürliche Unterschreitung des gesetzlich vorgeschriebenen Höchstansatzes zu Herstellungskosten (§ 133 Abs. 1 Satz 3 des Aktiengesetzes - AktG - 1937), die zwecks Erzielung einer gleichmäßigen Besteuerung nicht zugelassen werden könne. Dem ständen folgende Erwägungen entgegen:
Die handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften entsprächen den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung, stimmten aber nicht mit den Regeln der dynamischen Bilanzlehre überein. Das AktG schreibe für das Umlaufvermögen als Höchstwert die Herstellungskosten vor. Dabei seien von den Fertigungsgemeinkosten nur angemessene Teile in die Herstellungskosten einzubeziehen.
Das Niederstwertprinzip verpflichte den Kaufmann zur Vorsicht, zur Erreichung eines Gläubigerschutzes und zum Schutz der Gesellschaft vor unberechtigten Dividendenansprüchen der Gesellschafter. Das Steuerrecht untersage die Besteuerung unrealisierter Gewinne. Damit sei über § 133 AktG 1937 und § 5 EStG der Blick auf den im nächsten Geschäftsjahr vielleicht zu erzielenden Erlös untersagt.
Der Bundesminister der Finanzen (BdF) ist dem Verfahren beigetreten und hat u. a. ausgeführt:
In welchem Umfang insbesondere die Fertigungsgemeinkosten im Rahmen der Herstellungskosten zu erfassen sind, ist bisher weder gesetzlich festgelegt, noch durch die Rechtsprechung eindeutig geklärt worden. Nach § 133 Ziff. 3 in Verbindung mit § 133 Ziff. 1 Satz 3 AktG 1937 "dürfen" - der handelsrechtlichen Aktivierungsbefugnis entspricht eine steuerliche Aktivierungspflicht (vgl. Gutachten des RFH Gr. S. D 7/38 vom 4. Februar 1939, RStBl 1939 S. 321) - bei der Berechnung der Herstellungskosten angemessene Teile der Betriebs- und Verwaltungskosten eingerechnet werden. Die Finanzverwaltung fordert in übereinstimmung mit dem RFH in Abschnitt 33 Abs. 1 Satz 2 EStR 1963 die Einbeziehung der notwendigen Fertigungsgemeinkosten (vgl. RFH-Urteil I 67/39 vom 5. März 1940, a. a. O.). In beiden Vorschriften kommt zum Ausdruck, daß bei der Beurteilung der Frage, in welchem Umfang die tatsächlich angefallenen Gemeinkosten in die Herstellungskosten der am Bilanzstichtag vorhandenen und zu bewertenden Wirtschaftsgüter einzurechnen sind, vom Verursachungsprinzip auszugehen ist. Da letztlich alle in einem Produktionsbetrieb anfallenden Kosten ihre Ursache in der Herstellung der Erzeugnisse haben, kann das Verursachungsprinzip jedoch nicht unbegrenzt gelten. Innerhalb der Kausalbeziehung zwischen Kosten und Erzeugnissen müssen für die Ermittlung der "Herstellungskosten" vielmehr nach bestimmten weiteren Maßstäben Abgrenzungen vorgenommen werden. Die Hauptabgrenzung bildet dabei nach allgemeiner Auffassung die nach dem Betriebsbereich. Der "eigentliche" Fertigungsbereich muß von den anderen Betriebsbereichen, z. B. dem allgemeinen Verwaltungsbereich, dessen Kosten nicht in die Herstellungskosten einbezogen zu werden brauchen, oder dem Vertriebsbereich, dessen Kosten nicht zu den Herstellungskosten gehören, unterschieden werden. Innerhalb des Fertigungsbereichs sind danach die notwendigen (angemessenen) von den nicht notwendigen (unangemessenen) Fertigungsgemeinkosten abzugrenzen. Als nicht notwendig auszuscheiden sind Fertigungsgemeinkosten, die durch Produktionsgüter verursacht sind, bei denen die tatsächliche Beziehung zu den hergestellten Erzeugnissen fehlt (vgl. van der Velde, Herstellungskosten, 3. Aufl., S. 107; Eckstein, Steuer und Wirtschaft 1940 S. 1040). Wird z. B. ein Teilbetrieb eines Unternehmens stillgelegt, um ihn bei Gelegenheit zu veräußern, so stehen die hierfür weiter anfallenden Aufwendungen nicht mehr in ursächlichem Zusammenhang mit der weiterlaufenden Produktion; eine Einrechnung dieser Aufwendungen in die Herstellungskosten ist deshalb nicht gerechtfertigt. Dasselbe gilt, wenn einzelne Produktionsgüter nicht nur vorübergehend aus dem Herstellungsprozeß ausscheiden, weil sie z. B. wegen mangelnder Aufträge nicht mehr benötigt werden. Auch hier wird die tatsächliche Beziehung zwischen den Aufwendungen für die stillgelegten Maschinen und den im Restbetrieb produzierten Erzeugnissen unterbrochen. Nicht unterbrochen ist die tatsächliche Beziehung zwischen Aufwendungen und Erzeugnissen dagegen für Maschinen, die z. B. lediglich während der Betriebsferien stillgelegt werden, oder für Reservemaschinen, die bereitgehalten werden müssen, um den Herstellungsprozeß jederzeit auch bei eintretenden Schäden weiterführen zu können.
Problematisch ist, in welchem Umfang Gemeinkosten bei der Berechnung der Herstellungskosten für Produktionsgüter eingerechnet werden müssen, die der Herstellung zwar nach wie vor dienen, deren Kapazität aber nicht in vollem Umfang ausgenutzt wird.
Beispiel: In einem Produktionsbetrieb sind 10 Maschinen vorhanden, die zwar alle zehn in der Produktion eingesetzt sind, aber wegen schlechter Auftragslage nur je fünf Stunden täglich produzieren. Die für die Produktionsgüter entstehenden Fertigungsgemeinkosten sind zwar durch die Herstellung verursacht, die tatsächliche Beziehung zwischen Aufwendungen und Erzeugnissen ist also dem Grunde nach gegeben; es fragt sich jedoch, ob es gerechtfertigt ist, in diesen Fällen die gesamten auf die Produktionsgüter entfallenden Fertigungsgemeinkosten in die Herstellungskosten einzurechnen, oder ob nur ein Teil der Fertigungsgemeinkosten im Rahmen der Herstellungskosten zu berücksichtigen ist, nämlich die im engeren Sinn "notwendigen" (angemessenen) Fertigungsgemeinkosten (vgl. § 133 Ziff. 1 Satz 3 AktG 1937 und Abschnitt 33 Abs. 1 EStR 1963). Diese Frage wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Adler-Düring-Schmaltz (Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, 3. Aufl. 1957, S. 416) halten - sofern nicht der Teilwert niedriger ist - die Einbeziehung auch der bei mangelnder Kapazitätsnutzung entstehenden Kosten (Unterbeschäftigungskosten) in die Herstellungskosten handelsrechtlich für zulässig, weil es nicht gerechtfertigt sei, "das die Produktionsperiode mit tatsächlich nicht entstandenen Verlusten belastet wird, während die Verkaufsperiode zu hohe Gewinne ausweisen würde". Da der handelsrechtlichen Aktivierungsbefugnis eine steuerliche Aktivierungspflicht entspricht, würde sich aus dieser Auffassung ergeben, daß auch die Unterbeschäftigungskosten nach § 6 Abs. 1 Ziff. 2 EStG in die Herstellungskosten der Erzeugnisse einzurechnen sind. Demgegenüber vertreten Schmalenbach-Bauer (Dynamische Bilanz, 12. Aufl., 1956, S. 139) und van der Velde (a. a. O., S. 107) die Auffassung, daß Unterbeschäftigungskosten nicht in die Herstellungskosten eingerechnet werden dürften. Schmalenbach-Bauer (a. a. O., S. 139) weisen darauf hin, daß es für die Vergleichbarkeit der Erfolgsrechnung wesentlich sei, daß man bei schwacher Beschäftigung nur die bei normaler Beschäftigung üblichen Herstellungskosten ansetze. Van der Velde (a. a. O., S. 107) betont als Gesichtspunkt gegen die Aktivierung der Unterbeschäftigungskosten, "daß die nicht genutzte Kapazität zur Erzeugung der produzierten Güter nicht notwendig war und nur zur Entstehung höchst überflüssiger und unerwünschter Leerkosten geführt hat".
Ich schließe mich der Auffassung von van der Velde an ...
Eine andere Frage ist es, wann von leerlaufenden Produktionsgütern gesprochen werden kann, deren Gemeinkosten im Rahmen der Herstellungskosten nicht zu berücksichtigen sind. Es fragt sich, ob "Leerlauf" bereits vorliegt, wenn die optimale Kapazität unausgenutzt ist, oder ob man von leerlaufenden Produktionsgütern erst sprechen kann, wenn eine bestimmte (z. B. vom Unternehmer von vornherein einkalkulierte) Schwankungsbreite der Kapazitätsausnutzung unterschritten ist. M. E. ist das letztere der Fall, weil die Produktionsgüter innerhalb einer bestimmten Schwankungsbreite der Kapazitätsausnutzung jederzeit betriebsbereit zu halten sind, um den wechselnden Anforderungen des Markts gerecht werden zu können. Die Feststellung, wann die maßgebende Schwankungsbreite unterschritten ist und dementsprechend Teile der Fertigungskosten auszuscheiden sind, kann nur im Einzelfall getroffen werden.
... Da (im vorliegenden Falle) während der sogenannten Rübenkampagne sämtliche Betriebsanlagen zur Zuckerherstellung benutzt worden sind, rechtfertigt jedenfalls der Gesichtspunkt fehlender tatsächlicher Beziehung zwischen Gemeinkosten und hergestellten Erzeugnissen keine Ausscheidung einzelner Kosten. Die Stpfl. will demgemäß auch den Grad der Minderausnutzung nur nach der Kampagnedauer bemessen, wobei sie von einer "normalen" Beschäftigungslage von 70 Tagen bei einer Verarbeitungsmöglichkeit von 13 000 dz Rüben in 24 Stunden ausgeht und diese Kampagnedauer zum Maßstab für die Unterbeschäftigung macht. Die Fixierung einer Norm nach solchen Gesichtspunkten stößt jedoch auf Bedenken.
Hinsichtlich der Frage, ob die maßgebende Schwankungsbreite unterschritten ist, bringt es m. E. die Eigenart der Rübenverarbeitung mit sich, daß die Kampagnedauer nicht zum Maßstab für eine Unterbeschäftigung gemacht werden kann, weil gerade die zeitlich konzentrierte Abwicklung der Rübenverarbeitung betriebswirtschaftlich erwünscht ist und deshalb angestrebt wird. Schwankungen hinsichtlich der Kampagnedauer können sich nicht nur aus der Erntemenge ergeben, sondern auch aus der Beschaffenheit der Rüben (z. B. starke Verschmutzung). Auf die Dauer der Kampagne haben ferner die Größe der Rüben und ihr Zuckergehalt Einfluß. Charakteristisch für alle diese Faktoren ist, daß eine Verlängerung der Kampagne weder gleichbedeutend mit einer höheren Zuckererzeugung und damit einer besseren Ertragslage sein muß, noch daß eine Verkürzung stets mit einer Verschlechterung der Erträge einhergeht. Deshalb ist die Länge der Kampagne ein ungeeignetes Kriterium für die Feststellung einer Unterbeschäftigung. Dasselbe gilt aus denselben Gründen auch für die Menge der verarbeiteten Rüben oder des erzeugten Zuckers. Man wird allgemein bei einem von natürlichen Gegebenheiten abhängigen Saisonbetrieb, wie es die Zuckerfabrik ist, sagen dürfen, daß alle Schwankungen in der Ausnutzung der Kapazität, die sich als Folge der Abhängigkeit von der Natur ergeben (z. B. Menge der je ha erzeugten Rüben, Zuckergehalt, Größe der einzelnen Rüben usw.), innerhalb der maßgebenden Schwankungsbreite liegen, weil diese Schwankungen schon bei Einrichtung der Fabrik als unvermeidbar einkalkuliert werden müssen ...
In der mündlichen Verhandlung beantragte die Stpfl., den Steuerbilanzgewinn nach der Steuererklärung 1957 auf ... DM festzusetzen; das FA beantragte, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanz ist zutreffend davon ausgegangen, daß nach § 6 Abs. 1 Ziff. 2 EStG, § 133 Ziff. 3 AktG 1937 Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens höchstens mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten einzusetzen sind. Nach § 133 Ziff. 1 Satz 3 AktG 1937 (§ 153 Abs. 2 AktG 1965) dürfen bei der Berechnung der Herstellungskosten auch angemessene Teile der Betriebs- und Verwaltungskosten eingerechnet werden, die auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Steuerrechtlich müssen nach dem Gutachten des RFH Gr. S. D 7/38 vom 4. Februar 1939, a. a. O. (vgl. auch Urteile des RFH I 343/38 vom 4. April 1939, RStBl 1939 S. 780, und I 273/38 vom 16. Mai 1939, RStBl 1939 S. 781) die Fertigungsgemeinkosten aktiviert werden. Zu diesen aktivierungspflichtigen Herstellungskosten gehören auch überhöhte Kosten, die sich z. B. durch unrationelle Betriebsorganisation oder übersteuerte Anschaffung von Materialien ergeben. Wie auch der BdF ausführt, bezweckt die Aktivierung selbst hergestellter Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens, den Herstellungsvorgang als erfolgsneutrale Vermögensumschichtung auszuweisen, so daß alle tatsächlich für die Herstellung aufgewendeten Kosten als Herstellungskosten anzusetzen sind.
Es läßt sich darüber streiten, ob Unterbeschäftigungskosten schon bei Ermittlung der Herstellungskosten ausgeschieden werden müssen. Wenn ein Teilbetrieb stilliegt oder einzelne Produktionsgüter aus dem Herstellungsprozeß ausscheiden, ist eine Einbeziehung der Aufwendungen für die Wirtschaftsgüter nicht gerechtfertigt. Sind die Produktionsgüter eingesetzt, aber in ihrer Kapazität nicht voll ausgenutzt, so entsteht der Zweifel, ob es möglich ist, die "Normalbeschäftigung" zutreffend zu ermitteln.
Zu dieser Frage braucht der Senat aber nicht abschließend Stellung zu nehmen, denn auch wenn eine Unterbeschäftigung bei Ermittlung der Herstellungskosten berücksichtigt werden kann, kann dies nach übereinstimmender Ansicht der Beteiligten nur bei Unterschreiten einer bestimmten Schwankungsbreite erfolgen. Ist die Schwankung der Kapazitätsausnutzung von den natürlichen Verhältnissen abhängig - wie im vorliegenden Fall von dem Ertrag der jeweiligen Rübenernte -, so ist mit dem BdF anzunehmen, daß derartige Schwankungen schon bei Einrichtung des Betriebes einkalkuliert werden und darum keinen Anlaß bieten, Teile der Herstellungskosten außer Ansatz zu lassen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Fabrik - wie hier von der Stpfl. vorgetragen - in einer Gegend liegt, in der große Schwankungen im Ernteertrag erfahrungsgemäß die Regel bilden; in einem solchen Fall entspricht die Schwankungsbreite den von der Natur gestellten Bedingungen. Es ist auch nicht richtig, daß sich bei dieser Rechtsansicht ungerechtfertigte Ergebnisse bei einer absoluten Mißernte ergeben; denn in jedem Falle stellt der Teilwert der hergestellten Wirtschaftsgüter die obere Wertgrenze dar. Ergeben sich durch besondere Ernteverhältnisse Herstellungskosten, die den Teilwert übersteigen, so ist aus diesem Grund der über dem Teilwert liegende Teil der Herstellungskosten außer Ansatz zu lassen. Ebenso kann ein Nichtansatz von Gemeinkosten gerechtfertigt sein, wenn aus anderen als naturabhängigen Gründen, z. B. Verkleinerung des Anlieferungsgebietes oder der Anbaufläche, eine Kapazitätsausnutzung nicht möglich ist; diese Frage steht hier aber nicht in Rede und braucht nicht vertieft zu werden.
Fundstellen
Haufe-Index 412000 |
BStBl III 1966, 468 |
BFHE 1966, 496 |
BFHE 85, 496 |
BB 1966, 689 |
DB 1966, 965 |
DStR 1966, 433 |